Wenn man die lieben Kollegen von hoch investigativen Blättern, die jedem Steuerhinterzieher, jedem brennenden Trafo auf den Gelände eines Atomkraftwerks, jedem Fall eines fälschlich von US-Behörden beschuldigten Islamisten, der in Deutschland eine Meldeadresse hat, mit einer Inbrunst und einem Aufwand hinterher recherchieren, als ginge es um das im Bernsteinzimmer in der Bundeslade versteckte Leichentuch Christi, wenn man also solche Leute in den vergangenen Jahren gelegentlich fragte: „Warum habt ihr eigentlich nie was über Simbabwe im Blatt?“, erntete man verlegene Mienen. „Ja, äh, wir kommen nicht ins Land. Unser Blatt steht da auf der schwarzen Liste, sehr gefährlich, das…“…
Ausreden. Man kam sehr wohl nach Simbabwe. Die Starreporterin Christina Lamb, die nun wirklich hoch oben auf der Shitlist des Robert Mugabe steht, schaffte es immer wieder dorthin und berichtete für die „Sunday Times“ aus dem Horrorstaat des Diktators, den sie hierzulande gern als „Autokraten“ verniedlichen. Reporter anderer Blätter, vornehmlich englischsprachiger, reisten als Touristen oder Geschäftsleute getarnt ein und machten sich so wenigstens eine Vorstellung vom Ausmaß des Wahnsinns, in den der seit 28 Jahren regierende Mugabe das einstmals reiche, mit einer vorbildlichen Infrastruktur ausgerüstete Land gestürzt hat. Im März betrug die Inflation 100 000 Prozent. Seit Mugabes Machtantritt ist die Lebenserwartung der Bevölkerung von durchschnittlich 60 auf 35 Jahre gesunken. Jedes deutsche Medium, das seine Leser über die Zustände in Simbabwe hätte informieren wollen, hätte einfach die Berichte ausländischer Kollegen nachdrucken können. Auch Bildmaterial, meist von der Opposition aus dem Land geschmuggelt, lag immer vor, darunter dramatische Dokumente von marodierenden Schlägertrupps des Regimes, von Landraub und Mord. Es gab nie einen professionellen Grund, Simbabwe aus der deutschen Presseagenda weitgehend heraus zu halten. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten wollen wir nicht schelten. Sie haben schlicht keine Sendezeit für so was, da sie ständig die neuesten Bedenkenstatements von Ströbele (Polizeitstaat!) ausstrahlen müssen.
Es gibt einen anderen Grund. Der Schurke im Stück gehört nicht zu den üblichen Verdächtigen. Er hat die falsche Hautbarbe, wie seine Komplizen. Wäre Mugabe ein Weißer, und hätte er die gleiche verbrecherische Vita (er begann sein Regime Anfang der 80er Jahre mit einem Massaker an tausenden von Angehörigen des ihm verhassten Nbedele-Stammes), und hätte er eine Insel im Hinterhof der Amerikaner in die Grütze gewirtschaftet, womöglich noch mit freundlicher Unterstützung der CIA - die linksliberalen Medien hätten in Endlosschleife darüber berichtet, bis sogar ein Hauptschulabbrecher mit Migrationshintergrund den Namen Simbabwe im Halbschlaf fehlerfrei hätte buchstabieren können. Dummerweise stützen aber weder Amis noch Israelis den Mann, der mit Hilfe einer als Partei getarnten Gangsterbande das Land ruiniert und terrorisiert. Es sind afrikanische Staaten, in deren Beifall er sich sonnt und die ihn an der Macht halten. Allen voran das mächtigste, entscheidende Land der Hemisphäre, das vom Apartheidregime befreite Südafrika. Dem jeder anständige Deutsche das erdenklich Beste unterstellt, auch wenn die Realität am Kap oft eine ziemlich irre ist.
Sowieso wirft der Fall Mugabe/Simbabwe allerhand hässliche Fragen zur Zukunft Südafrikas auf. Auch Simbabwe schien ja nach dem Ende des Bürgerkriegs und dem im Londoner Lancaster House geschlossenen Versöhnungsvertrag zunächst auf einem guten Wege, ein prosperierendes, von Schwarzen und Weißen gemeinsam fair regiertes Land zu werden. Doch Mugabe spielte schon bald die Rassenkarte. Die Vertreibungen und Ermordungen weißer Farmer, deren Know-how nicht zu ersetzen war, begannen schon Anfang der 90er Jahre und erreichten im Jahre 2000 einen Höhepunkt. Fast alle Weißen sind inzwischen geflohen. Ihre Farmen, die sich Mugabes Günstlinge unter den Nagel gerissen haben, verfallen. Hunger grassiert. Simbabwe, einstmals Süd-Rhodesien, ist ein klassischer Failed state, und ein schlimmes Exempel für misslungene Dekolonisierung. Davon wollten weite Teile der deutschen Medien lange Zeit lieber gar nichts wissen. Schwarze Schurken sind ihnen peinlich.
Die „Wahl“ und das andauernde Schmierenstück um die Ergebnisse zwingt sie denn doch, mal über Simbabwe zu berichten. Aber jede Wette: sollte es dem Mann mit dem Hitlerbärtchen gelingen, sich irgendwie weiter an der Macht zu halten, und sollte das ohne dramatischen Widerstand der ausgepowerten, in ständiger Furcht vor den Schlägern und Killern Mugabes lebenden Bevölkerung abgehen, dann fliegt Simbabwe ganz schnell wieder aus unseren Nachrichten. Tibet ist im Moment das Ding. Nach der Olympiade gibt´s was Neues. Irgendwas mit Amis, vielleicht?