Heute ist ja ein großer Tag der Prognostiker. Angesichts meiner eigenen direkten oder indirekten prognostischen Fähigkeiten würde „Nostradamus vor Neid erblassen“ – wie der regelmäßige Leser dieser Kolumne weiß. Da ich Optimist und außerdem dem Menschengeschlecht zugewandt bin, sind meine Vorhersagen stets als selbstzerstörende Prophezeiungen gedacht. Dabei soll die bloße Schilderung künftiger Verhältnisse die Menschheit, also Sie, geneigter Leser, dazu bewegen, etwas gegen das Eintreten meiner Prophezeiung zu tun. Man nennt das auch „suicidal prophecy“, also als eine Prophezeiung, die sich selbst tötet.
Bedauerlicherweise kann bisher aber von Selbstmord meiner Vorhersagen keinerlei Rede sein, denn offensichtlich lesen sämtliche Idioten in irgendwelchen Regierungsämtern mit und holen sich Anregungen, um die Menschheit zu martern. So sehe ich mit dem Endsieg des grünen Regiments beispielsweise das von mir vorausgesagte „Gesetz zur Regelung des Individualverkehrs“ wahr werden, nach dem in Deutschland jede Autofahrt behördlich genehmigt werden muss, und zwar durch die neu geschaffene „Fahrten- und Automobil-Kontrolle“, kurz FAK genannt.
Jetzt habe ich meinen Draht in die Zukunft auf Glasfaser umgestellt, das heißt, ich bin mit doppelter Schallgeschwindigkeit meiner Zeit voraus. Und deshalb habe ich beschlossen, meine seherischen Fähigkeiten in den Dienst der Wissenschaft zu stellen und standesgemäß in ein Institut namens Sonntags-Fahrer-Institut, kurz SOFA-Institut, zu überführen. SOFA fängt dort an, wo Forsa, DIW und Kassandra passen müssen.
Aus aktuellem Anlass präsentiere ich hier die neue SOFA-Studie „Der grüne Plan“. Hierbei werden historische Erfahrungen extrapoliert, durch zwei geteilt und dann mit dem Faktor Grün multipliziert. Dieser anspruchsvolle Ansatz steht unter der Schirmherrschaft des Augsburger Demoskopen Bert Brecht, der den ersten Lehrsatz der Zukunftsvorhersage wie folgt formulierte: „Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan. Gehn tun sie beide nicht“.
Presselandschaft in eine Plantage umgewandelt und die Opposition begradigt
Und nun zur politischen Praxis. Die bekannt erfolgreiche Krisenmanagerin Ursula von der Leyen hat von Katrin Göring-Eckardt zur Amtsübernahme als Präsidentin der EU-Kommission bekanntlich einen neuen Kompass geschenkt bekommen, der nicht etwa nach Norden zeigt, sondern nach grün: „Green Deal muss unser Kompass aus der Coronakrise sein“. Das ist eine in der EU bewährte Form der Orientierung, die historisch mühelos bis ins Jahr 1950 zurückverfolgbar ist. Beispielsweise auf Wikipedia:
„Der Grüne Plan war ein Förderprogramm der 1950er Jahre, mit dem die Landwirtschaft in der Nachkriegszeit in Deutschland gefördert wurde. Ziel waren Strukturen im ländlichen Raum, die sich leichter bewirtschaften ließen und für die Ernährung der Bevölkerung ausreichten“.
Beim „Grünen Plan“ ging es relativ bescheiden um die Ernährung der Bevölkerung und die Rettung des Landmannes, der aktuelle Nachfolgeplan „Green Deal“ dient der Rettung des Planeten und der Menschheit und das auch noch auf Englisch. Ansonsten bleibt alles beim Alten:
Wikipedia zum Grünen Plan 1950:
„Eingeführt wurden Subventionen für Getreide, Milch und Fleisch. Bauern wurden hohe Verkaufserlöse garantiert. Eine Flurbereinigung wurde durchgeführt, bei der die kleinen zerstückelten Grundstücke neu gefasst wurden, die Landschaft wurde radikal neu strukturiert, Hecken abgeholzt, Streuobstwiesen in Plantagen umgewandelt und Bäche begradigt. Landwirte erhielten Zuschüsse, um Zugtiere durch Schlepper und Mähdrescher zu ersetzen.
SOFA-Institut zum Green Deal 2021:
„Eingeführt wurden Subventionen für Windräder, Solarzellen und Jasager. Bauern und Landvolk mit Windmühlen, Solarzellen und Biogasanlagen wurden hohe Verkaufserlöse garantiert. Eine Flurbereinigung wurde durchgeführt, bei der die Meinungsfreiheit abgeschafft wurde, die politische Landschaft wurde radikal neu strukturiert, Hecken abgeholzt, eine vielfältige Presselandschaft in eine Plantage umgewandelt und die Opposition begradigt. Verbraucher und Betriebe erhalten Zuschüsse, um Pferdestärken durch Lastenfahrräder zu ersetzen."
Wolfsburg wurde renaturalisiert
Die Folgen des Grünen Plans von 1950 beschreibt Wikipedia so:
„Die Agrarsubventionen führten in Folge zu Überproduktionen von landwirtschaftlichen Gütern. Ein Butterberg entstand. Die Flurbereinigungsmaßnahmen führten zu ökologischen Problemen. Ökosysteme wurden durch diese Maßnahmen zerstört. Um diese negativen Folgen zu beheben, wurden Bäche später wieder renaturiert und Streuobstwiesen anschließend gefördert.“
Die Folgen des Green Deal von 2021 beschreibt das SOFA-Institut wie folgt:
„Die Energiesubventionen führten in Folge zu Überproduktionen von Wind- und Sonnenenergie zu Zeiten, an denen man sie nicht brauchte und zur Unterproduktion, wenn man sie brauchte. Die Klimaschutzbestrebungen führten zu einer Pleitewelle, Wolfsburg wurde renaturalisiert. Die medialen Flurbereinigungsmaßnahmen führten zu wirtschaftlichen und ökologischen Problemen. Das politische Ökosystem wurden durch diese Maßnahmen zerstört. Um diese negativen Folgen zu beheben, wurde die Presselandschaft später wieder renaturiert und Vielfalt anschließend gefördert.“
Im Weiteren kommt das SOFA-Institut in seinem Worst-Case-Szenario zu dem Schluss, dass die erfolgreiche Implementierung des 1,5 Grad-Zieles paradoxerweise zu schweren Auseinandersetzungen um die weitere Klimastrategie führen muss. Nachdem der Temperaturanstieg dank des Green Deal auf 1,5 Grad limitiert worden ist, kommt zwangsläufig die naheliegende Frage auf: Welches Klima soll zum allgemeinverbindlichen erklärt werden?
Während die Arbeitgeber für ein der Produktivität zuträgliches eher kühles Betriebsklima plädieren, empfiehlt der Freiburger Meteorologe Andreas Matzarakis eher eine gesundheitspolitisch gedeckelte und ökologisch verträgliche Durchschnittstemperatur: „Es gibt ganz bestimmte Bedingungen, wo der Mensch wenig Energie braucht, um sein Gleichgewicht oder seine Gleichgewichtstemperatur, diese 37 Grad, die wir haben, zu halten“. Das bewege sich zwischen 20 und 27 Grad. „Dafür braucht der Mensch am wenigsten Energie, das sind so optimale Bedingungen, wo ich wenig schwitzen muss.“ Je weiter man sich davon entferne, umso mehr müsse der Körper Energie aufbringen.
Künftiges Klimaoptimum auf europäischer Ebene festlegen
Die Interessenvertretung der Lastenfahrradfahrer VCD dürfte sich generell gegen Frost und weiße Winter mit Glatteis aussprechen, ähnlich wie die Deutsche Postgewerkschaft, die Gesundheitsschäden bei E-Scooter-Fahrern im Blick haben muss. Dies bedeutet allerdings einen direkten Zielkonflikt mit dem WWF, der durch die Forderungen von subalternen Postausträgern die Rettung der Eisbären und damit der Krone der Nahrungskette gefährdet sieht.
Unübersichtlich wird die Situation durch die Forderung der Solarbranche nach mindestens 8 Stunden Sonnenscheindauer pro Tag. Die Deutsche Krebsgesellschaft hat allerdings schwere Bedenken, denn „die übermäßige UV-Strahlung der Sonne gilt als wichtigster Risikofaktor für die Entstehung von Hautkrebs".
Das SOFA-Institut empfiehlt daher EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, das künftige Klimaoptimum auf europäischer Ebene festzulegen, um es dann später zum weltweiten Standard zu machen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass die menschliche Spezies auf den verschiedenen Erdteilen durchaus unterschiedliche Wohlfühltemperaturen bevorzugt. Ein Indianer aus Death-Valley mit plus 50 Grad möchte nicht mit einem Inuit am Polarkreis mit minus 50 Grad tauschen. Der Festlegung eines einheitlichen Weltklimas setzt nach Meinung des SOFA-Institutes daher zunächst eine vorbereitende Maßnahme voraus: Alle Menschen müssen so schnell wie möglich gleichgemacht werden.