Thomas Rietzschel / 09.09.2020 / 12:00 / Foto: Owen Morse / 103 / Seite ausdrucken

Sie sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen

Die Deutschen klopfen sich gern selbst auf die Schulter. Und die Kanzlerin weiß ohnehin, dass sie es besser macht als alle anderen, die sonst irgendwo regieren, in  Amerika oder gleich um die Ecke in der europäischen Nachbarschaft. Das bekam auch der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfvel letzthin zu spüren. Bei seinem Besuch in Berlin sonnte sich die Gastgeberin im Glanz der Statistik, die Zahl derer, die mit/an Corona gestorben sind: 9.405, respektive 0,0113285 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland gegen 5.837 oder 0,0570576 Prozent in Schweden.  

Zahlen, mit denen Merkel ihren Amtskollegen locker ausstach, wenigstens für den Moment. Das heißt, solange unter den Tisch fällt, zu welchem Preis der Vorsprung erkauft wurde. Denn während die deutsche Wirtschaft – wie die anderer Länder – politisch abgewürgt und das gesellschaftliche Leben bis zu Erstarrung lahmgelegt wurde, blieben in Schweden Schulen und Restaurants geöffnet, in Industrie, Handel und Gewerbe liefen die Geschäfte weiter – ohne Maskenpflicht und Quarantäne. Statt eines Lockdowns galt das Prinzip der Eigenverantwortung. Um der Freiheit der Bürger willen verzichtet der Staat darauf, sich als Vormund aufzuspielen. 

Das mag man angesichts der höheren Mortalität fragwürdig finden, sollte aber nicht vergessen, dass es das Volk vor der totalitären Entmündigung durch die Obrigkeit bewahrt. Ohne die Zumutung des Risikos für jeden Einzelnen verwandelt sich die bürgerliche Gesellschaft in eine Horde unmündiger Kostgänger der Politik. Wo ihnen durch die Schließung von Firmen und Institutionen die Möglichkeit genommen wird, selbst für sich aufzukommen, werden die Menschen zu Almosen-Empfängern eines Staates, der Schulden anhäuft, weil er selbst nicht produktiv wertschöpfend agieren kann. 

Die Bürger vereinsamen im heimischen Käfig

Ohne einen Gedanken an die Zukunft zu verschwenden, an die Überlebensfähigkeit nach der Pandemie, sägen die Regierungen vieler Länder, allen voran die deutsche, an dem Ast, auf dem sie sitzen. Denn wo die Fließbänder stillstehen, die Wirtschaft im Halbschlaf vor sich hindämmern muss, ist auch kein Gewinn zu erzielen, von dem der Staat seinen Zehnt einstreichen könnte. Wo Theater und Museen verschlossen, Volksfeste abgesagt und die Menschen gezwungen sind, sich online zu amüsieren, geht der gesellschaftliche Zusammenhalt verloren. Die Bürger vereinsamen als Lebewesen im heimischen Käfig, in den eigenen vier Wänden, im Garten, auf dem Balkon. 

Und es fragt sich durchaus, wer da am Ende die Nase vorn haben wird, Merkel und die Ideologen des Lockdown oder die Schweden, indem sie sich nicht davon abbringen lassen, an der Normalität des Lebens festzuhalten. Zwar müssen auch sie einen wirtschaftlichen Rückgang verkraften. Weil die Kunden jenseits der Grenzen ausfielen, sank ihr Bruttoinlandsprodukt während des zweiten Quartals im Vergleich zum Vorjahr um 8,1 Prozent. Doch sackte das deutsche im selben Zeitraum um mehr als zehn Punkte ab.

Noch für dieses Jahr ist mit einem Anstieg der Privatinsolvenzen auf 85.000 zu rechnen, 100.000 sagen Experten für das kommende Jahr voraus. Nicht zu reden von den 200.000 Firmen, mit deren Pleite die Arbeitgeber 2021 rechnen. Um hier wenigstens den schönen Schein zu wahren, hat die Bundesregierung kurzerhand das Insolvenz-Recht bis zum Ende des Jahres außer Kraft gesetzt.

Ein staatlich gedeckter Insolvenz-Betrug

Überschuldete Unternehmen sind bis dahin nicht verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schlägt Alarm. Obwohl sie nicht mehr überlebensfähig seien, könnten bankrotte Unternehmen weiterhin Schulden anhäufen, die Substanz zulasten der Gläubiger aufbrauchen. Ein staatlich gedeckter Insolvenz-Betrug, von sogenannten „Zombieunternehmen“ ist die Rede. 

Wer sich rühmt, weniger Corona-Tote als andere beklagen zu müssen, sollte bedenken, wie viele Existenzen im Zuge dieser Politik bereits vernichtet wurden und weiter noch vernichtet werden. Eine herzlose Feststellung, eine Aufrechnung der mit COVID-19 Verstorbenen gegen kapitalistische Einbußen? Mittnichten. Ist doch der mutwillig herbeigeführte Niedergang einer Volkswirtschaft am Ende nicht weniger lebensbedrohlich als ein Virus, von dem bisher mehr vermutete als nachgewiesene Gefahren ausgehen. Immerhin übersteigt die Zahl der mit Krankenhauskeimen Angesteckten die der Corona-Infizierten noch um ein Vielfaches. Von bis zu 600.000 jährlich spricht das Robert-Koch-Institut. Für rund 20.000 verläuft die Krankheit tödlich. 

Je mehr sich die deutsche Politik trotz allem darauf versteift, ihre Corona-Politik durchzusetzen, je verbissener sie auf die Skeptiker einschlägt, ihnen rechtsradikale und neonazistische Absichten unterstellt, desto mehr verstärkt sich der Eindruck der Überforderung.  

Die Scheinheiligkeit triumphiert wie immer, wenn sich die Deutschen selbst auf die Schulter klopfen, ihre Führer sich einbilden, es besser zu können als die anderen, die Schweden zum Beispiel.  Deutsche Zombie-Politik 2020. 

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Block Andreas / 09.09.2020

Herr Thomas Rietzschel ....  “Sie sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen “....das ist DENEN SCHLICHTWEG EGAL…..DAS INTERESSIERT DIE NICHT DIE BOHNE…. ihr könnt Euch hier noch so aufregen, beschweren etc….. ist denen alles egal…. wann endlich kapiert ihr das….. IHR WOLLTET ES SO….. 2017 hattet IHR die Möglichkeit das alles zu beenden…. habt IHR NICHT….

Hans-Werner Foitzik / 09.09.2020

In der Coronakrise durfte monatelang niemand in Krankenhäusern, in Pflegeeinrichtungen, in Altenheimen etc. besucht werden. Wieviel Schwerkranke, Alte und Schwache starben denn dadurch, weil sie den Eindruck hatten, dass sich sowieso keiner mehr um sie kümmert, und sie sich überflüssig vorkamen? Einem Dementen konnte man sowas nicht erklären, aber viele haben sicherlich gespürt, dass die Tochter, die Enkelkinder oder andere plötzlich nicht mehr kamen. M. W. war das in Schweden nicht der Fall. Auf die relativ niedrigeren Sterblichkeitsraten in D zu verweisen, ist perfide und empörend.

Stephan Bujnoch / 09.09.2020

Ach wie schön wäre es, wenn es sich wirklich um den Zehnt handeln würde! Unsere Politgranden arbeiten doch mit Fleiß, d.h. sowohl absichtlich wie auch rege, daran, die Wirtschaft mit viel Geld zuzuscheißen, um über viel Beteiligung am Ende viel volkseigene Betriebe zu haben. Die Staatsquote wird weiter steigen und die Zuwendungen für die Bürger - die Gesinnungskonformen versteht sich - wird weiter steigen, wie weiland in der DDR. Es wäre mal interessant zu erfahren, wieviel Prozent unserer Politiknomenklatura - im Bund wie in den Ländern - eine astreine SED Vergangenheit besitzt.

Uta Buhr / 09.09.2020

@Tobias Kramer. Genauso wird es kommen. Und man stelle sich vor, Mama kann Torsten-Finn oder Sophie-Marie nicht mehr mit dem SUV zur Privatschule oder zum Yogakurs fahren! Eine Katastrophe, nachdem Papis Managerjob geschreddert wurde und die Raten für die Villa plus Pool nicht mehr geleistet werden können. Auch die teure Privatschule ist dann passée und die lieben Kleinen müssen mit Migrantenkindern die Schulbank drücken. Aber alles nicht so schlimm. Denn laut Jakobiner Habeck sind die muslemischen Schulkinder bestens erzogen und integriert. Als eine leidgeprüfte Mutter ihn fragte, warum er denn seine Kinder auf Privatschulen geschickt habe, verlor Robert jegliche Contenance und pöbelte, dass sich die Balken bogen. Echt prollig! So sind sie halt, unsere von uns Steuerbütteln üppig alimentierten “Eliten.”

Andreas Rochow / 09.09.2020

Das möchte ich in vollem Umfang bekräftigen. Wie unangemessen die Verlangsamungsmaßnahmen des Merkelschen Lockdown waren, konnten wir von Anfang an an den leeren Beatmungsplätzen in den Intensivstationen Deutschlands sehen! Zum Einmaleins einer “Epidemie” mit niedriger Inzidenz und niediger Letalitätsquote gehört die Tatsache, dass die Zahl der Toten nicht abhängig ist von der Steilheit der Kurve. Unter Merkel wird länger und für alle teurer und entbehrungsreicher gestorben. Das haben die Schweden nicht als nachahmenswert angesehen. So wird bei ihnen der Schrecken auch früher ein Ende finden als im Land der unfehlbaren Vorreiter.

Berta Zimmermann / 09.09.2020

Die Regierung streicht leider nicht nur ihren “Zehnd” ein, sondern jetzt schon nahezu ihren “Fünfzigd” und in Zukunft halt ihren “Hunderd”. Aber auch 100 % von Null ist Null.

Bernd Müller / 09.09.2020

@Rudolf George: Wow!! Was für ein Leserbrief!! Was für eine Zusammenfassung! Es gibt in diesem Lande so viele so kluge Köpfe…. (früher steckten viele davon hinter der FAZ).....verdammt noch mal, warum sind sie nicht an den Hebeln der Macht?? Ich muss weiterarbeiten…..

N.Lehmann / 09.09.2020

Was können wir denn auch von so einer unfähigen Politikerin erwarten?! Das würden doch auch Saskia, Claudia und Anna- Lena so machen. Solange gestandene Bürger aus der Mitte wegschauen und diese 3. Garnitur gewähren lassen, weil das Aufklären von immer mehr Dummköpfen einen erheblichen persönlichen Aufwand und auch u.u. Unannehmlichkeiten mit sich bringt, dann haben wir das auch verdient. Die Gewaltenteilung wurde geschleift und keiner fühlt sich dafür zuständig. Armes Land.

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