Vera Lengsfeld / 22.07.2007 / 15:00 / 0 / Seite ausdrucken

Sonntagslektüre

Licht und Schatten in der heutigen Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: neben einer weiteren Verklärung der RAF-Terroristen, diesmal von FAZ-Feuilleton-Redakteur Lorenz Jäger, kommen auch ein Verteidiger der Freiheit ,Wolfgang Sofsky, und ein Kritiker der neuen deutschen Kernkrafthysterie, Winand von Petersdorff, zu Wort. Arbeiten wir uns der Reihe nach vom Dunkeln ins Licht vor.

Nachdem wir aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung schon erfahren mussten, was wir nie über den Terroristen Klar und seine Schulzeit wissen wollten, werden uns in der heutigen Ausgabe, die Rädelsführer der RAF im Artikel „Revoluzzer auf dem Drahtseil“ menschlich nahe gebracht. Brandstifterin Ensslin, war, so des Autors schwärmerische Erinnerung, „gerade in der körperlichen, wie der inneren Haltung“, die überall „auch bei den städtischen Ämtern , mit Respekt behandelt wurde“ Und der Mörder Baader war, „der faszinierendste Mann“, dem der Autor bis dahin begegnet war.  Die Faszination scheint bis heute anzuhalten, denn dem Autor fällt nur Gutes zu diesem Duo ein. Ensslin wäre bei der Lektüre eines Artikels aus der Szene angewidert gewesen, weil der Autor das Wort „ausrotten“ benutzt hatte. Geld war für das Pärchen immer vorhanden, aber an das Gerücht, eine Boutique- Besitzerin wäre erpresst worden, will Jäger bis heute nicht glauben. Das Geld wäre wohl durch Dealen hereingekommen. Alles im grünen Bereich, denn einer der Dealer hat später für die Grünen im Frankfurter Stadtrat „anständige“ Arbeit gemacht. Die Verklärung der Mörderin Astrid Proll durch ihren reimenden Bruder Thoralf „früher die Geschwister Scholl, heute die Geschwister Proll“, ist für Jäger keine an Obzönität grenzende Geschmacklosigkeit, sondern eine „antifaschistische „Legitimation“. Vom Terroristen Boock weiß der Autor zu berichten, dass der „unter den oft dumpfen Zöglingen“ (gemeint sind die Insassen eines Erziehungsheimes, die von Ensslin und Baader statt des Proletariats von ihrem Elend erlöst werden sollten) durch „seine Eloquenz hervorstach“„Baader und Ensslin waren anders, resümiert Jäger.  Schauer jagen ihm nur die Worte des Sommerhits 1969 von Zager und Evans ein, Nicht die Verbrechen des krimminellen Pärchens.

In „Der Fall Vattenfall und die deutsche Angst“ wagt der Autor Winand von Petersdorff der neuesten Störfall-Hysterie sachliche Betrachtungen entgegenzustellen. Leider erklärt er die Irrationalität gegenüber der Kernkraft nur aus der deutschen Seele, „die aus dem Wald stammt“ Die jahrzehntelange ideologische Hetze gegen die Kerntechnik erwähnt er leider mit keinem Wort. Wenn man wissen will, warum Fakten in dieser Debatte keine Rolle spielen, kann man die ideologische Vorgeschichte nicht ignorieren. Immerhin zitiert Petersdorff Thilo Spahls Artikel zum Thema in der Zeitschrift Novo Nr.81, so dass alle Interessierten hier nachlesen können.
http://www.novo-magazin.de

Wie viel Sicherheit der Mensch braucht, darauf antwortet der Soziologe Wolfgang Sofsky
in dem Beitrag „Die Freiheit ist kein Idyll. Sie ist eine Herausforderung“.
In Deutschland fehle ein antitotalitäres Bewusstsein. Deshalb ist hier die Gefahr der „vernünftigen Gewöhnung“ an „die schleichende Salamitaktik der Politik“ ihre Herrschaft auszubauen, so groß. „Wir hatten den Antikommunismus, wir hatten den verordneten Antifaschismus, aber wir haben keinen Antitotalitarismus, der auf beiden Augen scharf sieht. Obwohl auf deutschem Boden beide totalitären Regimes zu Hause waren, gibt es keine entwickelte Sensibilität für die Bedrohung der Freiheit.“
„Wenn die alte Linke von Freiheit redet…geht es um die Verteilung von Gütern oder um verstaatlichte Solidarität. Das hat mit Freiheit nichts zu tun. Freiheit ist Widerstand gegen Macht jeder Art. Deshalb muß man ihre Fahne am höchsten tragen.“

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