Oliver Zimski / 04.02.2018 / 10:30 / Foto: Antje Naumann / 21 / Seite ausdrucken

Selbstgespräche sind die besten Interviews

Als regelmäßiger Hörer vom RBB-Inforadio weiß man: Information gibt’s hier nur im Doppelpack mit reichlich Indoktrination. Hier hast du Moderatorinnen wie auf Speed, die mit ihren Formulierungen und ihrer Intonation ungefragt ihre eigene „Haltung“ mitteilen wollen. Und hinter den Kulissen hast du jede Menge Redakteure, die Nachrichten und Kommentare systematisch einfärben, damit auch alles vom Hörer richtig eingeordnet werden kann: rotrotgrüner Senat prima, Flüchtlinge gut, Islam bunt und friedlich, Merkel mutig, AfD böse, im Osten überall Nazis und Rechtspopulisten. Betreutes Hören – wie im Kaspertheater für die ganz Kleinen. So geht es tagtäglich von 6 bis 23 Uhr.

Als tapferer Dauerhörer und Nachrichten-Junkie hast du gelernt, zwischen den Zeilen zu hören. Du riechst förmlich die Angst der RBB-MitarbeiterInnen, die immer weiter nach rechts driftende Realität könnte in ihre gemütliche Filterblase einbrechen und ihre schöne linksgrüne Welt beschmutzen, in der sich – außer den immer zahlreicher werdenden Rassisten, Hetzern und Fremdenfeinden – alle Menschen lieb haben und Ringelreihen tanzen.

Sollte es doch mal Probleme geben, werden diese auf Linkspartei-Art stets mit viel Geld, Sozialarbeitern und „Bildung“ gelöst. Du kennst das als leidgeprüfter Hörer, weißt schon bei der „engagierten“ Anmoderation, was die Rundfunk-Lotsin gleich sagen wird, hüpfst zwischen den wenigen hörenswerten „Inseln“ des Programms hin und her und schaltest deine Ohren meist rechtzeitig auf Durchzug. Aber an manchen Tagen bleibt eben doch was hängen. Zum Beispiel am 31. Januar 2018.

Frauen- und islamfeindlich?

Traditionell stellt die stärkste Oppositionspartei den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Bundestages. Nach Lage der Dinge ist das die AfD, deren Kandidat Peter Boehringer heißt. Eigentlich ist der Mann Finanzexperte und 2015 wohl vor allem aus Gründen der Kritik an der Eurorettungs-Politik der Bundesregierung in die Politik gegangen.

Das allein reichte aber nicht aus, um ihn für den Vorsitz des Haushaltsausschusses öffentlich zu diskreditieren. Deshalb wurde am 31. Januar 2018 im RBB-Inforadio den ganzen Tag über ein einziger Satz in die Hirne der Hörer gebimst: „Peter Boehringer soll sich frauen- und islamfeindlich geäußert haben!“

Passt das zusammen? Kann man sich gleichzeitig frauen- und islamfeindlich äußern? Der Islam ist ja nicht gerade als Vorkämpfer für Frauenrechte bekannt. „Ich möchte wissen, was er im Wortlaut gesagt hat!“ schreist du ins Autoradio, doch natürlich gibt es keine Antwort. Alle 20 Minuten wird nun im Nachrichtenblock der mit keinerlei Quellen begründete Vorwurf wiederholt. Brainwash 2018.

Von wem stammt dieser Vorwurf? Offenbar hat Gesine Lötzsch (Linkspartei) ihn in die Welt gesetzt. Das findest du aber erst später nach eigener Recherche im Netz. Auch auf Wikipedia steht schon, dass Peter Boehringer etwas „Frauenverachtendes“ gesagt haben soll. Klickt man die dazugehörige Fußnote an, wird man auf den Yahoo-Artikel eines anderen Autors verlinkt, in dem die „Schutzzone“ für Frauen bei der diesjährigen Silvesterfeier am Brandenburger Tor kritisiert wird.

Laut NDR und WDR schrieb Boehringer im Dezember im Zusammenhang mit dieser „Schutzzone“ in einer E-Mail von einem „völlig irren Gebaren“ des Staates, der vor dem „frauenverachtenden Macho-Mob der Surensöhne“ kapituliere.

Diese drastische Beschreibung der Zustände im neuen Deutschland kann man sicher „islamkritisch“ nennen. Der Vorwurf der Frauenfeindlichkeit scheint hingegen in diesem Kontext frei erfunden, denn dem Verfasser geht es ja gerade darum, die Rechte und die Bewegungsfreiheit von Frauen im öffentlichen Raum zu wahren. Und schon hat sich der doppelte Vorwurf in Luft aufgelöst.

Eingewanderter Antisemitismus? Nicht der Rede wert!

Am selben Tag fühlte sich das RBB-Inforadio bemüßigt, anlässlich der Gedenkstunde des Deutschen Bundestages für die Opfer des Holocaust auch über aktuellen Antisemitismus in Deutschland zu berichten. Allerdings galt es für die Moderatorin Irina Grabowski da, vor allem einen Verdacht schleunigst aus der Welt räumen: dass der aktuelle Judenhass eingewandert sein könnte und irgendwie mit dem Islam zu tun habe.

„Die beiden jüdischen Jugendlichen in Wedding und Friedenau wurden ja von Mitschülern aus türkischen und arabischen Familien attackiert“ sprach sie das heiße Eisen im Gespräch mit Marina Chernivsky von der Zentralwohlfahrtsstelle für Juden gleich mutig an, „da frage ich mich immer: Warum kommen gerade solche Fälle an die Öffentlichkeit?“

Aber wer bringt denn solche Fälle an die Öffentlichkeit? Komisch, dass du dich auch als täglicher Inforadio-Hörer nicht an einen einzigen RBB-Beitrag über Antisemitismus von muslimischen Einwanderern erinnern kannst. Auch nicht über den Exodus französischer, belgischer und schwedischer Juden nach Israel aus eben diesem (Migrationshinter-)Grund.

„Antisemitismus – warum reden wir darüber jetzt verstärkt?“, setzte Grabowski nach und stammelte sich die Antwort gleich selbst zurecht. „Also zum einen ist das natürlich oft die Haltung zu Israel oder zum Nahostkonflikt, aber was hat das möglicherweise auch damit zu tun, dass Angela Merkel 2015 die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet hat? Also ich meine jetzt nicht, dass sozusagen muslimische Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, die den Judenhass vielleicht hertragen – das wird ja auch immer so gesagt – sondern im Gegenteil, dass man sagt, dass in den Deutschen sozusagen Schlechtes hervorkommt, weil sie sich sozusagen in die Enge gedrängt fühlen oder auch wieder so einen Hass auf Leute entwickeln, die ihnen fremd sind?“

Grabowski schwurbelt hier – in Fragen, die in Wirklichkeit Behauptungen sind, und hinter vielen „sozusagen“ versteckt – die Theorie von den muslimischen Flüchtlingen als „neuen Juden“ hervor, die angeblich den verschütteten Antisemitismus der Deutschen triggern, eine Täter-Opfer-Umkehr vom feinsten! Da Muslime – wie auf der ganzen Welt zu beobachten – per definitionem immer „Opfer“ von Diskriminierung sind, können sie ja nicht andere diskriminieren, nicht wahr? Schließlich findet auch Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime, dass der Judenhass der Muslime in keiner Weise mit dem deutschen zu vergleichen, also quasi nicht der Rede wert sei.

An dieser Stelle hast du dann doch endlich den Ausknopf gefunden und weißt deshalb nicht, was die Gesprächspartnerin erwidert hat. Die einzig richtige Antwort wäre gewesen: „Da Sie sowieso schon alles zu wissen glauben, Frau Grabowski, führen Sie doch das Interview bitte mit sich selbst weiter!“

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Werner Arning / 04.02.2018

Eingewanderte Antisemiten sind ja sozusagen gar keine Antisemiten, weil ja, sozusagen zuerst deutsche Antisemiten, sozusagen schon länger hier leben und sozusagen ein Erbrecht auf Antisemitismus haben und deshalb die neuen Antisemiten sozusagen mit in ihren Antisemitismussumpf gezogen haben, wofür die zugewanderten Antisemiten sozusagen gar nichts können, also Opfer der deutschen Antisemiten sind. Sozusagen. Verstanden? Ich auch nicht.

Manuel Palme / 04.02.2018

Ich liebte es, früher Radio zu hören. Mittlerweile hören und sehen meine Frau keinen Staatsfunk mehr. Zwangsabgabe zahlen wir auch nicht, unser Beitrag zu gutem Journalismus im Land heißt Achsen-Patenschaft.

Fritz Kolb / 04.02.2018

Die Frau Graboski „labert“ eben, wie viele ihrer Kollegen auch, irgend etwas unreflektiertes daher, das ihr das subjektive Gefühl der beruflichen Sicherheit und des daraus ergebenden regelmäßigen Einkommens absichert. So profan ist das manchmal, was uns medial erschüttert und am Geisteszustand der Autoren zweifeln lässt. Trifft übrigens auch auf sehr viele „Mittelfeld“ Politiker zu. Einfach nicht ernst nehmen, als intellektuelle Folklore abhaken. Wichtiger ist, dass wir unsere Mitbürger aus ihrer Ignoranz aufwecken und ihre Hand bei den anstehenden Landtagswahlen gedanklich führen. Dann erledigt sich das, was sog. Edelfedern und auch deren Subschreiber, wie diese Redakteuse absondern, ziemlich schnell.

Reinhard Schilde / 04.02.2018

Lieber Herr Zimski, aus genau diesem Grund tue ich mir solcherlei Radiosender seit geraumer Zeit nicht mehr an. Moderatoren, die diese Berufsbezeichnung nicht verdienen, ÖR Gehirnwäsche vom Feinsten, die bei einem Großteil der Bevölkerung ja leider einen Dauerdachschaden verursacht hat und die gewünschte Wirkung zeigt. Kleiner Tip, hören Sie Klassik Radio, das beruhigt die Seele und lässt Sie den ganzen politisch gewollten Irrsinn zumindest für eine Weile vergessen. Schönen Sonntag und Grüße, Reinhard Schilde

Dr. Günter Crecelius / 04.02.2018

Warum machen Sie sich die Mühe, das Gefasel dieser - und vieler wenn nicht aller Gleichgepolten im Staatsfunk - zu kommentieren. Der große Philosoph Dieter Bohlen hat dazu alles sagenswerte gesagt : Mach mal einem Bekloppten klar, daß er bekloppt ist!

Wolf-Dietrich Staebe / 04.02.2018

Sie könnten zur Abwechslung radio 1 vom RBB einschalten. Da gibt es ebenfalls Meinungsmache der Moderatoren vom allerfeinsten. Trump und AfD:  Suuuuperbööööse! Merkel, SPD, Grüne und das rosafarbene Einhorn: Suuuuperguuuute Lichtgestalten! Zuwanderer sowieso schon wegen ihrer Zuwanderung. Kommentare natürlich auch nur von Redakteuren der Qantitätsmedien - Spiegel, Tagesspiegel, taz, Berliner Zeitung usw. Das einzig positive an diesem unterirdischen Propagandasender ist ab und an die Musikauswahl.

helmut-Ernst Kaßner / 04.02.2018

Sehr geehrter Herr Zimski, auch ich bin Zeit meines Lebens ein eifriger Zeitungsleser und Radiohörer, davon die Hälfte meines Lebens in der damaligen Ostzone. Ihre Beobachtungen kann ich vollständig bestätigen und dies nicht nur für RBB Inforadio. Aus meiner Sicht tun sich diesbezüglich besonders der WDR und zunehmend auch der DLF mit seinen Programmen hervor. Dabei kann ich feststellen, dass sich die Moderatorinnen und Moderatoren immer mehr dem damaligen (in der Ostzone) Journalismus angleichen, die gleichen Methoden verwenden (Indoktrination, das Weglassen von Informationen, die unvollständige Wiedergabe von Sachverhalten u. ä. ) Dabei meidet man die direkte Lüge so wie damals auch.  Auch die verfälschte Wiedergabe von Leserbriefen kann ich aus eigenem Erleben bestätigen. Menschen die nicht dieser Machart, nicht dieser “Meinung” folgen werden einfach niedergemacht. Auch das kenne ich aus meiner Zeit in der Ostzone, da wurde man als Friedensfeind, als Hetzer (Boykotthetze), als einer der die Sache der Imperialisten bedient verunglimpft. Dabei war ich lediglich ein aktives Glied der ev. Kirche und habe in diesem Sinne auch meine Kinder erzogen.  Aber noch kann man sich in diesem Land dagegen zur Wehr setzen. Ich jedenfalls rufe in so einem Fall sofort den Sender oder die Zeitung an und versuche die jeweilige Moderatorin/den jeweiligen Moderator zu erreichen und verlange eine Klarstellung/Erklärung. Insbesondere mit dem RBB habe ich eher gute Erfahrungen gemacht. Nicht dass eine Berichtigung erfolgt (soweit geht es natürlich nicht), aber man wird zurückgerufen und die Person am anderen Ende gibt sich etwas zerknirscht und verspricht; man will zukünftig genauer recherchieren. Stellen Sie sich vor 100 oder mehr Leute würden sich jeweils über einen (fehlerhaften/tendenziösen) Beitrag im RBB oder anderswo beschweren. Ich glaube nicht, dass man sich dann so einfach darüber hinweg setzen kann. Übrigens kann man sich auch an den Presserat,  allerdings nur bezüglich Zeitungen und Zeitschriften, wenden. Also liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Zeitungsleserinnen und Zeitungsleser nutzen sie diese Möglichkeit so lange es noch geht. Verwahren Sie sich persönlich gegen jede indoktrinäre, ideologisch verbrämte, unsachliche Berichterstattung und Kommentierung. Fordern Sie Sachlichkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit ein. Helmut-Ernst Kaßner

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