Herr Weimer, ich kann Ihnen nur empfehlen, sich einen längeren Blick auf die Kommentare der Kronen Zeitung zu gönnen. Jubel über Neuwahlen sieht anders aus.
Wer hier der Gewinner sein wird - und ob es in diesem Spiel überhaupt einen Gewinner geben wird - ist für mich als Außenstehenden absolut nicht klar. Und ob Kurz nun smart und aufrichtig oder doch nur eine Mischung aus Macron und Engholm ist, vermag ich auch nicht einzuschätzen. Wenn Österreich in deutsche Politikgewohnheiten verfallen sollte, wäre dies jedenfalls sicherlich kein Gewinn.
Jede Koalition mit den Grünen wird für Kurz der Anfang vom Ende sein. Denn mit den Rechten haben ihn zumindest viele Zielstellungen verbunden. Mit den Grünen gibt es außer dem Willen zur Macht keine Gemeinsamkeiten. Und es ist auch noch nicht so ganz raus ob er nicht jetzt schon als Marionette dient und macht was andere ihm vorsagen. Da kann es noch eine Menge an Wendungen geben, gegen die so mancher Politthriller Kinderprogramm ist.
Kurz hat sich in eine politsche Sackgasse manövriert. Geht eine Koalition mit SPÖ und Grünen ein, verliert er sein politische Glaubwürdigkeit. Denn er müsste seine bisherige Politik über Bord schmeißen. Letztlich wäre es cleverer gewesen, Strache und Adjutanten in die Wüste zu schicken und die erfolgreiche Politik mit der FPÖ weiterführen. In einem Jahr weiß schon niemand mehr , wer Strache war…. Letztlich bleibt eine Koalition nach den Wahlen mit einer (geläuterten) FPÖ noch immer die beste Option für Kurz.
Gestern Abend gab es im österreichischen Fernsehen die Elefantenrunde zur Europawahl. Die (repräsentativ gewichteten) Zuschauervotings sahen die FPÖ weiterhin als die bestimmende Kraft zum Thema Migration (ich glaube es waren 37% oder 39%) und insgesamt lag sie nahezu gleichauf mit der ÖVP. Ich denke die Österreicher sehen zwar die Politik von Kurz, trauen aber der ÖVP in Ihrer Gesamtheit (da gibt es auch viele Gegner der Politik von Kurz) nicht über den Weg und wollen eine starke FPÖ als Mahnung an den linken ÖVP-Flügel.
Nicht Kurz wird der Gewinner sein, sondern die Linkspopulisten (SPÖ). Auf kurz und lang. Die FPÖ kann Kurz nicht weiter stützen, würde dafür kein Leckerli bekommen, aber die Linkspopulisten können ihn dulden, gar unterstützen und das teuer verkaufen. Darauf läuft es hinaus, völlig unabhängig von allen deren Erklärungen “Auch Kurz muß weg”. Ein abhängiger Kurz ist viel nützlicher für die Linkspopulisten als ein gestürzter. Kurz muß schon seit Wochen von dem Video gewußt haben. Die wenigen Zitate von ihm im Ostradio liefen auffällig auf eine Distanzierung von der FPÖ und heimlichem Entgegenkommen gegenüber Linkspopulisten hinaus. Die FPÖ ist in eine Zwangslage geraten und kann nur auf Erfolge bei der Neuwahl hoffen. Absolute Mehrheit ist aber nicht zu erreichen. Es läuft auf eine Schwarz-Rot Groko hinaus. Dazu brauchen die Täter nicht viel beizutragen, außer Ruhe zu bewahren und zu heucheln.
Herr Weimer hat mit diesem Artikel einen Nerv getroffen, nur nicht den gewünschten. Hier schreibt ein Freund von Koalitionen, die ich persönlich für alles andere als erstrebenswert halte.
Kurz ist nichts ohne die FPÖ, da er deren Programm umgesetzt hat. Was macht er also ohne FPÖ? Alleine regieren wird er nicht können, mit Neos und Grünen wird es nicht reichen - also wird es zur Betonkoalition aus SPÖ/ÖVP kommen. Die Bürger werden das nicht wollen, denn mit der stumpfen SPÖ wird Kurz seine erfolgreiche Politik eben nicht fortsetzen können. Die Österreicher wollen nicht die Person Kurz, sie wollen die Politik, die er mit der FPÖ umgesetzt hat.
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