Michael Holmes (Gastautor) / 24.07.2007 / 21:28 / / Seite ausdrucken

Smashing America

Die Smashing Pumpkins haben ihre Hörer immer mit wunderschön kitschigen Balladen erfreut; mit Balladen, die uns an einige der einfachsten und billigsten Weisheiten überhaupt erinnern. Der Klassiker “Today” handelt vom Heute, das man wenn irgend möglich nicht ungenossen verstreichen lassen sollte; “1979” von der Jugend und davon, dass man nur eine hat. Und “Disarm” verkündet laut und ohne Scham, dass es auch unkomplizierte Wege gibt, diese Welt zu einem etwas angenehmeren Ort zu machen. Ein Lächeln genügt manchmal.
Das alles war nicht sonderlich aufregend, aber schön - und wahr. Und Billy Corgans Mut, über die eigenen Schwächen, Fehler und Ängste zu singen, muss auch respektieren, wer seine Stimme oder Poesie nicht mag.     

Und nun? Nun ist Billy Corgan furchtbar sauer auf die Welt und ihre Ordnung, will sie doch verflixt noch mal nicht auf ihn hören. Sadam Hussein wurde nicht mit ein wenig Freundlichkeit entwaffnet. George Bush wollte sich nicht einmal von dem wütenden Live Earth-Auftritt der Kürbisse zum Unterschreiben des Kyoto-Protokolls überreden lassen. Und Peter Pan ist immer noch eine Märchenfigur.
Das heißt Rache. Und deshalb muss die arme Lady Liberty, die doch auch nichts dafür kann, gleich in einem ganzen Meer aus Blut versinken. Es ist wohl das Blut irakischer Kinder, das sich da unheilvoll mit den Unwettern der Klima-Apokalypse mischt. “Zeitgeist” ist dann wenigstens ein passender Name für diese Scheibe.
Und auch die Texte halten, was das Cover verspricht. Düster-paranoid tickt die “Doomsday Clock”: “They’re bound to kill us all - In white-washed halls”. Aber unsere Helden arbeiten schon an der großen Rettung in letzter Minute: “Bring the light - I never felt so good and right.” Und natürlich kulminiert die “haltlose Wut, die das Album trägt” (Stern) im Ruf nach den Waffen: “Fight! I wanna fight! I wanna fight! A revolution tonight! I wanna fight! I wanna fight! A revolution tonight!”

Ärgerlich. Und schade. Unbeschwertheit, Fröhlichkeit und gute Musik kann die Welt immer gebrauchen. Dummheit, Naivität und brandgefährlichen Revolutionseifer hat sie genug. 

(Bart und Homer haben sich übrigens auch schon mit dem Weltbild der Pumpkins auseinandergesetzt.) 

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