Chaim Noll / 08.02.2020 / 06:05 / Foto: pixabay / 234 / Seite ausdrucken

„Sie schlägt den Takt mit dem Hammer“

Nun hat sie wieder ein neues Wort gefunden, tödlich wie der Biss einer Giftschlange: „unverzeihlich“. So nannte sie die ihr nicht genehme Wahl eines Thüringer Ministerpräsidenten. Es erinnert an „nicht hilfreich“, womit sie damals Thilo Sarrazin um sein Amt brachte. Sie setzt solche simplen Signale gezielt ein, um zu zerstören, zu ruinieren, Zeichen zu setzen für die von ihr apostrophierte Alternativlosigkeit. „Seine Worte wie Zentnergewichte genau“, schrieb der im Gulag getötete russische Dichter Ossip Mandelstam in einem Gedicht über Stalin, auch damals waren es kurze Bemerkungen, schlichte Zeichen. Sie genügen im deutschen Politik-Betrieb, der sich zunehmend in ein Biotop serviler Schleicher verwandelt, damit ihr zuliebe jeder eliminiert wird, der ihr nicht passt.

Eigentlich ist es nicht ihre Aufgabe, über die Personalpolitik im Freistaat Thüringen zu entscheiden. Oder über Bücher zu befinden, die sie nicht einmal gelesen hat. Sie tut es trotzdem. Mit der Selbstherrlichkeit einer absolutistischen Herrscherin. Irgendwo habe ich gelesen, ihr Vorbild sei die Zarin Katharina, genannt „die Große“. Deren Weg zur Macht Leichen säumten. Auch sie, die frühere FDJ-Funktionärin, hat die hypnotisierende Kraft einer Anaconda. Ich fange an, mich vor dieser Frau zu fürchten.

Offenbar teilen auch andere mein Gefühl, es ginge in Deutschland nicht mehr mit rechten Dingen zu. Was ist vorgestern in Erfurt geschehen? „Allen, die sich jetzt um die Demokratie sorgen, möchte man sagen: Das ist Demokratie!“, schrieb die Neue Zürcher Zeitung, die dieser Tage, angesichts gleichgeschalteter Leitmedien in Hamburg, Frankfurt, München und Berlin, zur Stimme der Vernunft im deutschsprachigen Raum avanciert.

„Was im Erfurter Landtag stattgefunden hat, ist eine freie Wahl, und darüber hinaus hat ein liberaler und bürgerlicher Kandidat diese Wahl gewonnen. Es gibt keinen plausiblen Grund, das Ergebnis moralisch zu verurteilen.“

Eine Schwäche, die noch manchen Kopf kosten kann

So könnte man es sehen. Als Demokrat. Was „die mächtigste Frau der Welt“ bekanntermaßen nicht ist. Das ihr unliebsame Thüringer Wahlergebnis müsse „wieder rückgängig gemacht werden“, ließ sie diktatorisch, zudem in einzigartiger Einfalt verlauten (aus Südafrika, wo sie grad auf Goodwill-Tour ist). Als ob man irgendetwas in der Politik „wieder rückgängig machen“ könnte! Was geschehen ist, ist geschehen, sei es der Einlass hunderttausender militanter Muslime auf ihr Geheiß, sei es die Wahl eines Ministerpräsidenten durch Abgeordnete einer Partei, die sie gern weghexen würde. In Erfurt rollen die Köpfe. Säuberungen in innerparteilichen Gremien beginnen, diesmal ganz offen. Die Brachialgewalt, mit der sie vorgeht, ist sichtlich ein Zeichen von Schwäche. Doch es handelt sich um eine Schwäche, die noch manchen Kopf und Kragen kosten kann.

Auf das, was in Erfurt geschehen ist, hat sie auf die denkbar dümmste Weise reagiert: Sie hat der Welt gezeigt, dass Deutschland unter ihrer Herrschaft keine Demokratie mehr ist. Es geht zu wie in Mandelstams Gedicht auf Stalin, das den jüdischen Dichter 1938 das Leben kostete und das ich hier zitiere, im Geschlecht abgewandelt: „Mit dienstbaren Halbmenschen spielt sie herum/ Die pfeifen, miaun oder jammern./ Sie allein schlägt den Takt mit dem Hammer.“

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Dirk Jungnickel / 08.02.2020

Lieber Chaim Noll, möglicherweise haben Sie recht. Aber als ich gestern von dem Kanzlerinnen - Fauxpas hörte, schoss mir durch den Kopf: ” Vielleicht hat sie alle getäuscht ... vielleicht plappert sie ihre Sätze - wenn sie kein Manuskript hat -  einfach nur so daher, ohne Gedanken daran zu verschwenden…” Dann allerdings wäre der kleine Junge aus “Des Kaisers neue Kleider” endlich mal fällig ...

Dr. Gerhard Giesemann / 08.02.2020

DIE? Weghexen? Die AfD? Wo sie sie doch selbst herbei gezaubert hat? Hinter- und strohfotziger geht nun wirklich nicht. Tschjort wazmí - soll sie doch der Scheitan holen.

Giovanni Brunner / 08.02.2020

Sie haben richtig analysiert Herr Noll. Nur, zu welchen Waschlappen sind deutsche Politiker verkommen?! Was hindert den neu gewählten thüringischen Ministerpräsident daran, er hat so und so nichts zu verlieren, aufzustehen, klare Kante zu zeigen und Wortspenden dieser Art als “nicht hilfreich” und als unerwünschte Einmischung auf das schärfste zurückzuweisen. Davon abgesehen, dass diese Frau in dieser Angelegenheit in Thüringen nichts zu plaudern hat. Die er FDP ler schei…... sich vor einer CDU Kanzlerdarstellerin an. Offenbar hat auch er kein Rückgrat, denn politische Zukunft hat er in dieser Pseudodemokratie ohnedies nicht.

Friedrich C. K. Wagner / 08.02.2020

Alles sehr richtig und wichtig, es auszusprechen! Der eigentliche Skandal hat seinen Anfang erst nach der demokratischen Wahl und er geht noch weiter mit den wildesten Auswüchsen. Zum Rücktritt von MP Kemmerich ein Zitat; Robert Habeck: „Rücktritt war das absolute Minimum“. Was wäre denn das Maximum? Hätte sich Kemmerich die Kugel geben sollen? Die Bundesrepublik, in der ich aufgewachsen bin, ich bin jetzt 50 Jahre alt, hat in kürzester Zeit Politiker hervorgebracht, deren Basis nicht mehr das Grundgesetz zu sein scheint. Einfach nur noch traurig:(

Charlotte Hofmann / 08.02.2020

So wie Herr Wendt die Entstehung des Phänomens AfD im letzten Publico-Artikel darlegt - als Ergebnis Merkel´scher Politik nämlich - kann man auch das Phänomen Merkel erklären. Sie ist gar kein unentwirrbares Rätsel, sie ist viel mehr ein Produkt der deutschen Wähler - nach dem Motto: Jedes Volk bekommt die Regierung, die es braucht! Aus einer Familie, deren Hauptthema bereits in meiner Kindheit der Faschismus und deren Hauptproblem die gesellschaftliche Ausgrenzung meines Vaters als Deserteur der deutschen Wehrmacht in Österreich war, bin ich trotz aller gegenteiligen Behauptungen der Meinung, dass die Deutschen bis heute den Faschismus nicht ausreichend begriffen haben - eben nicht nur als eine Frage der Moral. Dieses Thema begleitet mich nun schon ein ganzes Leben lang - immer wieder beleuchtet von verschiedenen Seiten. Und mein Resumée ist, dass das Verständnis des Faschismus bzw. die Demokratiefähigkeit ein denkendes, innerlich unabhängiges Individuum voraus setzt, das frei von Gruppenzwängen und durch Auseinandersetzung Konflikte lösend, dieses Leben lebt - nicht zu vergessen den Humor und die Selbstironie. Selbstverständlich wird diese Reife niemals von allen gleichzeitig erreicht werden, doch braucht es eine ausreichende Anzahl solcher Individuen, um die gemeinsamen Geschicke gerade in Zeiten eines elementaren, gesellschaftlichen Umbruchs, bewerkstelligen zu können.

Jürgen Fischer / 08.02.2020

@E.Albert: Nein, ich glaube schon lange nicht mehr an Wahlen, so realistisch bin ich dann doch. Aber selbst Dushan Wegner schreibt (6.2.): »Es gibt ein Mittel, einen Politiker wie Angela Merkel aus dem Amt zu entfernen, auch vor den Wahlen, und dieses Mittel heißt Misstrauensvotum (siehe Wikipedia und Art. 67 GG).« Ich hatte an anderer Stelle gefragt, ob es eine verfassungsrechtliche Handhabe gegen die “Hammerfrau” gibt, und gleichzeitig die Antwort (»vermutlich nicht«) gegeben. Realistisch gesagt: es gäbe zwar Möglichkeiten, aber sie werden nicht genutzt. Nicht in diesem Land. Bedauerlich, aber kann man’s ändern?

Karl Krumhardt / 08.02.2020

Dumm? Ich weiß nicht. Aber völlig skrupellos, eiskalt und dreist - Ihr Bild von der kombinierten Gift- und Würgeschlange ist nicht schlecht… Das war nichts weniger ein offener Putsch, nun folgen Säuberungen und weitere Diffamierung aller Kritiker.

Klaus Kalweit / 08.02.2020

Merkels Vorbild ist Zarin Katharina? Das mag sein, aber ich erinnere mich an einen Artikel in der HAZ von vor geschätzt 10 Jahren, der berichtete, Merkel habe im Urlaub eine 1000-seitige Biographie über Stalin gelesen. Ob das nun einen Unterschied macht, sei dahingestellt. Merkels Geisteshaltung allerdings macht auch mir Angst.

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