Gastautor / 04.12.2024 / 16:00 / Foto: State-Lib. Queensland / 21 / Seite ausdrucken

Social-Media-Verbot macht alle zu Kindern

Von Joanna Williams.

Das australische Parlament hat ein Gesetz beschlossen, das unter 16 Jahren die Nutzung von Social Media verbietet. Dies ebnet den Weg für Überwachung. Wird bald jeder gezwungen, seine Identität nachzuweisen, um sein Alter zu überprüfen?

Es gibt gute Gründe, sich Sorgen über die Nutzung der sozialen Medien bei Kindern und Jugendlichen zu machen. Wer viel Zeit im Internet verbringt, hat weniger Zeit, sich in der echten Welt zu bewegen. Algorithmen können die düstersten Gedanken eines Heranwachsenden verstärken: Kinder und Jugendliche, die sich Sorgen machen, dass sie zu dick sind oder das falsche Geschlecht haben, werden mit Bildern von Menschen bombardiert, die magersüchtig sind oder sich einer chirurgischen Umwandlung unterziehen. Hinzu kommt das allgegenwärtige Gefühl, dass alle anderen Spaß haben, ohne dass man selbst dabei ist. Und es besteht die Gefahr, dass man online gemobbt wird. Gehässige Klassenkameraden verschwinden nicht mehr am Ende des Schultages, sondern begleiten die Jugendlichen über Gruppenchats und Messaging-Apps nach Hause.

Aus all diesen Gründen versuchen Staaten auf der ganzen Welt, den Zugang von Kindern zu Smartphones und sozialen Medien einzuschränken. China war das erste Land, das damit anfing. Es beschränkt streng die Bildschirmzeit und verlangt von den Plattformen, Inhalte stark zu filtern. Frankreich erprobt ein Handyverbot in Schulen. Das britische Gesetz zur Online-Sicherheit zielt darauf ab, „Großbritannien zum sichersten Ort der Welt zu machen, an dem ein Kind online sein kann“. Es zwingt die Anbieter sozialer Medien, Altersbeschränkungen durchzusetzen und Kinder daran zu hindern, auf schädliche und nicht altersgerechte Inhalte zuzugreifen.

Nun geht Australien noch einen Schritt weiter. Nachdem die Regierung vor kurzem Einschränkungen für die Nutzung von Mobiltelefonen in Schulen eingeführt hatte, hat das Parlament nun ein vollständiges Verbot aller Social-Media-Plattformen für alle unter 16 Jahren beschlossen. Premierminister Anthony Albanese sagte dazu: „Soziale Medien schaden unseren Kindern, und ich werde dem ein Ende setzen.“

Ganz ähnlich wie das britische Online-Sicherheitsgesetz sieht der australische Gesetzentwurf Geldstrafen für Unternehmen vor, die es versäumen, Kinder zu schützen (Ausnahmen gibt es für Unternehmen, die „risikoarme Dienste" anbieten, die für Kinder geeignet sind). Kritiker behaupten, dass ein solches Verbot nicht funktionieren wird und dass technisch versierte Kinder besser als Erwachsene wissen, wie sie Filter und Altersbeschränkungen umgehen können. Das mag stimmen, geht aber an den eigentlichen Problemen vorbei und ignoriert die Attraktivität von Verboten für Regierungen wie die von Albanese.

Schwerer Schlag für die Autorität der Erwachsenen

In jedem einzelnen Fall ebnen Zugangsbeschränkungen zur Online-Welt für Kinder den Weg für größere Einschränkungen für Erwachsene. Schon jetzt wird befürchtet, dass die australischen Beschränkungen jeden, der soziale Medien nutzt, dazu zwingen werde, seine Identität nachzuweisen, um sein Alter zu überprüfen. Eine Gruppe warnt, dass das vorgeschlagene Gesetz „eine erhebliche Ausweitung der digitalen Identitätsüberprüfung in sozialen Medien darstellt, die auf bestehenden biometrischen Altersschätzungen und dokumentenbasierten Überprüfungstechnologien aufbaut“. Die Registrierung wirft die Anonymität über Bord, die sich leider als notwendig erwiesen hat, damit Menschen online Wahrheiten wie „Frauen sind Erwachsene weiblichen Geschlechts“ posten können, ohne ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Der Versuch, den Zugang von Jugendlichen zu sozialen Medien zu kontrollieren, führt unweigerlich dazu, dass die Meinungsfreiheit aller australischen Bürger eingeschränkt wird.

Nicht nur die Redefreiheit steht auf dem Spiel, sondern auch die Autorität der Erwachsenen. Genauso wie Erwachsene dafür verantwortlich sind, was Kinder in der realen Welt sehen und tun, müssen Erwachsene auch dafür verantwortlich sein, was Kinder im Internet tun. Entscheidend ist jedoch, dass normalerweise die Eltern und nicht die Minister der Regierung die Regeln für das Verhalten der Kinder zu Hause festlegen, und dass die Lehrer und nicht die globalen Technologieunternehmen diktieren sollten, was im Klassenzimmer geschieht. Die staatlicherseits verhängten Verbote sozialer Medien entziehen Eltern und Lehrern die Macht, zu entscheiden, welche Freiheiten Kindern und Jugendlichen im Internet gewährt werden. Stattdessen wird die Macht in die Hände von Regierungsmitgliedern und Juristen gelegt. Eltern und Lehrer sind dann ebenso verpflichtet, die Regeln zu befolgen wie die Kinder. Die Autorität der Erwachsenen als solche erleidet dadurch einen schweren Schlag.

Seit der Übernahme von X durch Elon Musk und dem Wahlsieg von Donald Trump ist der Drang vieler Regierungen, das Internet stärker einzuschränken, deutlich gewachsen. Erst kürzlich kündigte Peter Kyle, Technologieminister in der britischen Labour-Regierung, an, dass ein Social-Media-Verbot nach australischem Vorbild für britische Kinder „auf dem Tisch“ liege. Die Labour-Partei hat auch ihre Absicht bekundet, das bereits strenge Gesetz zur Online-Sicherheit zu verschärfen. Die linksliberalen Eliten sehen die freie Meinungsäußerung eindeutig als Bedrohung ihrer Autorität.

Zugang aller zu Inhalten einschränken

Aus diesem Grund werden weitere Einschränkungen der Redefreiheit im Internet mit ziemlicher Sicherheit von den Höhergestellten bejubelt. Im Guardian behauptet eine australische Autorin halb im Scherz, dass ein „Verbot sozialer Medien für alle im nationalen Interesse“ sei. „Mit dem Anreiz zu extremen Meinungen, polarisierenden Konfrontationen, Nachrichten als Klickköder und Unterhaltungsspektakel“ warnt sie, „kann es ein sehr kurzer von ‚für dich‘-Empfehlungen kuscheliger Katzenvideos zu ‚tradwives´, Elon Musk und weißer Vorherrschaft sein“. Wie ihr kürzlicher Abgang von X zeigt, gibt es kaum etwas, was die globalen Eliten mehr stört als der freie Meinungsaustausch des gemeinen Volkes im Internet.

Innerhalb der linksliberalen Elite Australiens gibt es jedoch Meinungsverschiedenheiten. Manche befürchten, dass ein komplettes Verbot der sozialen Medien für Jugendliche es erschweren würde, sie mit woken Botschaften zu erreichen und zu beeinflussen. So haben über 100 australische Wissenschaftler das Verbot als „zu stumpfes Instrument“ kritisiert, während ein parteiübergreifender Parlamentsausschuss stattdessen eine stärkere Regulierung fordert. Auch die australische Beauftragte für eSafety, Julie Inman Grant, möchte, dass LGBTQ+- oder Ureinwohner-Teenager, die sich angeblich „online mehr sie selbst als in der realen Welt fühlen“, weiterhin Zugang zu staatlich genehmigten Nachrichten haben. Mit anderen Worten: Chauvinistische Andrew-Tate-Videos sind out, aber Ratschläge für geschlechtsverwirrte Teenager-Mädchen, wie sie ihre Brüste flach binden können, sollten leicht verfügbar sein.

Oberflächlich betrachtet mag die Debatte über soziale Medien und Kinder den Anschein erwecken, als ginge es um Kinderschutz, doch in Wirklichkeit geht es darum, den Zugang aller zu Inhalten einzuschränken, die die Eliten als politisch verwerflich ansehen. In Australien plädieren nicht einmal die Kritiker des Verbots für eine uneingeschränkte Internetnutzung für Erwachsene.

Die Gefahren dieses Verbots sind nur allzu deutlich. Wir müssen es den Eltern und Lehrern überlassen, die Kinder zu schützen – und darauf vertrauen, dass die Erwachsenen selbst wissen, was sie sich online ansehen.

Der Artikel erschien zuerst in Spiked und wurde von Alexander Horn für Novo-Argumente übersetzt.

 

Mehr von Joanna Williams lesen sie in den Büchern „Die sortierte Gesellschaft: Zur Kritik der Identitätspolitik“ und „Schwarzes Leben, Weiße Privilegien: Zur Kritik an Black Lives Matter“. Joanna Williams ist Kolumnistin beim britischen Magazin spiked und Autorin von „How Woke Won”.

Foto: State-Lib. Queensland

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Dr. R. Möller / 04.12.2024

Kinder dürfen schon im Kindergartenalter entscheiden eine „Geschlechtsveränderung“ gegen den Willen der Eltern zu starten, aber für Social Media sind sie zu dumm? Ich liebe diese Art Humor.

Marcel Seiler / 04.12.2024

So sehr ich die Informationsfreiheit schätze, die das Internet bietet: Die sozialen Medien stellen eine Gefahr für die Demokratie dar. Sie haben in allen westlichen Ländern die Qualität der politischen Debatten herabgesetzt, ja: infantilisiert, so dass Demokratie immer schlechtere Regierungsführung abliefert. Sie haben zur Perfektionierung psychischer Manipulation durch politische Parteiungen, Regierungen und andere Machthaber geführt. Sie behindern die seelische Reifung junger Gehirne, die die Ruhe nicht mehr bekommen, die diese Reifung braucht. Dass sich Australiens Regierung hier etwas überlegt, finde ich gut. Wie man das Unter-16-Verbot sozialer Medien umsetzt, ohne die Anonymität der Teilnahme für Erwachsene zu bedrohen (die ich für unentbehrlich halte), weiß ich nicht. Alles laufen zu lassen wie bisher halte ich für keine Lösung.

Peter Petronius / 04.12.2024

Bei mir gab’s das bravouröse Zentralorgan der Jugend und selbst bespielte Kassetten sowie eigenhändig verfasste und mit der Hand geschriebene Rilkesche Liebesbriefe. Heute gibt’s unzählige Influencerinnen, die den Kindern den Kopf wirr machen und der angebeteten 12-jährigen MILF schickt der agraphische 11-Jährige ein Dickpic. Nun, wir haben gelernt mit Medien umzugehen, diese Kinder (noch) nicht, wobei das Angebot weit größer als früher ist. Verbote sind scheiße, aber etwas muß geschehen. Herrje diese Kinder und Jugendliche verblöden oder sind es schon.

Lutz Liebezeit / 04.12.2024

Ich bin kein Höhergestellter und Bejubel das Smartphoneverbot für Kinder und Jugendliche trotzdem. Das Smartphone ist so wenig wie das Internet mit einem Rechtsstaat kompatibel. Kinder- und Jugendschutz sind vollkommen ausgehebelt worden. Jeder 5. Schüler wird gemobbt. Der Staat trägt auch eine Verantwortung da, wo Eltern zu dämlich sind, zu leichtsinnig, zu naiv oder einfach desinteressiert. Mir geht auch die Schreierei in den Öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Senkel. Da sollten die Geräte vom ÖPNV in der ersten Stufe gesperrt werden. Ich bin dafür, daß die grundsätzlich verboten werden. Das Netz birgt tausend Gefahren und hat mehr Nachteile als Vorteile. Und es ist mit einem Rechtsstaat unvereinbar.

Marc Greiner / 04.12.2024

Ein sehr guter Artikel der eben weiterdenkt, weil gut gemeint ist oft das Gegenteil davon. Zu dieser Nachricht war in einer Onlinezeitung auch gleich eine Umfrage, wo ca. 75% dort ihr Kreuzchen gemacht haben, wo die Kinder angeblich vor “Hass und Hetze” geschützt werden sollen. Viele sind schon so konditioniert, dass man sie mit “Hass und Hetze”-Paragraphen leicht ködern kann.

BKKopp / 04.12.2024

Die unkontrollierten digitalen Plattformen haben das Zeug unsere Zivilisation zu zerstören. Wenn jemand tatsächlich seine wirtschaftliche Existenz verliert, weil er über ” Frauen ” gepostet hat, dann haben die Zerstörer dieser Existenz auch nur über die Plattformen ihre relative Macht errungen. Ohne die Plattformen gäbe es auch keine Greta, und keinen Klimawahn wie wir ihn immer noch haben. Mit AI / KI wird das alles noch gefährlicher. Wer will kann sich über die Suizidraten, pathologisch-psychischen Erkrankungen und sonstige psychische Störungen von Kindern und Jugendlichen durch den überwältigenden Einfluß der sogenannten sozialen Medien in allen entwickelten Ländern informieren. Es ist eine globale Seuche der neuen Art. Nur weil einige Politiker und Journalisten in einer Tonne Jauche auch ein paar Kilo Nützliches finden, sollten wir uns nicht in der Jauche ertränken lassen.

Lars Tragl / 04.12.2024

Australien ist schön für Urlaub, das tägliche Leben dort ist nicht das Paradies, es gibt keines auf Planet #3. Die Staatsmacht ist überall , mischt sich in das Leben der Leute ein, ich wurde bei meiner letzen Einreise behandelt, als hätte ich Drogen dabei,dabei beschädigte der Kontolleur noch mein Gepäck, er haute dann ab, er hätte jetzt Feierabend. Ich sagte nur noch “Nice welcome”, der Urlaub war dann ganz nett.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Gastautor / 08.02.2025 / 10:00 / 111

Migrantengewalt: Was bei fortgesetztem Staatsversagen droht

Von Christian Zeller. Wenn die Bürger dem Staat nicht den Herrschaftsvertrag kündigen sollen, muss der Staat dem Schutz ihres Lebens die höchste Priorität einräumen. Die…/ mehr

Gastautor / 06.02.2025 / 12:00 / 86

Die Bewohner von Gaza vertreiben?

Von Daniel Pipes. Donald Trump droht mit Zöllen, sollten Ägypten und Jordanien nicht zur Aufnahme der Palästinenser bereit sein. Diese Art der Außenpolitik mit der Brechstange…/ mehr

Gastautor / 02.02.2025 / 15:00 / 33

Warum ist das Shitbürgertum shit?

Von Ulf Poschardt Das Buch „Shitbürgertum“ hat passenderweise einen so genannten Shitstorm und eine Debatte über Zensur und Feigheit in der Verlagswelt erzeugt. Worum geht…/ mehr

Gastautor / 01.02.2025 / 16:00 / 16

Migrationsdebatte: Wie macht es Trump? (2)

Von Todd Bensman. Studenten, die mit der Hamas sympathisieren und sich gegen Israel engagieren, laufen Gefahr, bereits gewährte Visa für die USA wieder zu verlieren.…/ mehr

Gastautor / 30.01.2025 / 06:25 / 24

Syrien: Mit der Anarchie auf Du

Von Jonathan Spyer. Alle paar Kilometer kommt man an riesigen, toten Strukturen des verschwundenen Regimes vorbei, das von 1963 bis Dezember 2024 an der Macht…/ mehr

Gastautor / 28.01.2025 / 06:05 / 79

Zwangsabschaltungen mit dem „Solarspitzen-Gesetz”

Von Frank Bothmann. Deutschland ist zu einem Musterland der Energieplanwirtschaft geworden, die durch monströse Gesetze und unzählige Verordnungen strikt staatlich geregelt wird. Der vorläufige Höhepunkt ist ein…/ mehr

Gastautor / 25.01.2025 / 12:00 / 53

Wo bleibt die islamische Community?

Von Josef H. Ludin Was gefordert werden muss, ist, dass die islamische Community, die aufgeklärte zumal, aufbegehrt, massenhaft gegen solche Taten aufbegehrt, in jeder Moschee, in…/ mehr

Gastautor / 24.01.2025 / 16:00 / 11

Die Hintergründe der Gas- und Stromknappheit im Iran

Von Aidin Panahi. Die Industrieproduktion im Iran hat sich erheblich verlangsamt, die Unternehmen sehen sich mit erhöhten Betriebskosten konfrontiert, und die Wirtschaft verliert täglich Millionenbeträge.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com