Rainer Bonhorst / 14.04.2021 / 06:15 / Foto: Imago / 121 / Seite ausdrucken

Spannende Kanzlerfrage: Baerbock oder Laschet?

Jetzt wird es spannend. Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur steht unmittelbar bevor. Am Montag wollen die Grünen klären, wer ihr Kanzlerkandidat wird. Soll es Annalena Baerbock sein oder Robert Habeck? Und? War da sonst noch was? Ach ja, die Schwarzen entscheiden auch.

Die Spitzengremien der CDU haben sogar schon eine Vorentscheidung getroffen. Und zwar zugunsten von Baerbock oder Habeck. Also gut, sie haben sich für Armin Laschet ausgesprochen. Ein sehr sympathischer Mann. Rheinisch, locker. Ihn begleitet die Hoffnung: Et hett noch immer joot jejange. Was nicht ganz so joot für die CDU ist: Laschet könnte zum Garanten einer weiteren Schrumpfung der Unionsparteien bei der Bundestagswahl im September werden. Und zum Aufbauhelfer der Grünen. Die stehen bei Umfragen jetzt schon deutlich über zwanzig Prozent. Und die Union steht deutlich unter dreißig. Man kommt sich näher. Mit Laschet als Kanzlerkandidat könnte es sogar zu einer innigen Berührung kommen.

Das Problem: Wird diese Berührung, also der fast gleich heftige Wählerzuspruch für Schwarze und Grüne allzu innig, folgt daraus nicht unbedingt ein Eheversprechen. Es locken die cooleren Linken, wenn man auf Olaf Scholz und die anderen diesen Begriff verwenden kann. Aber es kommt ja darauf an, wen oder was Annalena Baerbock oder Robert Habeck cool finden. Die Unionspolitiker sind ja auch nicht gerade hinreißend attraktiv. Oder gibt es noch einen anderen worst case? Dass die Grünen die Schwarzen überholen und Laschet den Vizekanzler machen muss? Eine interessante, aber – zugegeben – etwas bösartige und für die Union ziemlich peinliche Perspektive. Für die Bürger wäre sie immerhin noch besser als die grün-rot-rote Alternative.

Diese kleine Märchenstunde hat allerdings nur eine Chance wahr zu werden, wenn Armin Laschet durch seine Kandidatur die notwendige Voraussetzung schafft. Anders bei den Grünen. Die können es mit beiden. Merkwürdigerweise geht mir den Name Annalena leichter von der Hand als der Robert. Aber das muss ja nichts bedeuten. Habeck hat schon mal einen Schnupperkurs als Mitregierender in Schleswig-Holstein absolviert. Baerbock hat im Sinne der neuen Identitätsmode als Frau das richtige Profil, um die Frauen an die Urne zu bringen, was bei der grünen Frauenpartei besonders wichtig ist. (Obwohl die grünen Frauen einst dem stark zum Machismo neigenden Joschka Fischer zu Füßen lagen.)

Es ist eben da, dieses Fremdeln

Nun gut, egal, ob die eine oder der andere: Die Grünen gedeihen. Das ist bei der Union ganz anders. Ja, das Gedeihen auch. Unter dreißig Prozent! Was ist das für eine Zahl, wo man doch die letzte verbleibende Volkspartei sein möchte! Anders als bei den Grünen ist aber auch die Tatsache, dass bei den Schwarzen fast alles darauf ankommt, ob Laschet mit seinem Überrumpelungsversuch wirklich durchkommt. Was bedeutet das freundliche „Ja“ seiner Spitzengremien? Wie echt ist es? Oder ist es nur ein freundliches Schulterklopfen, ehe man ihn dann doch nach Düsseldorf zurückschickt?

Das jedenfalls scheint die Hoffnung des fränkischen Bayern Markus Söder zu sein. Er schwimmt in den Umfragen hoch oben, und wirkt wie ein kalifornischer Surfer, dessen Konkurrent von Rettungsschwimmern einigermaßen heil an Land gezogen werden muss. 

Und die Retter schauen ihn an und dann den Surfer Söder, und sie müssen sich fragen: Wollen wir beim lieben Laschet auf dem Trockenen hocken bleiben oder wollen wir mit dem bayerischen Kraftprotz versuchen, das Rennen zu gewinnen? Da kommen natürlich düstere Erinnerungen auf, an Franz Josef Strauß, den schlauen, aber schwitzenden Urbayern, und an Edmund Stoiber, den preußisch wirkenden Bayern, der es gegen Gerd Schröder fast geschafft hätte. Aber eben nur fast.

Es ist eben da, dieses Fremdeln. Kann man es mit einem Mann, der südlich des Weißwurst-Äquators seine Heimat und 'ne eigene Partei hat, im rheinisch-preußischen Norden überhaupt versuchen? Ist es da nicht schöner, in Treue mit Laschet unterzugehen, als mit dem fränkischen Fremdling und seinem rollenden „R“ zu siegen? Umgekehrt: Ist es nicht ein bisschen blöd, aus lauter Treue abzuschmieren, obwohl man sich einen Siegertyp auf dem Transfer-Markt beschaffen kann? Markus Söder ist nach langem Scheinzögern zum Wechsel bereit, obwohl er noch einen Vertrag mit den Bayern hat. Die Berliner Luft, sie lockt halt. Und er hofft, dass bei der CDU am Ende der Kopf über das Herz siegen wird.

Ja, es stehen spannende Entscheidungstage vor uns. Laschet oder Söder? Das ist die Frage, die sich Annalena Baerbock und Robert Habeck bangen beziehungsweise frohen Herzens stellen.

Foto: Imago

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Leserpost

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Christoph Heine / 14.04.2021

Was an dieser Frage spannend sein soll, erschließt sich mir nicht. Die eine ist so grottenschlecht geeignet für dieses Amt wie der andere, zusammen mit den Linken hätten wir ein Dreamteam für lange Albträume.

Kenneth Gund / 14.04.2021

Baerbock ist vielleicht nicht sonderlich kompetent, dafür sympathisch. Söder ist ein Arschloch und obendrein inkompetent, machtgeil und rücksichtslos. Es ist keine Überraschung, weshalb viele eigentlich linksgrün tickende Journalisten derzeit Söder hochschreiben und den Zweikampf mit Laschet forcieren. Dabei sollte jedem nüchternen Betrachter klar sein, dass beide Kandidaten keine Option für die Union sind. Beide dienen einzig und allein der Absicherung des Merkel-Hofstaats. Mit einem deutlichen Kurs- und Personalwechsel könnte die Union zwar theoretisch wieder stärkste Kraft werden und über 30 Prozent kommen - aber davon hat der Merkel-Hofstaat ja nichts. Egal, ob Friedrich Merz, Ralph Brinkhaus oder Carsten Linnemann, die würden alle als erstes die Partei, die Ministerien und Referate von den Merkel-Karrieristen säubern und eigene Leute installieren. Das wäre zwar im Sinne Deutschlands, aber nicht im Sinne der Merkel-Freunde. Das ist das tragische Schicksal der CDU, Merkels Leute profitieren vom Untergang. Den kritischen Bundestagsabgeordneten, die sich in der Vergangenheit gegen Merkel gestellt haben, droht der Verlust der Direktmandate, denn gerade im Südwesten sind die Grünen extrem stark. Merkel weiß das ganz genau. Je weniger Direktmandate, desto besser für den Hofstaat, den auf den Listen wird nach Linientreue nominiert. Dem Hofstaat kann nichts besseres passieren als eine Kanzlerin Baerbock mit CDU-Anhängsel. Damit sind die Posten sicher und die innerparteiliche Erneuerung wird effektiv verhindert. Denn entscheidend sind nicht die gewählten Spitzen, sondern der Apparat. Und der Apparat hängt an der Regierung, nicht an der Partei. Früher mag das mal anders gewesen sein, doch heute haben die Parteien schlicht kein Geld mehr.

Dr, Mephisto von Rehmstack / 14.04.2021

Und wenn es jemand wird, der gar nicht zur Wahl gestanden hat, aber schon da ist?

Fritz kolb / 14.04.2021

Klasse, @Judith Panther. Genauso isses und mit einer dieser Figuren laufen die deutschen Wahlschafe auf den Abgrund zu. Selbst ein an sich kenntnisreicher Autor wie der Herr Bonhorst scheint das noch nicht gerafft zu haben.

Lutz Herzer / 14.04.2021

Sollte die Union Söder als Kanzlerkandidaten aufstellen, würde sie sich ihr eigenes Grab schaufeln. Ich weiß nicht, wie solche Umfragen zustande kommen, nach denen er bei den Bürgern beliebt sein soll, kann es mir allerdings denken. Diese Umfragewerte sind notwendig, um eine Akzeptanz des geplanten Bundes-Lockdowns bei der Bevölkerung vorzuspiegeln, denn für diese Politik steht vorrangig der Name Söder. Ein System, das dafür sorgen kann, dass Inzidenzen bedarfsgerecht manipuliert werden, bekommt das auch bei Umfragen geregelt. Ein Kanzlerkandidat Söder wäre vorteilhaft für die Aussichten einer Annalena Baerbock auf das Kanzleramt. Ich bin kein Fan von Armin Laschet, traue ihm jedoch den besseren Wahlkampf zu. Wer Kanzler werden will, muss mit Merkels Politik abrechnen und für einen Neuanfang werben. Das könnte Laschet besser als Söder. Sobald er aufgestellt ist, könnte er damit loslegen. Wäre ich sein Berater, würde ich ihm empfehlen, so selten wie nur möglich gemeinsam mit Merkel aufzutreten. Es müsste ihm gelingen, in der Union ein Anti-Merkel-Netzwerk aufzubauen. Der Streit gegen Annalena Baerbock um den Anspruch auf das Kanzleramt wäre für Laschet die leichtere Aufgabe, gerade auch im Vergleich zu Söder, dem er rhetorisch deutlich überlegen ist. Nach der Nominierung würden sich für ihn neue Handlungsfreiheiten ergeben, die er kämpferisch nutzen müsste. Viele Menschen warten darauf. Ich befürchte jedoch, er wird’s vermasseln, da ihm das Bewusstsein für den Ernst der Lage fehlt und ihm als erstes daran gelegen ist, jedem Kind ein Luftballönchen in die Hand zu drücken.

Sylvia Hegewald / 14.04.2021

“Was nicht ganz so joot für die CDU ist: Laschet könnte zum Garanten einer weiteren Schrumpfung der Unionsparteien bei der Bundestagswahl im September werden.” 1. Meinen Sie, dass ist oder käme anders bei einem Herrn Söder als Kanzlerkandidat, der die Merkel-Linie stur weiter fährt oder noch mehr verschärft? 2. Und warum wollen wir eigentlich die nach 16 Jahren Merkel abgewirtschaftete CDU/ CSU wieder als Kanzler? Weil sie das berühmte kleinere Übel im Vergleich zu Grünen oder Roten oder Dunkelroten ist? Wenn die Truppe nichts Besseres als diese zwei Figuren aufzubieten hat, dann muss sie eben abgestraft werden. Dieses Land und ein Großteil seiner Bewohner ” hat fertig”. Wie oberpleite wir sind, wie hoch die Verbindlichkeiten aufgelaufen sind, welche Verpflichtungen wir uns mit den vielen “Gästen” aufgeladen haben, erfährt doch hier keiner. Und deshalb geht’s in dem jetzigen Stil noch weiter, bis wir auf Venezuela-Niveau sind. DANN werden vermutlich auch die wach, die jetzt noch fest schlafen.

Corinne Henker / 14.04.2021

Laschet ist das kleinere Übel im Vergleich mit Södolf. Selbst wenn sich das bayrische Großmaul durchsetzt, dürfte seine Beliebtheit bis zu den Wahlen deutlich dahinschrumpfen, mich erinnert das Ganze stark an den “Schulz-Zug” vor der BTW 2017. Erstens wird sich die Corona-Hysterie nicht ewig aufrecht erhalten lassen, wenn immer mehr Länder der Welt zur Normalität zurückkehren und das wäre es dann für fränkischen Corona-Nazi. Die Grünen unterstützen zwar auch alle Repressalien der Bundesregierung, aber agieren hier nicht so offen populistisch wie Södolf. Zweitens werden die grün-affinen Medien ALLES geben, um Annalena (natürlich wird sie die Auserwählte und nicht Robert!) ins Kanzleramt zu katapultieren. Merkel hat ja zumindest indirekt bei Will schon eine entsprechende Wahlempfehlung abgegeben. Und ihre weiblichen Fans werden dem sicher folgen und ihr Kreuz im Herbst bei den Grünen machen. CDU/CSU hätten nur eine Chance auf das Kanzleramt, wenn sie sich eindeutig von Merkel distanzieren, um diejenigen zu begeistern, die sie wegen Merkel NICHT wählen (Umfragen zufolge sind das wohl mehr als die, die wegen Merkel CDU/CSU wählen). Aber das schaffen weder Laschet noch Söder. Somit hat sich die Union ihren Abstieg in die Bedeutungslosigkeit redlich verdient.

Detlef Rogge / 14.04.2021

Ob Laschet, Söder, Baerbock oder ihr männliches Pendant, dessen Namen ich mir einfach nicht merken kann, alles Sargnägel für das einst so schöne Deutschland. Immerhin sieht Frau Baerbock um Lichtjahre adretter aus als Merkel. Das gibt schon mal Extrapunkte bei der männlichen Wählerschaft, die sie sicher gern abgreifen wird. Ihre weitgehende Ahnungslosigkeit weckt zudem Beschützerinstinkte bei alten weißen Männern, auch nicht zu verachten. Wer von den drei Herren auf die Damenwelt attraktiv wirkt, kann ich nicht sagen. Vermutlich dürfte Laschet beim Speeddating nicht die große Kanone sein. Ja, liebe Leserschaft, darum geht es nämlich. Kein Mensch liest heutzutage noch Wahlprogramme mit ‘ner Halbwertzeit von vierzehn Tagen. Als alter Sack, wähle ich jedenfalls Frau Baerbock.

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