Thilo Schneider / 02.10.2021 / 10:00 / Foto: Accurimbono / 63 / Seite ausdrucken

Rundumschlag vom toten Pferd herab

Es gibt nach dieser Wahl so viele wunderbare Themen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll… Daher hier ein kleiner Rundumschlag aus Possen, die es erst jetzt in die Schlagzeilen geschafft haben, das tiefere Gründeln im Sumpf der Dummheiten überlasse ich kompetenteren Kollegen.

Top 1)

In Berlin wurden die Wahlergebnisse mangels Stimmzetteln, unordentlicher Auszählung, vorübergehender Schließungen der Wahllokale und dadurch erweiterter Öffnungszeiten einfach geschätzt. Wie haben also 150 Prozent der Berliner Wahlberechtigten gewählt? Na, so, dass es passt! Wer sich der Liebe seiner Bevölkerung sicher ist, der braucht auch keine ordentlichen Wahlen. Nicht, dass am Ende noch die AfD… Die Berliner Verwahlverteilerin Petra Michaelis ist zwar zurückgetreten (worden), aber eigentlich ist das in Berlin eh schon egal. Diese Stadt hat mittlerweile mit dem kläglichen Rest Deutschlands so viel zu tun wie Warschau mit der Türkei.  

Top 2)

Asylbewerber werden hart diskriminiert: Sie dürfen zwar mit Falschangaben nach Deutschland einreisen und Schutz suchen, das ist erlaubt. Wenn sie aber in Schleswig-Holstein nächstens von ihrem Taschengeld ein Restaurant besuchen und dort ebenfalls mit Falschangaben dinieren, dann wird nächstens ein Bußgeld von 1.000,- € fällig. Ein Teufelskreis… Zweiteres gilt übrigens auch für Schon-länger-hier-Zahlende und nicht nur für Erst-seit-kurzem-Kassierende. Ich persönlich halte dies für einen perfiden Plan, Identitätsfeststellungen heimlich an die Gastronomie auszulagern. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie die Gastronomen Bekannte anrufen: „Yussuf, ich habe hier einen Mohammed Dschihad aus Idlib. Du kommst doch auch daher. Kennst du den? Kannst du das verifizieren?“

Top 3)

Manchmal hängt es an einem Satzzeichen, das macht das Deutsche ja so schön. „Hängt die Grünen!“ ist eine Aufforderung zu einer Straftat, wegen des Ausrufezeichens. Das ist zu Recht(s) verboten. „Nazis töten.“ geht vollkommen in Ordnung, da keine Aufforderung, sondern lediglich eine Feststellung. Weil wegen des Punkts und keines Ausrufezeichens. Das ist gegen Rechts erlaubt.

Kommt wir essen Saskia und Sawsan – na, wo gehören die Kommata hin?

Top 4)

Das „Zentrum für politische Schönheit“ freut sich ein zweites Loch ins Zentrum. Über eine fingierte Anzeige bzw. E-Mail hat das Zentrumskomitee sich über eine fingierte Firma namens „Flyerservice Hahn“ 5 Millionen Flyer der AfD zur Verteilung schicken und bezahlen lassen, um diese dann zu vernichten. Witzig, oder? Kommen Sie! Das ist witzig! Tolle Aktion. Und es kommt noch besser: Weil doch die AfD nicht nur alle ganz finstere Nazis sind, wie jeder weiß, sondern auch noch recht extrem humorbefreit sind, haben die den lustigen Clownladen auf Schadenersatz und wegen Betrugs verklagt.

Das war natürlich den Linkskaspern schon vorher klar, trotzdem haben sie via Crowdfunding über 100.000 Euro für Anwalts- und Gerichtskosten eingesammelt, um straf- und zivilrechtliche Konsequenzen abzuwehren. Ist schließlich eine „Kunstaktion“, und es trifft ja stets die Rechtigen. Über die erbosten Reaktionen der diversen AfD-Verbände machen sich die fröhlichen Flyervernichter dann auch noch auf ihrer Website lustig. Welchen Schaden dies für eine Demokratie bedeutet, ist den Spaßvöglern natürlich völlig wurst. Apropos Wurst: Das haben sie mit den lustigen Lümmeln der PARTEI dann wieder gemeinsam. Ich würde mir wirklich wünschen, dass hier einmal weniger laut gelacht wird.

Top 5)

Die 95-jährige Sekretärin des KZ Stutthof, die eigentlich nach Jugendstrafrecht wegen Beihilfe zum Mord (sie war zu Zeiten ihrer Berufsausbildung im KZ erst 17 Jahre alt) vor ein ordentliches Gericht hätte gestellt werden sollen, ist zuerst einmal geflohen, wurde aber jetzt auf der Flucht erfasst. Es ist toll, wie effektiv nicht nur Sekretärinnen von Konzentrationslagern, sondern auch die bundesdeutsche Justiz arbeitet – wenn sie denn muss. Ihr Chef (also, der der Sekretärin des Grauens, nicht der Bundesjustiz), der letzte Kommandant des KZ Stutthof, der nicht nur durch das Schreiben von Briefen „beigeholfen“ hat, Hauptsturmführer Hoppe, erhielt 1957 eine Gefängnisstrafe von neun Jahren, von denen er aber nur drei Jahre absitzen musste. Wahrscheinlich wegen guter Führung? Gut, mit 95 wäre „lebenslänglich“ jetzt auch keine soooo schlimme Strafe mehr.

Top 6)

Apropos Totalausfall: Weihnachten steht zwar nicht vor der Tür, aber bereits in der Hofeinfahrt. Sofern die Grünen an der nächsten Regierung beteiligt sind, schadet es nichts, Decken, einen Blumentopf und Teelichter zu Hause zu haben. Wie es das Bundesministerium für Katastrophenschutz vorsorglich bei den zu erwartenden Black-Outs empfiehlt. Und apropos Black: Wo Sie für die final kuschlige Familienatmosphäre einen PoC herbekommen, verrät das BBK in seinem furzgemütlichen Video leider nicht.

Top 7)

Meine Kleinpartei hat bei der Bundestagswahl mehr Stimmen abgeräumt, als so manches Wendler-Konzert Besucher hat. Wenn ich mir etwas hätte sparen können, so wäre es die Arbeit dafür gewesen. Ich bin gespannt, wie tot mein Pferd ist!

(Weitere Top-Artikel des Autors unter www.politticker.de)  

 
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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E Ekat / 02.10.2021

Lachen wir, solange dies noch grundgesetzlich gestattet ist. Ja, und was das Pferd betrifft: sowas als Lichtblick betrachten zu müssen - damit meine ich nicht Sie, Herr Schneider - das erfordert eine völlig neu Technik des Lachens.

Gabriele Kremmel / 02.10.2021

Herr Schneider, Tote Pferde sind out, man reitet jetzt diversitätsnah auf Rosa Elefanten.

Heiko Stadler / 02.10.2021

“Nazis töten” ist der Wahlslogan von “Die Partei”. Vor zwei Wochen hatte ich Kontakt zum einzigen Vertreter dieser Partei in meiner Region. Anhand seines hysterischen Gestammels, das er gegen mich richtete, konnte ich entnehmen, dass er mit “Nazis” keineswegs die Antifa oder andere Extremisten meint, sondern die politische Opposition, also die AfD. Auch seine Tötungsabsicht brachte er durchaus glaubwürdig zum Ausdruck, wenn er eben nicht dummerweise alleine mir gegenüber gestanden hätte. Glücklicherweise kann “Die Partei” ihr Wahlversprechen nicht in die Tat umsetzen, da sie etwa so viele Stimmen bekam, wie die Anzahl der unfallfreien Sätze in einer Rede von Annalena.

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