Meine Frage an WELT online, was macht eigentlich Herr Lachmann (sie erinnern sich, er schrieb furios gegen die Afd und fragte clandestin bei der AfD nach einem Versorgungsposten nach) fand nicht den Weg in die Kommentarliste.
Für eine öffentliche Entschuldigung am “Verräter” Juan Moreno hat es beim SPIEGEL aber wohl nicht gereicht. Dort heißt es nur: “Juan Moreno ist dieser Co-Autor, seit 2007 als Reporter für den SPIEGEL in aller Welt unterwegs. Im Streit mit und über Relotius riskiert Moreno seinen eigenen Job, zwischenzeitlich recherchiert er dem Kollegen, verzweifelt, auf eigene Kosten hinterher. Drei, vier Wochen lang geht Moreno durch die Hölle, weil Kolleginnen und Vorgesetzte in Hamburg seine Vorwürfe anfangs gar nicht glauben können.” SPIEGEL-Leser: Tapfer bleiben.
Die Geschichte um Claas Relotius hat einige Nebeneffekte. So hat die Bekanntheit von C.R. zugenommen, weil auch diejenigen, die um SPIEGEL und co. einen großen Bogen machen (ich gehöre dazu), wissen, dass es diesen Journalisten gibt und wofür heutzutage Journalisten Preise bekommen. Gleich hat man Assoziationen: wofür eigentlich haben Anja und Dunja und wer weiß noch ihre Preise bekommen? Das darf man jetzt alles sagen, ohne sich die Bezeichnung “rechts” ans Revers heften zu müssen. Es wird nicht lange dauern, bis die einzige Sorge von SPIEGEL und co. der Instrumentalisierung der Story gelten wird. Der schönste Nebeneffekt sind die Leserzuschriften hier bei achgut.
So beginnt ein mutmaßliches Märchen von Claas Relotius, das gestern noch als Qualitätsjournalismus ungefiltert Einzug in tausende deutsche Hirne fand: “Ein Flüchtling aus Syrien findet 1000 Euro auf der Straße und übergibt das Geld der deutschen Polizei. Mahmoud Abdullah, Flüchtling aus Aleppo, war gerade auf dem Weg zum Supermarkt, als er in den Straßen von Alsdorf, Großraum Aachen, eine seltsame Entdeckung machte. Er wollte einkaufen, für sich und die anderen Männer im Flüchtlingsheim, da sah er, mitten auf dem Fußgängerweg, ein leuchtend blaues Büchlein liegen. Mahmoud Abdullah blickte sich um, wer es verloren haben könnte, und als er niemanden sah, hob er es auf. Er versteht kaum Deutsch, die Aufschrift “Sparbuch” sagte ihm nichts, aber als er es öffnete, lag Bargeld darin: zweimal 500 Euro in geglätteten Scheinen. Für einen Augenblick, sagt Abdullah, glaubte er an Glück, an ein Zeichen, dass Gott ihm helfen wollte. Er stellte sich vor, was sich mit so viel Geld anfangen ließe, aber dann, so erzählt er, dachte er an den Menschen, dem es gehörte, und daran, wie es sich anfühlt, alles, was man hat, zu verlieren. “Keiner”, sagt Abdullah, “kennt dieses Gefühl so gut wie ich.” (...)” Keine Ahnung, ob etwas von der Geschichte wahr ist. Das Ding ist aber an Schwülstigkeit kaum zu überbieten, es passt alles in den gewünschten Narrativ- und trotzdem kam niemand je auf den Gedanken, dass etwas daran erdichtet sein könnte? Die Relotius-Texte jetzt zu lesen, ist ein echter Genuß. Ja, es ist Schadenfreude - aber es tut irgendwie gut.
“Könnte es nicht vielleicht auch sein, dass das Vertrauen dadurch gestärkt wurde, dass Relotius oft genau die Geschichten geliefert hat, die das richtige Weltbild bedienten?” Einfach wahr. Erinnert z.B. an den Postboten Gerd Postl, der glatt als Oberarzt durch ging., weil in seiner Biographie stand, dass er mit “Ärzte ohne Grenzen” in Nicaragua den Armen geholfen hat. Wer wird da noch so pingelig nach Zeugnissen und Daten fragen bei soviel Einsatz für die Armen in der dritten Welt. Oder an solche Berufspolitiker wie Martin Schulz (SPD), Petra Hinz(SPD), Innenminister Jäger (SPD), Nahles (SPD), Ziemiak(CDU), Roth (Grüne), Göring-Eckardt (Grüne) , Kevin Kühnert (SPD). usw., die vorsichtshalber jeder ernstzunehmenden Berufsausbildung, -Tätigkeit weiträumig aus dem Wege gingen, weil sie ja so dringend an der Kampffont für Wahrheit, Gerechtigkeit, das Glück der Menschheit gebraucht werden. Das lässt sich durchaus auf dem richtigen Arbeitsplatz, dem Sitzplatz in geeigneten Gremien erledigen, ohne zeitraubende Berührung mit der schnöden Wirklichkeit.
Etwas Positives hat die Causa Claas Relotius doch noch zu bieten. Er hat sich damit jetzt wenigstens als neuer aufstrebender “Moderator” für die Tagesschau oder das Heute Journal qualifiziert. Der GEZ Zwangsgebührenzahler darf sich jetzt schon auf ein neues Gesicht beim Vorlesen der ultimativen Wahrheit freuen.
Unter historischen Gesichtspunkten gehört die Krim eher zu Anhalt-Zerbst als zur Ukraine.
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