Kolja Zydatiss / 02.02.2018 / 06:20 / Foto: Tim Maxeiner / 17 / Seite ausdrucken

Serie Klimawandel (5): Ambitionierter denken

Sowohl die Öko-Ideologen als auch die Skeptiker erweisen der Menschheit einen Bärendienst. Es geht nicht um politische Profilierung, sondern darum, ergebnissoffen eine Kombination von Maßnahmen zu entwickeln, die das Problem lösen und über ideologische Grenzen hinweg Unterstützung genießen.

Die Klimaerwärmung zu bremsen kann jedoch nur der Anfang sein. In der Klimapolitik ist viel von der Zwei-Grad-Grenze die Rede, jenseits derer die mit dem Klimawandel einhergehenden Risiken nach Ansicht vieler Wissenschaftler deutlich zunehmen. Vorausgesetzt wir schaffen es tatsächlich, die Erwärmung auf zwei Grad Celsius gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen. Was dann?

Wir werden immer noch auf einem Planeten leben, dessen langfristige Klimaentwicklung von Natur aus einer Achterbahnfahrt gleicht. Es ist inkonsequent, den anthropogenen Klimawandel als ernste Bedrohung zu betrachten, aber nichts gegen natürliche Klimaschwankungen unternehmen zu wollen, die genauso extrem und abrupt sein können.

Auch wenn es für viele utopisch klingen mag: Die eigentliche Herausforderung für die Menschheit liegt darin, das Klima bewusst zu gestalten. Unbeabsichtigt beeinflussen wir das Klima bereits seit tausenden von Jahren. Auch Klimaschutzmaßnahmen sind faktisch menschliche Eingriffe in den globalen Klimahaushalt. Bisher wird beim Klimaschutz vor allem auf Emissionsreduzierung gesetzt. Angesichts der rapide steigenden Emissionen sprechen sich Experten jedoch zunehmend für das sogenannte Geoengineering aus.

Geoengineering wird bislang kaum ernsthaft erforscht

Damit sind Maßnahmen gemeint, die vorsätzlich und im großen Stil in geochemische oder geobiochemische Kreisläufe der Erde eingreifen. Die bisherigen Vorschläge zur Verhinderung der globalen Erwärmung fallen in zwei Kategorien: Beim Solar Radiation Management (SRM) wird die Sonneneinstrahlung verringert, etwa durch Ausbringung von Sulfataerosolen in der Stratosphäre oder Installation von Sonnensegeln im Weltall. Das Carbon Dioxide Removal (CDR) setzt hingegen auf Reduzierung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre durch direkte Rückholung aus der Luft oder indirekte Methoden (z.B. Düngung der Meere mit Eisen).

Derzeit wird Geoengineering vor allem als Plan B diskutiert, für den Fall, dass die Emissionsvermeidungsstrategie scheitert. Doch die gezielte Steuerung des Klimas sollte kein Notfallplan, sondern die Regel sein. Durch Geoengineering können wir uns von den massiven Vergletscherungen und Schwankungen des Meeresspiegels befreien, die unseren Planeten seit jeher heimsuchen.

Trotzdem wird modernes Geoengineering bislang kaum ernsthaft erforscht. Das liegt nicht nur an den politischen Herausforderungen (die Maßnahmen müssten international abgestimmt und „Verlierer“ gegebenenfalls entschädigt werden) oder an unserem noch lückenhaften Wissen über das Klimasystem und die Risiken von Eingriffen. Diese Probleme sind prinzipiell lösbar.

Die größten Hürden sind die verbreitete Idealisierung der Natur und das mangelnde Vertrauen in die menschliche Gestaltungsfähigkeit. Im westlichen Gesellschaften sind die Menschen zunehmend überzeugt, dass „Natürliches“ zwangsläufig gut ist und in der Natur pure Harmonie wirkt, die nicht gestört werden darf. Bewusste Versuche, unsere Umwelt zu gestalten und zu kontrollieren, gelten als unmoralisch oder zu riskant. Dieses unwissenschaftliche und antihumanistische Denken zeigt sich u.a. in Trends wie „Naturheilkunde“ oder der hysterischen Ablehnung von grüner Gentechnik und Atomkraft.

Dass die zeitgenössische Naturromantik und Geringschätzung der menschlichen Gestaltungsmöglichkeiten auch die Debatten über Geoengineering einfärbt, sollte niemanden überraschen. So meint etwa der amerikanische Umweltwissenschaftler Dale Jamieson: „Selbst im Erfolgsfall würde [Geoengineering] immer noch die arrogante Sichtweise bestärken, dass der Mensch die Natur beherrschen sollte.“ Doch „arrogante“ Naturbeherrschung ist genau das, was wir anstreben sollten. Ohne eine gezielte Steuerung des Klimas werden wir seinen Launen für immer ausgesetzt sein.

Dieser Beitrag erschien auch in Novo. Dort finden Sie auch zusätzliche Grafiken.

 

Serie Klimawandel (1): Die letzten 500 Millionen Jahre

Serie Klimawandel (2): Menschengemachter Klimawandel

Serie Klimawandel (3): Kulturkämpfe auf dünnem Eis

Serie Klimawandel (4): Klimamoral

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Helmut Bühler / 02.02.2018

Mögliche Strategien für Geoengineering zu erforschen ist sicherlich sinnvoll. Wenn wir aber vermeiden wollen, dass damit unbeabsichtigt großer Schaden angerichtet wird, wird das noch sehr lange dauern. Warum geht’s nicht auch eine Nummer kleiner und wir konzentrieren uns darauf, die vorhersehbaren Probleme der Erwärmung, v.a. den Anstieg der Meeresspiegel zu lösen oder abzufedern. Das ist auf jeden Fall billiger und effektiver, als krampfhaft den CO2-Ausstoß verringern zu wollen. Im Übrigen bin ich keineswegs der Meinung des Autors, dass die Erwärmung tatsächlich vollständig anthropogen verursacht ist. In einer früheren Folge hat er sogar postuliert, die Erwärmung habe mit den Brandrodungen beim sesshaftwerden der Menschheit begonnen und nur deshalb sei das anstehende Glacial ausgefallen. Dies ganz selbstverständlich als gegeben dazustellen scheint mir eher das Credo einer neuen Unterströmung der Klimakirche zu sein, denn harter Fakt.

Marcel Elsener / 02.02.2018

Das Problem mit dem Geoengineering liegt darin, dass die Klimawissenschaftler bis heute kein Modell haben, welches die Klimata auf der Erde und deren Interaktionen auch nur annähernd zuverlässig beschreibt. Ohne ein solches Modell ist Geoengineering nichts anderes als stochern im Nebel. Man würde ja auch keinen Chirurgen operieren lassen, von dem man weiss, dass er höchstens eine oberflächliche Ahnung vom menschlichen Körper hat. Dass es ein solches umfassendes Klimamodell bis jetzt nicht gibt, ist kein Skandal, denn die atmosphärischen Vorgänge sind ungeheuer komplex und weisen chaotische Komponenten auf. Ein Skandal hingegen ist es, dass eine bestimmte Gruppe von Klimawissenschaftlern sich im Besitz der einzig und alleinseligmachenden Wahrheit namens ‘Anthropogenic Global Warming’ (AGW) wähnt. AGW ist keine Wissenschaft sondern Ideologie. Für die Politik wiederum ist die AGW-Ideologie sehr lukrativ, denn sie erlaubt die Einführung von umfassenden Umverteilungs-, Bevormundungs- und Kontrollapparaten und damit eine gewaltige Machtakkumulation auf politischer Ebene bei gleichzeitiger massiver Einschränkung bzw. Ausbeutung der Bürger. Deswegen arbeiten Politik und die AGW-Ideologen unter den Klimawissenschaftlern Hand in Hand. AGW-Ideologen liefern den Politikern den Vorwand zum massiven Aufbau von politischen Machtstrukturen und einer mit diesen verbundenen parasitären Günstlingswirtschaft; die Politiker schanzen den AGW-Ideologen üppig bemessene Alimentationen zu. Ein sehr schönes Beispiel von Korruption, wie man sie in dieser Form typischerweise in westlichen Staaten vorfindet. Grosse Teile der Presse sichern die Korruption (gewollt oder ungewollt?) medial ab, indem sie die AGW-Ideologie unkritisch kolportieren und stecken somit ebenfalls mit drin. Der Begriff ‘Klimaleugner’ (wohl in Anlehnung an Holocaustleugner) ist ein reiner Medienbegriff, mit dem alle Zweifler ohne sachliche Begründung diffamiert werden sollen.

Martin Landvoigt / 02.02.2018

Hier möchte man am liebsten fast jeden Satz kommentieren: ‘Sowohl die Öko-Ideologen als auch die Skeptiker erweisen der Menschheit einen Bärendienst. Es geht nicht um politische Profilierung, sondern darum, ergebnissoffen eine Kombination von Maßnahmen zu entwickeln, die das Problem lösen und über ideologische Grenzen hinweg Unterstützung genießen.’ Der Verfasser unterstellt hier pauschal eine Geisteshaltung, der beide Seiten heftig, teils zu recht, teils zu unrecht widersprechen. Zudem bleibt unklar, ob wir ein Problem haben, und wie das Aussieht: Haben wir vielleicht nur ein Problem mit den Prophets of Doom? Haben wir ein Problem mit den Skeptikern? ‘Die Klimaerwärmung zu bremsen kann jedoch nur der Anfang sein.’ Wie das? Können wir das überhaupt? Und sollten wir es, wenn wir es denn könnten? Gibt es hier bereits ergebnisoffene Ergebnisse? ‘Die eigentliche Herausforderung für die Menschheit liegt darin, das Klima bewusst zu gestalten.’ Bei jedem Klima / Wandel gibt es Gewinner und Verlierer. So lange das Wetter und Klima als nicht vom Menschen verursacht verstanden wird, kann es auch keine begründeten Schadensersatzklagen geben. Stellen wir uns nur vor, wir könnten das Klima steuern, aber natürliche Antriebe würden eine neue Eiszeit bewirken. Wenn wir dann anthropogene Erwärmung abschalten, würde es richtig kalt. Wer zahlt dann für die Schäden? ‘Doch die gezielte Steuerung des Klimas sollte kein Notfallplan, sondern die Regel sein.’ hier wird es gruselig. Die Zauberlehrlinge haben schon viel kaputt gemacht, und den ganzen Planeten zu verändern, mit fragwürdigen Maßnahmen und enormen Risiken, halte ich selbst als jemand, der sich viel vom Engineering und Fortschritt verspricht, für beängstigend.

Andreas Geisenheiner / 02.02.2018

Wenn einer die Lösungen anbietet, bevor Andere das Problem analysiert haben , wird er den Anderen auch die Folgen seiner Lösungen überlassen. Der Mißerfolg hat wenig Väter. Diese Artikelserie ist unterirdisch!

Michel Schlaf / 02.02.2018

Bevor sie etwas schreiben sollten sie sich erstmal informieren. 1.Von den angeblichen 2 Grad die uns “drohten” hat man sich längst verabschiedet. 2.Wir sind immer noch UNTER dem Klimaoptimum von 15 Grad.Es ist also sogar laut der Klimaalarmisten immer noch ZU KALT!Jetzt wissen sie auch warum bei Grafiken die die Erwärmung zeigen sollen heutzutage fast nie ein Hinweis darauf zu finden ist.Dann würde es der dumme Michel ja sofort wissen..

Lutz Herrmann / 02.02.2018

Das hat Jules Verne doch schon mit allen Vor- und Nachteilen diskutiert. Der Schuss am Kilimandscharo.

Casimir Zimmermann / 02.02.2018

“...als auch die Skeptiker erweisen der Menschheit einen Bärendienst!” ... “ Die Nutzung dieses Kampfbegriffes “Skeptiker” zeigt schon, dass der Autor einem linksstrukturierten Zeitgeist hinterherläuft. Die Daten und Fakten, die jeder, der ein wenig sachlichen Menschenverstand hat, in 10 Minuten recherchieren kann, habe ich bereits im dritten Teil dieser Serie genannt. “Unbeabsichtigt beeinflussen wir das Klima bereits seit tausenden von Jahren.” Nein, das ist sachlich falsch, um nicht zu sagen nachweislich wissenschaftlicher Unsinn! Daher bezweifele ich (man mag es mir verzeihen) die gesamte Seriösität bzw. Sinnhaftigkeit dieser Reihe. “Bisher wird beim Klimaschutz vor allem auf Emissionsreduzierung gesetzt.” Tja, dass ist die dahinter stehende Idiologie (oder eher Idiotie). Nebenbei, was ist in diesem Zusammenhang eigentlich “Klimaschutz”? Viel interessanter als die Fragen, die der Autor hier aufwirft wären die Fragen, wem genau die “emissionsbedingten Klimamaßnahmen” eigentlich (bis ins persönliche hinein) nützen und wer diese wissenschaftlich längst widerlegten Thesen immer wieder aufwirft?! Nebenbei, ich bin kein verschwörerisch klingender “Klimaskeptiker”, d. h. ich bezweifel weder die Existenz von Klima, Klimazonen noch der Tatsache, dass es im Laufe der Erdgeschichte klimatische Veränderungen gab und gibt. Ich habe sogar beruflich (naturwissenschaftlich) mit diesen Thema zu tun.

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