Christoph Kramer / 22.12.2022 / 12:00 / Foto: Mini Misra / 26 / Seite ausdrucken

Sexualpädagogik: Missbrauchstäter als Gründervater

Am Montag stellte der Berliner Senat eine neue Studie zum Pädophilie-Skandal um Helmut Kentler vor. Der Wissenschaftler hatte mit Hilfe eines Netzwerks aus staatlichen Stellen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen begünstigt und war selbst in Missbrauchsfälle verwickelt. Doch ein pikantes Faktum bleibt dabei unterbelichtet.

Am Montag stellte der Berliner Senat die Ergebnisse einer neuen Studie zu Helmut Kentler vor. Helmut wer? Der Mann hatte ab Ende der 1960er Jahre Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen bewusst in die Obhut von meist vorbestraften pädophilen Männern gegeben, von denen sie dann missbraucht wurden. Auch Kentler selbst hat Minderjährige missbraucht, wie jetzt erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wird. Zudem setzte er sich für die Straffreiheit von sexuellen Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen ein.

Der ganze Vorgang, das sogenannte „Kentler-Experiment“, geschah mit finanzieller Unterstützung des Berliner Senats, unter dem wohlwollenden Blick des Berliner Landesjugendamtes und mit Wissen und Einverständnis zahlreicher Behörden und prominenter Entscheider in Berlin und im gesamten Bundesgebiet. Es gab ein Netzwerk. Und, besonders beunruhigend, dieses Netzwerk soll teilweise noch intakt und aktiv sein. Allerdings werden keine konkreten Namen veröffentlicht, auch nicht in der jetzt bereits dritten, vom Berliner Senat geförderten Studie zur Aufarbeitung des Skandals. Das konnte man bereits alles unter anderem hier und hier und hier lesen. So weit, so schlimm. 

Nur ein pikantes Faktum zu Helmut Kentler blieb bisher etwas unterbelichtet: Kentler war nicht nur „der Star der Sexualerziehung“, ein „damals renommierter Sexualforscher“. Er war auch der Begründer eines ganzen wissenschaftlichen Fachgebietes. Was Sigmund Freud für die Psychoanalyse und Karl Marx für den historischen Materialismus waren, das war Helmut Kentler für die moderne Sexualpädagogik in Deutschland: ihr Begründer. Er und seine Schüler haben dieses Fachgebiet ab den Siebziger Jahren sukzessive aufgebaut, intellektuell und strukturell.

Kentler selbst nannte seine Lehre zunächst „emanzipatorische Sexualpädagogik“, seine Schüler, wie Uwe Sielert oder Elisabeth Tuider, benutzen heute andere Bezeichnungen, etwa „dekonstruktivistische Sexualpädagogik“ oder „Sexualpädagogik der Vielfalt“. Kentlers Clique erschuf ein kleines Universum sexualpädagogischer Institutionen: Institut für Sexualpädagogik ISP, gsp – Gesellschaft für Sexualpädagogik, Sexualpädagogische Allianz, Institut für Angewandte Sexualwissenschaft (IFAS). Es gibt Professuren, Studiengänge und Qualitätssiegel. Man kann sagen, dass die Kentler-Schule vielleicht kein Monopol, aber eine starke Hegemonie in diesem Sektor der deutschen Pädagogik behauptet.

Vielleicht hat sich manch einer schon gefragt, warum es bei der Sexualpädagogik immer wieder zu diesen seltsamen Zwischenfällen kommt. Wie diese Sache mit dem Kondomführerschein: Die Workshopleiterin gab den Sechstklässlern die Hausaufgabe, sich allein Kondome zu kaufen und immer in der Tasche zu haben, „falls es mal eine Gelegenheit gibt“. Oder damals die Aufregung um eine Handreichung „Lesbische und schwule Lebensweisen“, bei der Schüler „pantomimisch“ Begriffe wie Analsex, Darkroom oder Sadomaso darstellen sollten. Oder die Geschichte mit dem Sexualpädagogik-Standardwerk, das Übungen vorsah, in denen Schulkinder einen „Puff für alle“ entwerfen sollten. Es könnte damit zusammenhängen, dass der Gründervater und spiritus rector dieses Fachs ein Pädophilenlobbyist und Kinderschänder war. Ein solcher Zusammenhang konnte allerdings von unabhängigen Faktencheckern bisher nicht wissenschaftlich bestätigt werden. 

Vielleicht reden wir nochmal darüber, wenn in einigen Monaten der nächste Bericht zu Kentler vorgestellt wird.

Foto: Mini Misra

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Leserpost

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Ralf Pöhling / 22.12.2022

@Vera Meißner Volltreffer. Aber es betrifft nicht nur Pädophilie, Das geht theoretisch mit jeder anderen Straftat auch. Man lässt dabei ein juristisch verwertbares Vorgehen bewusst laufen und stellt dann im gewünschtem Moment zu unliebsamen Zeitgenossen, die der Wahrheit zu nahe kommen und damit an den Stühlen der Mächtigen sägen, eine künstlich forcierte Kontaktschuld her. Et voila: Man zieht den unliebsamen Zeitgenossen mit einer Straftat aus dem Verkehr, mit der er gar nichts zu tun hat. Nicht selten handelt es sich hier sogar um Straftaten, die vollständig durch den von der amtierenden Politik missbrauchten Behördenapparat mittels Archivmaterial und gefälschten Beweisen inszeniert werden. Da wird dann jemand für etwas verurteilt, was nicht einmal passiert ist. Und damit das nicht auffällt, werden dann flugs die Akten geschreddert und das Beweismaterial verlegt oder sogar komplett vernichtet. Das passiert dann natürlich erst im Nachgang, wenn nach Aufklärung gerufen wird. Aber dann ist der Ruf des Beschuldigten oder sogar rechtskräftig illegal Verurteilten bereits ruiniert. Ich sage nur NSU und Edathy. Dem kann man entgegenwirken, wenn man jeden externen Kontakt umfangreich dokumentiert und im Zweifelsfall sogar mitschneidet. Das muss dann letztenendes nicht mal gerichtsverwertbar sein. Es muss nur die Öffentlichkeit erreichen, denn die entscheidet am Ende, wer gewählt wird und wer nicht. Der Ruf der Verursacher wird dann genauso durch den Dreck gezogen, wie der Ruf der fälschlich Verdächtigten und fälschlich Verurteilten und damit die politische Karriere von verbrecherischen Drecksäcken erfolgreich beendet.

Gerhard Keller / 22.12.2022

@Dieter Kief:  Auch Pierre Bourdieu?

giesemann gerhard / 22.12.2022

Der mit Abstand größte Missbrauch junger Menschen, die schwanger werden können, findet in den islamischen Ländern statt, zum Zwecke der finanziell-demographischen Eroberung der anderen. Generationenfolge 15 Jahre, das beschleunigt die Sache ungemein. Sagst du was, Gefängnis, mitten in DE, in Bayern, in München. Az.: 824 Cs 112 Js 101229/18, leicht zu finden im ww-net. Wer das Urteil ohne Schwärzungen sehen will, der wende sich an mich unter giesge@t-online.de Den anderen sollen die Geburtenüberschüsse alsbald die Dummköpfe vom Hals säbeln. Inshallah.

Christian Schulz / 22.12.2022

Interessant ist, dass der Skandal sich bis in die frühen 2000er fortsetzte, die Kinder zum Teil an “Pflegeväter” im Ausland vermittelt wurden (Balkan), und das ehemals Kendlersche Netzwerk über seinen Tod hinaus weiter funktionierte. Kendler profitierte sicher auch von Trends wie den der “Stadtindianer” der “Schwupp” (Arbeitsgemeinschaft der Schwulen und Pederasten der Grünen Partei). Noch in deren ersten Bundestagswahlprogramm. Damals,1980, gab es politische Forderungen die den Missbrauch deutlich relativieren wollten. Die Paragrafen sollten so formuliert werden, dass „nur Anwendung von Gewalt oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses bei sexuellen Handlungen unter Strafe zu stellen sind.“ Sonst sind sexuelle Erlebnisse mit Kindern nicht zu beanstanden. Im alternativen Milieu der 70er und 80er diskutierte man über befreite Sexualität – auch zwischen Kindern und Erwachsenen. “Pädophilie -Verbrechen ohne Opfer – Ich liebe Jungs” So titelte damals die taz. Der Artikel is bis heute aufrufbar. „Im Jahr 1979 ruft die taz zur sexuellen Revolution auf: „Wir müssen weg von der verkrüppelten, staatlich verordneten Normalität“, fordert der Autor Olaf Stüben und ermuntert zum Leben einer „konkreten Utopie“: Sex zwischen Erwachsenen und Kindern – gleich welchen Alters. Der Beitrag mit dem Titel „Ich liebe Jungs“ vom 16. 11. 1979 ist das Manifest eines Pädophilen. Stüben ist Mitglied einer Hamburger Päderastengruppe und Mitarbeiter der taz. Er darf sich mehrfach über seine sexuellen Erlebnissen mit Kindern verbreiten.“ Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Teile der LGBTQ+ Bewegung ihren ideologischen Ursprung in diesem Umfeld gefunden haben.

Dieter Kief / 22.12.2022

Es ist Helmut Kentler aber auch Hartmut von Hentigs reformpädagogischer Lebensgefährte Gerold Becker (Odenwald Internat). - Dazu kamen haufenweise Urgrüne wie die Nürnberger Indianerkommune und Jrüne wie Daniel Cohn-Bendit. Unsere flotte ex-Gesundheitsministerin Renate Künast sagte noch gar nicht lange her in einer Parlamentdebatte:  Jaq,ja, Sex mit Kindern - wenn es ohne Zwang war, war das doch nicht schlimm! - Diese Haltung war übrigens auch in der liberalen W§ochenzeitung Die Zeit lange gut vertreten. Der berühmte HH literat Hubert Fichte stand auf sex mit jungen Jungs. Foucault fand Sex mit Knaben schick, halb Paris fand das emanzipativ von Jacques Derrida bis Pierre Bourdieu. - Those were the days…

Arne Ausländer / 22.12.2022

Mir scheint, hier wird bei aller Kritik noch verharmlost. Denn ich errinnere mich an ein Gespräch mit zwei Männern (wohl von Deutschlandfunk ausgestrahlt, vor einigen Jahren), die als Kinder von Kentler vermittelt wurden an jemanden, den man kaum als pädoPHIL bezeichnen kann, denn er vergewaltigte die Jungs nicht “nur” regelmäßig, sondern verprügelte sich dazu noch häufig bis aufs Blut, mit einem Gürtel mit großer Metallschnalle. Und Kentler wußte von dieser Gewalttätigkeit des “Pädophilen”, weil der einschlägig vorbestraft war und dergleichen in seinen Akten stand. (So habe ich die Essenz des längeren Beitrags in Erinnerung.) Man mag sagen, das wäre kein Unterschied. Aber ich denke doch, daß solch alltäglicher Terror durchaus für die, die ihn erleiden müssen, noch weit schlimmer ist als der Ekel wegen des unerwünschen Sex. So jedenfalls verstehe ich die Aussagen vieler davon Betroffener. Und: mit dieser Gewalttätigkeit wird doch bewiesen, daß es nie um Emanzipation und Sexualpädagogik ging (so falsch auch diese Ansätze für sich wären), sondern um offene Machtausübung und Zerstörung von Persönlichkeiten. Wozu? Das muß man da dann auch fragen. “Nur” zur Befriedigung abartiger Bedürfnisse? Oder um in diesen zerstörten Menschen willige Werkzeuge zu bekommen, in Politik und Wirtschaft? Manch eine der bekannten Gestalten macht auf mich den Eindruck, aus einer solchen “Schule” hervorgegangen zu sein. Also nicht etwa diejenigen, die in Medien über ihre Traumata sprechen, sondern die, die ein quasi Super-Stockholm-Syndrom entwickelt haben und nun ihren Meistern treu dienen. Wie Huren ihrem brutalen Pimp. - Übrigens passen Alter der Jungs und Gewalttätigkeit des “Erziehers” bestens zu jesuitischen “Erziehungsidealen”, seit Jahrhunderten beim eigenen Nachwuchs praktiziert. Nur die sexuelle Komponente gehört (offiziell) nicht zu deren gepriesenen Methoden. - Kentler selbst freilich war wohl evangelisch.

Detlef Rogge / 22.12.2022

Der von einem Leser hier zitierte Prof. der Charite unterscheidet zwischen Gelegenheitspädophilen, die für gewöhnlich sexuelle Beziehungen zu Erwachsenen unterhalten und ausschließlich Pädophilen, die keinen Sex mit Erwachsenen haben können. Erstere sind therapierbar, letztere nicht. Bei Ausleben ihrer Neigung bleibt nur lebenslanges Wegsperren. Die Patienten des Prof. sind die Einsichtigen, die nicht wollen, daß ihre Neigung virulent wird. Dem Großteil der Pädophilen fehlt allerdings die Einsicht, daß ihr Tun, Kindern unermeßlichen Schaden zufügt.

Bruno Jenson / 22.12.2022

Allein bei einigen der hochtrabenden „emanzipierten“ Vokabeln kann einem schlecht werden. Da fragt man sich was schlimmer war bzw. welche Zeit einen schädlicheren Einfluss aufs Land und dessen Zukunft hatte – dekadentes Weimar, 3. Reich oder 60-er Revolution. Warum müssen die Deutschen immer mit so viel Schwung auf irgendeiner Seite vom moralischen Pferd heftig auf die Fresse fallen?? In diesen Mißbrauch-Sumpf sind wohlgemerkt keine sündigen Kirchenvertreter involviert. Die Täter kommen aus einem atheistischen Links-Milieu in Deutschland. Eines ist sicher - jene Kinder und Kindeskinder werden noch ein Wörtchen zu reden haben. Aus Opfern werden gesetzmäßig Täter und das Öl wird dann noch reichlicher fließen, welches die Hölle auf Erden ernährt.

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