Peter Hemmelrath / 20.06.2025 / 10:00 / Foto: Peter Hemmelrath / 9 / Seite ausdrucken

Solingen-Prozess: Wollte Issa al H. erschossen werden?

Wollte sich der Solingen-Attentäter Issa al-H. nach seiner Tat der Polizei stellen oder sich von ihr erschießen lassen? Im Gegensatz zu den Geschichten der Verteidigung wirken die Darstellungen der beteiligten Polizisten plausibel und passen zu anderen Beweisen.

Nach weiteren Aussagen von Überlebenden des Messer-Anschlages am 23. August 2024 in Solingen wurde es am Mittwochnachmittag beim Prozess gegen Issa al-H. vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) noch mal für einen Moment spannend. Erwartet wurden die Zeugenaussagen der beiden Polizisten, die ihn in der Nacht vom 24. auf den 25. August in Solingen festgenommen haben. Deren Darstellungen sollten Aufklärung darüber bringen, ob sich der syrische Flüchtling tatsächlich der Polizei stellen wollte oder von den Einsatzkräften aufgegriffen wurde. In den Tagen nach dem Anschlag hatten mehrere Medien berichtet, al-H. habe sich der Polizei mit den Worten „Ich bin der, den ihr sucht" gestellt.

Issa al-H. muss sich seit 27. Mai vor dem 5. Strafsenat des OLG verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft dem 27-Jährigen dreifachen Mord, zehnfachen Mordversuch sowie die Mitgliedschaft in der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) vor. So soll der Syrer am Abend des 23. August auf dem „Festival der Vielfalt", mit dem die Stadt Solingen ihr 650-jähriges Jubiläum feiern wollte, „in schneller Abfolge" sowie „unter wiederholten Allahu-Akbar-Rufen" gezielt auf Hälse der Veranstaltungsbesucher eingestochen haben, um so eine möglichst hohe Zahl von „Ungläubigen" zu töten. Beim Prozessauftakt hatte der syrische Flüchtling sofort zugegeben, die ihm zur Last gelegten Taten begangen zu haben. Zum Vorwurf der IS-Mitgliedschaft sowie dem der Mordabsicht äußerte er sich bislang jedoch nicht.

Zuerst berichtete ein 39-jähriger Polizist aus Wipperfürth, dass er mit einem jüngeren Kollegen am Tag nach dem Anschlag die Solinger Polizei bei Verkehrs- und Absperrmaßnahmen unterstützt hatte. Auf dem Rückweg nach Wipperfürth am späten Abend habe er vom Beifahrersitz aus plötzlich gesehen, wie eine Person gebückt aus einer Hecke herausgekommen sei. Zuerst habe er gedacht, dass es sich um eine psychisch kranke und möglicherweise hilflose Person handeln könnte, schilderte der Polizist. „Den kontrollieren wir mal", habe er seinem Kollegen gesagt und ihn angewiesen, das Einsatzfahrzeug zu parken. Dabei sei er nicht auf den Gedanken gekommen, dass es sich bei der Person um den gesuchten Attentäter handeln könnte.

"Als Bedrohung erkennbar"

Nachdem beide Polizisten ihr Fahrzeug verlassen hatten, habe die Person jedoch „den Daumen über den Hals geführt" und damit eine „Schneidebewegung" gemacht. „Das war als Bedrohung erkennbar", erläuterte der 39-jährige Polizist. Nun sei ihm auch der Gedanke gekommen, dass es sich bei der Person um den gesuchten Attentäter handeln könnte. Nachdem er seine Waffe gezogen hatte, habe er ihn aufgefordert, sich auf den Boden zu legen. Der Mann habe aber immer nur „kein Deutsch, kein Deutsch" gerufen. Daraufhin habe er ihn am Kopf ergriffen, mit seinem Kollegen „zu Boden geführt" und ihm Handschellen angelegt. Dabei sei ihm aufgefallen, wie schwach der Mann gewesen sei. „Er hatte keine Körperspannung mehr", sagte der Polizist. Auf der Solinger Polizeiwache sei der Mann später als der gesuchte Attentäter identifiziert worden.

„Er wirkte überrascht, uns zu sehen", schilderte der 39-Jährige die Festnahmesituation. „Aber ich denke, er wusste, was wir von ihm wollten." Auf die Nachfrage des Vorsitzenden Richters Winfried van der Grinten, ob sich Issa al-H. „gestellt hat oder in eine Kontrolle gelaufen ist", antwortete der Polizist: „Ich hatte nicht den Eindruck, dass er sich gestellt oder ergeben hat. Ich hatte eher das Gefühl, dass er wollte, dass man ihn erschießt."

Die weitere Befragung des Polizisten durch das Gericht gestaltete sich jedoch langatmig und war oftmals auf Nebensächlichkeiten bezogen. Dem Solinger Nebenklage-Anwalt Simon Rampp aber gelang es, mit einer einzigen Frage alles auf den Punkt zu bringen: „Gab es in der Festnahmesituation irgendetwas, was der Angeklagte freiwillig oder kooperativ gemacht hat?", wollte Rampp wissen. „Nein", lautete die unmissverständliche Antwort des Polizisten.

Nach ihm wurde sein 27-jähriger Kollege gehört, der das Einsatzfahrzeug gesteuert hatte. Auch er schilderte, dass Issa al-H., nachdem er die Polizisten erblickt hatte, die „Kopf-ab-Geste" gezeigt habe. „Da bin ich natürlich etwas nervös geworden", sagte der Polizist. Nach dieser Geste habe al-H. zuerst auf die Polizisten und dann auf sich selbst gezeigt. Danach habe er dies „mehrfach wiederholt" und immer wieder „kein Deutsch, kein Deutsch" gerufen. Als er später in die Solinger Polizeiwache gebracht wurde, habe er „getragen werden müssen". Aber nicht aufgrund von Widerstandshandlungen, sondern weil al-H. so geschwächt war, dass er nicht mehr gehen konnte, stellte der Polizist klar.

Issa wurde das "Paradies" versprochen

Kurz vor den Schilderungen der beiden Polizisten hatte Issa al-H. dem Gericht schnell noch eine Erklärung dazu gegeben. Die Übersetzung dieser Erklärung wurde von seinem Verteidiger Daniel Sprafke sofort als Beleg dafür eingeordnet, dass sich sein Mandant der Polizei habe stellen wollen. Offen blieb jedoch, warum al-H., wenn er sich wirklich habe stellen wollen, damit bis zur Nacht gewartet hatte. Am Tag nach dem Anschlag wimmelte es in Solingen von Polizisten, was es ihm leicht und einfach gemacht hätte, sich diesen schnell zu ergeben.

Sich nach seiner Tat einer irdischen Ordnungsmacht zu stellen, wäre für einen Jihadisten jedoch eine wenig sinnbringende Handlung. Für Jihadisten ist deren todbringende Tat üblicherweise erst dann vollendet, wenn sie selbst dabei getötet wurden und damit zum „Märtyrer" geworden sind. Es war Issa al-H. selbst, der in der Untersuchungshaft einem psychiatrischen Gutachter erzählt hatte, der IS habe ihm für die Anschlagsbegehung das „Paradies" versprochen. Damit passt die Einschätzung des an der Festnahme beteiligten Polizisten auch widerspruchsfrei zu den bislang vor Gericht vorgelegten Beweisen, die - zumindest nach dem bisherigen Stand der Beweiserhebung - übereinstimmend auf eine islamistisch motivierte Tat deuten. Zu den Darstellungen der Verteidigung passt es hingegen nicht so gut. 

Ein Rätsel aber bleibt dennoch: Nach der Vernehmung des ersten Polizisten zitierte Daniel Sprafke aus der nach dem Anschlag schnell erstellten Haftsachakte der Bundesanwaltschaft. Darin hieß es, Issa al-H. habe bei seiner Festnahme „seine Hand über den Hals geführt". Dies sei „als geständnisgleiches Verhalten gewertet worden". Wenn dies tatsächlich damals so gewertet wurde, dürfte es sich um eine absurde und sachlich kaum nachvollziehbare Wertung einer solchen Geste handeln. Aber irgendwie muss diese bizarr anmutende Darstellung ja Eingang in die Haftsachakte gefunden haben. Und auch die Darstellung, er habe sich der Polizei mit den Worten „Ich bin der, den ihr sucht" gestellt, muss sich ja irgendjemand ausgedacht haben.

Foto: Peter Hemmelrath

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Leserpost

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Lutz Liebezeit / 20.06.2025

“Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die sofortige Einreise der in Pakistan wartenden sogenannten Ortskräfte und ihrer Angehörigen, etwa 2400 Personen.” Wenn es im Zuge des Afghanistan-Krieges Zusagen gegeben hat, dann sollten die eingehalten werden. Wir sollten uns nicht so schäbig verhalten wie die USA im Irakkrieg. Die SPD allerdings sollte klar abgekanzelt und aus der Koalition rausgeworfen werden. Daß ein Ausländer für Migration zuständig ist, ist natürlich eine Unverschämtheit dieser Brut!

W.Meyer / 20.06.2025

Analphabetismus wandert mit ein nach Deutschland. Fanatische, geistig gestörte Gläubige wollen ins Paradies als Märtyrer. Man fasst es nicht, wie ein Land der Dichter und Denker und Erfinder, alle bahnbrechenden Erfindungen gingen von Deutschland aus, vor die Hunde geht. Unsere Bildung ist seit Jahrzehnten bedroht. Keiner macht was. Sie wird täglich schlimmer und das soll so sein, da muslimische Kinder indoktriniert sind und die einzige Aufgabe, die sie haben ist, Kinder kriegen und kochen. Der brutale Islam als über dem Gesetz stehender Religion mit dem Abschlachten von Andersgläubigen ist in der Steinzeit angesiedelt, absolutistisch. Nur sie und sonst keiner. Wie lange können wir dem geistigen Raub aus China und der brutalen psychischen und physischen Bedrohung standhalten? Wenn die Kassen leer sind, ziehen sie weiter, Verwüstungen hinter sich lassend. Dieses Leben hat sein typisches europäisches Flair verloren.

L. Bauer / 20.06.2025

Dieses elende juristische herumreiten auf völlig unwichtigen Details! Was macht es denn für einen Unterschied, ob er nun auch nur ansatzweise sich hätte eventuell stellen wollen? Das interessiert doch niemanden bei der Schwere der Taten! Den Opfern im Gerichtssaal diese Frechheit zuzumuten ist wirklich die Höhe. Denn strafmildernd kann das ja wohl nicht sein. Und dieser Verteidiger gehört eigentlich gleich mit in den Knast! Opferumkehr und dämliche Bemerkungen sollten auch strafbar sein vor Gericht. Und kein Deutsch und dann ich bin der den ihr sucht, passt auch nicht zusammen. Erlogen von der Bild schätze ich mal. Alles in allem wäre den Opfern und allen Beteiligten die Farce dieses Prozesses erspart geblieben, wenn die Polizisten öfter die Wünsche von Straftätern und der Bevölkerung erfüllen würden. Dafür sind sie auch da!

M. Durst / 20.06.2025

Immer wieder Berichte über so erschütternde, traurige, sinnlose Attentate. Die Aufarbeitung klingt oft surreal. Und jedesmal stellt sich die Frage, wie man so leichtfertig jeden Fremden den Stempel “Flüchtling, Schutzbedürtig” aufdrücken konnte und ungeprüft hat einfach einwandern lassen. Hat der Irre wirklich geglaubt Mord bringt ihn ins Paradis? Wer waren seine Hassprediger?

Marcel Seiler / 20.06.2025

Ist es das, was der damalige Bundespräsident Wulff meinte, als er sagte, der Islam gehöre zu Deutschland? Vermutlich nicht. Herr Wulff, wie die gesamte politische Klasse damals und jetzt, schloss einfach ganz fest die Augen, um die mörderischen Teile des Islams nicht sehen zu müssen. Es wird Zeit, dass die politische Klasse die Augen öffnet und dem Islam klar sagt: Entweder ihr reformiert euch gründlich, oder ihr müsst gehen. Und an die Muslime ginge die Ansage: Ihr müsst den mörderischen und anderen grundgesetzwidrigen Anteilen des Islams klar und deutlich widersprechen und hinter euch lassen, wenn ihr hier willkommen sein wollt. Andernfalls geht es einfach nicht. Das nicht weil irgendjemand böse ist, sondern weil es unvereinbare Gegensätze zwischen der Art gibt, wie wir hier leben und wie euer Islam euch zu leben vorgibt.

Rolf Mainz / 20.06.2025

Wer kennt sie nicht, die “Kopf-ab-Geste” als Zeichen dafür, dass man sich der Polizei stellen wolle. Quasi als Pendant zur “Weissen Fahne” in zivilisierten Ländern.

Gerard Doering / 20.06.2025

Am Ende ist die Bibel schuld und er war nur etwas durcheinander. hat er gar noch die Paradiese verwechselt? Die Aussage “Ich bin der, den ihr sucht” wurde von Jesus im Johannesevangelium, Kapitel 18, als er von römischen Soldaten verhaftet wurde, geäußert. Wozu dient denn eigentlich dieses Affentheater?

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