Man sollte zwischen der Verfassung und den gewöhnlichen Gesetzen eines Staates unterscheiden. Dementsprechend ergeben sich dann auch zwei Fragen hinsichtlich des Vorrangs von EU-Recht. In der hierzulande üblichen medialen Beschwafelung des Themas fällt bereits das üblicherweise unter den Tisch (deshalb ist es auch eine Beschwafelung und keine Diskussion oder dergleichen). Änderungen des Grundgesetzes werden in Art. 79 desselben behandelt. Zunächst einmal fällt hier eine Lücke auf, indem der Art. 79 nicht unter den nach Abs. 4 unveränderbaren Teilen des Grundgesetzes aufgeführt ist. Vielleicht hat man das seinerzeit als eine nicht erwähnungsbedürftige Selbstverständlichkeit angesehen; mein Vertrauen, daß da keine Schlaumeier auf Ideen kommen, ist aber begrenzt. Nach Art. 79 kann das Grundgesetz nur durch explizite Modifikation des Textes geändert werden; es kann also keine Nebengrundgesetze geben, insbesondere nicht in Form irgendwelcher EU-Verträge. Ein Vorrang solcher vor dem Grundgesetz müßte sich aus dem Grundgesetz selbst ergeben. Ich kann derartiges jedoch nicht finden. Am ehesten käme hier der Art. 24 in Betracht, “Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen” und dgl. Weshalb das, insoweit es grundgesetzliche Bestimmungen tangiert, sich nicht in einer entsprechenden Grundgesetzänderung niederschlagen müßte, wäre mir jedoch schleierhaft. Wenn nun EU-Recht als über dem Grundgesetz stehend erachtet wird, dann hat m.E. ein kalter Putsch stattgefunden. Ich erinnere mich dunkel, daß es im letzten Jahrtausend einmal als bedenklich angesehen wurde, als bei einer Untersuchung festgestellt wurde, daß ein Großteil der Jura-Studenten nicht angeben konnte, woran eine Hitlersche Machtergreifung nach Grundgesetz gescheitert wäre. Inzwischen ist die Verblödung offenbar so weit fortgheschritten, daß nicht einmal mehr die Machtergreifung bemerkt würde.
Ein Land, in dem die Regierungschefin vor laufender Kamera die Staatsflagge angewidert wegwerfen kann, ohne dass das eine öffentliche Diskussion hervorruft oder gar für sie irgendwelche politischen oder rechtliche Konsequenzen hat, ist bzgl. Souveränitätsbewusstsein nicht normal. Dafür ist es aber offensichtlich in Deutschland selbst für Herrn Prof. Kerber als Autor bei Achgut völlig normal, Nachbarstaaten sofort “Nationaliismus” vorzuwerfen, wenn diese souverän handeln, ihr Verfassungsgericht als Marionette zu bezeichnen, wenn es dieses Souveränität verteidigt und ein Zitat zu nennen (“Her mit dem Brüsseler Geld…”), das offensichtlich eine reine Erfindeung des Autors ist und nur dazu da ist, den Nachbarstaat zu diffamieren. Deutschland hat fertig!
Das einzigst Gute an den verschwendeten letzten fast 2 Jahren ist, dass man mehr Zeit hatte seine Mitmenschen zu beobachten und mit entsetzen feststellen muss, die sind ja total verblödet. Vom engsten Bekanntenkreis bis zur Staatsführung absolut versagensbereit. Genau das hatten wir schon 1933. Ist das berühmte Pendel mit Abrissbirne für Freiheit und Demokratie. Der “Souverän” hat kein Bewusstsein, sonst wäre diese Blockflötengarde nicht “gewählt” worden. SO WHAT, NO MERCY!
Nach dem Satz „Her mit dem Brüsseler Geld, man schuldet es uns schon lange, und nun lasst uns bitte in Ruhe.“ der im Artikel nicht als Zitat der EU-Integrationshardliner kenntlich gemacht, sondern offensichtlich vom Autor ernst gemeint ist, konnte man den politischen Verlauf ahnen: PiS böse, polnische Liberale (- die “modern” und EU-konform funktionieren) gut. Herr Kerber hat übersehen, dass auch die deutschen “Liberalen” der Übergriffigkeit der supranationalen Gremien und der Globalisten nicht widersprechen. Es wäre schön, eine für nationale Souveränität sensible FDP zu haben, aber die gibt es nicht. Insofern bleiben als Akteure zur Bewahrung der Souveränität nur die Konservativen.
Polen ist ein souveräner Staat und darf so nationalistisch oder liberal sein, wie es will. Das geht die Deutschen nichts an, erst recht nicht nach der Causa Harbarth, die bewiesen hat, dass Politik und Recht schon viel zu weit verflochten sind.
Schon Roman Herzog hat davon gesprochen, dass ca. 90 % der Regelungen in EU aus Brüssel kommen, und von Bundesheinzelmännchen nur den ländlichen Bräuchen angepasst werden. Deshalb sind ja auch so viele bei Abstimmungen im BT abwesend – sie haben eh nix zu melden. Schäuble hat erklärt, dass Deutschland staatsrechtlich seit April 1945 kein souveräner Staat mehr ist, und spätestens seit 2015 ist es das durch Grenzniederlegung auch faktisch nicht mehr . Die Polen sehen ihr Land anders, und mögen es gar nicht, wenn schon wieder eine Deutsche „zurückschießen“ lässt. Aber keine Angst, Pfuschi hat es nicht mit der Artillerie, was sie schon bei ihrem Zerstörungswerk BW unter Beweis stellen durfte. Jeszcze Polska nie zginęła – Germania schon wieder.
Der Autor schreibt: “Es ist zu hoffen, dass sich Volkssouveränität – also die Voraussetzung von Demokratie – alsbald im Bewusstsein der deutschen Bürgergesellschaft wieder heimisch machen wird.” Der alles entscheidende Denkfehler des Autors ist: sie, die Volkssouverenität wird seit 1945 ausgetrieben, verschwand 1949 und kehrte Formal 1990 in abgeschwächter Form wieder, aber im Bewusstsein der deutschen Bürgergesellschaft kann nicht etwas wieder heimisch werden, was nie da war. Es müsste erst heimisch gemacht werden, und das wird nicht funktionieren.
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