Natürlich ist es längst klar, daß Gesetze, wenn auch mit zeitlichem Verzug, immer dem Lauf der Dinge entsprechend angepasst, ausgesetzt oder erstmalig ratifiziert werden. Aber so, wie es gerade in Deutschland geschieht, hat man den Eindruck, bei der Wahrnehmung der Gesetze befänden sich Entscheider und Richter in einem Gemischt-Jusitz-Laden; mal wird EU-Recht über das nationale gestellt, dann wieder wird die eigene Gesetzgebung als immanenter denn die Brüsseler angesehen - ganz so, wie es gerade in den Kram passt. Diese Möglichkeit der zwei-gleisigen Entscheidung geht den im Artikel erwähnten Beispielen von konstitutioneller Monarchie als Rechtsstaat, dem/der demokratisch gewählten Diktator(-in), als auch der demokratischen Mehrheitsentscheidung ohne jegliche Rechtsbindung ab; hier gibt es ja immer nur das Abweichen von einem einzigen bisherigen Status Quo, aber kein Gutdünken bei der Auswahl der im Alltag zur Rechtsprechung gewählten Gesetzgebung. Vor dem Hintergrund dieser Art, die Dinge im Land zu regeln, muss man auch Orbans Ungarn und den anderen Visegrad-Staaten das Recht auf diese Wahlfreiheit ganz natürlich zugestehen,, ohne sie dafür zu richten - vor welchem Gremium sollte dies denn dann auch geschehen ? Wem, sowohl inner- als auch außerhalb, soll ein solches Europa als stabiler Garant für Verlässlichkeit und Berechenbarkeit erscheinen ?
Brüssel kann also nach Auffassung von Thym und anderen Artikel des GG außer Kraft setzen. Zur Änderung des GG ist aber eine zweidrittel- Mehrheit in Bundesrat und Bundestag nötig. Ich weiss nicht, mit welchen Mehrheiten die Dublin-Regeln und andere Regeln die Migration in der EU betreffend beschlossen wurden. Zumindest war es für die Öffentlichkeit kaum sichtbar, was da letztlich beschlossen wurde. Insofern halte ich die Meinung von Herrn Thym noch immer für fragwürdig.
Die wirksamste Abstimmung ist immer die Abstimmung mit den Füßen. Die DDR mußte es erleben. Die BRD wird es auch erleben, allerdings in anderer Form. Diejenigen, die den Weltverbesserungsunfug tatsächlich bezahlen, nämlich die echten Nettoeinzahler in die öffentlichen Kassen, werden sich den Unfug nur bis zu einem gewissen Umfang ansehen. Deutschland ist heute schon für Spitzenkräfte im weltweiten Wettbewerb eher unattraktiv und setzt zur Zeit alles daran möglichst noch unattraktiver zu werden. Wir werden also keine Fachkräfte ins Land bekommen und vergraulen die eigenen Leistungsträger nach Möglichkeit. Damit ist die weitere Entwicklung aber recht deutlich vorgezeichnet: Entweder es kommt zu einem Crash, der den Weltverbesserern die wirtschaftliche Basis entzieht und wieder zu politisch vernünftigem Handeln führt oder aber -was zu befürchten ist- es kommt zu einem schleichenden wirtschaftlichen Niedergang, weil die Machteliten alles daran setzen werden, die bestehenden Machtstrukturen so lange als möglich auftrecht zu erhalten, egal wie unsinnig die dazu verwandten Mittel sind. Letzteres kann gerade augenfällig mit der Niedrigzinspolitik beochbachtet werden.
Das Selbsteintrittsrecht aus Artikel 17 Dublin III ist eine Ausnahmeregel, die von interessierten Kreisen zur allgemeinen Regel umgebogen worden ist / wird. Die entscheidende Frage in dem ganzen „Flüchtlings“-Kontext wird hier aber leider nicht gestellt. Wieso haben diese von den Medien tatkräftig unterstützten Kreise, die schon vorher die Macht gehabt hatten und im letzten September erneut gewählt worden sind, nicht die Gesetze an ihre Absichten angepasst? Dann müsste es doch gar nicht zu zweifelhaften Rechtsumdeutungen oder Rechtsbeugungen kommen. Also warum haben sie diese Anpassung nicht unternommen bzw. unternehmen sie diese nicht?
Wenn man Ihre Gedanken konsequent zu Ende denkt und die “Rechtsauslegung” und möglichen, demokratischen Spielregeln berücksichtig, gibt es doch nur EINEN Ausweg aus dem Hamsterrad, wenn man nicht alles stillschweigend mit sich machen lassen möchte, oder akzeptieren kann!
Der Artikel lässt mich verwirrt zurück. Dass Juristerei keine Wissenschaft sondern ein Handwerk ist, war mir immer schon klar. Schließlich gibt es Lehrstühle und Professuren nicht nur dort sondern sogar in der Theologie. Aber, wo suche ich mein Recht, wer schützt mich vor Willkür von Mehrheiten, Minderheiten oder des Staates? Nach der Lektüre des Artikels sehe ich keinen Ort, wo ich sicher leben kann. Ernüchternd.
„Erst einigen wir uns auf das gewünschte Ergebnis und anschließend finden wir eine Begründung.“ Damals fand ich das als idealistischer Verfechter des Rechtsstaatsprinzips unerhört, heute muss ich anerkennen, dass der Richter aufgrund seiner langjährigen Erfahrung einfach nur die Rechtswirklichkeit wiedergab.” Wenn das die Rechtswirklichkeit ist, dann gibt es keinen Rechtsstaat. Zu dieser lapidaren Kapitulation eines promovierten Juristen fällt mir nichts mehr ein. Dieser Satz ist geeignet, meine Wut und Verzweiflung, der ich täglich unter großem Energieaufwand meine Gelassenheit entegensetzen muss, aufblühen zu lassen.
“Dagegen sind weder Menschenmassen auf die Straße gegangen noch erfolgte eine Abwahl der Regierung;” Das kann man ja noch auf die Dummheit oder das Desinteresse der Wahlbevölkerung schieben und so durchgehen lassen. Das aber der Großteil jener diejenigen als Pack, Rechtspopulisten oder Schlimmeres beschimpft, die gegen die Zersetzung des Rechtsstaat aufstehen, ist eine Frechheit. Genau dieser Umstand weist dann auch das dadurch latente Aufstand- und BürgerkriegRisiko dieser Entwicklung aus.
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