Vera Lengsfeld / 12.04.2019 / 06:15 / Foto: Freud / 30 / Seite ausdrucken

Seehofers neuestes Placebo

Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, ist einer der verlässlichsten Leitsprüche der Politiker. Wenn es einen Wettstreit geben würde, welcher Volksvertreter die größte Differenz zwischen Ankündigung und Handlung aufweist, ist Innenminister Seehofer der Favorit für den ersten Platz.

Als im Herbst 2015 Kanzlerin Merkel die Grenzen für die unkontrollierte Einwanderung öffnete, hielt der damalige Bayerische Ministerpräsident dagegen. Es sei die Herrschaft des Unrechtes, polterte er und mit ihm als Innenminister wäre so etwas nicht passiert. Wie viele Wähler er damit hinters Licht geführt hat, bleibt Spekulation. Fest steht dagegen, dass Seehofer als Innenminister die Herrschaft des Unrechts keineswegs beendet hat, sondern verwaltet. Zwar kommen weniger Einwanderer als 2015, aber nur, weil die Migrationsrouten von anderen Regierungen weniger leicht passierbar gemacht wurden. Seit Italien den Schiffen der „Seenotretter“ konsequent die Einfahrt in seine Häfen verweigert, kommen statt Zehntausenden nur noch Hunderte über das Mittelmeer. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass seitdem viel weniger Menschen im Mittelmeer ertrinken.

Wer es aber an die deutsche Grenze geschafft hat, für den gilt nach wie vor das Zauberwort Asyl als „Sesam öffne dich“. Egal, ob es Neuankömmlinge, bereits Abgeschobene oder gar IS-Terrorristen sind – allen steht die Tür weit offen. Inzwischen erweisen sich die etwa zwei Millionen Zuwanderer seit 2015 als immer größeres Problem. Auf dem Wohnungsmarkt ist die Lage so drastisch, dass bereits laut über Enteignungen von Wohnungsbesitzern nachgedacht wird – keineswegs nur von den Grünen und den Linken. Gleichzeitig naht die Europawahl mit großen Schritten. Da steigt die Notwendigkeit, die Wähler abzulenken und ihnen zu suggerieren, dass die Politik die Probleme anzupacken gewillt ist.

Horst Seehofer tut es auf seine gewohnte Art. Er tut so, als ob er handeln wollte, stellt aber gleichzeitig sicher, dass genau das nicht geschieht. Sein neuester Fake heißt "Geordnete-Rückkehr-Gesetz", in dem es aber, so weit man es den Medien entnehmen kann, gar nicht um Rückkehr illegal Eingereister geht, sondern um marginale Veränderungen für Migranten, von denen man nicht weiß, wer sie eigentlich sind, weil sie keinerlei gültige Papiere vorweisen.

Welche Kühnheit. Aber gemach.

Der Innenminister will nun (nach mehr als drei Jahren!) eine eigene Kategorie für Einwanderer schaffen, die sich nicht genügend um die Beschaffung fehlender Papiere bemühen. Diese "Duldung mit ungeklärter Identität" würde Betroffene schlechter stellen als regulär Geduldete. 

Welche Kühnheit. Aber gemach. Es geht nur um ein „Bußgeld“, das eventuell von den Bezügen berappt werden muss, die ohnehin vom Steuerzahler stammen. Eine Arbeitserlaubnis soll denen, die ihre Identität nicht offenbaren, verweigert werden. Es soll dann auch keine Ausbildungsbeihilfen geben. Weil der Innenminister offensichtlich Angst vor der eigenen Courage hat, wird der Gesetzentwurf erst noch der Asyl-Verbänden vorgelegt, ehe er dem Kabinett präsentiert wird.

Die Chancen stehen also sehr gut, dass die Unbekannten weiterhin ohne Abstriche alimentiert werden. Nur der Steuerzahler soll es nicht merken. Man sollte meinen, dass die Medien diese Fake-Vorlage in der Luft zerreißen. Es wird aber eher mit einem leicht tadelnden Unterton berichtet, der suggeriert, dass es eigentlich unanständig ist, Menschen, die nicht sagen wollen, wer sie sind, zu benachteiligen. Das freundliche Gesicht, das die Kanzlerin uns allen verordnet hat, mit der Drohung, sonst wäre das nicht mehr ihr Land, soll schließlich für alle gelten, auch für den IS-Kämpfer, der beschlossen hat, in Deutschland frische Kraft für neue Greueltaten zu schöpfen. Unsere Regierung zwingt uns, ihm dafür auch noch Geld zur Verfügung zu stellen.

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Leserpost

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Reinhard Schilde / 12.04.2019

Seehofer ist in meinen Augen der größte politische Simulant von allen, ein merkelhöriger, zahnloser Papiertiger. Jetzt vor den anstehenden Wahlen im Land demonstriert er mal wieder Handlungsfähig und Härte. Aber, wie so oft, außer großspurigen Ankündigungen, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind, wird nichts passieren. Das hatten wir so schon bei den “verstärkten Abschiebungen”, den “verstärkten Maßnahmen zur Identitätsfeststellung” usw. Es ist müßig, das alles wieder aufzuzählen, die Liste des Versagens ist einfach zu lang. Das diesem Mann immer noch eine Bedeutung beigemessen wird, ist auch so etwas, was ich absolut nicht nachvollziehen kann.

Frank Stricker / 12.04.2019

Das “Geordnete -Rückkehr- Gesetz” , ist das der große Bruder vom “Gute-Kita-Gesetz” ? Infantile Sprache von infantilen Politikern , Deutschland ist echt am A…….Wieviele Glücksritter sind denn von Horst Seehofers Geistesblitz betroffen ? Zwei oder drei ? Wie nach seinem “Coup” mit Italien , groß angekündigtes “Rücknahmeabkommen” , dann waren gerademal 8 Personen nach 6 Monaten davon betroffen und 5 davon standen 3 Monate später wieder ante portas an der bayerischen Grenze.  Oder die schon legendären “Ankerzentren” , vor 1 Jahr tagtäglich in der Tagesschau , sollten blitzartig alle Asylprobleme lösen , und heute ? Einziger Trost sind die “Dinos” vom Schlage Trump , Orban , Netanjahu oder Salvini . Denen geht der Zeitgeist am Arsch vorbei und sie machen das , wofür sie gewählt worden sind !

Gottfried Meier / 12.04.2019

„Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, „Gute-Kita-Gesetz“,  „Starke-Familien-Gesetz“, “Respektrente-Gesetz”: Ich bin gespannt, wann das LmaA-Gesetz oder das “Verarsch-mich-nicht-Gesetz” kommt.

Jutta Lotz- Hentschel / 12.04.2019

Nach dem “Guten-Kita-Gesetz” und dem “Starke-Familien-Gesetz” jetzt als nächste Nebelkerze das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“. Umso phantasievoller und kreativer die Bezeichnungen für die halbherzigen und unausgegorenen geistigen Ergüsse unserer Politiker, umso weniger wird umgesetzt und realisiert! Ich warte jetzt schon gespannt auf das “Alles-wird-gut-Gesetz!”

Wilfried Cremer / 12.04.2019

Unser Horsti nimmt ja öfters tapfer Anlauf, prallt aber jedesmal an Merkelschen Gummiwand zurück. Das merkt er aber gar nicht, weil seine Schwerkraft nur eine Verzerrung der Horstzeit darstellt.

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