Peter Grimm / 06.03.2021 / 06:15 / Foto: Imago / 178 / Seite ausdrucken

Schattenboxen um kranke Migranten

Zu einem kleinen Aufreger in der großen Corona-Daueraufregung wurde in den letzten Tagen ein Medienbericht, der – beginnend mit der Bild-Zeitung – seine Runde durch alle deutschen Medien machte. In einem Gespräch zwischen Lothar Wieler, dem Chef des Robert-Koch-Instituts, und einigen Chefärzten soll es um den heiklen Umstand gegangen sein, dass sich überproportional viele Patienten „mit Migrationshintergrund“ auf den Intensivstationen der Krankenhäuser befänden. „Nach meiner Erhebung hatten immer über 90 Prozent der intubierten, schwerst kranken Patienten einen Migrationshintergrund. Wir haben uns intern darauf geeinigt, dass wir solche Kranke als ‚Patienten mit Kommunikationsbarriere‘ bezeichnen wollen“, wird der Chef der Lungenklinik im Bethanien-Krankenhaus Moers, Thomas Voshaar, zitiert.

Auf eines ist offenbar in Deutschland immer noch Verlass: Wenn ein ungeliebtes Problem auftaucht, dann wird es zuerst verwaltungssprachlich bis zur Unkenntlichkeit entschärft. „Patienten mit Kommunikationsbarriere“ schlägt wirklich jeden „Migrationshintergrund“ oder jede „Migrationsgeschichte“ im Wettbewerb um die möglichst unscharfe politisch-korrekte Bezeichnung einer Personengruppe mit besonders schützenswertem Ruf. Aber schweifen wir nicht ab. Weiter hieß es in der Meldung:

Für Wieler soll diese Erkenntnis nicht neu gewesen sein. Vielmehr habe er bereits versucht, dieses Thema an die Politik um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu tragen. „Ich habe das genauso gehört. Aber es ist ein Tabu. Ich habe versucht, auf bestimmte Menschen zuzugehen. Wir müssen über Imame auf diese Religionsgruppe eingehen. Das Ganze hat für Berlin riesige Auswirkungen. Das ist ein echtes Problem.“

Der RKI-Chef schlug vor, das heikle Thema über Sozialarbeit in die Moscheen und „Parallelgesellschaften mitten in unserem Land“ zu tragen. Da käme man allerdings nicht rein. „Diese Gruppe besteht aus vier Millionen Menschen in Deutschland. Das entspricht einem Anteil von 4,8 Prozent. Auf den Intensivstationen liegen aber deutlich über 50 Prozent aus dieser Gruppe.“

Welche Personengruppe genau in diesem Fall gemeint ist, wenn von „Migrationshintergrund“ oder „Kommunikationsbarriere“ die Rede ist, darüber darf das Publikum freihändig spekulieren. Informationen gibt es nur andeutungsweise, und spricht jemand aus, was er vermutet, kann jeder Akteur sich distanzieren und sagen, so etwas nie behauptet zu haben.

Blindflug ohne Daten

Wieler scheint immerhin durch seinen Verweis auf Moscheen anzudeuten, dass es sich bei diesen Patienten um Muslime handelt. Ob mehr arabische, türkische, kurdische, afghanische, pakistanische, persische oder albanische, erfahren wir nicht. Womöglich wird das auch nirgends statistisch erfasst. Vielleicht bewegen sich alle nur im Blindflug über die Kommunikationsbarriere.

Völlig glaubwürdig ist immerhin, dass das Problem der hohen Zahl an Migranten unter den Corona-Patienten für Lothar Wieler nicht neu war. Auch für Leser von Achgut.com ist diese Nachricht nicht neu, denn Dr. Gunter Frank schrieb schon am 16. Dezember 2020 in seinem „Bericht zur Corona-Lage“:

„Tatsache ist, es liegen auf vielen Intensivabteilungen schwer an Covid Erkrankte, die um ihr Leben kämpfen, und die Arbeitsbedingungen dort sind, vor allem auch wegen der Hygienebedingungen und des Personalmangels, hoch belastend.

Die Struktur dieser schwer Erkrankten ist mir nicht wirklich klar, es scheinen besonders viele Männer ab 50 darunter zu sein, oft mit türkischem und osteuropäischem Hintergrund. Daraus könnte man ableiten, dass Großfamilien, die auf engem Raum zusammenleben müssen, und bei denen es schlicht Sprachbarrieren bezüglich des Schutzverhaltens gibt, derzeit ein großes Ansteckungspotential bilden.“

Seinerzeit ist diese Geschichte kaum wahrgenommen worden. Das ist jetzt offensichtlich anders. Allein die derzeit relativ breite Bereitschaft darüber – wenn auch im Ton zurückhaltend – zu berichten, lässt aufmerken.

Nebenkriegsschauplatz statt Minenfeld?

Sicher, früher hätte es als Selbstverständlichkeit gegolten, denn hier berühren sich schließlich scheinbar die zwei großen „Herausforderungen“, die Kanzlerin Angela Merkel geschickt zu einem Regieren im Ausnahmezustand bei stetigem Machtzuwachs genutzt hat – die Massenzuwanderungs-Krise und die Corona-Krise. Zwar weiß jeder Medienwerktätige, welches Minenfeld hier lauert – schließlich darf bei niemandem der Kurzschluss ausgelöst werden, vor allem Migranten hätten die schlimme Krankheit verbreitet. Das würde ein schlechtes Licht auf die Zuwanderung und damit ein Herzensanliegen der Kanzlerin werfen. Andererseits schafft in Zeiten, in denen sich trotz des mit weitestgehenden Kontaktverboten nahezu stillgelegten gesellschaftlichen Lebens immer mehr Unmut und Protest gegen die Corona-Lockdown-Politik regt, ein solcher Nebenkriegsschauplatz Entlastung in der Debatte.

Denn so wichtig es ist, all die Fehler und Kommunikationsbarrieren in der Zuwanderungspolitik endlich überall deutlich zu benennen und mit Handlungsbereitschaft anzugehen: Diese beiden Themen haben, trotz mancher Berührungspunkte und natürlich den gleichen Akteuren in oft ähnlichen Frontstellungen zueinander, ursächlich nichts miteinander zu tun.

Niemand weiß – und kann es derzeit mangels belastbarer Erhebungen wahrscheinlich auch nicht wissen – welche ethnische Zusammensetzung die überproportional vielen „Patienten mit Kommunikationsbarrieren“ haben. Aus einigen Berichten der vergangenen Monate weiß man über viele Corona-Fälle in Roma-Großfamilien. Die schafften es meist in die Medien, weil in einigen solcher Fälle ganze Mietshäuser oder Wohnquartiere unter Quarantäne gestellt und bewacht werden mussten. RKI-Präsident Wieler wies mit dem Hinweis auf die Moscheen nun auf viele Muslime hin. Auch wenn die vielen „Patienten mit Kommunikationsbarrieren“ die deutsche Sprache unzureichend beherrschen, so können sie aus ganz verschiedenen Parallelgesellschaften kommen. Hier hat die deutsche Politik ja wirklich für eine gewisse Vielfalt gesorgt.

Nun kann man diese Differenzierung für nicht sonderlich relevant halten und richtigerweise konstatieren, dass es in einigen dieser Parallelgesellschaften nicht sonderlich verbreitet ist, sich an die Corona-Vorschriften des deutschen Staates zu halten. Das ist aber kein sprachliches Kommunikationsproblem, sondern eines, das der deutsche Staat selbst geschaffen hat, indem er in orientalisch geprägten Vierteln schon länger relativ zurückhaltend ist, wenn es darum geht, Recht und Gesetz durchzusetzen. Das ist kein Phänomen der Corona-Zeit. Es ist jetzt nur eben auch so. Deutsche riskieren einen Polizeieinsatz, wenn sie sich in einer kleinen Gruppe treffen, während islamische Beisetzungen mit hunderten Teilnehmern hingenommen werden.

Die Kommunikationsbarriere, die man überwinden muss....

Und wenn in der S-Bahn eine Gruppe arabischer junger Männer völlig maskenfrei fährt, dann grämt das die unter Mangelatmung leidenden maskentragenden Fahrgäste vielleicht, doch nur äußerst selten wird jemand die jungen Männer ans Maskentragen gemahnen.

Grundsätzlich ist sicher richtig, dass es ein Manko ist, wenn Recht und Gesetz bei bestimmten Gruppen nicht durchgesetzt werden. Aber dies nun ausgerechnet am Beispiel von grundrechtsbeschränkenden Regeln einzufordern, um deren Abschaffung es doch eigentlich allen freiheitlich Denkenden gehen sollte, ist wenig sinnvoll.

Zudem macht sich lächerlich, wer es als demokratischen Widerstand feiert, wenn Christian und Martina widersinnige Corona-Regeln brechen und anprangert, wenn Achmed und Mohammed das Gleiche tun. Insgeheim wünscht sich wahrscheinlich so mancher deutscher Maskengegner, die heimischen Ordnungskräfte hätten vor ihm auch so viel Respekt, dass sie lieber wegsehen, wenn er die Maske fallen lässt.

Inzwischen hat mancher Medienschaffende entdeckt, dass sich die Geschichte der erkrankten Migranten auch ganz ohne Tabubruch erzählen lässt. Die Lesart, dass so viele Menschen mit Migrationshintergrund schwerer an Covid-19 erkrankten, weil sie sich nicht an die fürsorglichen Vorschriften der deutschen Regierung hielten, ist letztlich ja eine Legitimation der gegenwärtigen Corona-Politik. Regelbrechern geht es ja offenbar schlechter als den regelkonformen Deutschen. Nur tragen Erstere im konkreten Fall dafür bitte keine Verantwortung, sondern Schuld hat die Kommunikationsbarriere, die man jetzt gemeinsam überwinden muss. Damit ist das sogenannte Tabu-Thema eigentlich auf ein ungefährliches Format gebracht.

Dabei hat die Überrepräsentanz von Migranten in Intensivstationen wahrscheinlich gar nicht so viel mit der Verletzung von Corona-Regeln zu tun. Viel eher dürfte es eine Ursache sein, dass sie enger, in größeren Familienverbänden und öfter in mehreren Generationen zusammenleben. Ein Umstand den man vor einem Jahr auch für die stärkere Verbreitung des Corona-Virus in Italien verantwortlich gemacht hat. Zudem haben in manchen Herkunftskulturen Hygiene und Gesundheitsvorsorge bei weitem nicht die Bedeutung, die sich in den letzten Jahrzehnten in europäischen Gesellschaften weitestgehend etablieren konnte. Das hat natürlich Auswirkungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand und der wiederum ist nicht unwichtig, wenn es darum geht, ob und wie schwer ein SARS-CoV-2-Infizierter erkrankt.

Bei all den vielen guten Gründen, sowohl die Zuwanderungs- als auch die Corona-Politik dieser Regierung zu kritisieren, bei allen verständlichen Anlässen wütend zu werden – es ist unnütz und kontraproduktiv, sich deshalb über die überproportionale Zahl an „Patienten mit Kontaktbarrieren“ zu echauffieren. Es ist natürlich einer der vielen Anlässe, nach differenzierten Zahlen zu fragen. Eine Frage, die immer wieder in vernehmlicher Lautstärke gestellt werden sollte. Es ist in diesen Zeiten aber viel wichtiger, über Grundrechte und den Erhalt der freiheitlich-demokratischen Ordnung zu reden.

Foto: Imago

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Aaron Treppe / 06.03.2021

Als jemand mit muslimischer Nachbarschaft hab ich einen ganz anderen Eindruck, die Maskenverweigerung gerade der muslimischen Bürger ist oft schlichter Arroganz geschuldet, so ein Virus macht einem stolzen islamischen Mann doch nichts, das ist nur für die schwachen, nicht heterosexuellen Deutschen gefährlich. Das ist anderen, durchaus integrationswilligen Zuwanderern derart peinlich, dass sie es etwas übertreiben und im Supermarkt nur die volle Montur tragen.  Im Dönerladen nebenan werden die Masken wenn überhaupt, auf Kinnhöhe getragen, und selbstverständlich wissen alle, wie die Vorschriften sind. Eine Ausnahme sind die, die z.B. in der Fleischverarbeitung arbeiten. Da gibt es nach wie vor skandalöse Arbitsverhältnisse und Corona gibt es nur dort, wo auch getestet wird.  Also testen viele Betriebe einfach nicht. Und wer es bis jetzt nicht gemerkt hat: Ih bin für die Maskenpflicht, denn sie funktioniert zumindest etwas.

M. Walter / 06.03.2021

Wie abstrus die (nicht-) Debatte läuft, kann man daran ermessen, wie es denn umgekehrt wäre.: Fast keine Intensivpatienten mit Mihigru: Die Presse würde hyperventilieren, wie vorbildlich sich diese, wie undiszipliniert und rücksichtslos die Mehrheitsbevölkerung sich verhielte.

Peter Wagner / 06.03.2021

Im Fall der “90%” waren, so habe ich allerdings nur gelesen - Gewissheit gibt es da ja keine - angeblich Somalier betroffen. Das bringt uns zurück zu einem eigentlich seit langem bekannten Thema: einem schlecht arbeitenden Immunabwehr in Verbindung mit Vitamin D Mangel: Menschen in Afrika haben im Rahmen der Evolution zum Schutz vor der starken Sonne eine starke Pigmentierung der Haut “erworben”. Das schützt wohl besser vor Krebst etc. als helle Haut - hat aber den Nachteil, dass die Vitamin D Produktion “schlechter” läuft - zumindest dann, wenn sich solche Menschen nicht in der heissen Sonne Afrikas aufhalten - wie es eben nach einer Migration in eine andere klimatische Zone der Fall ist. Neben der “Sprachbarriere” wäre daher vielleicht dringen angeraten, diesen Zusammenhang zu untersuchen bzw. zu kommunizieren. Ob das auch auf eher hellhäutige “Ethnien” zutrifft gehört untersucht. Meine Vermutung wäre: ja, denn viele kommen ja aus deutlich sonnigeren Gegenden (Syrien etc.).

Heribert Glumener / 06.03.2021

Yue Zuh & De-Yu Xie, North Carolina State University: Ein hoher Konsum von Grüntee, vor allem in Kombination mit dem Verzehr von dunklen Muscadine-Trauben, hat eine eindeutige Wirkung beim „Killervirus“ Corona (prophylaktisch, und selbst noch therapeutisch). Viele muslimische Mitbürger (Migranten) sind leider komplett auf Kaffee umgeschwenkt. Dazu viel zu viel Süßes und Verzuckertes, was u.a. die Mundflora anfälliger macht (und selbstverständlich auch Zahnfäule bewirkt). Ferner wird Rotwein gemieden. Vor allem die amerikanischen Weine (siehe oben gen. Traubenart) sind ein leider verschmähter Segen (generell). (natürlich ist das Geschehen multifaktoriell, aber diese Punkte sind schon wichtig) Ich gönne mir JEDEN TAG 4 Gramm guten grünen Tee (China, gute und in Deutschland laborgeprüfte Qualität, pestizidfrei) und am Abend ca. 0,2 Liter satten roten Wein (nach Mögl. USA-Kalifornien, aus Südafrika oder Chile auch ok). Bislang gesund, obwohl ich – wie die meisten von uns -  teils heftigen Dosen des angeblichen Killervirus ausgesetzt gewesen sein dürfte.

Andrea Nöth / 06.03.2021

Man weiß das sicher schon länger. Nächtliche Ausgangssperren braucht man für die Angstkartoffel nicht. Es macht‘s halt einfacher, die Männerrudel aus Raketeningenieuren, die nachts saufend und feiernd durch die Straßen ziehen, zu disziplinieren. Damit lässt es sich auch besser verargumentieren, mit einer Besatzungsstärke von 1:10 antreten zu müssen.

Harald Hotz / 06.03.2021

“Patienten mit Kommunikationsbarriere” ... Ich dachte immer, damit wären die Politiker gemeint ;-)

Wolfgang Kaufmann / 06.03.2021

Ich kann einfach nicht glauben, dass angeblich mehr Migranten mit Lungenkrankheiten auf den Intensivstationen liegen. Die „Corona“ genannte Grippewelle ist spätestens Mai 2020 vorüber, wie die Befunde der Sentinel-Praxen beweisen. Seither haben wir es mit reine Artefakten zu tun, die sich aus dem großflächigen Testen nicht-symptomatischer Personen ergibt. Eine Million Tests an Gesunden jede Woche, das führt zu 10.000 bis 20.000 falschen Corona-Meldungen. – Vom gesundheitlichen Standpunkt her sind intensive Sozialkontakte das Beste, was die Bevölkerung für die natürlich Herdenimmunität tun kann. Lediglich Alte und Vorerkrankte sind gefährdet; vor allem wenn sie viel daheim bleiben oder in Heimen eingesperrt sind.

Michael Palusch / 06.03.2021

Perfekt! Wie an vielen der Kommentare zu ersehen funktioniert die Masche. Es wird auf perfide Weise die Unzufriedenheit, berechtigte Kritik und Ablehnung der Migrationspolitik genutzt, um den “schon länger hier Lebenden” im Subtext unterzuschieben: Die Maske ist notwendig, haltet Abstand und am besten keine Kontakte! “Beleiben Sie zu Hause” und hinterfragen Sie die Maßnahmen niemals! Andere mögliche Gründen, wie von @Wirsam, Dietmar beschrieben, fallen unter den Tisch. Es wird immer widerlicher, zeigt aber immerhin, die Munition für die Coronageschütze scheint sehr knapp zu sein.

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