Chaim Noll / 08.12.2019 / 06:28 / Foto: EPP / 186 / Seite ausdrucken

So billig kommt ihr nicht davon

Wenn das Handeln eines Politikers – in diesem Fall einer Politikerin – nur noch von taktischen Erwägungen bestimmt wird, kann man von Inhaltsleere sprechen, von konzeptioneller Armut, man kann es auch Täuschung, Falschheit oder Infamie nennen. Fast nichts, was diese Frau tut, ist ohne Kalkül, ohne Berechnung. So auch ihr Besuch in Auschwitz. Gerade jetzt, da die deutsche Regierung international ins Gerede gekommen ist für ihre anti-israelische, daher im Kern anti-jüdische Politik.

Israel ist einer der Eckpfeiler jüdischen Lebens in der Welt, und wer Israel schadet, der schadet den Juden. Auch wenn es Juden gibt, die betonen, man könne ein guter Jude sein, ohne für Israel einzustehen, man könne Jude sein und Antizionist – glaubt ihnen nicht, sie schwindeln, und sie wissen es auch. Denn käme es hart auf hart, müssten sie fliehen, von wo sie heute sind, wären sie die ersten, die hier Obdach suchten. Dazu ist dieser Staat gegründet worden, und dazu muss er stark sein. Wer ihn schädigt, sei es durch Unterstützung seiner übelsten Feinde, sei es durch Stigmatisierung in den Abstimmungen der Vereinten Nationen, der will den Juden nicht wohl, und wenn er hundert Klagelieder in Auschwitz anstimmt.

Die Hamburger Wochenzeitung Die Zeit lieferte, schon wenige Stunden später, die erste Hofberichterstattung von diesem „wichtigen Besuch“. Für Journalisten ist es vergleichsweise leichte Arbeit, ziemlich sicher in der Wirkung: Ein Auftritt in Auschwitz ist immer erschütternd und liefert eindrucksvolle Bilder. Doch es liegt am Ort und seiner Ausstrahlung, weniger an den Besuchern. Da kann kommen, wer will, selbst Leute, die Auschwitz missbrauchen als Cover für ihren heimlichen Verrat an den Juden, für ihre zynische judenfeindliche Politik.

„Jude“ auf deutschen Schulhöfen wieder das Schimpfwort

Vorsichtshalber wurden ein paar jüdische Fürsprecher mitgenommen, etwa der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Er verlautbarte, was er sollte, eine Würdigung des Besuches als „ganz wichtiges Zeichen“ gegen den „Rechtsruck“, der heute in Deutschland zu beobachten sei. Weil er glaubt oder zu glauben vorgibt, wenn der Antisemitismus in einem Land zunimmt, müsse es zwangsläufig an einem „Rechtsruck“ liegen. Als gäbe es nicht einen ebenso virulenten Antisemitismus der Linken oder den tödlichen Judenhass, den der Heilige Koran gebietet. Einen Judenhass, elementar, religiös motiviert, im Heiligen Text festgeschrieben, für jeden „Gläubigen“ verbindlich, der von tausend Kanzeln in Europa gepredigt wird und dafür sorgt, dass „Jude“ auf deutschen Schulhöfen wieder das Schimpfwort ist, um die Opfer von morgen zu kennzeichnen.

So diente dieser Besuch auch dazu, um vom eigentlichen Problem abzulenken: Dass der Hass, den die europäischen Juden heute aushalten müssen, von verschiedenen Seiten kommt – dadurch ist ihre Lage, ob nun in England, Frankreich oder Deutschland, so desperat. Nur eine der Quellen zu nennen und die anderen wohlweislich zu verschweigen, wie es der Präsident des Zentralrats tut, bedeutet wissentliche Verharmlosung der Gefahr. Und dient nicht den deutschen Juden, sondern einer Regierung, die nicht willens ist, gegen den Judenhass des religiösen Islam vorzugehen. Der importierte Judenhass wird, indem er heute die deutschen Schulhöfe erobert, das Klima von morgen bestimmen. Diese Regierung hat die deutschen Juden längst verraten. Zum Beispiel durch ihre Einwanderungspolitik. Und nicht nur die Juden. Wortbruch, Heimtücke und Heuchelei sind die Charakteristika der niemals endenden Kanzlerschaft.

Sie empfinde „tiefe Scham“, erklärte sie in Auschwitz. Wofür? Für die Verbrechen Toter, nicht der Heutigen. Nicht für das Abstimmungsverhalten Deutschlands in den Vereinten Nationen, wenn es gegen Israel geht. Nicht für den heutigen Judenhass, die Unterstützung terroristischer Regimes und Organisationen, deren immer wieder erklärtes Ziel die Vernichtung des Judenstaates ist. Das Problem wird in die Vergangenheit verbannt. Oder für Kampagnen gegen politische Gegner missbraucht. Die Juden spielen in diesen schäbigen Berechnungen ohnehin kaum eine Rolle.

Degradiert zu einem Opferverein

Durch den beharrlichen Totenkult werden die Juden, die eine vitale, inspirierende Kraft für die deutsche Gesellschaft sein könnten, degradiert zu einem Opferverein. Es gibt keine Juden in deutschen Parlamenten, in den höheren Rängen der politischen Parteien oder anderen entscheidenden Gremien, sie sind – bis auf eine Handvoll verwegener Einzelgänger – auch nicht in den Medien spürbar, im intellektuellen Leben oder in der öffentlichen Diskussion. Ihre offiziellen Vertreter – in der ständigen Angst, das Wenige, das man ihnen zugesteht, auch noch zu verlieren – verhalten sich beschämend handzahm und regierungstreu.

Nichts davon meinte die Rednerin, als sie erklärte, sie empfinde „tiefe Scham“. Ihre Rede mündete in die üblichen nichtssagenden Versprechungen: „Wir dulden keinen Antisemitismus. Alle Menschen in Deutschland und Europa müssen sich sicher und zu Hause fühlen.“ Wieder sind die Juden in Deutschland ernsthaft bedroht, und jedes Kind weiß, von welcher Seite. Statt zu handeln, statt Lösungen für die Zukunft anzubieten – für die Juden und alle Deutschen – begnügt sich diese Regierung mit leeren Ritualen. Und weil es kein offizieller Vertreter des deutschen Judentums tut, muss hier der Ort sein, um die beschämte Besucherin und ihre Mittäter wissen zu lassen: So billig kommt ihr nicht davon.

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Leserpost

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Brigitte Miller / 08.12.2019

Ein durch und durch richtiger Text. Auf Won gestern Robin Alexander publikumswirksam die Werbetrommel für Merkel rührend: “Einmal bricht der Kanzlerin fast die Stimme”

Chris Groll / 08.12.2019

Auf diesen Artikel, der alles so eindeutig ausspricht wie es auch wirklich ist,  habe ich schon lange gewartet.  Bitte Herr Noll, schicken sie ihn auch an die Kanzlerin, den Bundestag und den Zentralrat der Juden in Deutschland.  Der Hass, den die europäischen Juden heute aushalten müssen, kommt nämlich in erster Linie von “Links” und von den, von der Kanzlerin und ihren Vasallen ins Land geholten Muslimen. Selbst viele Moslems, die schon in der dritten Generation hier leben, haben die gleiche antijüdische Einstellung. Wie verschwiegen/vertuscht werden sollte, wo der Judenhass herkommt, zeigte schon die Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“.  Traurig immer wieder nur die Appeasement-Politik des Zentralrates der Juden gegenüber dieser heuchlerischen Regierung.

Klaus Beck / 08.12.2019

Narzissten ist Schamgefühl völlig fremd. Und wenn Narzissten von “Scham” reden, instrumentalieren die diesen Begriff als narzisstische Plombe für ihre kariös machtzerfressene Geltungssucht.

Heidi Brießmann / 08.12.2019

“Tiefe Scham” empfinde ich wegen dieser Bundeskanzlerin und der offiziellen Israelpolitik dieser Regierung. Es erinnert an düstere Zeiten, wie heute Worte und Taten der deutschen Politik auseinanderklaffen. Eine unheilvolle Allianz von linksfaschistischem, rechtsradikalem und religiösem, muslimischem Antisemitismus bedroht heute die Juden in Europa, und insbesondere in Deutschland. Unsere Politiker heucheln und sprechen von Verantwortung, meinen aber geflissentlich nur die toten Juden, die lebenden verurteilt man ohne jede Scham, siehe UNO. Israel ist der einzige sichere Rückzugsort für alle Juden Europas, da es Gott sei Dank ein wehrhafter Staat ist, der im Gegensatz zu Deutschland aus der Geschichte gelernt hat und sich nie wieder wehrlos zur Schlachtbank führen lassen wird.

Peter Meyer / 08.12.2019

In einer Zeit, in der sogar Juden, die es wagen, den Islam zu kritisieren, als „rechts“ bezeichnet werden, ist es halt sehr schwierig, die Gemengelage zu durchblicken.

Uwe Heinz / 08.12.2019

Sie treffen den Nagel auf den Kopf, lieber Herr Noll! Aber warum lassen sich die jüdischen Verbände instrumentalisieren und heulen mit dem antisemitischen Wolfsrudel, statt geschlossen das anzuprangern, was hier so gewaltig in die falsche Richtung läuft? Ist es vielleicht die leise Hoffnung ungeschoren zu bleiben, wenn die nächste Shoa kommt! Wieder einmal fürchte ich, daß sich die Geschichte wiederholt.

P.Gross / 08.12.2019

Guten Tag Herr Noll. Dieser Ort! Dieser Ort wo über Jahre ein danteskes Inferno tobte, scheint unbegreiflicherweise der Nabel der bekennenden deutschen Israelphobisten und Antisemiten aus Politik- und Kulturszene zu sein. Widerlich!

D.Wolters / 08.12.2019

Tatsächlich ist das Abstimmungsverhalten gegen Israel durch Merkels Regierung als schändlich zu bezeichnen, aber es sollte nicht vergessen werden, dass es die Öffentlich Rechtlichen und die angepasste Journalistenschar der Presse sind, die ihrem Auftrag einer kritischen Aufklärung nicht mehr nachkommen wollen.

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