Von Andreas Zimmermann.
Das Thema Bevölkerungswachstum ist ein heißes Eisen. Auch auf Achgut.com wird eine intensive Debatte geführt. Der Autor nimmt sich des Themas hier noch einmal in einem Dreiteiler an. Es geht dabei um Probleme und Lösungen, Scheinprobleme und Scheinlösungen.
Mein letzter Artikel zur Entwicklung der menschlichen Bevölkerung hat zumindest für mich unerwartet heftige Leserreaktionen ausgelöst. Ich möchte das Thema deshalb noch einmal aufgreifen, schon alleine, weil man den Diskurs wertschätzen sollte, solange er überhaupt noch erlaubt ist. Ein Kernthema zahlreicher Leserkommentare war, dass wir tatsächlich ein Überbevölkerungsproblem hätten, oft ergänzt durch die Feststellung, dass zu Zeiten, als es noch lediglich zwei Milliarden Menschen gab (das war laut Wikipedia im Jahr 1927), ja schließlich auch alles funktioniert hätte. Mehrmals wurde auch noch erwähnt, dass gerade in Afrika eine Reduktion der Geburtenzahlen dringend notwendig wäre, da das rasche Bevölkerungswachstum dort die Quelle vieler Probleme sei.
Allerdings wurde, abgesehen von der Nennung einiger Städte wie Lagos als abschreckendes Beispiel, eher nicht konkretisiert, worin denn diese Probleme bestünden. In eine ganz ähnliche Richtung ging der Artikel meines Achse-Autorenkollegen Ulli Kulke, der sich vor allem auf den Punkt konzentrierte, dass die Bevölkerung in Afrika ja momentan immer noch sehr schnell wächst und Überbevölkerung zumindest lokal ein großes Problem sei, unter anderem, weil sie zu Konflikten führe und eine Gefahr für die empfindlichen Ökosysteme in Afrika südlich der Sahara darstelle.
Zudem wären die Afrikaner in vielen Gegenden mehrheitlich arm, weil sie zu viele Kinder hätten. Er hat auch einige Zahlenbeispiele angeführt, um zu zeigen, dass das Bevölkerungswachstum lokal doch exponentiell sei, weshalb Maßnahmen zur Geburtenkontrolle dringend notwendig seien. Und schließlich hat Ulli Kulke noch angeführt, dass es in links-grünen Kreisen mittlerweile eher verpönt sei, auf das Problem der Überbevölkerung in Afrika hinzuweisen, weil das in diesen Kreisen als rassistisch gilt.
Letzteren Punkt glaube ich gerne, kann aber selber wenig dazu sagen, weil ich links-grüne Kreise im Interesse der eigenen psychischen Gesundheit generell meide. Eine Google-Suche nach „Überbevölkerung“ ergibt aber durchaus gemischte Ergebnisse. Zwar gibt es mittlerweile eine relevante Zahl an Treffern, die durchaus diskutieren, dass die menschliche Bevölkerung praktisch nur noch in Afrika wächst, aber es gibt auch immer noch reichlich Treffer, die Überbevölkerung als das größte Problem der Menschheit (oder wahlweise des Planeten) beschreiben.
„Known knowns, known unknowns und unknown unknowns“
Das berühmt-berüchtigte Verdikt „the science is settled“ scheint also auf diese Frage schon einmal nicht zuzutreffen. Was ich persönlich durchaus als positiv empfinde – immerhin scheint hierzu noch eine Diskussion möglich zu sein. Ich möchte das Thema also noch einmal näher beleuchten. Da es sich um ein relativ komplexes Thema handelt, ist der Text zwangsläufig etwas länger und auch später fertig geworden, als ich mir gewünscht hätte – aber wir sind hier ja schließlich nicht bei Wünsch-Dir-Was. Ich fnde aber, dass es sich lohnt, bis zum Ende dabei zu bleiben.
Allerdings ist die Frage „Ist Überbevölkerung ein Problem?“ zu vage, um sie sinnvoll zu beantworten. Ich möchte deshalb diese Frage etwas umformulieren, nämlich ob es denn ganz konkrete Probleme gibt, die sich tatsächlich auf eine menschliche Überbevölkerung zurückführen lassen und wenn ja, welche dies sind. Wobei die Frage, sobald es um einzelne Regionen geht, eigentlich eher lauten muss „Verursacht eine zu hohe Bevölkerungsdichte in Region XY bestimmte Probleme?“ Und falls man glaubt, solche potenziellen Probleme identifiziert zu haben, muss man natürlich klären, ob diese Probleme tatsächlich durch die Bevölkerungsdichte verursacht werden und sich nicht etwa auf politische Misswirtschaft oder andere Faktoren zurückführen lassen. Und weil sich die Gelegenheit ergibt, möchte ich auch gleich generell auf die politische „Nutzung“ von Narrativen eingehen, die häufig aus einem angeblichen Problem und seiner angeblichen Lösung bestehen.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, klare Unterscheidungen zu treffen, ähnlich zu Donald Rumsfelds schöner Aussage im Zusammenhang mit dem zweiten Irakkrieg, dass es „known knowns, known unknowns und unknown unknowns“ gäbe. Und ganz ähnlich gibt es echte Probleme und Scheinprobleme, wobei echte Probleme zusätzlich bekannt oder unbekannt sein können. Unbekannte Scheinprobleme ergeben keinen Sinn, weil das Wort „unbekannt“ impliziert, dass etwas bereits vorliegt, nur noch nicht „erkannt“ wurde. Allerdings ist es durchaus möglich, dass ein Scheinproblem neu erfunden wird (etwa eine angeblich tödliche Pandemie), etwa um politische Entscheidungen gegen Wohl und Wunsch der Bevölkerung durchzusetzen.
Echte Probleme können natürlich echte Lösungen haben
Das Gleiche gilt für Lösungen, es gibt echte Lösungen und Scheinlösungen. Und auch hier gilt aus naheliegenden Gründen, dass nur echte Lösungen bekannt oder unbekannt sein können, während Scheinlösungen lediglich neu erfunden werden können. Wie etwa die 1,80 m „Abstandsregel” zur Eindämmung der angeblichen „Pandemie“, die laut Anthony Faucis persönlicher Aussage „irgendwie aufgetaucht ist“. Nun müssen wir noch klären, welche Kombinationen zwischen den verschiedenen Formen von Problemen und Lösungen möglich sind.
Echte Probleme können natürlich echte Lösungen haben, auch wenn diese zum Zeitpunkt, wenn ein Problem auftritt, nicht unbedingt bekannt sein müssen. So sind Düsenflugzeuge eine Lösung für das Problem, wie man denn schnell von Europa nach Amerika kommt. Allerdings war diese Lösung Ende des 15. Jahrhunderts unbekannt (und mit der damaligen Technik auch nicht realisierbar), weshalb sich Christoph Kolumbus auf eine recht abenteuerliche Seereise mit unbekanntem Ausgang begeben musste, um Amerika zu entdecken.
Aber natürlich können echte Probleme auch Scheinlösungen haben. So sind Messerverbotszonen einschließlich polizeilicher Taschenkontrollen älterer Damen aus naheliegenden Gründen eine Scheinlösung für die in Deutschland seit Jahren wachsende Messerkriminalität. Im Gegensatz zu echten Problemen haben Scheinprobleme grundsätzlich keine echten Lösungen, denn Scheinprobleme existieren ja nicht wirklich. Scheinprobleme können aber durchaus Scheinlösungen haben, so wie die angebliche „Coronapandemie“ angeblich durch „Lockdowns“, Maskenpflichten und fälschlicherweise „Impfungen“ genannte Injektionen besiegt wurde, während es in Wirklichkeit klinisch-epidemiologisch nie eine Pandemie gab und die angeblichen Lösungen daher auch nur Schaden anrichten konnten – was sie auch reichlich getan haben.
Dieselskandal bei Volkswagen
Interessant wird es bei der Frage zum Ursprung von Scheinproblemen wie auch Scheinlösungen. Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten: Inkompetenz im weitesten Sinne oder aber sinistre Absichten. So kann für ein echtes Problem eine Scheinlösung angeboten werden, weil es entweder keine echte Lösung gibt oder aber, weil die Betroffenen entweder nicht willens oder nicht in der Lage sind, eine echte Lösung zu finden. Ein schönes Beispiel dafür ist der sogenannte Dieselskandal bei Volkswagen.
Da die Einhaltung der politisch vorgegebenen Stickstoffgrenzwerte nur unter Inkaufnahme eines höheren Kraftstoffverbrauchs möglich gewesen wäre, hat Volkswagen eine Software verwendet, die dafür gesorgt hat, dass diese Grenzwerte lediglich im Testbetrieb eingehalten wurden. Die Einhaltung der Grenzwerte stellte für VW ein echtes Problem dar, dem sie mit einer Scheinlösung begegnet sind. Da die Grenzwerte aber ohnedies völlig willkürlich sind, kann man diesen Fall auf höherer Ebene auch als ein schönes Beispiel für eine Scheinlösung für ein Scheinproblem betrachten.
Es kann aber auch sein, dass eine Scheinlösung für ein echtes Problem angeboten wird, weil die Verantwortlichen gar kein Interesse an der Lösung des Problems oder sogar ein Interesse an der Beibehaltung des Problems haben. Ein Beispiel hierfür sind islamische Terroranschläge, die sich in Deutschland mittlerweile in unschöner Regelmäßigkeit ereignen. Und genauso regelmäßig fordern deutsche Politiker anschließend schärfere Überwachungsmaßnahmen, mit denen die Exekutive ihre Macht über die gesamte Bevölkerung ausweitet.
Der „menschengemachte Klimawandel“
Etwa die bereits erwähnten Messerverbotszonen, die der Polizei eine gesetzliche Handhabe geben, jederzeit jedermanns Taschen oder Rucksäcke zu durchwühlen, auch wenn allen klar ist, dass Oma Erna mit ihrem Schweizer Taschenmesser für niemanden eine Gefahr darstellt. Hier kommt noch erschwerend hinzu, dass es sich bei den Auswirkungen der unbegrenzten Migration wie Messerangriffen und Terroranschlägen nicht nur um ein echtes Problem handelt, sondern auch noch um eines, das Politiker der verschiedenen Bundesregierungen seit mindestens 2015 durch Förderung der illegalen Immigration und der Entscheidung, auch Sexual- und Gewaltverbrecher unter keinen Umständen abzuschieben, erst selbst geschaffen haben.
Während die Folgen der Migration sehr reale Probleme darstellen, denen politisch mit Scheinlösungen begegnet wird, werden oft genug aber auch Scheinprobleme erfunden, um Scheinlösungen anzubieten, die dem Großteil der Bevölkerung schaden, den wenigen Mitgliedern des korporatistischen Komplexes aus Politikern, Medienvertretern und Großkonzernen aber nützen. Die Corona-Pseudopandemie, die zur größten finanziellen Umverteilung von unten nach oben in der Geschichte der Menschheit und zu einer massiven Ausweitung staatlicher Macht über die Bevölkerung genutzt wurde, habe ich bereits erwähnt.
Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte „menschengemachte Klimawandel“, der regelmäßig als größte Bedrohung für das zukünftige Überleben der Menschheit verkauft wird, obwohl sich die angeblichen Bedrohungen bei näherer Betrachtung faktisch immer buchstäblich in Luft auflösen. Dennoch wird „der Klimawandel“ von Politikern aller Couleur mit schöner Regelmäßigkeit als Begründung für unzählige staatliche Eingriffe in das Leben der Menschen genutzt. Scheinprobleme und Scheinlösungen stellen also oft nichts anderes als Hebel dar, die von Politikern und anderen Interessenvertretern genutzt werden, um Maßnahmen und Vorschriften durchzusetzen, die gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung gerichtet sind.
Hat man überhaupt ein echtes Problem?
Glaubt man vor einem Problem zu stehen, dann sollte man also grundsätzlich zwei Fragen beantworten. Erstens, handelt es sich um ein reales Problem oder nur um ein Scheinproblem? Und zweitens, handelt es sich bei einer zur Debatte stehenden Lösung um eine echte Lösung oder doch nur um eine Scheinlösung? Mit anderen Worten, geht es um echte Probleme und deren Lösungen oder aber um Propaganda mit der Absicht, die Bevölkerung auf die eine oder andere Weise über den Tisch zu ziehen? Natürlich ist es günstig, wenn man zunächst die Frage klären kann, ob man einem echten oder einem Scheinproblem gegenübersteht. Leider ist es aber oft so, dass sich die Frage, ob eine Lösung echt oder eine Scheinlösung ist, leichter beantworten lässt, als die Frage, ob man überhaupt ein echtes Problem vor sich hat.
So ist es deutlich aufwändiger, die Behauptung, der „menschengemachte Klimawandel“ stelle ein Problem dar, zu widerlegen, als die Behauptung, ein Verbot von Autos mit Verbrennermotor in einem Land, das 2023 lediglich noch 1,6 Prozent zum weltweiten Kohlendioxidausstoß beigetragen hat (auch diese Zahl ist übrigens eine Schätzung), könnte irgendeine Auswirkung auf den prophezeiten Klimawandel haben. Dass ein Verbrennerverbot in einem Land, das so minimal zum globalen Kohlendioxidausstoß beiträgt, keinen Unterschied in Bezug auf die wie auch immer gearteten Auswirkungen von Kohlendioxid haben kann und also eine reine Scheinlösung darstellt, ist so offensichtlich, dass man dazu keine weiteren Analysen benötigt. Man kann sie natürlich trotzdem durchführen und landet dann, wie mein Kollege Thomas Rießinger, bei der Schlussfolgerung, dass selbst eine vollständige Selbstabschaffung Deutschlands an der Dynamik des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes schlicht nichts ändern würde.
Deutlich schwieriger ist dagegen die Frage zu beantworten, ob der „menschengemachte Klimawandel“ überhaupt ein echtes Problem oder selbst schon ein Scheinproblem darstellt, denn hier geht es dann um die Verlässlichkeit von Temperaturmessungen, die sogenannte Adjustierung (also schlicht Veränderung) der Rohdaten sowie die Glaubwürdigkeit der für die Temperaturextrapolation verwendeten Modelle und die Frage, inwieweit die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre in den Größenordnungen, um die es aktuell geht, überhaupt die Temperatur auf der Erde beeinflusst.
Maßnahmen zur Senkung der Geburtenrate?
Weiterhin muss man die Frage klären, ob, wie so oft behauptet wird, Extremwetterereignisse mit negativen Auswirkungen tatsächlich häufiger werden oder ob es bei diesen Behauptungen um Fake News handelt, wie die offiziellen Statistiken des Deutschen Wetterdienstes nahelegen. Und schließlich stellt sich die Frage, ob eine Erwärmung, so sie denn stattfinden würde, wirklich negative Auswirkungen auf die menschliche Bevölkerung hätte oder doch eher positive, wie die Daten zur menschlichen Bevölkerungsdichte nahelegen, die ich hier diskutiert habe.
Doch um den „menschengemachten Klimawandel“ soll es hier nicht gehen, sondern um die eingangs erwähnte Frage, nämlich ob wir tatsächlich ein Problem mit Überbevölkerung haben. Um diese Frage zu beantworten, muss man sie wie erwähnt zunächst konkretisieren, nämlich dahingehend, was wir eigentlich mit der Aussage „die menschliche Überbevölkerung ist ein Problem“ meinen. Tatsächlich ist damit ja nicht gemeint, dass die Überbevölkerung selbst ein Problem ist, sondern vielmehr, dass die menschliche Überbevölkerung – was auch immer damit genau gemeint ist – Probleme verursacht.
Nachdem ich eine Reihe solcher Probleme diskutiert habe, die möglicherweise durch eine globale oder lokale Überbevölkerung verursacht werden könnten, werde ich noch zwei weiteren Fragen nachgehen, die unabhängig von der Antwort auf die Frage, ob Überbevölkerung tatsächlich ein Problem darstellt, voraussetzen, dass dies tatsächlich der Fall ist. Zum einen, ob es denn realistisch ist, in einem relevanten Zeitrahmen zu einer Weltbevölkerung in der mehrmals in Leserkommentaren erwähnten Größenordnung von zwei Milliarden Menschen zurückzukehren, sowie, inwieweit Maßnahmen zur Senkung der Geburtenrate eine Auswirkung auf die aktuelle Bevölkerungsentwicklung in Afrika haben können. Die Antworten auf diese beiden Fragen sind nicht ganz unwichtig, denn von ihnen hängt ab, welche Maßnahmen in Bezug auf eine potenzielle Überbevölkerung überhaupt sinnvoll sind.
Wachstum verlangsamt sich aufgrund limitierter Ressourcen
Zu Anfang möchte ich aber noch eine andere Frage beantworten, nämlich die zu exponentiellem Wachstum in der Natur. In seiner Antwort auf meinen ersten Artikel zu diesem Thema führt Ulli Kulke das Bevölkerungswachstum des Tschad an, dessen Bevölkerung sich zwischen 1995 und 2025 ungefähr verdreifacht hat. Aufgeteilt auf Zehnjahresintervalle kann man hier tatsächlich glauben, ein exponentielles Wachstum zu erkennen, weil in jedem Zehnjahreszeitraum mehr Menschen dazu kommen. Es gibt mit diesem Beispiel aber ein entscheidendes Problem.
Es handelt sich nämlich, gemessen an der Generationszeit des Menschen von 20–30 Jahren, um einen sehr kurzen Zeitraum, gerade einmal um eine bis eineinhalb Generationen. Innerhalb solch kurzer Zeiträume sieht Populationswachstum in der Natur häufig exponentiell aus, längerfristig ist es aber immer logistisch, das heißt, das Wachstum verlangsamt sich aufgrund limitierter Ressourcen und erreicht irgendwann den Wert Null, das heißt, die Population bleibt stabil. Die Funktion, die sehr häufig verwendet wird, um solche Dynamiken in der Biologie zu beschreiben, ist die Gompertz-Funktion, ein Spezialfall der logistischen Funktion.
Betrachtet man die Kinderzahlen pro Frau für den Tschad über einen längeren Zeitraum, dann sieht man, dass die Zuwachsrate (nicht der absolute Zuwachs an Personen) auch hier bereits seit Jahrzehnten sinkt, um genau zu sein seit 1993. Diese Abnahme der durchschnittlichen Kinderzahl pro Frau hat im Tschad damit immerhin 13 Jahre später eingesetzt als in Afrika insgesamt. Und auch das Niveau, an dem die Abnahme eingesetzt hat, war mit 7,34 Kindern pro Frau sehr hoch.
Eine wachsende Bevölkerung alleine ist nicht mit Überbevölkerung gleichzusetzen
Seit 2009 laufen die Kurven für den Tschad und Afrika insgesamt weitgehend parallel, das heißt, wir sehen für beide Regionen in den 14 Jahren von 2009 bis 2023 eine Abnahme der Kinderzahl pro Frau um etwa 0,9. Da die Abnahme im Tschad allerdings erst 1993 begonnen hat und auch von einem sehr hohen Niveau aus, lag die Kinderzahl pro Frau 2023 immer noch bei 6,12 Kindern, hat also innerhalb dieser 30 Jahre um 1,22 Kinder abgenommen. Vergleicht man die ersten 15 Jahre dieses Zeitraums mit den zweiten 15 Jahren, dann erkannt man anhand dieser Zahlen auch, dass sich die Abnahme im Lauf der Zeit beschleunigt hat.
Natürlich liegt die Kinderzahl mit über sechs Kindern pro Frau immer noch sehr hoch, was das massive Bevölkerungswachstum erklärt, auch wenn sich dieses nicht mit einer Exponentialfunktion erklären lässt – dazu müsste die Kinderzahl pro Frau über die Zeit stabil sein und irgendwo über 2 liegen. Und noch ein Punkt sei erwähnt, weil er später wichtig wird: Im Gegensatz zu natürlichen Populationen von Pflanzen, Tieren oder auch Bakterien sinkt in modernen menschlichen Populationen die Wachstumsrate nicht aufgrund limitierter Ressourcen, sondern sinkt – wie alle empirischen Daten zeigen – stattdessen mit einem Zuwachs an verfügbaren Ressourcen. Mit anderen Worten, Menschen in wohlhabenden Gesellschaften haben weniger Kinder. Warum das so ist, weiß allerdings niemand wirklich
Bleibt man nun aber beim Tschad, so ist angesichts der Kinderzahlen pro Frau klar, dass dessen Bevölkerung auf absehbare Zeit noch wachsen wird. Aber eine wachsende Bevölkerung alleine ist ja nicht mit Überbevölkerung gleichzusetzen. Und die wenigsten Menschen denken beim Thema Überbevölkerung sofort an den Tschad. Will man die Frage beantworten, ob die Menschheit ein Problem mit Überbevölkerung hat, muss man sie wie erwähnt zunächst konkretisieren, nämlich dahingehend, was wir eigentlich mit der Aussage „die menschliche Überbevölkerung ist ein Problem“ meinen. Welche Probleme sich angeblich aus einer lokalen oder globalen Überbevölkerung ergeben, und ob diese realen Probleme tatsächlich ursächlich mit dem Phänomen „Überbevölkerung“ zusammenhängen, diskutiere ich im zweiten Teil.
Andreas Zimmermann ist promovierter Naturwissenschaftler und lehrt an einer deutschen Hochschule. Er schreibt hier unter einem Pseudonym.