Henryk M. Broder / 24.05.2021 / 13:00 / Foto: Imago / 56 / Seite ausdrucken

Spahn macht den Stoiber

Können Sie sich noch an die kurze, aber einmalig humoreske Rede von Edmund Stoiber zugunsten des Transrapid erinnern, der die bayerische Hauptstadt mit dem Rest der Welt verbinden sollte? Wie wir alle wissen, hat sich das Projekt in Luft aufgelöst. Fünfzehn Jahre später muss man immer noch mit der S-Bahn vom Münchner Hauptbahnhof zum FJS-Flughafen im Erdinger Moos rollen. Das dauert etwa 40 Minuten, also etwa so lange wie ein Flug von München nach Frankfurt, netto. Was haben wir gelacht!

Wir wissen nicht, wann Jens Spahn zuletzt die S-Bahn vom Münchner Hauptbahnhof zum Münchner Airport genommen hat. Aber wir wissen, dass auch er eine Neigung zum Komödienhaften hat. Am 21. Mai gab er in der Tagesschau zum Besten, wie der digitale europäische Impfpass funktionieren könnte. Hier ab Min. 3:20:

„Wenn wir es jetzt schaffen als Europäische Union mit 27 Mitgliedstaaten, dass mit einem QR-Code auf meinem Handy ich in Italien in einem Restaurant das Ding vorzeige, und der QR-Codeleser in Italien das erkennt als Impfnachweis, ist das weltweit einmalig.“

Einmalig – und zwar einmalig peinlich – ist erst einmal, dass ein Gesundheitsminister, der mit vielen seiner Vorhersagen zu Corona daneben lag (z.B. hier und hier), ein Projekt feiert, das es noch nicht gibt, weil es, wenn es das bereits gäbe, weltweit einmalig wäre. Denn einmalig zu sein, ist eine deutsche Spezialität. Bei der Energiewende, beim Umweltschutz, bei der Diversität, im Umgang mit Minderheiten (schon immer) und in der Kunst der Deeskalation (seit Kurzem). Und jetzt kommt das Beste: Minister Spahn zeigt den QR-Code auf seinem Handy in einem Restaurant in Italien vor, und der QR-Leser erkennt sofort, dass es nicht der ADAC-Ausweis ist, sondern der Impfnachweis. 

Bis die 27 Mitgliedstaaten der EU so weit sind, kann es noch ein paar Monate dauern, oder das Projekt endet so wie der Transrapid. Aber der Auftritt von Spahn war schon mal super und weltweit einmalig. Jetzt muss nur noch die Sache mt dem QR-Leser besser klappen als der Impfstart im Dezember, gemeinsam, zusammen, an einem Tag.

Foto: Imago

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Leserpost

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Andreas Müller / 24.05.2021

Hier stellt sich doch die Frage, ob italienische Gastronomen Spahns Ding überhaupt sehen wollen ?

W. Hoffmann / 24.05.2021

Wenn Spahn im italienischen Ristorante “sein Ding” vorzeigt, erntet er bestenfalls einen Lachanfall. Aber Spaß beiseite. Alle Projekte, die in D angekündigt werden, laufen völlig ins Leere, weil niemand Interesse daran hat, irgendetwas auf die Beine zu stellen, damit andere davon profitieren. Das ist im Sozialismus aber immer so. Nur Spähnchen weiß das (noch) nicht.

Heike Olmes / 24.05.2021

Jetzt stelle ich mir gerade vor, wie wir alle mit einem QR-Code auf seinem Handy durch die Welt reisen. Wirklich einzigartig. Meine Güte, dieser Einfaltspinsel gibt nicht den Stoiber, sondern das verbal talentierte Lenchen.

Alex Georg / 24.05.2021

Unser Bankkaufmann der leider Gesundheitsminister weden musste, weil er die Bruchrechnung nicht beherrscht - Spahn neulich in der Bundespressekonferenz: “Wir haben bereits ein Viertel der Bevölkerung geimpft und bald wird es ein fünftel sein” - hat übersehen, dass man in Italien inzwischen ohne Beschränkung ins Restaurant gehen kann und sich die Italiäner ohnehin nicht von den Deutschen vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben.

Jürgen Fischer / 24.05.2021

Als nächstes kriegen wir dann unsere, selbstverständlich digitale, Patientenakte mit, und die ärztliche Schweigepflicht wird durch eine Auskunftspflicht ersetzt. Ach. die gibt es schon? (Klar, aber nur gegenüber dem Patienten selbst) Dann nennen wir sie eben erweiterte Auskunftspflicht. Auf „freiwilliger“ Basis gibt’s das eh schon in verschiedenen Praxen, wo Details über Rezeption und Behandlungszimmer hinweg in die Gegend trompetet werden. Der gläserne Bürger wird immer gläserner - und dort, wo Transparenz bitter nötig wäre, wird gemauert wie nie zuvor. Überhaupt, wozu muss man einen Impfpass vorzeigen? Hat nicht derselbe Herr Spahn mal behauptet, Geimpfte sollten/dürften nicht „bevorzugt“ werden? Und was hat die Pferde-Uschi im Titelbild verloren? Fragen über Fragen.

B. Ollo / 24.05.2021

Ganz toll. Noch besser wäre es, wenn man den QR-Code einfach ausdrucken kann und den Ausdruck dann vorzeigen kann. (Er muss ja nicht gleich als Abzieh-Kinder-Tattoo auf dem Hintern platziert werden direkt unter dem Arschgeweih zur Legitimation. Wer weiß, ob die Software da durcheinander kommt: “Geimpt? Ja.  Per Haftbefehl gesucht: Auch ja.”)  Jedenfalls will nicht jeder im Urlaub am Strand oder beim Sport ständig das dusselige Handy mitschleppen und notgedrungen darauf aufpassen. Das blöde Ding muss dann ja auch noch aufgeladen sein. Seit sich jeder Depp die Luca-App, die auf älteren Smartphones gar nicht läuft, aufschwatzen lassen hat, macht das Ausfüllen von Corona-Kontaktdaten übrigens richtig Spaß.

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