Von Peter Bereit.
Während unsere Bundeskanzlerin immer noch an die Richtigkeit ihrer Flüchtlingspolitik glaubt und versucht, Europa auf eine gemeinsame Vorgehensweise einzuschwören, sind andere längst zu Lösungsansätzen oder Strategien gelangt, die es wert sind, an die Öffentlichkeit zu gelangen.
Leider hat es eine absolut geniale Idee bisher nur auf Seite 22 der Berliner Zeitung vom 4. März geschafft und ist dort möglichweise übersehen worden. Sie hat es verdient, auf der „Achse des Guten“ Beachtung zu finden.
Frau Dr. Ulrike Guérot, Gründerin und Direktorin des European Democracy Lab an der Berliner European School of Governance, gewährt uns unter dem Titel, „Grenzen in Zeiten der Grenzenlosigkeit“, Einblicke in ihre wahrhaft weltverändernden Ideen. Man fragt sich nach der Lektüre ihres Beitrages, weshalb man bisher nicht selbst - oder zumindest die Bundesregierung - auf diese zündende Idee gekommen ist.
Wenn Frau G.im ersten Teil ihres Beitrages im Hinblick auf die momentane Situation an den europäischen Grenzen schreibt: „Der Binnenmarkt und der Schengenraum sind die größte Errungenschaft des europäischen Einigungsprojektes nach dem Krieg“, dann mag man ihr durchaus zustimmen, was aber weiter unten schon schwerer fällt, wenn sie meint: „Aber sie sind kein Novum in der europäischen Geschichte, sondern bloß ein Schritt zur Wiederherstellung des historischen Normalzustandes. Die Grenzenlosigkeit war der europäische Naturzustand vom Mittelalter bis weit ins 19. Jahrhundert.“
Selbst wenn man davon ausgeht, dass viele Nationalstaaten in ihren späteren Formen noch nicht existierten, so war Europa durchzogen von mehr oder weniger anerkannten geographischen Grenzen und wirtschaftlichen Befindlichkeiten, die es galt einzuhalten und zu berücksichtigen, wenn man sich mit dem Nachbarn und seinen Interessen nicht anlegen wollte. Dass dies dennoch geschah, zeigt die kriegerische Vergangenheit Europas, mit Millionen Toten und unwiederbringlich zerstörten Kulturgütern. Jedes Fürstentum wusste seine Grenzen zu verteidigen und die Zölle von denen einzutreiben, die sie zu durchqueren gedachten oder regulären Handel trieben. Richtig ist, dass sich die damaligen Herrscher oftmals einen Dreck um die Grenzen anderer Staaten oder Herrschaftsgebiete scherten, was aber nicht daran lag, dass sie nicht wussten, wo sie verliefen oder daran, dass solche nicht existierten.
Richtig realitätsbezogen und spannend wird es im zweiten Teil der Abhandlung. Frau G. vergleicht hier die gegenwärtige Flüchtlingskrise in Europa mit der Masseneinwanderung von Europäern nach Nordamerika im 18. und 19. Jahrhundert und führt aus: „Was haben europäische Migranten gemacht, die während der Hungersnöte und politischen Krisen im 18. und 19. Jahrhundert in Massen in die Neue Welt ausgewandert sind, … sie haben ihre Städte neu gebaut. Niemand hat damals einen Asylantenstatus bekommen, hat staatliches Geld erhalten und wurde auf einen Sprachkurs oder gar eine 'Leitkultur' verpflichtet.“
Keine staatlichen Gelder? Da mögen sich einige schon die Hände reiben, aber eine einleuchtende Lösung ist das immer noch nicht. Den Vorschlag hierzu präsentiert uns Frau G. Im Anschluss, indem sie schreibt:
„Wie wäre es, wenn Flüchtlinge in Europa Bauland zugewiesen bekämen, benachbart zu den europäischen Städten, aber in einem Abstand, der die Andersartigkeit wahrt. So entstehen Neu-Damaskus und Neu-Aleppo...., inmitten von Europa. Kurz: Wir verzichten auf Integration. Wir respektieren Andersartigkeit- und lassen die Neuankömmlinge in ihrer Andersartigkeit unter sich alleine. Europa gibt Bebauungsland als Starthilfe...“
Lösungen können so einfach sein. Wir verzichten auf Integration. Fertig ist das neue Deutschland, das den Bürgern Tag für Tag von Politik und Medien schmackhaft gemacht werden soll, wenngleich bisher nur von einem „sich verändernden Deutschland“ die Rede war.
Doch ist die Idee der Frau G. wirklich so neu wie sie anmutet oder wird hier nicht nur all das, was wir im Rahmen der Integration bisher nicht erreicht haben und wohl auch nie erreichen werden, quasi zum Ziel erklärt? Wie soll ein demokratischer Staat, dessen Basis gemeinschaftliches Denken und Handeln sein sollte, existieren, wenn ganze Völker ihre Heimat verlassen, nur um hier tun und lassen zu können, was sie wollen?
Doch noch ein Blick zurück in die Geschichte des 18. bzw. 19. Jahrhunderts. Es ist richtig, dass die Einwanderer in der Neuen Welt keinen Flüchtlingsstatus und keine staatlichen Gelder erhielten und auch von einer Leitkultur und Sprachkursen war nicht die Rede. Wer in der Neuen Welt hätte das auch anbieten oder fordern sollen?
Die Neuankömmlinge, die aus den unterschiedlichsten Gründen ihre angestammte Heimat verließen, gründeten ihren neuen Besitzstand auf einem zur damaligen Zeit einfachen Prinzip. Sie nahmen sich Land in Besitz, das ihnen nicht gehörte und rotteten zuvor einen großen Teil der ehemaligen Eigentümer, genannt Indianer, einfach aus. Ihnen wurde kein Bauland zugewiesen. Sie nahmen es sich einfach.
Dass sich diese Art der Landnahme und ein barbarisches Menschenbild gegenüber den Ureinwohnern nach 200 Jahren als Erfolgsmodell erwiesen hat, ist die Ironie der Geschichte, aber kein Einzelfall. Die Nachfahren von damals sind, trotz ihrer Unterschiedlichkeit, zwischenzeitlich zu einer Nation zusammengewachsen, die stolz auf ihren Patriotismus ist. Ein Wort, dass in Deutschland kaum jemand in den Mund nimmt, um nicht als Nazi zu gelten. Denn nichts ist verpönter, als Stolz auf die deutsche Nation zu hegen oder ein „anderes Deutschland“ einfach nicht zu wollen.
Ich versuche, mir abschließend ein Deutschland oder Europa vorzustellen, in welchem sich das vollzieht, was uns Frau G. so überzeugt anbietet. Iraker, Afghanen, Syrer, Pakistaner, und …. bauen ihre eigenen Städte, auf vom Staat finanzierten und erschlossenem Bauland. Ich erspare mir bewusst die primitiven Fragen nach der Finanzierung der Baustoffe für diese Städte, deren Unterhalt und auch danach, welches gesetzliche Regelwerk in den Straßen und Gassen und für das gesellschaftliche Miteinander gelten soll.
Eines ist völlig klar. Selbstverständlich werden in diesen Städten nur die GUTEN wohnen, weil die BÖSEN zu Hause in den Herkunftsländern geblieben sind und das Interesse daran verloren haben, ebenfalls nach Europa zu kommen, um hier Unheitl anzurichten. Aller religiöser und politischer Zwist hat endlich ein Ende gefunden. Die Städte werden freundlich, ordentlich und in jeder Hinsicht einladend sein, so wie man das aus Afghanistan und Pakistan kennt.
Nie hätte ich an eine derart einfache Lösung des Problems geglaubt, um im Terminus unserer Kanzlerin zu bleiben. Wir verpflanzen einen Teil der Weltbebevölkerung einfach nach Europa und schon leben alle wie im Paradies. Das besonders Schöne an dieser Lösung ist - die Neuankömmlinge brauchen uns und unsere dümmlichen Intergrationsbemühungen nicht, wenn wir nur genügend Bauland und Geld zur Verfügung stellen. Nicht auszuschließen, dass wir, quasi die letzten Indianer, mal zum Stadtfest eingeladen werden.
Nach diesem Beitrag von Frau Guérot, die ab April 2016 Professorin und Fachgebietsleiterin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems in Östereich sein wird, kann ich erstmals wieder in Ruhe schlafen. Deutschland und Europa, insbesondere aber die Demokratie, haben endlich wieder eine Zukunft, wenn sich Wissenschaftler wie Frau Guérot ihrer annehmen.