Henryk M. Broder / 11.09.2014 / 10:54 / 26 / Seite ausdrucken

SI statt IS

Die Auseinandersetzungen um den sogenannten Islamischen Staat (IS) haben inzwischen auch die Bundesrepublik erreicht. Über 400 Deutsche sollen in den Reihen der schwarz gewandeten Säbelrassler mitkämpfen. Was den Behörden Sorgen macht, ist die Frage: Was machen wir mit den Heimkehrern?

Um sie einzusperren, dazu fehlt die gesetzliche Grundlage. Die Teilnahme an Trainingscamps, in denen Bombenbasteln und Kopfabschneiden geübt wird, ist ebenso straffrei wie der Aufenthalt in einem Club Med. Man kann Menschen, die einen deutschen Pass haben, die Einreise nach Deutschland nicht verweigern.

Soll man jedem einen Sozialarbeiter an die Seite stellen? Ein Praktikum an einem städtischen Theater anbieten, wo er seine Traumata kreativ verarbeiten kann? Oder hoffen, dass er aus eigener Kraft wieder Anschluss an eine Gesellschaft findet, die auch den Terroristen der Rote- Armee-Fraktion (RAF) längst vergeben hat?

In die hochkomplexe Debatte hat sich nun die Generalsekretärin der SPD, Yasmin Fahimi, konstruktiv eingeschaltet. Der Islamische Staat soll nicht mehr als «radikal-islamisch» bezeichnet werden. «Dies ist eine Zuweisung, welche die Muslime hier in Deutschland in ihrer Ehre berührt.» Wer diese Terroristen als Vertreter der islamischen Religion darstelle, beleidige die Muslime, warnte die Generalsekretärin der SPD.

Das ist eine durchaus nachvollziehbare Überlegung. Niemand möchte als «radikal-sozialdemokratisch» diffamiert werden, nur weil er (oder sie) das «Godesberger Programm» der SPD gerahmt und an die Wand genagelt hat. Im Falle des Islamischen Staats freilich liegen die Dinge ein wenig anders. Die Truppe nennt sich nun mal selbst so, und es gibt gewisse Anzeichen dafür, dass sie den Islam auf die Spitze treibt, ideologisch wie auch praktisch.

Wenn das, was der Islamische Staat praktiziert, nicht «radikal-islamisch» ist, was ist es dann? Radikal-humanistisch? Radikal-pazifistisch? Radikal-ökologisch? Allein mit Wortklaubereien ist das Problem nicht zu lösen.

Yasmin Fahimi müsste schon ein wenig mehr tun: beim Islamischen Staat vorstellig werden und ihm die Aufnahme in die Sozialistische Internationale anbieten. SI statt IS. Klingt doch gleich viel besser.

Erschienen in der Weltwoche vom 11.9.14

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Leserpost

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Ronald M. Hahn / 11.09.2014

Ich weiß gar nicht, wieso alle Welt (in Deutschland) davon ausgeht, dass die im Ausland kämpfenden Killer, die unsere Medien eigenartigerweise immer als “Deutsche” verorten, dorthin zurückkehren werden, wo es kostenlose ärztliche Behandlung und Hartz IV gibt. Die sind doch alle in den Orient gegangen, um für die Errichtung eines Gottesstaates zu kämpfen und ggf. ihr schnödes Leben zu lassen. Jetzt haben sie ihren Gottesstaat und dürfen dort nach Gutdünken schalten und walten. Die bleiben jetzt dort, denn nur der Gottesstaat bietet ihnen einen Ausblick auf das Paradies im Jenseits. Punkt. Wer in den dekadenten Westen zurückkehrt, ist ein Verräter.

Peter Luetgendorf / 11.09.2014

Sehr geehrter Herr Broder, sobald die Worte “Ehre” und “beleidigt” auftauchen, sollte man besser den Kopf einziehen. Zu “ehrabschneidend” ist da nur ein kurzer Weg. Bei der Reintegration bitte nur männliche Mitarbeiter verwenden. Sonst tritt man da ja wieder etwas los. Gruß Peter Luetgendorf

Karl-Heinz Mrosek / 11.09.2014

Ein Kommentar vom Feinsten. Es Gelingt Henryk M. Broder in seinem vergnüglichen Plauderton eine Sache auf den Punkt zu bringen und die Menschen zum nachdenken zu verführen. Das ist eine Gottesgabe.

Markus Weber / 11.09.2014

Sehr geehrter Herr Broder, mir fehlen die Kenntnisse in Sachen Islam (dessen Problem ja vielleicht tatsächlich der Islam ist), um zu beurteilen, welche Rohheiten durch ihn alles willkommen geheissen würden. Mich irritiert bisher lediglich, dass die IS-Truppen auch vor Moscheen und Heiligtümern nicht Halt machen. Ich möchte nur folgende Ausdrücke anbieten: Radikal-satanistisch, radikal-nihilistisch, radikal-mordlustig, radikal-verroht, radikal-atheistisch, radikal-tollwütig, radikal-todessüchtig und radikal-menschenverachtend. Wenn die Feinde meiner Feinde dadurch automatisch zu meinen Freunden würden, dürfen wir gespannt sein auf die Relation, in der die US-Truppen, die Iraner, die Türken, die Kurden, Assad, Saudi-Arabien, Katar usw. in Kürze zu einander stehen. “Der Westen” macht hier durchwegs keine gute Figur und das nicht erst, seit er sich zögerlich zeigt, Syrien plattzubomben.

Wolfgang Schmid / 11.09.2014

Es gehört zu den rassistischen Stereotypen über Muslime, dass man diese besser nicht mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert, weil sie leicht reizbar und beleidigt und an ihrer Ehre berührt seien. Oder ist auch das eine unangenehme Wahrheit, die sie nicht vertragen?

Torsten Lange / 11.09.2014

Schlage vor , nicht mehr von ” Nationalsozialismus” sprechen oder schreiben zu dürfen, da dieser wohl nichts mit dem Sozialismus im Sinne dieser merkwürdigen Dame zu tun haben dürfte. Wann erscheint das erste verpflichtende Gutmenschen-Wörterbuch auf dem Markt ?

Heinz-Jürgen Loth / 11.09.2014

Frau Fahimi hat sicherlich recht, hat doch Erdogan 2009 mit Blick auf al-Baschir erklärt: “Ein Muslim kann keinen Völkermord begehen.” Die Terroristen der IS beleidigen den friedlichen Islam. Wohl nicht ohne Grund enthält die Staatsflagge der Saudis neben der Schahada (Glaubensbekenntnis) auch das Schwert. Es gilt den Frieden zu verteidigen, heißt es doch im Hadith: “Das Paradies liegt im Schatten der Schwerter”.

Matthias Pflipsen / 11.09.2014

Ob Frau Fahimi wirklich glaubt, was sie dort sagt? Ich glaube, daß die derzeitige Blütephase des Salafismus in Deutschland, der rege Export von Dschihadisten nach dem Irak und das langsame Bröckeln des staatlichen Gewaltmonopols dank der enthusiastischen Scharia-Polizei den deutschen Integrationsexperten in aller erster Linie bloß schrecklich peinlich ist. Vor der Integration haben sie schon längst kapituliert und den Begriff kurzerhand durch einen selbstlosen Multikulti-Gedanken ersetzt, dessen Freiheitsverständnis allein darin liegt, alles, gleich was und wie es ist, akzeptieren zu müssen. Vielleicht irre ich mich auch und sie sind doch nur zu blöde. Der Islamismus hat nichts mit dem Islam zu tun, der Big Mac nichts mit McDonalds - und: Yasmin Fahimi nichts mit der Freiheit.

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