Thilo Schneider / 17.11.2022 / 16:00 / Foto: Pixabay / 26 / Seite ausdrucken

Schutzengel-Tempo für Mutter Erde

Zur Anbiederung an den heiligen Zeitgeist haben sich die Zeugen Luthers etwas Neues ausgedacht: Bei Autobahnfahrten dürfen die Seelbesorgten der EKD nur noch maximal 100 km/h, auf Landstraßen nur noch maximal 80 km/h schweben.

Es gab eine Weile – ich glaube, in den 80ern oder 90ern war es – Mahnschilder an den Autobahnen mit dem Text: „Fahre nicht schneller als Dein Schutzengel fliegt“. Ich habe mich immer gefragt, welche Geschwindigkeiten Schutzengel haben, erst recht, wenn ich bei 210 km/h von der linken Spur geblinkt wurde. Jung war ich damals, jung und unsterblich. Es hat tatsächlich bis 2022 gedauert, bis auf die Frage nach der Schnelligkeit von Schutzengeln eine Antwort gefunden wurde, ausgerechnet von den Protestanten, genau gesagt, von der „Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland“. 

Sie kennen diesen lustigen Verein schon: Das sind die, die sich auf ihrem Kirchentag nicht nur um das seelische Heil, sondern ganz konkret um weibliche Geschlechtsorgane kümmern, indem sie Work- und Sexshops anbieten, in denen man das Malen weiblicher Genitalien üben kann. Falls Sie also kein Augenarzt sind, der ein Auge als Werbeschild haben will, sondern sich eben auf Gynäkologie spezialisiert haben und einen entsprechenden Schauwerbegestaltenden oder sonstige Gestalt suchen: bei den Evangelischen werden Sie fündig. Aber Reinigungsschwamm drüber – es hatte schon seinen Grund, warum die katholische Liga von den Protestanten entsetzt war und die Gegenreformation einleitete. 

Jetzt haben sich die Zeugen Luthers etwas Neues ausgedacht: Bei Autobahnfahrten dürfen die Seelbesorgten der EKD nur noch maximal 100 km/h, auf Landstraßen nur noch maximal 80 km/h schweben. Und sie müssen dabei, wenigstens seit 2010 (als die Stellvertreterin Luthers nicht nur vom Heiligen Geist, sondern auch handfesten geistigen Getränken beseelt war), so nüchtern sein wie Olaf Scholz bei einer seinen „kämpferischen Reden“. Natürlich tut das die wokeste aller Kirchen nicht allein deswegen, um ihr Personal nicht vorzeitig beim obersten Chef vorstellen zu müssen, sondern ganz profan wird die künftige Kriecherei vor dem heiligen Zeitgeist und Menschen mit mehr PS und weniger Spinnerei unter der Haube mit dem „Schutz von Klima und Schöpfung“ begründet. 

Vulvenmalerei und Tempolimit und Motorradpfarrer

Ich will darüber nicht lachen und spotten, aber ich tu es eben doch: Den Kirchen laufen die flauschigen Schäfchen davon. Während die Katholiken den Apostaten ein zorniges „Dann geht doch, Ihr werdet in der Hölle brennen“ hinterherrufen, laufen und fahren die Evangelischen den Schäfchen hinterher und bieten Vulvenmalerei und Tempolimit und Motorradpfarrer. Himmel hilf, was helfen mag. Die Anbiederung an speziell die junge Generation hat bei der EKD Formen angenommen, die Drogenhändler und Grünenpolitiker*hupps*innen in helle Aufregung versetzen. Wenigstens aber biedert die „Letzte Generation“ zurück und darf ihre Gedanken bei der „3.ten Tagung der 13ten Synode der EKD“ in Magdeburg darlegen, was der alte Feldherr Tilly gar nicht gerne gesehen hätte. Als hätte er es geahnt… Immerhin sind sich EKD und „Letzte Generation“ einig: Es muss etwas passieren, am besten natürlich immer für Geld und gute Worte und am allerbesten den anderen. Die einen kleben sich für die Schöpfung auf Autobahnen, die anderen spendieren den Kleber. So gefällt es dem evangelischen Herrn. Oder der Dame. Oder dem Diversen. Während die Unbeteiligten im Stau stehen und versuchen, ihre Autos für eine Rettungsgasse wegzuzaubern. 

Ich bin naiv und daher vom Grunde her der Meinung, dass es Aufgabe einer religiösen Sekte, ganz unabhängig von der Art der Sekte, ist, den Mitgliedern seelischen Beistand zu leisten. Sie mögen alle singen und klatschen und Geschlechtsteile malen, das alles halte ich für tolerabel, solange es nicht in meinem Wohnzimmer stattfindet. Ich singe schließlich auch unschuldige, nichtsdestotrotz brutal gemeuchelte Jungtannenbäume an und behänge sie mit lustigen bunten Kugeln. Alles gut. Was mich aber sehr nervt, ist, wenn mich die Sektenmitglieder aus reinem Gewissen und aus reiner Bosheit an den Verrichtungen meines Lebens hindern, indem sie sich vor mir auf die Autobahn kleben oder mit Schutzengelgeschwindigkeit vor mir herschweben. Da werde ich sehr unleidlich. Zumal es tatsächlich künftig so sein dürfte, dass ein Engel des evangelischen Herrn mit 100 km/h einen profanen rumänischen LKR mit 96 km/h eine Viertelstunde überholt. Dann freut sich zwar die Umwelt und lacht sich ins Fäustchen, die 183 Autofahrer hinter dem Diener der Herrin dürften jedoch ihr Erweckungserlebnis der ganz individuellen Art haben. 

Andererseits muss man fairnesshalber zugeben, dass das Fußfahrvolk der EKD in der Regel in Autos sitzt, die allein bauartbedingt sowieso kaum schneller als 100 km/h fahren können und deren Lenkende andauernd in Lebensgefahr schweben, nicht von hinten schlicht überrollt zu werden. Diesbezüglich kann es also sein, dass der evangelische Fuchs/die Fähe einfach zugegeben hat, dass ihm/ihr die Trauben zu hoch hängen und einen Zustand offiziell manifestiert, der sowieso schon faktisch besteht.

Spannend dürfte es allenfalls werden, wenn die Bedford-Strohms und die Kurschüsse einmal mit Schmackes und 200 km/h geblitzt werden und dann wortreich erläutern, warum die 100 km/h pro Stunde für sie nicht gelten („Der Heli war nicht verfügbar und ich hatte es eilig“). Mit armwedelnden Erklärungen hat sich seinerzeit ja auch die gute Frau Käßmann lange aufgehalten. Es ist wie überall: Die besten Vorschriften dürften für die, die sie erlassen haben, nicht gelten. Bei den Katholiken kann man immerhin beichten und um Vergebung bitten. Aber welchen Ablass werden die Evangelischen leisten? So sie ihre Nüchternfahrten mit 100 km/h überleben?

(Weitere ketzerische Artikel des Autors unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

 

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Leserpost

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Wolf Hagen / 17.11.2022

Himmelskomiker eben…

Wolfgang Richter / 17.11.2022

Hoffentlich sortieren sich die schleichenden Evangelen dann wenigstens gaaanz rechts zwischen den Trucks ein, wo sie das “normale Leben” nicht stören.

Werner Eisenkopf / 17.11.2022

Da fällt mir doch spontan für diese betroffenen “kirchlichen Klima-Ausgebremsten” eine aktualisierte Form einnes schier uralten Auto-Aufklebers ein, den ich vor 40 Jahren auf so mancher Citro-Ente, Renault R4, DAF und anderen Zucklern sah: “Entschuldigen Sie, daß ich so dicht vor Ihnen herfahre” - Heute wäre passend: “Entschuldigen Sie meine Langsamkeit aber ich bin Evangelischer Klima-Priester und unsere ‘Klima-Rettungswagen’ sind zwar für jedes Wetter zwecklos aber wir müssen so tun, als würden wir sogar daran glauben!”

Ferdinand Schulze / 17.11.2022

Die evangelische Kirche… ach du lieber Gott! Ist der Laden nicht schon seit Jahren dabei, sich in jeder Beziehung zum Affen zu machen? Na wenigstens kann sie sich noch auf das Gespann Gundlach / Göring-Eckardt verlassen, das gerade ein hübsches Sümmchen für die Schleuserkolonne im Mittelmeer von Vater Staat locker gemacht hat.

Roland Stolla-Besta / 17.11.2022

Selig sind die Armen im Geiste.

Sabine Heinrich / 17.11.2022

Wie bitte? Die dürfen sich immer noch per Auto fortbewegen? Wann endlich kommt das Motorisierungsverbot für die Damen und Herren (und natürlich Diversen) Beamten im schwarzen Rock? Hat es sich noch immer nicht bis zu ihnen herumgesprochen, dass nur ein Radfahrender jederlei Geschlechts ein Guter, bzw. guter Christ ist? - Auch wenn ich immer mal wieder Häme über die Kirche und Pastoren ausgieße - ich weiß sehr wohl, dass es ganz tolle Menschen unter ihnen gibt, die sich bitte nicht von meinem Sarkasmus angegriffen fühlen mögen! - Der Turnschuhpastor, welcher der Gemeinde am 24.12.2020 das Singen von Weihnachtsliedern UNTER FREIEM HIMMEL untersagt hat (Summen war erlaubt!) - es herrschte zusätzlich Maulkorbtragepflicht (Habe ich ignoriert - diese unchristlichen Blicke, die ich mir da eingefangen habe, sind unvergessen!) - DRAUSSEN - gehört zu diesen Kirchenbeamten, die sicher ganz schnell in ein höheres, besser bezahltes Amt in der Kirchenhierarchie aufsteigen. Die Schafe haben das Heiligabend tatsächlich mitgemacht - außer mir ist niemand gegangen! Ich fasste es nicht - und fasse es bis heute nicht. Maulkorbsummen stehend - mit großem Abstand - im Freien - unvergessen. Und alle außer mir haben mitgemacht - das fand ich am schlimmsten! Was dann noch auf uns zukommen würde - und die nettesten Leute menschenverachtende Maßnahmen der Regierung beklatschen würden, wusste ich damals - an jenem Heiligabend - glücklicherweise noch nicht.

Dr. med. Jesko Matthes / 17.11.2022

Margot Käßmann fragen. Die hat Erfahrungen mit spirituellem Autofahren.

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