Peter Grimm / 20.09.2023 / 06:15 / Foto: Montage Achgut.com / 97 / Seite ausdrucken

SPD leugnet eigenes Ausländer-Wahlrecht

Die SPD hat offenbar ein Problem mit der Zahl 6. Sechs Jahre? Sechs Monate? 666 aus der Offenbarung des Johannes? Die neueste Wendung in Sachen Ausländerwahlrecht ist eigentlich nur noch im Rahmen des Okkultismus und der Zahlenmystik erklärbar, denn Logik und innerparteiliche Demokratie werden völlig ignoriert.

Nein, die folgende Eröffnung dieser Zeilen soll keinen unpassenden DDR-Vergleich einleiten. Aber wenn man sich anschaut, was die hessische SPD gerade treibt, dann fällt einem als alter Ostler dennoch der Refrain eines bald ebenso alten Liedes von Wolf Biermann ein: "Was hast Du im Schädel? Dreck oder Stroh? Du, bist du so dumm oder tust du nur so?"

Da beschließt die SPD in Hessen am 17. Juni 2023 das Wahlprogramm zur Landtagswahl am 8. Oktober. Und in diesem Programm steht auf Seite 59 der Satz: „Wir wollen uns auf Bundesebene und im Bundesrat mit Nachdruck dafür einsetzen, dass alle Menschen, die länger als sechs Monate in hessischen Kommunen leben, ein kommunales Wahlrecht erhalten.“ Ein Vierteljahr später wurde dieser Satz von Journalisten entdeckt und in den Medien verbreitet. Und bei vielen Lesern sorgt dieses Vorhaben zu Recht für Empörung, zumal die Spitzenkandidatin der SPD, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser, sich nach Kräften müht, dafür zu sorgen, dass der Zustrom solcher künftigen Wähler nicht abreißt.

Nun könnten all die SPD-Funktionäre, die diesen Text wohlwollend durch alle Gremien und den Landesparteitag laufen ließen, jetzt in die öffentliche inhaltliche Debatte über dieses Vorhaben eintreten und ihre Position zu erklären versuchen. Doch auch bei den Genossen ist im aktuellen Wahlkampf offenbar die Erkenntnis gereift, dass diese Art des geplanten Wählerzuwachses beim gegenwärtig noch begrenzten Wahlvolk nicht sonderlich gut ankommt. Offenbar schätzten sie den Widerwillen der Wähler so groß ein, dass sie sich für das Zurückrudern entschieden. Offenbar in der Hoffnung, die Debatte über diese Idee damit zu beenden. Doch angesichts der Erklärung, die die hessischen Genossen jetzt anbieten, fragt sich der halbwegs eigenständig denkende Medienkonsument, für wie einfältig ihn die SPD-Wahlkämpfer eigentlich halten. Gestern nachmittag meldete Bild:

„Die SPD meldet sich bei BILD, teilt mit: Das Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer soll es nicht schon nach sechs Monaten, sondern erst nach sechs Jahren Aufenthaltsdauer in Deutschland geben. Die BILD-'Recherchen und Nachfragen waren Anlass, die Genese des inkriminierten Satzes aus dem Wahlprogramm noch einmal in allen Einzelheiten nachzuvollziehen', so der SPD-Sprecher.

Dabei habe sich herausgestellt, dass alles, was die SPD dazu gesagt habe, richtig sei, 'dass die wahre Wurzel des Problems aber in einem echten, saublöden Fehler liegt'. Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag habe im Mai 2022 ein Positionspapier zur Integration veröffentlicht, dessen Inhalt sei in das Wahlprogramm der SPD Hessen eingeflossen.

In diesem Positionspapier der SPD-Fraktion steht: 'Nach sechs Jahren [!] rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland sollen Ausländerinnen und Ausländer das aktive und passive Wahlrecht in der Kommune erhalten.'

Der Sprecher erläutert: 'Aus den sechs Jahren, die im Fraktionspapier stehen, wurden auf dem Weg zur Schlussfassung des Wahlprogramms sechs Monate - ein wirklich katastrophaler redaktioneller Fehler, der bis zu Ihrer Anfrage niemandem aufgefallen ist. Wir haben diesen Fehler in dem Wahlprogramm, das auf der Homepage der SPD Hessen steht, inzwischen korrigiert und die Korrektur in einem Disclaimer transparent gemacht.'“

Katastrophaler Fehler?

Zwar ist in dem Papier der Fraktion aus dem letzten Jahr tatsächlich von sechs Jahren die Rede. Doch ist es wirklich nur ein "katastrophaler redaktioneller Fehler", dass daraus sechs Monate geworden sind? Wann wurde dieser Fehler denn gemacht? Wir sprechen hier schließlicn von einem Wahlprogramm, das von einem Parteitag beschlossen wurde. Wenn die sechs Monate im Antrag standen, der von den Parteitagsdelegierten beschlossen wurde, dann gilt der Beschluss. Dieser demokratische Beschluss aus dem Juni dieses Jahres kann nicht mit einer Fußnote der Parteifunktionäre auf sechs Jahre geändert werden, wie man es jetzt in dem von der SPD-Hessen präsentierten Dokument findet:

„In der ursprünglichen Fassung dieses Wahlprogramms stand an dieser Stelle irrtümlicherweise 'sechs Monate' anstatt 'sechs Jahre'. Hier ist der Redaktion ein Fehler bei der Übertragung der Passage aus unserem Positionspapier 'Vielfalt und Integration in Hessen: Staatliche Verantwortung und gesellschaftlicher Zusammenhalt' ins Wahlprogramm unterlaufen. Außerdem fehlte der Hinweis, dass ein unbefristeter Aufenthaltstitel vorliegen muss."

Wie gesagt, es mag ja sein, dass seinerzeit ein Fehler gemacht wurde. Aber der Landesparteitag hat offenbar die Fassung mit den sechs Monaten als Wahlprogramm beschlossen. Die sechs Monate hat ja augenscheinlich niemand im Parteivorstand oder von den Delegierten als Fehler wahrgenommen. Und der Beschluss eines Parteitages gilt. Er kann eigentlich nur von einem Parteitag geändert werden und nicht durch eine schnell eingesetzte Fußnote, selbst wenn es sich um einen Fehler handelte. Zumindest, wenn man das Demokratieprinzip ernst nimmt. Oder hat sich die SPD auch davon verabschiedet? Ist diese nachträgliche Änderung des Wahlprogramms ohne jede Abstimmung überhaupt mit der Parteisatzung vereinbar?

Mit solchen Fragen müssen sich zunächst die Genossen auseinandersetzen. Bestimmt sind manche Delegierte mit der plötzlichen Änderung von der Sechs-Monats-Frist auf die Sechs-Jahres-Frist nicht einverstanden. Aber für das allgemeine Publikum, also auch die hessischen Wähler, bleibt dennoch die Frage, wie glaubhaft der "redaktionelle Fehler" ist? Vielleicht haben sich die Programmentwurf-Gestalter einfach auf eine kürzere Frist als die schon 2022 im Landtagsfraktions-Papier festgeschriebene geeinigt. 

Gerade bei einer Spitzenkandidatin Nancy Faeser erscheint eine sechsjährige Frist für das Ausländerwahlrecht auch schwer erklärbar, denn als Innenministerin will sie doch gerade ein Einbürgerungsgesetz durchsetzen, das Ausländern bereits nach fünf Jahren Aufenthalt die deutsche Staatsangehörigkeit in Aussicht stellt. Diese Planungen kannte die SPD-Landtagsfraktion in Hessen 2022 noch nicht, als sie ihre Vorstellungen zum Ausländerwahlrecht formulierte. Das war im Juni dieses Jahres anders. Ein Wahlrecht für Ausländer nach sechs Jahren legalen Aufenthalts würde dann also nur denen nutzen, die nicht eingebürgert werden wollen oder können. Beispielsweise, weil sie die deutsche Sprache nicht beherrschen oder von der Einbürgerung ausgeschlossen sind, weil sie "aus antisemitischen oder rassistischen Motiven Straftaten begangen haben". Will die SPD in Hessen wirklich ausgerechnet diesem Personenkreis zum Wahlrecht verhelfen? Das dürfte für die derzeitigen Wähler auch nicht gerade eine beruhigende Aussicht sein.

Wenig Luft nach unten

Es scheint, dass wir es hier mit einer kaum durchdachten Panikreaktion der SPD zu tun haben. Im Juni hat wahrscheinlich keiner der Beteiligten damit gerechnet, dass jemand außerhalb der Partei dieses Wahlprogramm genau liest. Es hat ja auch eine Weile gedauert. Und nun bekamen die Genossen plötzlich Angst, und sie wollten sich so schnell wie möglich vom eigenen Beschluss distanzieren. Das ist verständlich. Vielleicht gar nicht mal so sehr im Blick auf Hessen, wo Nancy Faeser wahrscheinlich ohnehin keine Chance hat, Ministerpräsidentin zu werden und die Partei wieder mit irgendeinem schlechten Ergebnis in der Landtagsopposition landet. Aber diese Ausländerwahlrechtsdebatte kann in der aktuellen Migrationskrise natürlich auch Auswirkungen auf die bayerischen Genossen haben. Und die sind schon bei einem erwarteten einstelligen Wahlergebnis angekommen. Da ist nicht mehr so viel Luft nach unten. Ob nun aber dieser verstolperte und kaum demokratische Versuch hilft, sich vom eigenen Wahlprogramm zu distanzieren? Man mag es kaum glauben.

Aber das wissen wir in wenigen Wochen. Und das eingangs zitierte Biermann-Lied endet übrigens vielleicht auch für diesen Fall treffend: "Sie haben im Schädel sowohl Dreck als auch Stroh. Sie sind so dumm und sie tun auch nur so".

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Ottmar Zittlau / 20.09.2023

Ein Test, ein bekannter Test der Etablierten: Etwas vorschlagen oder fordern und dann mal sehen, wie die Reaktionen aussehen! Gibt es keinen “Ärger” ist alles richtig, ansonsten zurückrudern oder die Geschichte vom Geschwätz von Gestern! Übrigens, die vermeintliche “Stärke” von Merkel lag in ihren wöchentlichen Umfrageauswertungen, das gleiche Prinzip! Bestes Beispiel Fukushima und der Atomausstieg….

W. Renner / 20.09.2023

Da habe ich doch gleich einen Vorschlag. Wenn sich die neuen „Fachkräfte“ mehr in die Demokratie einbringen sollen, könnten die Kölner Schwimmbad Belästiger doch gleich die Befragung von Faeser in der Schönbohm Angelegenheit übernehmen?

Lutz Herzer / 20.09.2023

Der Umgang der SPD mit den Folgen ihres eigenen politischen Agierens - Politik kann man das ja schon lange nicht mehr nennen - erinnert in gewisser Weise an die Zimmerverwüstung von Loriot.

Lutz Liebezeit / 20.09.2023

Sorry, die Frau gehört woanders hin, aber der Rest stimmt. Wenn man weiß, wer das ist, erkennt man das auch selber.

S. Marek / 20.09.2023

SPD & sein Ausländerwahlrecht —->  Die Umrisse sind auch in Deutschland bereits sichtbar:  #  Der Zustand des Terrors ist ernst, aber vielleicht noch ernster ist die wachsende Rolle der muslimischen Mafias in der Politik. Einige Bandenchefs bestechen jeden, von Polizeibeamten über Inspektoren bis hin zu Lokalpolitikern. Andere Banden beteiligen ihre Mitglieder an Wahlen, geben Stimmen ab und bringen ihre Mitglieder sogar in öffentliche Ämter. Es ist nicht bekannt, in welchem Ausmaß gewählte Beamte kompromittiert wurden, aber einige fangen an, Gemeinden und sogar ganze Städte als Narcostates zu bezeichnen.  Einige der Benelux-Länder, die schon immer anfällig für finanzielle Korruption waren, sind zu Drehscheiben für Drogenschmuggel, Menschenhandel und organisiertes Verbrechen geworden. Muslimische Bandenmitglieder kämpfen offen um ihr Territorium. Und die Erträge des Geldes werden über lokale Familienunternehmen gewaschen. Aufstrebende Geschäftsleute, die sich durch Drogengelder finanzieren, mischen in der Politik mit. Die Hip-Hop-Bandenkultur, gekreuzt mit Koranen und Moscheen, verwandelt europäische Städte in islamische Narkostaaten. Das nächste Afghanistan oder Beirut wird vielleicht doch in Europa entstehen.

S. Marek / 20.09.2023

Die Einwanderer, von denen einige seit 60 Jahren in Europa leben und andere hier geboren wurden, werden nicht integriert, sondern Teile Europas verwandeln sich in den Libanon oder Marokko. Dieselben Häfen, die einst muslimische Einwanderer nach Europa brachten, werden heute von kriminellen Einwandererbossen kontrolliert, die Europa nach ihren Regeln spielen lassen.  Das gilt nicht nur für Belgien und die Niederlande: In Schweden gab es letztes Jahr 90 Bandenanschläge.  Während sich die Medien über den Waffenbesitz in den Vereinigten Staaten echauffieren, sind muslimische Banden in Schweden dazu übergegangen, sich gegenseitig mit Handgranaten und selbst gebasteltem Sprengstoff zu bewerfen. Die muslimischen Bandenmitglieder schießen zwar immer noch aufeinander, aber sie werfen auch gerne Sprengstoff auf Wohnhäuser.  Ende August gab es innerhalb einer Stunde vier Sprengstoffanschläge auf verschiedene Gebäude in Göteborg, wo 10 % der muslimischen Siedlerbevölkerung des Landes leben. Im Gegensatz zu Belgien und den Niederlanden stammen die schwedischen Banden und ihre Waffen aus den zerrütteten Überresten des ehemaligen Jugoslawien: Bosnier und Albaner, die als Flüchtlinge ins Land kamen, bildeten Banden und schmuggelten Waffen von Familienmitgliedern aus ihren Heimatländern. Zu ihnen gesellte sich die “Black Cobra”-Bande: eine irakische, libanesische und “palästinensische” Organisation, die von Dänemark aus expandierte.  Die Behörden machen Rawa Majid, auch bekannt als “kurdischer Fuchs”, der von der Türkei aus operiert, für einen Teil der Kämpfe in der muslimischen Bandenszene Schwedens verantwortlich. Majid war als Flüchtlingskind nach Schweden gekommen, um dort ein riesiges kriminelles Imperium aufzubauen und Anschläge mit Panzerfäusten zu planen. Die Killer sind besonders wahllos. “Wenn mehr als einer am Tatort ist, erschießen sie alle. Frauen, Kinder, das spielt keine Rolle”, befahl ein Bandenmitglied.

Lutz Liebezeit / 20.09.2023

@ Thomas Schmied Der Teufel ist menschlich, aber die Apokalypse ist göttlichen Ursprungs. Und Gott ist sicher kein Kabbalist. Der hat bessere Tricks drauf, weil er schließlich allwissend ist und den Menschen kennt. A=100, B=101, C=102, .. H+I+T+L+E+R=666. Das gesuchte Tier ist Adolf Hitler. Das erste Tier ist übrigens die Sowjetunion. Die Frau mit den lästerlichen Namen meint die “befreite Frau”, also die Frauenbewegung, die in der Sowjetunion entstanden ist und das System massgeblich geprägt hat. Merkel hat zuerst mal die natürliche Ordnung zwischen Mann und Frau zerstört und sich der Kinder bemächtigt. Es gibt noch eine Ordnung hinter der Ordnung. Das Gesellschaftssystem mag marxistisch sein, aber das Finanzsystem ist kapitalistisch. Und das prägt das Zusammenleben und gibt dem System den Namen. Man kann Marx Gesellschaftstheorie über jedes Finanzsystem stülpen, ob kapitalististisch, oder antikapitalistisch. Man kann überall herumgendern. Das Finanzsystem formt das Zusammenleben ganz maßgeblich, daran kann man gar nichts machen, es sagt einem z.B., daß man ohne Geld keine Wohnung halten kann und leider verhungern muß. Politiker sind eigentlich da, besonders auf unserer Verfassung, die Mängel des kalten Kapitalismus sozial auszugleichen. Aber sie tun das Gegenteil.  

Sabine Schönfeld / 20.09.2023

@ S.Busche: “Mein Dackel hat auch eine politische Meinung und ist schon fast volljährig. Stimmrecht auch für Dackel!” Das Stimmrecht für Dackel ist doch ganz offensichtlich längst in unserer Verfassung verankert, ist Ihnen das nicht aufgefallen? Man sieht es regelmäßig an den Wahlergebnissen.

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