Gastautor / 06.04.2016 / 14:00 / 4 / Seite ausdrucken

Sozialarbeit: Professoren drängen auf Missachtung des Rechtsstaats

Von Susanne Baumstark.

Die Forderung nach professionellen Standards für die Soziale Arbeit in Flüchtlingsunterkünften mag durchaus angebracht sein. Was allerdings verantwortliche Lehrende darüber hinaus in ihrem ins Netz gestellten Positionspapier proklamieren, ist schlicht ein Aufruf an Sozialarbeiter, den Rechtsstaat zu missachten. So heißt es an einer Stelle, die Soziale Arbeit sehe sich aufgefordert, rechtliche Festlegungen für freiwillige Ausreisen und Abschiebungen kritisch zu hinterfragen. Bis hierhin ist das sicher richtig, hat man bereits schon von unsinnigen Abschiebeurteilen gehört, die zum Beispiel in ihren Heimatländern misshandelte Frauen oder hoch motivierte Integrationswillige betreffen. Dann folgt allerdings die pauschale Aussage: „Das bedeutet auch, sich der Erwartung zu verweigern, an der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen mitzuwirken.“ 

An späterer Stelle wird behauptet, es sei mandatswidrig, wenn Sozialarbeiter „Amtshilfe“ für die Polizei leisten. Konkret gemeint ist damit: Angaben zu vermuteten Herkunftsländern machen, Abwesenheiten in Unterkünften melden, Adressen von untergetauchten Bewohnern weiterleiten oder an Altersfeststellungen mitwirken. Offenbar wird bereits das als Beteiligung an möglichen Abschiebungen interpretiert und dies widerspreche dem professionellen Ethos Sozialer Arbeit. „Angesichts drohender aufenthaltsbeendender Maßnahmen sollten Sozialarbeiter_innen über sämtliche Handlungsoptionen beraten, damit Betroffene selbst eine informierte Entscheidung treffen können.“ Die „Handlungsoptionen“ sind hinreichend bekannt. Die Welt beschreibt zum Beispiel das Osnabrücker „Mekka der Abschiebungsgegner“, deren Aktivisten hofiert und zu Vorträgen geladen werden: „Im Internet verkünden sie triumphierend ihre Einsätze wie Treffer in der Torschützenliste.“

Tatsächlich darf man auch anderer Meinung sein, dass nämlich die Mitwirkung an einer geregelten Einwanderung keineswegs mandatswidrig ist – weil diese Voraussetzung für eine planungsbedürftige Integration und einen funktionierenden Staat ist, in solchem Soziale Arbeit erst nachhaltig wirken kann. Eher ist eine Mandatswidrigkeit bei Professoren festzustellen, die Studierende einseitig politisch indoktrinieren und Gefolgschaft erwarten. Wird diese verwehrt, und mögen die Gründe auch noch so vernünftig sein, kommt es durchaus zu Kündigungen.

Über Terroristen informiert, Job verloren

So zumindest geschehen einem Sozialarbeiter in Belgien, der Vorgesetzte, Politiker und Bürgermeister über den radikalislamischen Anführer Fouad Belkacem aufklärte. „Statt angehört zu werden, habe er seine Stelle als Sozialarbeiter verloren“, schrieb die NZZ 2012. Im Februar 2015 berichtete Spiegel Online, Fouad Belkacem wurde als Anführer der Terrorgruppe „Sharia4Belgium“ zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt: wegen Anwerbung junger Menschen für den Dschihad in Syrien. Kein Wort in dem Artikel von dem Sozialarbeiter, der bereits Jahre zuvor auf diese Gefährdung hinwies und deswegen Ende 2005 entlassen wurde, wie Der Standard aktuell in einem Interview mit ihm aufzeigt. So viel auch zum Umgang mit Whistleblowern.  

Insgesamt wird sich der rosarote Bleiberecht-für-alle-Aktivismus über kurz oder lang als eines der größten Integrationshindernisse erweisen. Denn die eigenmächtige Aushöhlung des Rechtsstaats kommt vorrangig Kriminellen zugute, während sich ehrliche und kooperative Migranten und Einheimische nicht mehr auf eine funktionierende Justiz verlassen können. Sorge um die Autorität der Justiz beklagt bereits jetzt der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller: „Wenn Ausländer nach entsprechenden Urteilen nicht konsequent abgeschoben werden, verlieren der deutsche Staat und seine Justiz massiv an Autorität.“ Das Problem habe sich durch die große Zahl ankommender Flüchtlinge wesentlich verschlimmert: „Die deutschen Behörden werden dem nach meinem Eindruck überhaupt nicht mehr Herr.“ Ein Kläger etwa habe nach einem Urteil gerufen, das „sei ihm egal, er werde ohnehin nicht abgeschoben“.

50.000 neue Sozialarbeiter?

Der Städte- und Gemeindebund verlangte bereits im Oktober vergangenen Jahres im Rahmen der Flüchtlingsarbeit die Einstellung von bis zu 50.000 neuen Sozialarbeitern. Manche von ihnen, vor allem jene im Öffentlichen Dienst, werden sich nun neben einer berufsethischen Ambivalenz zusätzlich in einem Autoritätskonflikt wiederfinden. Noch immerhin ist Rechtsprechung und ihre Ausführung durch Justiz und Exekutive grundgesetzlich in Artikel 20 geregelt. Theoretisch. Praktisch maßen sich Professoren für Sozialarbeit und linksautonome Aktionsgruppen gerade an, fern eines demokratischen Verständnisses auch diesen Bereich des öffentlichen Lebens allein in ihrem Sinne zu kapern. Das Recht zum Widerstand „gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen“, ist im Übrigen im vierten Absatz geregelt.

Das Positionspapier unterzeichneten bisher über 130 Hochschullehrer aus ganz Deutschland sowie Vereine und Verbände, darunter die Amadeu Antonio Stiftung.   

Susanne Baumstark, Jahrgang 1967, ist freie Redakteurin und Diplom-Sozialpädagogin. Dieser Text erschienen zuerst auf ihrem Blog Luftwurzel

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Leserpost

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Andreas Rudolph / 06.04.2016

Es geht um “Kundenbindung”, je mehr bleiben, desto größer die Budgets für den Wohlfahrtsstaat und desto höher die eigenen Anteile. Recht stört nur das Geschäft, es geht ja schließlich um Milliarden.

Karla Kuhn / 06.04.2016

Wenn Professoren gegen geltendes Recht verstoßen, müssen sie fristlos gekündigt werden, auch wenn sie Beamte sind. Hier ist die Justiz gefragt, allen voran der Justizminister. Er ist doch so sehr für Recht und Ordnung.

Steffen Schöps / 06.04.2016

Öffentlich Bedienstete oder sogar vereidigte Beamte wenden sich gegen Recht und Gesetz und dies öffentlich? Hat der Innenminister darauf reagiert? Gab es Abmahnungen? Entlassungen?

Werner Geiselhart / 06.04.2016

§ 111 StGB Öffentliche Aufforderung zu Straftaten.(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) zu einer rechtswidrigen Tat auffordert, wird wie ein Anstifter (§ 26) bestraft. (2) Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Die Strafe darf nicht schwerer sein als die, die für den Fall angedroht ist, daß die Aufforderung Erfolg hat (Absatz 1); § 49 Abs. 1 Nr. 2 ist anzuwenden. .

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