Will der CDU-Landesvorsitzende nun einen offeneren Umgang mit der "bösen Partei" pflegen oder sind das nur populäre Täuschungsmanöver?
Nachdem in Sachsen die Sondierungsgespräche zwischen CDU, Wagenknecht-Bündnis und SPD gescheitert sind, steht die CDU als stärkste Partei im Freistaat vor der Frage, wie es nun weitergeht? Kurz nach dem Jahreswechsel muss ein Ministerpräsident gewählt sein, sonst gibt es Neuwahlen. So schreibt es die Verfassung vor, es ist also nicht weg verhandelbar. In den meisten Medien wird die Frage nach der nun erwartbaren Regierungsbildung recht simpel beantwortet: Da die CDU Koalitionen mit der AfD und den Linken ausschließe, bleibe Kretschmer im Grunde nur die Option, mit der SPD eine Minderheitsregierung zu bilden.
Dabei bleibt die Frage unbeantwortet, warum die Christdemokraten die schwächelnde SPD als Koalitionspartner einer Minderheitsregierung mit ins Boot holen sollten. Ohne Mehrheit könnte sie doch auch allein eine Minderheitsregierung bilden und auf allen Seiten Mehrheitsbeschaffer suchen. Mit der SPD im Bunde würde sie doch ohnehin wieder nur um die eventuelle Zustimmung von den Grünen bzw. den beiden aus der Erbmasse der SED entstandenen Parteien buhlen. Hier auf achgut.com wurde ja auch schon spekuliert, Ministerpräsident Michael Kretschmer könnte sich von der AfD mit ins Amt wählen lassen und damit den Abriss der sogenannten Brandmauer beginnen. Jetzt hatte auch die Online-Plattform „The Pioneer“ in ihrem Newsletter „Hauptstadt Briefing“ berichtet, der Ministerpräsident plane nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche eine Abmachung mit der AfD, nach der sich die künftige Regierung von der AfD tolerieren lasse. Dazu passt, dass sich Kretschmer vor zwei Tagen im Landtag mit dem AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Jörg Urban zu einem vertraulichen Gespräch getroffen hatte.
Jetzt beeilte sich Kretschmer allerdings, in einem Gespräch mit der Welt wieder zu versichern, dass es keine Absprachen mit der AfD gäbe und geben werde. Nun ist der sächsische Ministerpräsident für sein Zurückrudern nach einer aufsehenerregenden Äußerung bekannt. Insofern ist diese Reaktion keine Überraschung. Aber sie ist ein Signal, dass die Entschlossenheit zum Brandmauer-Abriss beim sächsischen Ministerpräsidenten noch ziemlich begrenzt ist. In weiten Teilen seiner Parteibasis sieht das allerdings anders aus.