Gerd Buurmann / 17.07.2018 / 15:30 / 10 / Seite ausdrucken

„Singt nicht mit Juden!“

Im Jahr 1979 fand der Eurovision Song Contest in Israel statt. Der Austragungsort war Jerusalem. Zwanzig Jahre später, im Jahr 1999, fand der Eurovision Song Contest wieder in Israel statt. Wieder war der Austragungsort Jerusalem. Wieder zwanzig Jahre später wird der Eurovision Song Contest in Israel stattfinden. Wo, ist jedoch noch ungewiss.

Was vor zwanzig und vierzig Jahren noch kein Problem war, ist heute ein Problem. Juden dürfen wieder etwas offener diskriminiert werden. Am 12. Mai 2018 gewann Netta Barzilai mit ihrer Pophymne „Toy“ den Eurovision Song Contest in Lissabon für Israel. Sie konnte zwar nicht die Jury für sich gewinnen, aber das Publikum wählte Netta mit deutlicher Mehrheit. Die nächste Show wird daher in Israel ausgetragen. Für manche Gestalten in Europa ist der Gedanke unerträglich, in dem einzigen Land der Welt aufzutreten, in dem Juden in der Mehrheit sind. Sie rufen dazu auf, das Land zu boykottieren.

In vier Ländern wird zur Zeit auf Parteiebenen darüber nachgedacht, den Eurovision Song Contest in Israel zu boykottieren.

Irland: Der irische Politiker und Oberbürgermeister Dublins Mícheál Mac Donncha rief zu einem Boykott des Eurovision Song Contest in Israel auf.

Island: In einer Petition riefen 23.000 Menschen den isländischen Sender RÚV dazu auf, den Wettbewerb in Israel zu boykottieren. Kurz darauf kündigte RÚV an, in einer Sitzung darüber entscheiden zu wollen, ob Island dem Wettbewerb in Israel fernbleiben soll.

Schweden: Die schwedische Linkspartei forderte den Rundfunk SVT auf, den Wettbewerb in Israel zu boykottieren.

Vereinigtes Königreich: Mitglieder der Gruppe We Support Jeremy Corbyn haben einen Boykott ausgerufen. Auch Unterstützer der britischen Liberaldemokraten riefen die britische Regierung und die BBC auf, den Wettbewerb in Israel zu boykottieren.

1.694.000 Muslime werden mitboykottiert

In Israel leben 1.694.000 Muslime, die friedlich mit Juden zusammenleben. Es ist genau dieses Land, das boykottiert werden soll. In Israel sind Muslime die Nachbarn von Juden. Sie sind ihre Arbeitskollegen, Lehrerinnen, Anwälte, Richterinnen, Abgeordnete, Polizisten, Feuerwehrmänner, Soldatinnen, Köche, Sexualpartner und vieles, vieles mehr. Sie lachen, leben, essen, weinen und streiten zusammen. Sie leben miteinander und teilen sich die selbe Heimat. Sie sind gemeinsam in Treue verbunden mit den Bäumen, Flüssen, Bergen, Meeren, Seen, Städten, Dörfern und Wüsten ihrer Heimat, die sie oft in ihre Gebete einschließen. Sie sind eine Familie! Manche sind entfernte Verwandte, andere wiederum frisch nahe Vertraute. All diese 1.694.000 Muslime, die friedlich mit Juden zusammenleben, werden von diesem Boykott diskriminiert.

Stattdessen werden die Muslime bestärkt, die Juden zu hassen und in Gebieten zu leben, wo Juden vertrieben wurden und nicht leben dürfen. Die Gründungscharta der im Gazastreifen herrschenden Hamas zum Beispiel fordert die Vernichtung des ganzen jüdischen Volkes (Artikel 7) und die Zerstörung Israels (Artikel 13). Minister der Hamas rufen zur Vernichtung aller Juden auf, die sie öffentlich – auf Plätzen, in Moscheen und im Fernsehen – als Ungeziefer und Bakterien bezeichnen, deren Kehlen durchgeschnitten und deren Familien ermordet gehören.

Der Boykott richtet sich gegen das Land, das beschlossen hat, staatliche Krankenhäuser mit Gebetsräumen für alle Religionen ausstatten zu lassen, nachdem ein Muslim erfolgreich beim Obersten Justizgerichtshof des Landes geklagt hatte, weil er vor einer Klinik in Tel Aviv im Freien beten musste. Juden im Gaza-Streifen, in Algerien, Saudi-Arabien, Jordanien und Libyen haben keinen eigenen Gebetsraum in Krankenhäusern, sie haben nicht mal eine Aufenthaltserlaubnis dort. In diesen Regionen ist es verboten, Jude zu sein. Die Länder sind allesamt „judenrein“.

77 Prozent der Muslime in Israel wollen nur dort leben

Der Boykott richtet sich gegen das Land, in dem die damals 19-jährige Araberin aus der nördlichen Hafenstadt Akko, Lina Mahul, die israelische Ausgabe von „The Voice“ gewann. Im israelischen Fernsehen wurde vor einiger Zeit ein Test mit versteckter Kamera unternommen, um zu schauen, wie die Menschen in Israel auf Diskriminierung reagieren. Ein Tankstellenverkäufer, weigerte sich, Araber zu bedienen. Die Gäste reagierten wie hier im Video zu sehen.

Gegen diese Menschen richtet sich der Boykott und somit gegen das einzige Land im Nahen Osten, in dem 1.694.000 Muslime sicher in einer Demokratie leben, die es ihnen erlaubt, schwul oder lesbisch zu sein. Sie haben die gleichen Rechte wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger des Landes, unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Hautfarbe. Jeder fünfte Israeli ist ein Moslem und 77 Prozent dieser Muslime geben laut einer repräsentativen Umfrage der Harvard Kennedy School an, in keinem anderen Land lieber leben zu wollen als in Israel! Es gibt kaum ein anderes Land auf der Welt, das von Muslimen so geschätzt wird.

Israel ist das einzige Land im ganzen Nahen Osten, in dem das Volk seine Regierung wählen und vor allem abwählen kann. Die israelische Regierung ist somit die einzige auch von Muslimen und Arabern demokratisch gewählte Vertretung eines Landes im Nahen Osten. Mahmud Abbas wurde zwar 2005 Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, aber seine Legislaturperiode endete am 9. Januar 2009. Seitdem hält er sich ohne Legitimation an der Macht.

Der Boykott, der gerade in Irland, Island, Schweden und dem Vereinigten Königreich diskutiert wird, hat eine lange Tradition beim Eurovision Song Contest. Nachdem Israel den Wettbewerb zweimal hintereinander gewonnen hatte, nämlich 1978 und 1979, entschied sich der austragende israelische Sender, ein Jahr zu pausieren. Diese Entscheidung nutze Marokko und bestätigte seine Teilnahme am israelfreien Wettbewerb.

Im Jahr 2015 meldete Marokko aufgrund einer wahrscheinlichen Absage Israels erneut Interesse am Eurovision Song Contest an. Als Israel dann aber doch seine Teilnahme für 2015 bestätigte, sagte Marokko am 31. Oktober 2014 seine Teilnahme ab und blieb dem Wettbewerb fern. Marokko weigert sich, gemeinsam mit Israel an einem Wettbewerb teilzunehmen, ganz nach dem Motto: „Singt nicht mit Juden!“ 

Für die marokkanischen Verantwortlichen ist schon allein die Existenz von israelischen Menschen ein Affront. Im Jahr 1977 zog auch Tunesien aus demselben Grund seine Teilnahme am Eurovision Song Contest zurück.

Der Libanon meldete sich für den Eurovision Song Contest 2005 an und wählte die Sängerin Aline Lahoud aus, um das Land mit „Quand tout s’enfuit“ zu vertreten. Es kam jedoch zu einer Auseinandersetzung mit der EBU, da der verantwortliche libanesische Sender Télé-Liban den israelischen Beitrag ausblenden wollte. Die EBU verlangte jedoch, dass alle Lieder gesendet werden müssten. Dies wollte Télé-Liban nicht garantieren, weshalb der Libanon dem Wettbewerb fernblieb.

Jetzt denken auch Länder wie Irland, Island, Schweden und das Vereinigte Königreich darüber nach, diesem unrühmlichen Beispiel zu folgen und fallen damit der Idee des Eurovision Song Contest in den Rücken, denn der Eurovision Song Contest ist und bleibt eine große, alberne Friedensdemo.

Im Jahr 1955 wurde der Eurovision Song Contest ins Leben gerufen. Es war zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. In dieser Zeit kamen ein paar Menschen auf die Idee, einen Wettbewerb zu veranstalten, bei dem die Länder, die noch vor kurzem im Krieg miteinander lagen, sich statt Bomben nun Lieder um die Ohren hauen sollten. Länder, die sich einst spinnefeind waren, schoben sich nun Punkte für Lieder zu.

Das ist Idee des Wettbewerbs. Also, lasst uns singen!

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Gerd Buurmanns Blog Tapfer im Nirgendwo

Foto: Gerd Buurmann

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Leserpost

netiquette:

Chr. Kühn / 17.07.2018

Island?!?!

Wilfried Cremer / 17.07.2018

Protestantische Länder. Die sind über kommunizierende Röhren mit dem Islam verbunden.

Hans Weiring / 17.07.2018

R.E.Rath schrieb: “Für mich besteht ohnehin keine Notwendigkeit die Reihe dieser hochnotpeinlichen Eurovisionssendung fortzusetzen.” Darum geht es nicht. Mein eigenes Interesse an diesem Song Contest entspricht auch nur ungefähr meinem Interesse am Wärmflaschenweitwurf. Es wird aber daraus seit Jahrzehnten ein Medien-Hype veranstaltet, der durchaus nicht wenige Zuschauer vor den Bildschirm zieht. Die Teilnahme abzusagen, weil der Contest in Israel stattfindet ist einfach nur peinlich. Wäre statt dessen Teheran als Austragungsort mit Blick auf den einen oder anderen Autokran im Hintergrund genehmer?

Hans Weiring / 17.07.2018

“Im Jahr 1979 fand der Eurovision Song Contest in Israel statt. Der Austragungsort war Jerusalem. Zwanzig Jahre später, im Jahr 1999, fand der Eurovision Song Contest wieder in Israel statt. Wieder war der Austragungsort Jerusalem. Wieder zwanzig Jahre später wird der Eurovision Song Contest in Israel stattfinden. Wo, ist jedoch noch ungewiss.  …… In vier Ländern wird zur Zeit auf Parteiebenen darüber nachgedacht, den Eurovision Song Contest in Israel zu boykottieren. … Irland … Island … Schweden … Vereinigtes Königreich ….”  1. Es ist erschreckend.  2. Der Austragungsort sollte wieder Jerusalem sein, wo sonst?  3. Wer dann nicht will, der hat schon.

Gudrun Meyer / 17.07.2018

Linker Antisemitismus ist die Regel, nicht die Ausnahme. Es gibt weit gefährlichere Beispiele als den Boykott eines Schlagerwettbewerbs. Als 2014 islamo-faschistische Horden durch dt. Städte zogen und “Juden ins Gas!” brüllten, reagierten die Leitjournos und die ihnen ergebenen Politiker mit “Antirassismus” der gängigen Sorte: die rassistisch Benachteiligten hätten doch nur ihren berechtigten Protest gegen die unmenschlichen Zustände in D in zugegeben etwas hilfloser Weise formuliert. Als letzten Dezember ein hauptsächlich arabischer Mob in Berlin die Vernichtung Israels forderte und Fahnen verbrannte, rettete sich die - ebenfalls linke - Kanzlerin in die Leerformel, sie verurteile “jeglichen Antisemitismus und Fremdenhass”, obwohl von Fremdenhass im Zusammenhang keine Rede sein konnte. Wenig später war in den Qualitätsmedien sehr viel über den dt. “Fremdenhass” und einiges über den dt. Antisemitismus zu finden. Dagegen fehlte jedes Wort über den muslimischen Antisemitismus; mehr noch, “intellektuelle” Alleswisser bestritten seine Existenz. (Genau dasselbe gilt für den muslimischen Rassismus gegen Deutsche und den deutschlinken gegen “alte, weiße Männer”). Noch der Auschwitz-Gedenktag 2018 wurde mit dem Gejammer über eine angebliche “Die-Flüchtlinge-sind-an-allem-schuld”-Ideologie der Deutschen zugemüllt. Haben Sie den Satz je gehört? - Ich auch nicht. Er verdrängte jedoch das eigentliche Thema. Ein Auschwitz-“Gedenktag”, der hauptsächlich eines angeblichen “Rassismus” gedenkt, dessen Opfer sämtliche (tatsächlich privilegierten) “Flüchtlinge” in Bösmenschenland sein sollen, hat seinen Auftrag verfehlt, aber kein Qualitätsjourno nahm das wahr. Die Weigerung der dt. und westeuropäischen Politik, Beleidigungen und Bedrohungen der Juden wahrzunehmen, sobald sie von Muslimen ausgehen, dürfte um einiges schlimmer sein als das Gezänk um den Eurovision Song Contest.

Frank Holdergrün / 17.07.2018

Einfach unfasslich, und wer etwas recherchiert zum OB von Dublin, findet das: “On the eve of HolocaustRemembranceDay the Lord Mayor of Dublin takes part in a Ramallah conference, glorifying the GrandMufti that met Hitler. Did Mícheál MacDonncha intentionally chose this timing? Either way, he is participating in a conference glorifying a war criminal.”

Bernhard Maxara / 17.07.2018

Nun, ich darf doch davon ausgehen, daß die Regierung jenes europäischen Lands, dessen solidarisches Verhältnis zu Israel sogar Staatsraison ist, hier in einem scharf formulierten Memorandum zumindest auf europäischer Ebene gegen diese in der Tat unglaublichen Boykotts oder deren Erörterung Stellung beziehen wird. Oder…?

R.E.Rath / 17.07.2018

Für mich besteht ohnehin keine Notwendigkeit die Reihe diese hochnotpeinlichen Eurovisionssendung fortzusetzen. Es steht inzwischen längst nicht mehr die musikalische Darbietung, sondern das technische Drumherum im Vordergrund. Für diese Art der Musik gibt ausreichend andere „Awards“. Nein, man sollte zu den Wurzeln zurückkehren. Kein Playback - weder vom Gesangsinterpreten noch orchestral. Alles live. Da würde sich schnell die Spreu vom Weizen trennen. Zu dem im Artikel angesprochenen „Judenproblem“ in vier Ländern: Das legt sich wieder. Es sind Minderheiten, die so etwas begehren. Und die gibt es immer. Wer Freiheit will, muss auch damit leben können.

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