Von Herbert Weg
In der Diskussion über den UN-Migrationspakt steht das Auswärtige Amt, zusammen mit den deutschen Parteien (mit Ausnahme der AfD), auf dem Standpunkt, dieses Vertragswerk zur Einwanderung nach Deutschland mit allen Facetten sei unverbindlich. Rein formal mag dies zur Zeit stimmen. In der Praxis hätte dieses Übereinkommen in der Zukunft für die Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland trotzdem erhebliche Konsequenzen.
Das zeigen die bisherigen Erfahrungen mit solchen Vereinbarungen. Als Beispiel möchte ich auf die folgende – bereits eingetretene – Entwicklung der Gesetzgebung zum Behindertenrecht hinweisen, welches ebenfalls sehr stark durch internationale Vereinbarungen und EU-Recht gestaltet wurde und noch immer wird. Es geht mir dabei nicht um die inhaltlichen Aspekte dieser Gesetzgebung, sondern um das Prozedere ihrer Einführung und Umsetzung.
Es zeigt exemplarisch die Folgewirkungen solcher immer gut gemeinten Vereinbarungen, insbesondere auch die deutliche Abdankung der Rechtsetzungsorgane im Bund durch das Zusammenspiel von UN, internationalen und nationalen NGOs, EU und Europaparlaments-Abgeordneten.
Die UN-Behindertenrechtskonvention, obwohl „unverbindlich“, enthält unübersehbar ganze vorne schon den Artikel 4 Absatz 1 mit der Verpflichtung “zur Umsetzung nach und nach”:
„Die Vertragsparteien verpflichten sich, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung auf Grund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten:
a) Alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen;....”
Die EU-Kommission sieht das lobbygetrieben als Arbeitsauftrag zur Umsetzung in das EU-Recht durch Aktionspläne und Richtlinien „zur Förderung des europäischen Binnenmarktes”. Diesen selbst gewählten Arbeitsauftrag – und unterstützt durch die Lobbyarbeit von NGOs – arbeitet die EU-Kommission jetzt zum Beispiel in der folgenden Weise ab:
- Bis zum 23. September 2018 war bereits die Richtlinie des Europaparlaments und des Rates über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen in deutsches Recht umzusetzen. (Es betrifft nur die öffentliche Hand auf allen Ebenen, verursacht also Kosten in unbekannter Höhe für den Steuerzahler; ob aber bei allen Webseiten der Nutzen der Umsetzung gerechtfertigt ist, lässt sich nicht feststellen.)
- Zur Zeit wird ergänzend die Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen durch Kommission, Europäischen Rat und Europaparlament erarbeitet. Dieser Entwurf der Richtlinie betrifft nicht mehr die öffentliche Hand, sondern sehr unterschiedliche gewerbliche Bereiche wie Verkehr, Medien, Online-Handel und so weiter und wird hohe Kosten für die betroffenen Unternehmen verursachen. Im Online-Handel werden beispielsweise große US-Anbieter wie Amazon oder eBay die Anforderungen technisch erfüllen und die entsprechenden Investitionen tätigen können, während die kleine und mittelgroße Konkurrenz in Europa durch solche Kosten – wie z.B. neue Hardware und Software – und Klagen von Kunden in der Konkurrenzfähigkeit gefährdet wird.
- Die chinesische Konkurrenz im Online-Handel kann ohnehin nicht gezwungen werden, diese Anforderungen zu erfüllen und erfreut sich einer weiteren Benachteiligung der deutschen beziehungsweise europäischen Konkurrenzfirmen.
Im Ergebnis kann man hier feststellen, wie mit solchen UN-Vereinbarungen die verfassungsrechtliche Gesetzgebungskompetenz in Deutschland faktisch beseitigt wird. Europäische und deutsche Unternehmen und damit die Bürger müssen nicht-quantifizierbare Nachteile hinnehmen. Es ist also eine glatte Desinformation, wenn das Auswärtige Amt von einer „Unverbindlichkeit” der UN-Konvention ausgeht. Die Unverbindlichkeit dürfte in kürzester Zeit zu einer Verbindlichkeit werden. Wie so etwas semantisch vonstatten geht, lässt sich sehr schön hier auf der Seite von aktion-mensch.de beobachten.