Rainer Bonhorst / 24.08.2021 / 06:25 / Foto: Pixabay / 82 / Seite ausdrucken

Selbst ist der Afghane

Vielleicht kommt mit der Zeit doch noch mehr Modernität nach Afghanistan. Keine vom Westen übergestülpte, sondern eine eigenständige, selbst gewollte Entwicklung in eine neue Zeit. Nur so kann es letzten Endes gehen.

Die Burka-Händler in Kabul machen ein Bombengeschäft. Die Frauen sind von den Straßen verschwunden. Vielleicht tauchen sie wieder auf, wenn ihre Männer oder Brüder sie in die islamistische Zeltkluft gesteckt haben. Vor allem die Frauen haben einen Hauch von Freiheit geschnuppert und jetzt ist er ihnen wieder entzogen worden. Weil der Westen sich nach zwanzig Jahren aus Afghanistan zurückzieht? Natürlich, das in erster Linie. Aber nicht zuletzt auch, weil die Afghanen selber nicht den Willen hatten, militärisch wie politisch das vom Westen angediente Nationbuilding mit voller Kraft und Überzeugung zu erkämpfen.

Das aktuelle Chaos des Rückzugs ist eine westliche Meisterleistung, wie man sie aus früheren Zeiten kennt. Verzweifelte Menschen, die sich an Flugzeuge klammern, in der meist vergeblichen Hoffnung, in die Freiheit oder wenigstens in die Sicherheit ausgeflogen zu werden. Afghanische Mitarbeiter und Unterstützer der westlichen Nationbuilder werden – wie kaum anders zu erwarten – im Stich gelassen. Nicht alle, aber viele. Unvorbereitet auf das schnelle Ende ist die Rettung der treuen Helfer und ihrer Familien zur Lotterie geworden. Die herzzerreißenden Szenen erinnern an Vietnam. Man muss nur die afghanischen Gesichter gegen vietnamesische Gesichter austauschen und erkennt: Es ist mal wieder nichts aus der Geschichte gelernt worden.

Die politisch Mitverantwortlichen für das Desaster klammern sich an den Glauben, dass der Einsatz in Afghanistan trotz des bitteren Endes nicht sinnlos war. Zu hoffen wäre es ja. Aber worin besteht der Sinn? Darin, dass Männer und vor allem Frauen ein paar Jahre der Freiheit genießen konnten, deren Entzug für sie jetzt umso bitterer ist? Wenn das der Sinn war, dann unterscheidet er sich von der Sinnlosigkeit nur marginal. 

Vielleicht kommt mit der Zeit doch noch mehr Modernität

Besteht der Sinn in der Hoffnung, dass junge Afghanen nach dem Schnupperkurs in Demokratie das Heft doch noch in die Hand nehmen und die Steinzeit-Islamisten dorthin verbannen, wo sie hingehören – in die Steinzeit? Keine leichte Aufgabe und keine schnelle Hoffnung. Wer den jungen Demokraten dabei im Moment nicht zur Hand geht, ist Ashraf Ghani, ihr früherer Präsident, auch wenn er per Facebook aus Arabien verspricht, eines Tages wiederzukommen. Auch die afghanischen Truppen, die in heilloser Flucht vor den Taliban davongelaufen sind, scheinen keine große Hilfe zu sein.

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht kommt mit der Zeit doch noch mehr Modernität nach Afghanistan. Keine vom Westen übergestülpte, sondern eine eigenständige, selbst gewollte Entwicklung in eine neue Zeit. Nur so kann es letzten Endes gehen. Selbst ist der Afghane. Was er nicht will, kann auch nichts werden. Was er und sie wollen, kann Bestand haben.

Vielleicht ist diese Einsicht ja der Sinn des Einsatzes am Hindukusch. Ein bescheidener Sinn, aber man ist in dieser traurigen Angelegenheit ja bescheiden geworden. Und man hätte diese Einsicht auch schneller, billiger und weniger blutig gewinnen können. Vorerst schmeckt die Sinnlosigkeit des ganzen Unternehmens deutlich hervor. 

Der Boom im Burka-Business wird noch eine ganze Weile anhalten. Die Frauen werden für längere Zeit unsichtbar werden, entweder, weil sie aus Angst oder erzwungen zu Hause bleiben, oder weil sie nur noch in Ganzkörper-Textilien versteckt durch die Straßen von Kabul huschen.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 24.08.2021

Herr van Rossum, Sie bemerken: “Heute, auf SZ, fordert Arbeitsagentur-Chef Detlef Scheele die Zuwanderung von 400 000 Menschen p.a.” Ich hatte es vor Jahren hier schon einmal erwähnt, dass diese 400.000 Geforderten mittlerweile doch den Status eines Runnig Gags hätten, der unbeirrbar von jeder seither real-gesellschaftlichen   Entwicklung immer und immer wieder von den allergleichen Monster-Regierungsanstalten wie der AA und bestimmten Instituten neu aufgelegt wird. Für mich ist einer, der damit wie seine Vorgänger an die Öffentlichkeit kriecht, nur ein weiterer Sendbote aus der Hölle der Zukunft, auf die es hinauslaufen soll. “Umvolkung” war übrigens eine NPD-Chiffre für “Globaler Migrationspakt”, der entsprechend internationalem Regime für Israel ebenso wie für Deutschland zu gelten hat.

Stanley Milgram / 24.08.2021

Übrigens, worum ging es eigentlich in Afghanistan? Afghanistan ist das wichtigste Herkunftsland für Opium weltweit. Mit einer erzeugten Menge von rund 6.300 Tonnen im Jahr 2020 hatte das zentralasiatische Land einen Anteil am globalen Ausstoß von über 85 Prozent. Ach so…

maciste rufus / 24.08.2021

maciste grüßt euch. außer den deutschen, die politisch über den investiturstreit nie hinauskamen, lebt niemand gerne unter fremden gesetzen. d.h. für die afghanischen/islamischen bevölkerungsgruppen: lieber noch die scharia, als die fortgesetzte fremdherrschaft von gottlosen und ihren kleptokratischen handlangern. waffen und kriege sind übrigens hie und da erfolgreiche modernisierer, da könnte auch für die ethnien afghanistans noch mancher schub in aussicht sein. ansonsten ist der islam im kern eine reine krieger-, herrschafts- und raubideologie, die nach europa ausschwärmenden jungen männer machen das naheliegende und gottgefällige: beute bei den gottlosen. ich für meinen teil kann nichts verwerfliches erkennen. der westen indes hat die tradition seiner kriegerischen ritterorden verloren und seine bürgerlichen söldnerheere sind degeneriert - darüber sollten wir nachdenken… battle on.

Stanley Milgram / 24.08.2021

Alleine am Montag haben die Amerikaner über 10.000 Afghanen (sog. Ortskräfte) ausgeflogen… und auf flightradar sieht man, wieviele Maschinen jeden Augenblick in Kabul starten und landen. Wo kommen die hin? Wo sollen die wohnen? Wer soll sie ernähren? Ich möchte das gar nicht hochrechnen, was da auf uns zukommt. Wenn wir ganz Kabul hierherholen, dann helfen wir nicht Kabul, sondern werden selbst zu Kabul. Gute Nacht.

g.schilling / 24.08.2021

@Reinhard Max: Veto, Sie unterstellen, dass die ““geflüchteten”” das Land hinter sich ließen, weil sie Freiheit und Demokratie schätzen. Nein, sie wollten dort weg und nach Germoney weil es ihnen hier so leicht gemacht wird, <Money und chicks for nothing> . Selbst Straftaten ziehen kaum Konsequenzen nach sich. Und am Monatsende wird per WesternUnion etwas Geld in Heimat geschickt, Das Ziel ist dann die Familienzusammenführung, durch deutsche Behörden (dass Ali nicht immer so allein ist) incl. Minderjährigenhochzeit mit einer Cousine und lebenslange Alimentation durch den doofen Michel.

P. F. Hilker / 24.08.2021

Chaos? Was für ein Chaos? Ich kann jedenfalls nur das Chaos unter den Afghanen erkennen. Das Chaos, was mir die linke Systempresse implementieren will, nämlich, dass den Westen die Schuld trifft, halte ich für eine abgrundtiefe Lüge. Die Afghanen wollen und wollten nicht. Das ist alles.

Christian Goeze / 24.08.2021

Wäre es nicht mal an der Zeit, sich mit denen zu befassen, die die Taliban zum größten Teil finanziell unterstützen, nämlich den Heorinsüchtigen?

Chris Kuhn / 24.08.2021

Hätte nicht gedacht, mal für die Taliban zu schreiben, aber sie haben dem CIA-Boß keine Evakuierung nach dem 31.8. mehr genehmigt. Bin d’accord.

Peter Wachter / 24.08.2021

Also die Burka kann auch Leben retten, s.h. YT vom 23.08.21:” Afghanistan: KSK-Helden retten Münchner Familie aus Taliban-Hölle “. Nach einer Woche des Bangens und Hoffens wurden die Abiturientin Samira* (19), ihr 12-jähriger Bruder und ihre Mutter aus der Taliban-Hölle befreit – in einer spektakulären Operation durch deutsche Spezialkräfte! Diese Aktion gelang nur, weil die Abiturientin und ihre Mutter sich mit Burkas tarnten. Ach warum war doch gleich diese deutsche Familie in Kabul ? Samira hatte in diesem Sommer ihr Abitur in München abgelegt, wollte nun ein letztes Mal vor dem Taliban-Vormarsch die Großmutter in der afghanischen Hauptstadt besuchen. Neben der Hieb-, Stich- + Schußsicheren-Weste leg ich mir jetzt sicherheitshalber noch ne Burka zu, man weiß ja nie !

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