Nein, sagt Matthias Quent, für den Stand im Zentrum der Frankfurter Buchmesse, Halle 3, da, wo sich die deutschen Verlage tummeln, hätten sie keine Miete zahlen müssen. Sie hätten sich nicht einmal um die Teilnahme an der Bücherschau beworben. Wieso auch, hat doch die Amadeu Antonio Stiftung nichts anzubieten, womit der Buchhandel Geschäfte machen könnte. Der Verein ist kein Verlag, er gehört nicht zur Fachschaft. Aber natürlich wollte die Stiftung auch nicht kneifen, als sie von der Buchmesse und dem Börsenverein eingeladen wurde, auf der Welt größten Bücherschau kostenfrei in Stellung zu gehen. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
Den Standort, auf dem sie die Stiftung sehen wollte, hatte die Messeleitung mit strategischem Kalkül gewählt: leicht diagonal versetzt gegenüber der Koje des Antaios Verlages. Ein idealer Horchposten. Über den schmalen Gang hinweg kann man leicht mitbekommen, was auf der anderen Seite vor sich geht, wer da Halt macht, womöglich für ein längeres Gespräch mit dem Verleger Götz Kubitschek, einem „rechtsradikalen Publizisten“, wie die FAZ schreibt.
Sein Haus, das unter anderem Rolf Peter Sieferles Buch „Finis Germania“ über 20.000 Mal verkaufen konnte, gilt vielen als das Flaggschiff jener „rechten Verlage“, über deren Zulassung zur Messe die Gremien lange diskutierten. Dass sie schließlich das Selbstverständliche taten, in dem sie sich gegen die Ausgrenzung entschieden, ließe sich als ein Sieg der Vernunft verbuchen, wären Börsenverein und Messeleitung nicht die ersten gewesen, die gleich am Eröffnungstag mit Transparenten gegen Rassismus und Rechts vor dem Stand aufmarschierten, wohl gemerkt vor einem Messestand, den sie dem Antaios Verlag zuvor für gut 8.000 Euro vermietet hatten.
Problemlos, korrekt und höflich
Weil davon zunächst niemand Notiz nehmen wollte, sei der Umzug noch ein zweites Mal durch die Halle zu seinem Stand gezogen, berichtet Götz Kubitschek. Dabei habe er im Vorfeld durchaus den Eindruck gehabt, „dass die Buchmesse einen aktiven Umgang mit uns plant“. Die Verhandlungen über die Anmietung der Ausstellungsfläche seien „völlig problemlos, korrekt und höflich“ verlaufen, „auf den unteren Ebenen“.
Dass das eher der Angst vor dem Skandal als dem Respekt vor der Meinungsfreiheit geschuldet war, sollte sich nachher zeigen. Oder weshalb sonst versuchte der Börsenverein, dessen Tochtergesellschaft die Buchmesse ist, sich mit einer Protestaktion von der eigenen Courage zu distanzieren, Nachahmer auf den Plan zu rufen, die schließlich die Auslagen des Verlages mit Kaffee übergossen und mit Farbe bekleckerten?
Unglaublich, so unglaublich, dass die FAZ tags darauf vom Stand des Verlages berichtete: „Angeblich (sic!) wurden gestern Kaffee und Farbe über dessen Bücher ausgegossen.“ Um den Fall zu recherchieren waren gleich drei angebliche Journalisten losgezogen, die den Beweisstücken pflichtbewusst mißtrauen und keine Zeit hatten, sie weiter in Augenschein zu nehmen.
Zu erleben ist ein Schmierentheater, in dem sich jeder blamiert, so gut er eben kann. Selbst der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) pflanzte sich vor dem medial zugkräftigen „Stand der Rechten“ auf, um ein Statement gegen Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz zu verlesen. Reden wollte er weder mit dem inkriminierten Verleger noch mit einem der Mitarbeiter.
Besuch nach Ladenschluss
Dafür habe der Vorsteher des Börsenvereins überraschend seine Aufwartung gemacht. Am Abend des ersten Messetages, nachdem die Hallen geschlossen waren und ihn niemand mehr in flagranti ertappen konnte, sei er gekommen, um zu erklären, dass es so nicht gehen könne, dass man „einen Dialog führen“ müsse, erzählt abermals Götz Kubitschek. Ein Grund, die heimlich ausgestreckte Hand zu ergreifen, sah er nicht mehr.
Läuft es doch auch so besser als je zu erwarten war. Die Interview-Anfragen häufen sich. Bereitwillig halten ihm die Kollegen vom Radio und vom Fernsehen ihre Mikrofone hin. Die Presse muss sich dazwischen drängeln. Der Stand wird umlagert. Man spricht Deutsch, Englisch, seltener Französisch, bisweilen etwas Italienisch. Der Verleger genießt und redet: „Wir haben unsere PR-Abteilung in der Spitze der Buchmesse und müssen nicht einmal dafür bezahlen.“
Alles umsonst, so billig zu haben wie der Beobachtungsposten, auf dem sich die Amadeu Antonio Stiftung einrichten durfte. Beide Seiten gehen ihren Geschäften nach; jeder tut, was er am besten kann. Die einen versuchen, Bücher zu verkaufen, über die sich streiten lässt. Die anderen behalten sie dabei im Auge, ganz so wie ehedem auf der Leipziger Buchmesse zu DDR-Zeiten.
Als privatwirtschaftlich verlängerter Arm des Bundesjustizministers Heiko Maas hat die Amadeu-Stiftung, eine Gründung der einstigen Stasi-Zuträgerin Anetta Kahane, nun auch in Frankfurt, auf der Welt großen Bücherschau, ihr besonderes Betätigungsfeld gefunden.
Was die Mitarbeiter am Ende informell davon berichten, werden wir nie erfahren. Dass ihr Engagement durch die Buchmesse ein Schuss in den Ofen war, steht indes schon jetzt fest. Nicht nur die 8 - 10.000 Euro, für die man die Standfläche hätte anderweitig vermieten können, sind verloren. Auch der Börsenverein hat sich lächerlich gemacht, indem er für jene trommelte, denen er einen Stand vermietet, um ihnen mit Hilfe der Amadeu Antonio Stiftung den Spaß an der Sache zu verderben.