Rainer Bonhorst / 22.03.2020 / 12:00 / 49 / Seite ausdrucken

Söder treibt Merkel vor sich her

Eine Karikatur in meiner Zeitung zeigt einen verwunderten Herrn, der vor sich hin denkt: „Langsam werde ich zum Söder-Fan.“ Dann, erschrocken: „Ups, was denke ich denn da!“ Und zu seiner Frau: „Schatz, nicht dass ich Fieber habe.“ Der Herr in der Karikatur dürfte nicht der Einzige sein, der dieser Tage einen solchen Pro-Söder-Schock erlebt.

Was immer man von den einschneidenden Maßnahmen gegen den Corona-Virus in Bayern hält: Der Mann tut was. Er ist, was BWL-Geschulte proaktiv nennen. Er ist schneller als die ältere Dame in Berlin. Er ist wie der Igel, der dem Hasen, in diesem Fall der Häsin, jedesmal zuruft: „Ich bin schon da.“ Oder literarisch genauer: „Ick bün all hier!“ Oder passender: „I bin scho do.“ Egal: Was er tut, tut die Kanzlerin ein paar Tage später.

Nun kann man darüber streiten, was in der Corona-Krise das Richtige ist: Schnell und entschlossen handeln oder langsamer und vielleicht überlegter handeln. Wer also später im Rückblick besser dasteht, der flotte Markus Söder oder die bedächtige Angela Merkel, ist durchaus offen. Tatsache ist, dass der Bayer den Eindruck erweckt, er treibe die Berlinerin vor sich her.

Söder, der Corona-Super-Man

Manches, was Merkel nach längerem Zögern entscheidet, sieht aus wie ein Söder-Plagiat. Das mag daran liegen, dass die Entscheidungen alternativlos erscheinen, egal, ob man sie schnell oder weniger schnell trifft. Doch Söder wirkt wie der Mann der Stunde. Er ist zum Corona-Super-Man mutiert.

Söder, der Krisen-Manager, eine Art Hamburger-Flut-Helmut-Schmidt der Corona-Krise. Die Metamorphose des bayerischen Ministerpräsidenten ist nicht einmalig und wurde nicht erst mit der Corona-Krise sichtbar. Markus Söder hat in jeder politischen Rolle, die ihm zufiel, genau das gemacht, was zu dieser Rolle gehörte. Oft krawallbereit und vorlaut, was ihn viele Sympathien gekostet hat, aber immer erfolgreich. Als er Horst Seehofer als Ministerpräsident ablöste, wandelte er sich quasi über Nacht zum Landesvater: ruhig, sonor, seriös. Keine verrückten Faschingskostüme mehr, allenfalls noch aus gegebenem Anlass eine bunte Fliege.

Und jetzt also der Krisen-Manager mit Sorgenfalten, heiserer Stimme, entschlossenem Zug um den Mund und entschiedenem Handeln. In der Krise, so heißt es, zeigt sich der Mann. Oder die Frau. In diesem Fall aber nun mal der Mann. Das riecht in einer Zeit, die langsam der nächsten Bundestagswahl entgegen taumelt, nach der Frage: Ist Söder nicht doch der Einzige von wirklichem Kanzler-Format? Der Andere, der arme Friedrich Merz, ist am Krisen-Virus erkrankt. Der nächste, Jens Spahn, schlägt sich gut, hat aber eine Chefin über sich, auf die er Rücksicht nehmen muss. Der Dritte, Armin Laschet, hat in Nordrhein-Westfalen die mit Abstand schwersten Corona-Sorgen am Hals und bringt nicht die Power auf die Bühne, mit der Söder das Publikum beeindruckt.

Wie eine Kuhglocke um den Hals

Politik lebt von Eindrücken. Aber wie weit kann das führen? Söder gehört in die Kategorie „Bayer“, aus der nach allgemeiner Weisheit kein Weg in das Berliner Kanzleramt führt. Dabei ist er als gebürtiger Nürnberger nur ein Binde-Strich-Bayer. Ein evangelischer Franke auf dem altbayerisch-katholischen Ministerpräsidenten-Thron. Als wäre das nicht schon genug.

Und jetzt soll er mit dem Bayern-Handicap, das ihm wie eine Kuhglocke um dem Hals hängt, ein Mann für ganz Deutschland sein? Zwar rollt er sein „R“ nicht ganz so hart wie sein Intimfeind und Vorgänger Seehofer. Ob aber der Lodda-Matthäus-Sound seiner Ansprachen ganz Deutschland einfangen kann, ist die Frage.

Nichts ist unmöglich, und die Spekulation ist es wert, spekuliert zu werden. Im Zweifel bleibt Markus Söder eben weiter in München und treibt von dort aus auch nach Corona den nächsten Berliner vor sich her, wer immer es sein mag. 

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 22.03.2020

erste erfahrungen mit der soeben durch lautsprecherwagen verkündeten ausgangssperre. warum sie als gruppe herumlaufen, frage ich vom westbalkon herunter die jungen. “halts maul du opfa!” ich will auch raus! das polizeiauto fährt derweil an ihnen vorbei

CZECH ALEX / 22.03.2020

Söder ist ein linker Trojaner. Niemand im BR hatte es verstanden wie ausgerechnet Söder sich zur CSU bekannte. Während seiner Zeit im BR ist Söder nur durch linkes Gedankengut aufgefallen. Damit hat er auch den BR geprägt. Während seiner Schulzeit war Söder ein überzeugter und praktizierender PUNK!!! Lief herum mit bunten Haaren und zerrissenen Klamotten manchmal hatte er ein Rate auf seiner Schulter. Das fand Söderlein mega Geil. Also unbegreiflich wie dieser Punk plötzlich CSU konform wurde. Scheint aber zu der Sorte IM Erika Kommunisten zu gehören. Feind Infiltrieren und von Innen zerstören. Was der Punk jetzt abzieht ist alles mit Maos Hosenanzug abgesprochen! Söder ist ein überzeugter Merkelianer. Die haben schon einen Plan B in der Schublade.

Karl Mistelberger / 22.03.2020

Noch etwas fixer als Markus Söder ist Sebastian Kurz. Der hat schon am Freitag, den 13. März für Österreich angekündigt was gestern für Bayern fünf Tage später in Kraft getreten ist.

Michael Liebler / 22.03.2020

Er soll lieber die Berliner vor sich hertreiben. Das reicht.

Dov Nesher / 22.03.2020

Outing: ich war schon immer Söder-Fan mit einem kleinen Bienen-Bäumeumarmen-Knick. Der Mann tut tatsächlich was. In letzter Zeit wird viel darüber diskutiert, was der Staat tun darf und wenig, was der Staat tun muss.

Otto Nagel / 22.03.2020

Oh jeh, zwischen Strauß und Merkels Bayernbub liegen Welten.  Ganz forsche Gefreite hatten wir ja schon. Und wenn er in Bayern so viel Zustimmung hat, na ja, die Bayern sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Er prescht immer mal vor, aber genau in der Richtung, diex ihm Kohls Mädchen vorgibt. Rettung der deutschen Wirtschaft, des sozialen Zusammenhaltes, der bürgerlichen, durch das GG verbürgten,n Freiheit durch Söder ? ? ?  Ich lach mich kaputt, bin aber tieftraurig .

Heiko Engel / 22.03.2020

Also, Herr Bonhorst, langsam werden Sie zur Herausforderung ! Hätten Sie die Liebenswürdigkeit diesen Ungeistern hier bitte kein Podium zu bieten. Ich persönlich möchte, dass die Achse weiterschreitet. Ewig und überholtes Gestriges führt zu nichts. Und der Pausenclown in Bayern sollte sich darauf einstellen, dass ihn eh niemand mehr ernst nimmt. Von Strauß reden und wie die SED handeln schafft nur zu unverstandene Probleme. Neues braucht das Land !

Hans-Peter Dollhopf / 22.03.2020

ich bin gerade am heulen, mir laufen die tränen aus den augen. ich bin eingesperrt. durch die straßen läuft der lautsprecherwagen. ich rief die 110 an. ich darf nicht mehr aus dem haus. es ist soweit. hilfe! ich habe mich an alles gehalten, an 2 meter abstand. an hände waschen, waschen waschen, ich habe alles befolgt,  türklinken immer nur mit einem stück zeitungspapier angefasst, immer nur in die armbeuge gehustet! warum? weil ihr wixer weiterhin coronaparty feiert? weil ihr verdammten wixer nicht sozial seit? weil ihr verdammt noch mal eingesperrt gehört, aber nicht WIR! ich verspreche euch: DANACH gibt es ein “revival” und ihr bereut es! in jedem fall! ihr seit fällig

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