Stephan Kloss, Gastautor / 05.02.2021 / 06:00 / Foto: Pixabay / 40 / Seite ausdrucken

Wellenreiten mit Sachsens Statistik?

Von Stephan Kloss.

In meinem letzten Achgut.com-Artikel hatte ich die Korrelation zwischen Jahren und Verstorbenen in Sachsen dargestellt. Nachzulesen hier. In den Kommentaren hatten Leser – für deren kritische Kommentare ich stets dankbar bin – zu recht darauf hingewiesen, dass in der Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes die Daten nur bis zum 20. Dezember 2020 berücksichtigt wurden. Seit dem 29. Januar 2021 sind nun die Sterbezahlen für das gesamte Jahr 2020 verfügbar. Siehe hier.

Eine kritische Auseinandersetzung mit der verbreiteten These der Übersterblichkeit kann man hier nachlesen. In Sachsen sind 2020 insgesamt 61.948 Menschen verstorben (siehe Sonderauswertung Seite 206, Zeile 40). In einer linearen Regression einer Produkt-Moment-Korrelation (PMK) nach Karl Pearson ergibt sich ein Korrelationskoeffizient von r = 0,82. Die Grafik dazu hier. Schon beim bloßen Hinsehen ist erkennbar, dass die Punktwolke nach oben zeigt. Wird r als Effektmaß interpretiert, lässt sich nach der Cohen-Konvention ein sehr starker Zusammenhang zwischen Jahr und Anzahl der Verstorbenen erkennen. Gute Beispiele für Zusammenhänge sind hier zu finden.

Man könnte jetzt natürlich sagen, dass die Zahl 61.948 einen visuellen Ausreißer darstellt, der Corona geschuldet sei. Immerhin sind darunter 3.403 Personen, die in Sachsen offiziell an oder mit oder in Verbindung mit dem Corona-Virus verstorben sind. Doch um das – oder das Gegenteil – belegen zu können, müsste man die entsprechenden Statistiken mit den Vorjahren vergleichen. Und das klingt einfacher, als es in Sachsen ist.

Statistik in Sachsen – Vergleichbarkeit offenbar unerwünscht

Würden Sie auch davon ausgehen, dass es der Staatsregierung sehr wichtig ist, zu erfahren, wie viele Menschen 2020 aus den vulnerablen Gruppen verstorben sind im Vergleich zu den Vorjahren? Auch um Schlüsse zu ziehen für künftige politische Entscheidungen? Etwa den besseren Schutz von Alters- und Pflegeheimen?

Davon ging auch ich aus und fragte mehrfach beim Statistischen Landesamt Kamenz nach. Dort präsentierte man mir folgende Tabelle, die hier verkürzt dargestellt wird:

Alter der Verstorbenen          Anzahl

75 bis 85                                 20.084 (2018: 18.714)

85 und mehr                           26.137 (2018: 22.285)

Hier tritt sofort ein Grundproblem auf: In der Bundes-Sonderauswertung werden die Kohorten in 5-Jahres-Schritten gruppiert (siehe Seite 29 ff). In der mir per E-Mail übermittelten Darstellung des Statistischen Landesamtes Sachsen ist die Gruppierung in 10-Jahres-Schritten erstellt. Ich bat die Behörde in Kamenz, mir die Kohorten so wie in der bundesweiten Sonderauswertung zu übermitteln – also 5er-gruppiert. Es führte kein Weg rein. Obwohl doch klar ist, dass die Daten aus Sachsen 5er-gruppiert in die Bundes-Sonderauswertung eingeflossen sein müssen.

Damit ist zunächst eine Überprüfung, ob es in definierten Gruppen eine Übersterblichkeit gegeben hat, unmöglich. Denn eine Vergleichbarkeit mit den Alterskohorten der Vorjahre ist aufgrund der anderen Gruppierungsart – statistisch gesehen – unzulässig. Alle pauschalen Behauptungen, es habe im Freistaat Sachsen aufgrund von Corona eine dramatische bzw. „signifikante“ Übersterblichkeit gegeben, berauben sich – im Moment jedenfalls – ihrer Seriosität. Das gilt auch für die Feststellungen, im November und Dezember 2020 seien in Sachsen überproportional viele Menschen gestorben. Denn was sind die Bezugsgrößen, zu denen Vergleichbarkeit hergestellt werden soll (Zeit, Alter, Vorerkrankungen, Covid-19, Alters- bzw. Pflegeheim, Klinik)?

Einen Hinweis geben die Zahlen aus dem Landesamt zumindest: Im Vergleich zum Grippejahr 2018 sind in der vulnerablen Gruppe der über 85-Jährigen rund 3.852 Personen mehr gestorben. Das könnte mit Corona zusammenhängen oder aber auch mit der gestiegenen Zahl an Vorerkrankungen aufgrund der fortgeschrittenen Lebensalter.

Wie glaubhaft ist die Corona-Verstorbenenstatistik?

Vor einigen Monaten erklärte mir ein etablierter mitteldeutscher und international anerkannter Rechtsmediziner, dass die Corona-Todesstatistiken – seiner Meinung nach – falsch seien. Er verwendete sogar das Wort „gefälscht“. Es könne nicht sein, so sein Argument, dass ein Corona-PCR-Test – mal ganz unabhängig von seiner zweifelhaften Aussagekraft – ausreiche, um einen Verstorbenen, wenn er „positiv“ getestet war, als „Corona-Toten“ zu klassifizieren.

Die Mehrheit der Corona-Verstorbenen in Sachsen ist 80 Jahre oder älter (Median 84) und lebte zuvor in Alters- bzw. Pflegeheimen. Laut Bestattungsgesetz §13 Ziffer 5 muss der Arzt im Zuge der Leichenschau dem zuständigen Gesundheitsamt melden, ob der oder die Verstorbene an einer meldepflichtigen Krankheit litt. Im Falle von Covid-19 ist das der Fall. Automatisch gilt dann auch Corona als Todesursache und so gelangt der oder die Tote in die Statistik. Auf dem Totenschein steht mitunter noch die Diagnose „Herzinsuffizienz“, doch die positiv getesteten Verstorbenen gelten nicht mehr als „normale“, sondern als Corona-Tote.

Das Bestattungsgesetz regelt in §13 Ziffer 4, dass Gesundheitsämter die vom Arzt nach der Leichenschau vorgenommenen Eintragungen in den Totenscheinen auf Rechtssicherheit und Schlüssigkeit prüfen müssen. Geschieht das in Sachsen? Oder gelangen Corona-Verstorbene fälschlicherweise in Statistiken, in die sie eigentlich nicht gehören? In den vergangenen Wochen erhielt ich mehrere Hinweise von Familien, die mir glaubhaft darlegten, dass auf den Totenscheinen ihrer verstorbenen Angehörigen „Covid-19“ als Todesursache vermerkt gewesen sei. Alle bestätigten, dass ihre Angehörigen aber an natürlichen Ursachen (Organversagen) verstorben seien.

Kein Nachweis für die Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen in Sachsen

Ein Blick auf die Corona-Grafiken des Freistaates Sachsen offenbart Erstaunliches: Völlig unabhängig von dem am 2. November 2020 begonnenen Lockdown gingen die Zahlen sechs Wochen lang nach oben und gehen seit Weihnachten kontinuierlich wieder zurück. Man könnte auch sagen, die Zahlen verhalten sich als unabhängige Variable – unbeeindruckt davon, welche Corona-Maßnahmen die Staatsregierung gerade mal wieder beschließt. Als Sachsens Ministerpräsident Kretschmer am 15. Januar 2021 von einem schärferen Lockdown sprach, gingen die Zahlen bereits drei Wochen lang schon zügig nach unten. Gut nachzuschauen bei „Aktive Corona-Fälle in Sachsen“ hier. Ende Januar schwenkte auch der Ministerpräsident wieder um und sprach von Lockerungen ab dem 15. Februar.

Wirken denn aber nun die von der sächsischen Staatsregierung verordneten Corona-Maßnahmen? Sind die Quarantäne-Anordnungen wirksam? Um das zu erfahren, fragte ich in allen Landratsämtern sowie in den Rathäusern der kreisfreien Städte Leipzig, Dresden und Chemnitz danach, wie viele Quarantäne-Maßnahmen bisher verhängt wurden, wie viele Ansteckungen dadurch verhindert werden konnten und ob es eigene Untersuchungen gibt, die belegen, dass die verhängten Quarantäne-Maßnahmen wirksam waren.

Das Bild ist ernüchternd. Ein Landkreis behauptet, dass die Zahl der verhinderten Ansteckungen der Zahl der verhängten Quarantäne-Maßnahmen entspräche. Ein anderer Landkreis präsentierte eine „Berechnungsmethode“, die sich – jedenfalls mir – nicht erschloss: Man nahm die Zahl der insgesamt bisher positiv Getesteten, multiplizierte sie einfach mit 5 und behauptete, so die Zahl der verhinderten Neuinfektionen errechnet zu haben. Die Gesamtzahl der Quarantäne-Anordnungen spielten in dieser Rechnung interessanterweise keine Rolle. Der nächste Landkreis antwortete: Zu den verhinderten Infektionen durch Quarantänen ist keine Aussage möglich und eigene Untersuchungen zur Wirksamkeit der Maßnahmen führe das Gesundheitsamt nicht durch. Eine Großstadt schrieb, dass das Gesundheitsamt u.a. zur Wirksamkeit der Maßnahmen noch keine verlässlichen Aussagen machen könne und erst nach Ende der Pandemie solche Auswertungen gemacht werden sollten. Keine der Befragten hatte eigene Untersuchungen zur Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen durchgeführt.

Die Frage ist: Woher weiß dann die Staatsregierung in Sachsen, dass die Maßnahmen der Corona-Schutzverordnungen wirken, wenn es die Landkreise und Städte nicht wissen?

Eventuelle Rechenfehler sind mir anzulasten.

 

Stephan Kloss ist freier Journalist. Er lebt in Leipzig und studiert Psychologie.

Foto: Pixabay

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Steffen Schwarz / 05.02.2021

Glaube nur der Statistik die Du selbst gefälscht hast,  oder sei Politschauspieler fast jeder Colour oder heiße zum Bespiel Karl L.

Rudhart M.H. / 05.02.2021

Wer die Leichenberge an den Straßenrändern und im Schnittgerinne nicht sieht ist ein Leichenleugner . Das ist doch ganz einfach ! Wer die dunklen Wolken , aufsteigend von Rosten der aus Straßenbahnschienen eiligst zusammengezimmerten Hilfskrematorien zur Leichenverbrennung wegen drohender Infektionsgefahr nicht sieht und riecht ,ist blind und wahrscheinlich selbst schon befallen (wegen vermutlicher Insuffizenz der Riech- und Geschmacksorgane durch C-Befall) ! Wer nicht stündlich nach neuen Meldungen vom OKW zum aktuellen Frontverlauf an der C-Front verlangt , der ist ein Defätist und sofort in ein bewachtes Lager einzuweisen , um dort auf seine Spritze zu warten, denn “Impfen macht frei” , wie schon der Ober-C-Affe Södolf verlautbarte. Heil C. ! Heil Mutti ! Heil Södolf! Salve! Salve! Salve! Ihr heiligen Ritter des Grals und Mitglieder der Tafelrunde der Waschmaschine!

T.Johannson / 05.02.2021

Guten Morgen Herr Kloss, vielen Dank für den erhellenden Artikel. Und ach was, in Sachsen geht also die Kurve seit Weihnachten nach unten. Aber eben nicht nur im durch Maßnahmen kujoniertem Sachsen, nein, auch im Lande des Königs Carl XVI Gustav ohne Masken und geöffneten Schulen und Restaurants geht seit Weihnachten die Kurve nach unten. Wenns nicht gar so traurig wäre, möchte man in Hohnlachen zum Vorgehen in D ausbrechen. Das ich davon in den ör noch nichts gehört habe ist wohl nicht weiter verwunderlich.

G. Böhm / 05.02.2021

Nun ein gutgemeinter Rat an den Autor: Er ist Journalist und studiert wohl parallel dazu Psychologie, dazu viel Erfolg! Dennoch auch hier der altbekannte RAT: Schuster bleib bei deinen Leisten. - Eine Korrelation mittels Excel aufzustellen, in dem man als einem Parameter das Sterbejahr betrachtet und als zweiten die Anzahl der Verstorbenen heranzieht, das kann man tun, aber welcher Aussagegehalt steht dahinter. Der Autor wurde ja schon von Kommentatoren darauf aufmerksam gemacht, daß der Umfang der Alterskohorten sich ändert und es wird an Hand seiner Grafik nicht ersichtlich, daß eine entsprechende Normierung stattgefunden habe, um die Zahlen überhaupt vergleichbar zu machen. Zweitens ist es so, daß die vom Sozialministerium veröffentlichten Zahlen nichts taugen, d. h. nicht konsistent sind. Dazu ein konkretes Beispiel: Im Betrachtungszeitraum 15.01.21 zum 21.01.2021 vermeldete der Freistaat für den ERGEBIRGSKREIS die Anzahl der Neuzugänge in Höhe von 415! Bezogen auf den 7-Tage-Inzidenzzeitraum zum 21.01.2021 vermeldete der Erzgebirgskreis (handgezählt) selbst 667 Fälle. Auch wenn das Beispiel keinen exakten Vergleich ermöglicht, weil dazu der Stand Sachsen vom 14.01.21 und nicht vom 15.01.21 heranzuziehen wäre, kann man feststellen, daß die Zahlen in keine Richtung stimmig sind (ob z. B. in den Fallzahlen tatsächlich nur Neuzugänge und keine Wiederholungstestungen enthalten sind, weiß kein Mensch exakt.) - AUS UNTAUGLICHEN ZAHLEN KANN NIEMAND EINE GUTE STATISTIK ERSTELLEN, es sei denn, es sind BLENDER am Werke. ERGO: Es ist vertane Zeit, hier etwas be- oder nachweisen zu wollen (auch aus anderen Gründen).

Joerg Haerter / 05.02.2021

Immer, wenn die Zahlen sinken, sind es die Erfolge der “Massnahmen”. Steigen die Zahlen, müssen “die Zügel angezogen” werden. Fallen die Zahlen dann (aus welchen Gründen auch immer), waren es die Erfolge der “Massnahmen”. So lügt man sich die Welt zurecht. Kurzes Fazit: Kein PCR-Test, keine Pandemie.

Wolfgang Nirada / 05.02.2021

Sind eigentlich die Messertoten, Drogentoten, die abgetriebenen Babys (über 100.000 allein im Jahr 2019), die unschuldigen Opfer von “Straßenrennen”  die verzweifelten Selbstmörder, die Aidstoten und die Toten aufgrund ärztlicher Fehlbehandlung (z. B. Totgeimpfte) auch in einer Statistik erfasst??? - gibt’s da auch nervige Inzidenz-Zahlen??? Irgendwelche alternativlosen “harten” Konsequenzen von Seiten der “Politik” (lach)??? - Fragen wird man/frau/wtf wohl (vorläufig) noch dürfen!!! In diesem Pipi-Langstrumpf-Land ist 1 + 1 schon längst nicht mehr 2…

Steffen Lindner / 05.02.2021

Alles ist verlorene Liebesmüh‘, weil sämtliche für eine seriöse Statistik notwendigen Daten keine klare Zuordnung ermöglichen. Angefangen beim ominösen, nicht standardisierten PCR-Test , der eben keine eindeutige Aussage zu einer tatsächlichen Infektion machen kann, bis hin zur Todesursache, die mit der schwammigen Formulierung „ mit oder an Corona verstorben „ vernebelt wird. Um es mit Adorno philosophisch auszudrücken: „ Es gibt nichts Wahres im Falschen.“

Hans-Peter Dollhopf / 05.02.2021

“Man nahm die Zahl der insgesamt bisher positiv Getesteten, multiplizierte sie einfach mit 5 und behauptete, so die Zahl der verhinderten Neuinfektionen errechnet zu haben.” Echt lustig. Nicht auszuschließen, dass die Verwaltung dort auf weiteren Betätigungsfeldern nach solchem Muster vorgeht. Schade, dass der Name des Landkreises nicht angegeben ist.

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