Ulrike Stockmann / 18.01.2020 / 06:25 / Foto: Pixabay / 143 / Seite ausdrucken

So schaffen Sie es, den Genderstern auszusprechen!

Das Rektorat der Uni Wien gab Ende des letzten Jahres neue Leitlinien für die interne Kommunikation bekannt, wie die NZZ vermeldete. Es geht um „Geschlechterinklusiven Sprachgebrauch in der Administration der Uni Wien“, also darum, sprachlich deutlich zu machen, „dass es mehr als zwei Geschlechter gibt und Geschlechtsidentitäten, geschlechtliche Ausdrucksweisen und Körper vielfältig sind“ (nachzulesen in diesem Dokument). Dies trage zur Vermeidung von Missverständnissen und Diskriminierung bei.

Da seit dem 1. Januar 2020 die Wiener Uni zur Codierung des Geschlechts neben „M“ für „männlich“ und „W“ für „weiblich“ auch „'X' für divers und alle anderen Bezeichnungen des Geschlechts, die weder unter M noch W fallen“ anbietet, sind in „der Administration der Universität Wien (...) Formulierungen zu wählen, die respektieren, dass manche Menschen weder 'weiblich' noch 'männlich' sind, und die die Gleichstellung sprachlich zum Ausdruck bringen (diskriminierungsfreie, geschlechtergerechte und inklusive Sprache).“

Dementsprechend lautet die Empfehlung 1: „Geschlechtsangaben sollten vermieden werden, solange sie nicht notwendig sind.“ Der Wunsch, „alle Geschlechter“, also nicht nur die profan binär unterteilten Männlein und Weiblein, sondern auch alle anderen miteinzuschließen, führt zu Empfehlung 2: „Wenn nicht alle Geschlechter explizit genannt werden, können geschlechtsneutrale (nicht-binäre) Formulierungen verwendet werden.“

Ich frage mich, inwiefern es möglich sein soll, „alle Geschlechter“ explizit zu bennen, ob es reicht, alle, die sich weder als Mann noch als Frau verstehen, als „Diverse“ zu bezeichnen oder ob hier eine weiterführende Unterteilung nötig würde. Aus diesem Grund empfiehlt die Uni Wien möglicherweise „geschlechtsneutrale Formulierungen“, da diese niemand ausschließen (darunter versteht man die berühmten Gerundium-Wortschöpfungen „Studierende“, „Lehrende“, „Mitarbeitende“, aber auch Formulierungen wie „Liebes Kollegium!“). Der Nachteil daran ist jedoch eindeutig – Sie ahnen es bereits – dass bei diesen Formen „die Geschlechtervielfalt unsichtbar“ gemacht wird. Idealerweise sollte man also seine Formulierungen genauso abwechslungsreich gestalten, wie die blühenden Landschaften der Geschlechter-Diversität. Also Empfehlung 3: „In einer geschlechtlich konnotierten Ansprache sollten keine binären Formulierungen verwendet werden.“

Spleens von Winkelgelehrten

Als Nonplusultra erscheint der Uni Wien die Verwendung des Gendersternchens, da dieses von vornherein alle, die genannt werden sollen, miteinschließt und niemanden ausschließt. Dies dürfte für Sie vermutlich nichts Neues sein. Darüber hinaus empfiehlt die Wiener Uni jedoch, das Gendersternchen auch in die mündliche Kommunikation miteinfließen zu lassen und als kurze Pause zu sprechen. Denn ohne Unterbrechung klingt beispielsweise das Wort „Student*innen“ wie „Studentinnen“. Das darf natürlich nicht sein. Wo blieben denn dann alle anderen Geschlechter?

Die Nutzung der Uni-Website durch sehbehinderte Personen, die hierfür Vorleseprogramme (Screenreader) verwenden, wird somit jedoch vor eine besondere Herausforderung gestellt: Denn die ahnungslosen Computerstimmen lesen beim Vortragen der entsprechenden Seite mitunter rücksichtslos über die Gendersternchen hinweg. Nur ein Hinweis am Anfang der jeweiligen Internetseite kann hier Abhilfe schaffen. „Anschaulich wird bei so viel Differenzierung einzig, dass die Inklusion der einen Minderheit den Ausschluss der anderen bedeutet“, stellt Birgit Schmid trocken fest, als sie sich in der NZZ über diese Praxis wundert.

Zu guter Letzt lautet die Wiener Empfehlung 4: „Es sollte weder vom äußeren Erscheinungsbild noch vom Namen einer Person auf ein bestimmtes Geschlecht geschlossen werden.“ Bevor Sie also Ihrem Instinkt vertrauen und eine Person einfach als männlich oder weiblich identifizieren, schreiben Sie laut Dokument besser „Liebe*r Studierende*r“, „Lieb* Studierend*“ oder einfach nur „Guten Tag [Vorname] [Nachname]“, denn so genau kann man es ja nie wissen.

Wenn Sie nun glauben, dass es sich hierbei um Spleens von ein paar Winkelgelehrten einer einzelnen Uni handelt, kann ich Ihnen verraten, dass beispielsweise die Praxis der Gendersternchen-Aussprache weder brandneu noch eine Wiener Spezialität ist.

Während meines eigenen geisteswissenschaftlichen Studiums wurde ich mit der delikaten Angelegenheit der gelungenen Aussprache des Gendersterns bereits vertraut gemacht. Ich weiß noch, wie ich eines Tages in einem literaturwissenschaftlichen Seminar saß und die Dozentin immerzu von den „Leser ... innen“ sprach. Manchmal sagte sie aber auch „Lese ... rinnen“, was mich nachhaltig verwirrte. Irgendwann bemerkte ich, dass sie mittels stockenden Sprechaktes versuchte, den Genderstern auditiv zu vermitteln. Es wirkte verkrampft und ganz und gar unnatürlich. Vielleicht ist es aber auch nur eine Frage der Übung. Möglicherweise gelingt es leichter, wenn man dabei die Pobacken zusammenkneift. Sie können es ja selber einmal ausprobieren.

Foto: Pixabay

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Karla Kuhn / 18.01.2020

Ich mußte erst mal googeln, was ein Genderstern überhaupt bedeutet. Jetzt weiß ich es und bin erstaunt, daß so viele Menschen sich von diesem GENDERGAGA beeindrucken lassen und sogar den Käse umsetzen. Ich verabschiede mich und bleibe bei meiner guten alten Rechtschreibung. Ich unterstütze unsere schöne deutsche Sprache und werde sie einfach nicht verstümmeln.  Vor allem lasse ich mir nicht von irgendwelchen Typen vorschreiben WIE ich zu schreiben habe. Heute früh habe ich gelesen GEZ Boykott wirkt, WARUM soll es nicht auch einen GENDER BOYKOTT geben ??  „Es sollte weder vom äußeren Erscheinungsbild noch vom Namen einer Person auf ein bestimmtes Geschlecht geschlossen werden.“  Soll das Richtung BURKAZEITALTER gehen ?? Diesen vorauseilenden Gehorsam finde ich schon wieder lustig, zeigt er- für mich- wesentlich mehr von der Person , die das fordert, als ihr lieb sein kann. Nee, Danke, nicht mit mir, Frau / Herr ..... !!  Es scheint ja wirklich ein Groteske auf die andere zu folgen. Wieviel Geschlechter es wirklich gibt ? Weiß ich nicht, interessiert mich nicht, mich interessiert DER Mensch, mit dem ich gut auskommen kann, ob er w/m/d oder sonstwas ist, ist mir schnuppe und ich vermute mal, ihm gehts genauso, . Ich vermute weiter, viele, die anders geschlechtlich (WIE??) sind interessieren sich für den z. Z.  herrschenden Unfug ebenfalls nicht. Und wenn das so ist, DANN IST ES GUT SO !!  BASTA ! Das habe ich nicht von Schröder übernommen, sondern von meiner klugen Mutter, die jede überflüssige Diskussion so beendet hat. Ich vergeude meine Zeit nur mit sinnvollem Unfug !

Theresia Meier / 18.01.2020

Als Nächste wird der, die und das abgeschafft!

Thomas Koch / 18.01.2020

Ich frage mich ob es in anderen Ländern dieser Welt wie z.B. Kongo, Niger, Botswana, Suriname oder Guyana ebenfalls derartige Diskussionen gibt - und kann mir dies ehrlich gesagt nicht vorstellen. Ist dem Westeuropäer denn so schrecklich langweilig ? Gibt es nichts anderes zu tun ? An alle Gender-Gaga-Sternchen: Geht mal raus - spazieren, guckt euch Die Welt an, genießt die Natur, solange das noch möglich ist und wir nicht alle verglühen oder ertrinken, oder beides, esst mal ein Schwarzbrot mit Käse, tanzt die Nacht durch, habt vielleicht sogar Spaß dabei. Meinetwegen guckt auch Netflix. Oder ÖR. Ach nee DAS ist vielleicht doch eher ne doofe Idee. Kurzum:  Fangt an zu leben - zerbrecht euch nicht den Kopf. Mein Gott- und wenn es Menschen gibt die sich keinem Geschlecht zuordnen können oder wollen dann können diese immer noch an sich runter gucken - hat man zumindest schon mal einen vagen Anhaltspunkt. Oder war das jetzt verstaubtes Schubladendenken und der ein oder andere fühlt sich jetzt diskriminiert ? Das war nicht meine Absicht.

herbert binder / 18.01.2020

Ihr Werk und Ihre Worte, liebe Frau Stockmann, und mein bescheidener Beitrag: Einen geistig Minderbemittelten nennt man “Mattscheibe” oder mit einem reduplizierten Schallwort “Kamerad Balla Balla”; seinen Bestimmungsort Irrenhaus, “Klapsmühle”. [Fundort, Quelle: Wikipedia]. Auch Institution zu sein, schützt vor Torheit nicht - im Gegenteil: Lob der Torheit, und…dieser sei gehuldigt bis zum Gehtnichtmehr.

Thomas Taterka / 18.01.2020

Auf die Dauer wäre es vielleicht klüger, gleich Hocharabisch zu lernen. Spart schon mal die Kosten für gendergerechte Deutsch -Förderkurse ein und Zeit. Warum also diese verkrampften Umwege ? Jeder Deutsche lernt den Koran lesen, Arabisch wird zweite Amtssprache. ” WIR schaffen das.” - Punkt. Ende der ” Sprachgerechtigkeitsnotstände “. Sozusagen die Geschlechterfragenendlösung. Die nächsten ” Tausend Jahre ” sind in trockenen Tüchern.

A. Kaltenhauser / 18.01.2020

Wien war ja auch Vorbild für homosexuelle Ampelpärchen und das inzwischen völlig grün/rot/pink verseuchte München hat sich angeschlossen; zumindest am Viktualienmarkt.  +++ In München stehen auch mehrere hunderte Straßennamen zur Diskussion. Dabei handelt es sich aber keinesfalls ausschließlich um nationalsozialistisch belastete Namensgeber. Eine von der Stadt beauftragte Kommission (!) hat in einer Untersuchung 320 Straßen in der bayerischen Landeshauptstadt ausgemacht, die sie teilweise für problematisch hält. U. a. wurden beanstandet: Franz-Josef Strauß, Arthur Schopenhauer, Werner von Siemens, Christoph Kolumbus, Ludwig Thoma und Erich Kästner!

Fritz Gessler / 18.01.2020

leider gottes nimmt die verdummungsideologie des genderns - in wirklichkeit die neue, post-moderne rassenlehre par excellence- einmal begonnen, unbeirrbar ihren lauf durch alle institutionen. was altbackenen rassisten und nazis die rassisch-ethnische (meist fantasierte, s. ‘arisch’ oder ‘nordisch’) identität als allerheiligste kuh galt, ist heute den gender-identitären die ebenso fantasierte multiple geschlechtsidentität. ich würde vorschlagen: um das gender* adäquat auszudrücken: vor dem (feministischen) grossen I laut und schallend zu lachen :))

aaron treppe / 18.01.2020

Das alles ist schon verblüffend lächerlich und vor allem kontraproduktiv. Hätte man/frau, wie auch immer, zur Not auch mit drakonischen Strafen, Schimpfwörter wie : Spasti, schwul, Homo oder Jude als Selbstverständlichkeit unter Schülern*innen unterdrückt, und wäre ebenso kompromisslos gegen Mobbing vorgegangen, ebenso wie gegen den Abfall, der manchen Rappern aus dem Maul fällt, so wäre viel mehr gewonnen.  Aber dazu waren die Lehrenden zu feige und zu bequem. Ansonsten fällt mir immer der alte Tanzmusikerpruch bei der Schunkelrunde ein: Die Herren schunkeln nach rechts, die Damen nach links, der Rest nickt mit dem Kopf.

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