Archi W. Bechlenberg / 16.12.2020 / 09:00 / Foto: Imago / 37 / Seite ausdrucken

Spahns Masken-Tohubawohu

Waren das noch Zeiten, als Jecke sich höchstens zur Karnevalszeit um Masken kümmern mussten. Seit dem heutigen Dienstag sind wir alle Jecken, nicht zuletzt auch jeder Apotheker. Er/sie/es ist durch die neue Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung verpflichtet worden, in den kommenden Wochen rund 400 Millionen Schutzmasken an etwa 27 Millionen Risikopatienten zu verteilen.

Mit einem freundlichen „Bitte sehr!“ die Masken über die Theke zu schieben, damit ist es allerdings für die Apotheker nicht getan. Sie müssen sich persönlich im laufenden Betrieb von der Anspruchsberechtigung der Kunden überzeugen, zum Beispiel durch Vorlage seines Ausweises, besser noch durch ein ausgefülltes Formblatt, das per Eigenerklärung des Kunden seine Bedürftigkeit beweist. Das Formblatt hat die Apotheke zu erstellen. Immerhin: derzeit ist die Sache mit diesem Dokument noch eine Kann-Vorschrift. Kann sich also ändern.

Die Apotheken müssen nun die Arbeit der Krankenkassen miterledigen, die eigentlich für die Berechtigungsscheine ihrer Versicherungsnehmer zuständig wären, das aber zeitlich nicht auf die Reihe bekommen. Daher wurde in den aktualisierten Entwurf der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung etliches auf die Apotheken abgewälzt. Was das im Detail alles bedeuten kann, ist hier zu lesen. So müssen, falls sich die anspruchsberechtigte Person nicht persönlich in die Schlange vor der Apotheke einreihen möchte, gegebenenfalls Vollmachten kontrolliert werden; der Ausweis der bevollmächtigten Person ist zu prüfen, immerhin nur, sofern sie dem Apothekenpersonal nicht bekannt ist.

Aufregung und Verwirrung

Auf weitere Details wie die Berechtigung der Apotheke zur „Auseinzelung“ und „Neuverpackung“ soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, Sie finden sie, wenn Sie viel Zeit haben, unter dem oben stehenden Link sowie hier. Hauptsache ist, dass die mit der Erlaubnis zur „Auseinzelung“ und „Neuverpackung“ verbundenen Auflagen erfüllt werden (die Schutzwirkung darf nicht beeinträchtigt werden, jeder Maske ist eine Bedienungs-Anleitung des Herstellers beizulegen etc.).

Besonders erwähnenswert ist, dass Apotheken die von ihnen im Umlauf gebrachten Masken selber besorgen, sprich einkaufen müssen. Angesichts der mehr als unklaren Vorgaben seitens des Spahn-Ministeriums, welche Masken Hui und welche Pfui sind, herrschen bei den Apothekern Aufregung und Verwirrung. Ihnen liegt nicht mehr vor als zum einen der Einberufungsbescheid durch das Spahn-Ministerium, zum anderen die Empfehlung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDA, sich doch am besten an einen Lieferanten ihres Vertrauens zu wenden. Und das einfach mal so ins Blaue hinein: „Versuchsweise sollten zuerst EU-konforme FFP2-Masken bestellt werden.“ Dies aber auch nur nach eingehender Prüfung eines zunächst anzufordernden Musters auf Konformität mit sämtlichen EU-Vorgaben und der zuständigen Marktüberwachungsbehörde sowie auf  Eignung im Sinne der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung. Insbesondere ist von der  Apotheke zu gewährleisten, dass man keine Fälschungen unter die Kunden bringt. 

Die Apotheker bekommen also tüchtig zu tun, und das ja nicht erst bei der Abgabe im Verkaufsbereich, sondern schon im Vorfeld. Und das bitte ASAP. Bei der Komplexität der Situation und den unzureichenden Hilfestellungen seitens des Spahn-Ministeriums nicht eben nebenher zu erledigen. Alleine die Vielzahl der infrage kommenden Masken dürfte für allerlei Konfusion sorgen. Neben europäischen FFP2-Masken mit CE-Kennzeichen und nachfolgender vierstelliger Prüfnummer der notifizierten Stelle mit der Kennzeichnung DIN EN 149:2001+A1:2009 oder englische Fassung EN149:2009-08 dürfen auch US-amerikanische und kanadische, australische und neuseeländische sowie japanische Atemschutze beschafft, bezahlt und verteilt werden. Die besitzen natürlich auch alle Prüfnummern, Kennzeichnungen und Zulassungscodes, die es bei Einkauf und Verteilung zu kontrollieren gilt. Ja sogar die zuvor nicht zugelassenen chinesischen KN95-Masken sind nun koscher, allerdings – und hier ist wieder der Apotheker gefordert – nur, wenn sie über eine Bescheinigung der Marktüberwachungsbehörde nach § 9 Absatz 3 MedBVSV verfügen.  

Foto: Imago

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Kim Loewe / 16.12.2020

Schon wieder blinder Aktionismus, diesmal um es Boris Palmer gleich zu tun. Der durch außerordentlich vernünftige, wenn auch als umstritten geltende, Aussagen zur Flüchtlingeskriminalität aufgefallene Bürgermeister von Tübingen ist nämlich auch durch einen außerordentlich vernünftigen Umgang mit der Coronakrise aufgefallen, mit der Folge, dass in Tübingen kaum Tote zu beklagen sind. Eine der Maßnahmen war das frühzeitige Verteilen kostenloser Masken an Risikogruppen. Eine andere ist das Verteilen von Taxigutscheinen, damit Alte nicht den ÖPNV benutzen müssen. Das alles ist sehr viel preiswerter und effizienter als eine kaputtgedownlockte Wirtschaft mit der Billionen-Bazooka wiederzubeleben. Ich rechne damit, dass Spahn “schon” im Februar 2021 auf die Idee kommen wird, dass Taxigutscheine eigentlich ganz toll sind.

Michael Dost / 16.12.2020

Ich sage, abgewandelt nach Reich Ranitzki; “Nein, ich nehme diese Maske nicht an!” “Was immer auch geschieht - nie sollst Du so tief sinken, von dem Kakao, durch den man Dich zieht, auch noch zu trinken.” Ich habe unter Erich die als Zeichen der Unterwerfung rauszuhängende Hammer-Zirkel-Ährenkranz-Fahne auch selber bezahlt. Und unter selig Adolf hätte ich die Swastika auf weißem Kreis in rotem Stoff auch…. Damit will ich nicts gegen Bedürftige sagen, die erst mal Flaschen sammeln gehen müssten, um ihre FFP2 zu finanzieren! Denen wäre allerdings vom Staat in andrer Weise gewiss besser zu helfen!

Heike Richter / 16.12.2020

Das ganze soll doch nur gönnerhaften Aktivismus vortäuschen, bezahlen muss es eh der Steuerzahler.

Arnold Warner / 16.12.2020

Ich warte zuversichtlich auf “Großfamilie zerlegt mehrere Apotheken - fünfzigköpfiger Clan gibt sich nicht mit drei Masken zufrieden und hinterlässt Schneise der Verwüstung”. Das kommt so sicher wie früher das Amen in der Kirche. Falls es nicht als Ereignis von lokaler Bedeutung unter den Redaktionstisch fällt…

Paul Siemons / 16.12.2020

@ Jürgen Probst: Lesen Sie bitte die hier in den Zuschriften zu findenden Erfahrungen von Apothekern. Es geht nicht um Mehrarbeit für die Apotheken, sondern um das plan- und kopflose Agieren der politisch Verantwortlichen, das jeden Kaufmann zur Verzweiflung treiben würde, nicht nur den Apotheker, sondern auch den Bäcker, dem man von einem Tag auf den anderen das Backen und Verteilen von extra Brötchen verordnet, er dafür aber erst einmal jede Menge Ware und Informationen einholen muss. Und der davon auch noch nicht von den Verantwortlichen, sondern aus der Bäckerblume erfährt.

Paul Siemons / 16.12.2020

Kein Zweifel: das Peter-Prinzip (“Jeder steigt in einer hinreichend komplexen Hierarchie bis zur Stufe seiner absoluten Unfähigkeit auf”) ist in der Merkelatur das 1. Gebot. Und das ohne jede Ausnahme. Niemand darf aus Gründen wie Bildung, Ausbildung, Persönlichkeit, Integrität, Erfahrung, Organisations- und Entscheidungsstärke usw. an seine Position kommen. Es muss bei allen, selbst den kleinsten Chargen, exakt so ablaufen wie bei der obersten Verheerensleitung.

Rolf Lindner / 16.12.2020

Melde mich freiwillig zum Vereinzeln und Neuverpacken von Masken, wenn ich auf jede Maske wahlweise schreiben darf: Merkel muss weg! Mehrkill muss weg! Spahn muss weg! Drosten muss weg! Maske muss weg! - Ich selbst trage meistens die “Merkel muss weg!”-Variante. Geschrieben mit blauem Permanentstift. Da ich die Maske mehrfach benutze, aber öfter mit Ethanol einsprühe, verteilt sich ein Teil der Farbe, so dass die Maske eine AfD-blaue Färbung annimmt. Gestern sprach mich ein Mitbürger an, weshalb Merkel weg müsse. Ich gab ein paar Stichpunkte. Die Antwort war: Aber wer würde es dann besser machen? Meine Antwort: Unser Hausmeister- der kann bloß nicht so blöd quatschen. - Mit Monika Gruber: “Und befreie und von den Blöden”.

Jürgen Probst / 16.12.2020

Mir treibt es die Tränen! Die armen Apotheker. Mein Gott, Masken bestellen, Paket auspacken und verteilen. Aus. Und trotzdem noch gut daran verdienen. In anderen Branchen wäre dies alles kein Thema, mein Bäcker von nebenan würde das mit Leichtigkeit schaffen. Aber Apotheker müssen jammern.

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