Sagen Sie mal, Herr Seehofer, wie kommen Sie eigentlich dazu, für den Posten des CSU-Vorsitzenden kandidieren zu wollen, obwohl diese Personalie intern längst geklärt ist? Ein Amt, ein Kandidat! Das kann doch nicht so schwer sein.
Sie kommen mit seltsamen Argumenten: Es müsse in einer demokratischen Partei möglich sein, über zwei Kandidaten abzustimmen. Hallo, Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz! Wachen Sie auf! Im Namen Ihrer Partei ist festgeschrieben, dass sie christlich, sozial und einig (Union) ist - von „demokratisch“ steht da nichts. Ihre selbstsüchtige Initiative hintertreibt das Wesen der bayerischen Einheitspartei, ja sie erschüttert die deutsche Parteienlandschaft. Hat die SPD ihr Experiment von 1993 je wiederholt, den Parteichef per Urwahl zu bestimmen? Eben. Denn das Ergebnis war Scharping. Der wurde 1995 von Lafontaine aus dem Amt „geputscht“. Ohne Panzer, ja, aber mit Mehrheit! Unvorstellbar, welche Gräben durch so etwas aufgerissen werden.
Wenn es in diesem Land einen Begriff gibt, der die Wähler erschauern lässt, dann ist es „Kampfkandidatur“. Schlimmer sind nur noch „amerikanische Verhältnisse“. Mag sein, dass bei den Amis ein halbes Dutzend Leute die Hand hebt, wenn ein Kandidat für irgendwas Politisches gesucht wird. Wozu das führt, kann man ja in Kalifornien sehen: Ein österreichischer Bodybuilder spielt Gouverneur. Und was das alles kostet! Herr Seehofer, wollen Sie sich jetzt mit Erwin Huber einen milliardenschweren Vorwahlkampf liefern?
In der CSU ist jedes Ergebnis für den Vorsitzenden, das unter 120 Prozent liegt, eine Watsche. Die CSU hat mehr als 150 000 Mitglieder. Man stelle sich vor, da käme noch ein Dritter auf die Idee zu kandidieren. Am Ende womöglich noch eine Frau. Herr Seehofer, also bitte, werden Sie vernünftig!
Kölner Stadt-Anzeiger, 23.1.07