Henryk M. Broder / 06.04.2020 / 10:00 / Foto: Tomaschoff / 106 / Seite ausdrucken

Spahn: Kein Grund zu übertriebener Sorge

Wahrscheinlich haben Sie es schon bemerkt. Egal, ob es die Tagesthemen sind oder das Heute Journal, der WDR oder der MDR, der DLF oder irgendein versiffter Privatsender, immer wenn es um die Corona-Pandemie in den USA geht, ist Trump derjenige, der dafür verantwortlich gemacht wird, dass sich das Virus so schnell verbreiten konnte, denn er hat die Lage lange "verharmlost", "klein geredet", "heruntergespielt". 

Ganz anders dagegen unser junger und charismatischer Gesundheitsminister Jens Spahn. Er hatte das Virus schon im Visier, noch bevor es sich in China aus der Deckung wagte.

Nun ja, nicht ganz, aber niemand macht ihm den Vorwurf, Corona verharmlost, klein geredet und heruntergespielt zu haben. Obwohl es dazu gute Gründe gäbe.

Schauen Sie zum Beispiel hier. Am 28. Januar gab Spahn in Berlin eine Erklärung ab, in der er die Ansteckungsgefahr durch Corona als "gering" bezeichnete. Ein Mann in Bayern sei "positiv auf den Virus getestet worden", aber es gehe ihm gut, sein Zustand sei "ein sehr, sehr guter". Man habe damit gerechnet, "dass der Corona-Virus auch Deutschland erreicht", der Fall in Bayern zeige aber auch, "dass wir gut vorbereitet sind", dass die Notfallpläne "zur Versorgung der Patientinnen und Patienten" gut funktionieren. Er sei zuversichtich, "dass wir eine weitere Ausbreitung des Virus in Deutschland verhindern können", bei entsprechnder Behandlung der "Patientinnen und Patienten" lasse sich "die Weitergabe des Virus verhindern". – "Die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland", das habe ihm Prof. Wieler bestätigt, "bleibt nach unserer Einschätzung weiter gering". Deshalb wolle er alle "zu einem Stück Gelassenheit aufrufen", er nehme die Situation "sehr, sehr ernst", aber: "Wir haben uns gut vorbereitet und wir bereiten uns weiterhin gut vor". Für eine "übertriebene Sorge" gebe es "keinen Grund". 

Jens Spahn lehrt die Piloten fliegen

In diesem Tonfall des ungezügelten Optimismus ging es weiter, wobei Spahn auch darauf hinwies, er werde "die Pilotinnen und Piloten", die aus China anfliegen, verpflichten, "dass sie den Tower über den Gesundheitszustand der Passagiere informieren", darüber hinaus werde er Reisende aus China verpflichten, vorbereitete Formulare auszufüllen, "darüber, wie sie zu erreichen sind in den nächsten 30 Tagen und erreicht werden können". Zusammengefasst: "Wir verfolgen die Situation und die aktuellen Entwicklungen sehr, sehr aufmerksam, sehr, sehr ernsthaft, aber gelassen", das Einzige, was ihn wirklich beunruhige, seien "Verschwörungstheorien aller Art, die in den sozialen Medien zu finden und zu lesen sind".

Fast 96.000 Infizierte und über 1.400 Tote später steht fest, dass es nicht Verschwörungstheorien aller Art waren, die den Schaden angerichtet haben, sondern der "entspannte" Umgang mit dem Virus in der Frühphase seiner Ausbreitung. Trump hat in der Tat Unsinn geredet und eine Weile gebraucht, um den Ernst der Lage zu begreifen, aber er war nicht der einzige. Und wäre er der erste gewesen, hätten seine deutschen Kritiker keine Sekunde gezögert, ihm Panikmache vorzuwerfen.

Spahn aber kommt unbeschädigt davon und sammelt Lorbeeren dafür, wie toll er die Krise managt. Die beste Art, um Infektionen aller Art zu vermeiden, sei "Handhygiene, in die Armbeuge niesen und nicht dem anderen ins Gesicht und gegenseitig aufeinander aufpassen und Rücksicht nehmen", sagte er am 29. Januar 2020

Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.

Foto: Tomaschoff

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Leserpost

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Kurt Schradet / 06.04.2020

Spahn ist (als „Minister für Gesundheit…”) wirklich unsäglich…. Was er kann: Grade stehen…. und so stramm nach vorn blicken, dass man Vertrauen in seine Fähigkeiten bekommt… ... und wie man sieht: Es funktioniert…! ... Wir brauchen eben nicht mehr, um jemanden „kompetent” zu finden .....ts, ,ts…...

Sabine Lotus / 06.04.2020

Glücklich ist, wer einen Boxsack mit den Konterfeis der Helden dieses Epos besitzt. Na, wer soll demnächst Kanzler machen? Armbeugen-nies-Spahn, Inkubationszeit-verdopplen-und-Heizungen-Austausch-Habeck, Nasenbär-Maske-Laschi-Laschet? Oder doch lieber nochmal Mutti? Sooooo besonnen, ach, isset nicht schön, Tuuut-Tuuut macht der dicke Dampfer in der Krise. Das Eis von 15 Jahren aussitzen riß den Rumpf auf und die Kaptitänin (was macht eigentlich das dumme Rackete, jetzt wo mit Reisen Essig ist?) schießt auf Nazis und Corona. Pengpeng, Frau Sheriff hat die Feinde genau im Visier. Ne, was sind wir ein glücklich besonnen Völkchen.

Claudius Pappe / 06.04.2020

Deppenland. In Bulgarien werden auf den Straßen Masken verteilt. In Austria werden Masken vor Supermärkten verteilt. In Deppenland wird gute Laune im ÖR verteilt. Gestern hunderte Spaziergänger und Radfahrer gesehen die ohne Mundschutz fröhlich nebeneinander und gegeneinander sich auf naher Distanz begegneten. Wenn all diese den Virus für harmlos halten warum steigt dann die Zufriedenheit und der Optimismus in der Bevölkerung. Sind sie auch dann noch zufrieden wenn sie demnächst ohne Job dastehen ? Versuche mal , sich auf den Virus testen zu lassen.

Gudrun Dietzel / 06.04.2020

Was erwarten Sie von einem ungelernten Gesundheitsminister, dessen größtes Anliegen zu sein scheint, im wiegenden Gang das Mikrofon zu erreichen, um dort Nichtssagendes zu verkünden? Hauptsache, ich wirke in meinem enggeknöpften Jackett. Fragt sich nur, auf wen?

Heike Olmes / 06.04.2020

Nicht nur, dass wir grottenschlechte, unfähige Politiker haben. Nein, ein Großteil der Bevölkerung ist der Meinung, sie machen einen guten Job. Es ist zum VERZWEIFELN.Und nebenbei: Hat irgendjemand davon gehört, dass die Politiker, die unermüdlich Solidarität und Opfer anmahnen, auf einen Teil ihrer Diäten verzichten wollen???

Rita Liehn / 06.04.2020

Ist mir egal, ob ich schuld an der Ausbreitung der Viren bin, nun sind sie halt da. (Jens S., Bankkaufmann) Insbesondere für Correctiv: Nein, natürlich ist das kein Zitat!

Michael Lorenz / 06.04.2020

So einfach, in den Internetmedien an korrekte Berichte zu kommen (früher musste man dazu noch unter Lebensgefahr “Feindsender” hören oder bei drohendem Stasiknast “Westfernsehen” einschalten). So einfach, Spahn und den Rest der ganzen Flachpfeifensammlung mit einem winzigen Wahlkreuzchen loszuwerden. Aber es passiert nicht, und ich bekomme ein passendes “Warum” dazu einfach nicht auf die Reihe, so sehr ich es auch versuche.

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