Julian Marius Plutz, Gastautor / 22.04.2021 / 16:00 / Foto: Pixabay / 12 / Seite ausdrucken

Schwule Tote stören immer noch

Zehn Monate ist es her, als im britischen Reading ein islamischer Terrorist drei Homosexuelle abschlachtete. Einen Monat zuvor tötete ein Polizist den Afroamerikaner George Floyd, dessen Leiche zur Ikone der Black-Lives-Matter-Bewegung wurde. Zahllose Bücher, Titelgeschichten und Gesprächsrunden im Fernsehen befassten sich mit einem Fall von amerikanischer „Police Violance“. Krumme Herleitungen von Übersee bis nach Europa, von Chicago nach Villingen-Schwenningen und von New York nach Oberursel wurden gesponnen, als könne man die Situation in den USA mit der in Deutschland vergleichen.

Zum Anschlag in Reading schrieb ich im letzten Jahr meine Gedanken darüber auf. „Schwule Tote stören nur“ erschien auf Achgut.com. Und auch andere Medien übernahmen den Text. Die Reaktionen darauf waren für mich überwältigend. Viele Leserbriefe gingen ein, fremde Menschen schrieben mir private Nachrichten, um mir Mut zuzusprechen. Dabei war ich doch gar nicht betroffen. Ich kannte auch keines der Opfer. Aber dennoch traf mich die Tat, was einige Rezensenten auch bemerkten. Spätestens seitdem war mir völlig klar: Genau hier bin ich richtig. An dieser Stelle und auf diesem Wege möchte ich daher gerne „Danke“ sagen. Ihre Zuschriften haben mich sehr gefreut. Und es ist auch überhaupt kein Zufall, dass auch die Jüdische Rundschau den Artikel aufgenommen hat. 

Ein weniger schönes Detail an der Veröffentlichung des Artikels waren die Begleitumstände auf Facebook. Die Redaktion von Achgut informierte mich, Correctiv behauptete, „Fake News“ in meinem Beitrag entdeckt zu haben. Eine lächerliche Ungenauigkeit, die mit dem eigentlichen Problem gar nichts zu tun hatte, war offenbar ein willkommener Anlass für die Gesinnungscorrectivisten, den Facebook-Post „downzuraten“. Sprich: Weniger Nutzer konnten den Beitrag sehen. 

Ich fragte mich und frage mich bis heute, mit was für Herzen aus Holz diese Zensoren ausgestattet sein müssen, einen solchen Text aufgrund einer Lappalie, die man mit einer E-Mail hätte klären können, herunterzuregulieren. Täter und Opfer passen offenbar nicht in das ideologiegetränkte Erzählmuster der Schrifttumskammern. Sie stören.

Wer offen debattiert, wird gebrandmarkt

Fünf Monate nach dem Anschlag in Reading, am 4. Oktober 2020, griff Abdullah A.H. zwei Schwule mit einem Messer an. Einer starb bei dem Anschlag, sein Lebensgefährte überlebte schwer verletzt. Seit einigen Tagen muss sich der Täter am Oberlandesgericht Dresden seiner Tat stellen. Möge das Urteil hart und gerecht sein. In diesem Fall ist die Berichterstattung gefühlt etwas präsenter als bei dem Attentat in England. Mein Eindruck aber bleibt. Wann immer in den USA ein Schwarzer von einem Polizisten getötet wird, ist die deutsche Presse vorne dabei, die Geschichte großzumachen. Dabei ist es völlig nebensächlich, wie sich die Tat tatsächlich abgespielt hat. Und andere Themen, die sich vor der eigenen Haustüre abspielen, wie der Prozessbeginn gegen Abdullah A.H., treten in den Hintergrund. 

Verstehen Sie mich bitte richtig: Mir geht es nicht um ein Ranking von Opfern. Und ganz sicher geht es nicht um einen Platz im Herzen der linksbewegten Kuschelmenschen, die mir, wenn es hart auf hart kommt, eh nicht helfen werden. Mir geht es um die Verhältnismäßigkeit von Straftaten und eine echte Debatte über Gewalt von Muslimen gegen Homosexuelle. Ohne Scheuklappen, ohne politische Korrektheit und ohne Angst zu haben, als Nazi tituliert zu werden. Denn im Moment des maximalen Brandmarkens ist das Gespräch vorüber. Wer will schon Nazi sein und wer möchte mit Nazis reden?

Zur Wahrheit gehört: Wir haben in Deutschland kein Problem mit struktureller Gewalt von Polizisten gegen Schwarze. Auch wenn ich manchen Anekdoten von Migranten durchaus Glauben schenke, wie sie von Beamten, beispielsweise bei Personenkontrollen, behandelt werden, so ist der Vergleich mit den Vereinigten Staaten nicht nur schief, er ist einfach falsch. Alleine aufgrund der ethnokulturellen Unterschiede beider Landstriche verbieten sich hier Parallelen. Wenn man über Rassismus reden möchte, dann doch bitte ohne Verweise auf das singuläre Ereignis um George Floyd. Ansonsten schleicht sich der Verdacht ein, dass man Grausamkeiten aus der Fremde hernimmt, um die weniger problematische Situation vor Ort zu skandalisieren. 

Ich beginne auch keine Debatte über Schwulenhass in Deutschland, indem ich auf Hinrichtungen im Iran hinweise. Natürlich verurteilt kein Amtsgericht hierzulande einen Schwulen aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung. Ein Vergleich der Situation von Homosexuellen in islamischen Ländern halte ich für unlauter, er wertet die Opfer ab. Das kann nicht der Weg in eine faire Debatte sein. 

Das genehme Opfer bleibt schwarz

Was jedoch wahr ist: Einwanderer aus islamischen Ländern, die Flüchtlinge waren oder als solche ins Land kamen, verschärfen die Situation für Schwule im Land. Der Täter in Dresden kam im Oktober 2015, wenige Wochen nach Merkels Entscheidung, an den deutschen Außengrenzen nicht mehr zu kontrollieren, ins Land. Laut Tagesspiegel gab er damals an, er sei 15 Jahre alt gewesen. Vermutlich – laut der Zeitung – war er jedoch bereits 17. Diese Unklarheit verzerrt den Prozess und erschwert, ein gerechtes Urteil zu fällen.

Der Punkt ist aber ein anderer. Diese Tat und viele andere auch hätte ohne die Flüchtlingspolitik niemals stattgefunden. Es ist genau das eingetreten, wovor vor sechs Jahren so viele gewarnt hatten. Die, die auf das „Wir schaffen das“ von Angela Merkel gerne entgegnet hätten: „Können oder wollen wir das schaffen?“ Die vielen Opfer haben es offenkundig nicht geschafft.

Und gefährdete Gruppen fühlen sich nicht mehr so sicher, wie sie es in ihrer Heimat sollten. Der Staat ist mit seiner enormen Abgabenlast in der Bringschuld, wenigstens für die körperliche Unversehrtheit zu sorgen, wenn man nachts in dunkle Ecken einbiegt. Zumindest hätte dieser Staat nicht jedem Feind der westlichen Gesellschaft ein Angebot machen dürfen, nach Deutschland zu kommen. Denn das Gegenteil von offener Gesellschaft hört auf den Namen Willkommenskultur.

Zu meinem Bedauern hat sich in den zehn Monaten vom Anschlag in Reading bis jetzt nichts getan. Eine echte Debatte fand nicht statt. Die einen haben Angst vor der Wahrheit, die anderen Bedenken, in die rechte Ecke geschoben zu werden. Am Ende ändert beides nichts. Die gleichen Mythen werden gepflegt, dieselben krummen Vergleiche gezogen. Auch für den Mord an Thomas reicht die Empörung nicht, um die herrschende Politik zu hinterfragen. 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Neomarius.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Michael Lorenz / 22.04.2021

Der Grundirrtum ist, davon auszugehen, dass sich Linke für die Verbesserung der Lebensumstände bestimmter Gruppierungen sorgen. Das ist es nie. Es ist IMMER nur die Sorge um den eigenen Vorteil: mehr Macht, mehr Geld, bessere Posten - für sich und seine Genossen! Nichts ist so falsch wie die linken Lebenslügen. Standardbeispiel: Ein Fledermauspärchen wird durch einen Brückenbau gestört - Katastrophe, sofort Baustopp! Jährlich 300.000 Fledermäusen platzen die Lungen am Windradflügel - wen juckt’s!

Markus Hahn / 22.04.2021

Wir müssen halt die Täter- und Opferhierachien beachten. Das wird mitunter komplex, zugegebener Maßen.

John Savage / 22.04.2021

Danke für diesen bedenkenswerten Text. Es ist wichtig vorbehaltlos zu argumentieren. Leider gehört es mittlerweile auch dazu, dafür mit unpassenden Begriffen belegt und in die rechte (oder linke) Ecke geschoben zu werden. Da hilft dann aber alles nichts. Da muss man durch. Ich nehme mir inzwischen bei entsprechenden Diskussionen die Freiheit, mich vor dem Beginn derselben als ‘rechts’ zu deklarieren (was ich eigentlich gar nicht bin) und habe dann aber schon des Öfteren erlebt, dass die jeweiligen Gegenüber, wenn man freundlich weiter argumentiert, irgendwann dann doch zuhören. Aber das ist natürlich anstrengend und es klappt auch nicht immer. Ihnen alles Gute und vielen Dank für den Mut, weiter zu argumentieren.

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