Joachim Nikolaus Steinhöfel / 09.04.2020 / 10:30 / Foto: Achgut.com / 37 / Seite ausdrucken

Rundfunkbeitrag: Bar an Buhrow

Robert XY (anonymisiert) klagt über seine seit langem abnehmende Begeisterung angesichts der Leistungen, die ihm von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten täglich angeboten werden. Und für die er zu bezahlen hat. Das mag vielen, insbesondere den Mitarbeitern der Sender selbst, unverständlich erscheinen. Leisten deren Redaktionen derzeit doch Schwerstarbeit, indem sie jeden Tag die neuen Infiziertenzahlen vorlesen, die man auch selber und kostenlos bei der Johns Hopkins-Uni nachschlagen kann. Aber Robert ist einfach nicht von seiner Auffassung abzubringen. Er beruft sich auf etwas, das er „Meinungsfreiheit“ nennt. Gut, wir haben das wohl hinzunehmen.

Unser Protagonist hat nun von dem Bestreben vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger gehört, den Rundfunkbeitrag in bar entrichten zu wollen. Ein Vorhaben, das den Anstalten nicht gefällt. Und gegen das sie sich mit allen verfügbaren Mitteln, sogar mit einem auf Kosten der Gebührenzahler geführten Prozess wehren, der über das Bundesverwaltungsgericht zum Europäischen Gerichtshof gelangt ist. Das Bundesverwaltungsgericht übrigens hat sich klipp und klar auf den Standpunkt gestellt: Barzahlung geht. Interessiert den „Beitragsservice“ aber nicht.

Robert ist nun auf folgende verschlagene Idee gekommen. Er hat am 17.02.2020 einen Brief an den Chef der größten öffentlich-rechtlichen Anstalt geschrieben, den WDR. Dort steht:

„In der Anlage zu diesem Schreiben erhalten Sie daher eine Euro-Banknote über € 50,00. Damit dieser Betrag Sie als Vertretungsberechtigten des WDR auch sicher erreicht, schicke ich diesen Brief per Einschreiben / Eigenhändig. [Den Betrag] bitte ich meinem Beitragskonto gutzuschreiben…Wie Sie sehen, weigere ich mich nicht, meinen Beitrag zu leisten. Ich bitte Sie daher, den Beitragsservice anzuweisen, den gegen mich ergangenen Festsetzungsbescheid aufzuheben, da hierfür keine Veranlassung mehr besteht.“

Wie es sich gehört, beim „Beitragsservice“ abgeliefert

Und ob Sie es glauben oder nicht: Bar an Buhrow klappt. Es hat zwar etwas gedauert, bis die am 17.02.2020 auf die Reise geschickten € 50,00 beim Beitragsservice ankamen. Aber schließlich wurden sie dem Beitragskonto von Robert XY am 03.03.2020 gutgeschrieben. Tom Buhrow hat also dem Umschlag das Bargeld entnommen und es, wie es sich gehört, beim “Beitragsservice” abgeliefert.

Wem also die Vollstreckung droht, der mag sich an diesem beherzten Handeln ein Beispiel nehmen und den von ihm geschuldeten Betrag oder einen Teil davon, den man in Scheinen bezahlen kann, an den Intendanten des öffentlich-rechtlichen Senders schicken, der für ihn zuständig ist. Ich bin sicher, die Intendantinnen und Intendanten, ehrlich wie sie sind, werden die Barschaft ordnungsgemäß beim Beitragsservice abliefern. Es wäre ja auch zu lustig, wenn sie das Geld an den Absender auf Kosten der Gebührenzahler zurückschickten und damit zum Ausdruck brächten, dass sie es gar nicht haben wollen. Dann könnte man anfangen, darüber nachzudenken, ob das rechtlich womöglich als Verzicht zu werten sein könnte. Man will zwar das Geld, schickt es aber zurück, wenn man es hat? Ich bin mal gespannt.

So und jetzt kommen wir halsüberkopf von Robert XY zu Felix Huesmann (Name nicht von der Redaktion geändert). Die meisten werden ihn kennen, wenn nein, eine Kurzinfo: „Felix Huesmann ist freier Journalist und lebt und arbeitet in Berlin. Du kannst ihn unter felixhuesmann@gmx.de kontaktieren“ heißt es bei „Buzzfeed“. Das ist eine Plattform, für die Felix schreibt und die sein Eigentümer jetzt nicht mehr haben, sondern verkaufen will. Was am 07.04.2020 herauskam.

Mehr über Felix

Wer mehr über Felix wissen möchte, findet bei medwatch.de diesen Eintrag: „Felix Huesmann ist freier Journalist und Nachrichtenredakteur. Er arbeitet vor allem zu Politischem und beschäftigt sich dabei viel mit Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien. Felix hat als Politikredakteur für das Newsportal Watson.de gearbeitet und als freier Journalist für Medien wie Vice, die Deutsche Presse-Agentur und Übermedien geschrieben.“ Schließlich schreibt Felix aber auch noch für „bento“, die „Apotheken-Rundschau“ für Präpubertierende, die Bräunungscreme kaufen, wenn das von einem „Influencer“ auf Instagram empfohlen wird.

Nun erbat Felix ein Interview mit mir, weil ich ein oder zwei Texte dazu geschrieben habe, wie man die Öffentlich-Rechtlichen ein bisschen ärgern kann. Er versicherte mir per Mail: „…als Anwalt mit einer gewissen Bekanntheit und Reichweite würde ich ihnen durchaus eine große Relevanz beimessen.“ Ach, dieser Schmeichler, dachte ich, schauen wir mal, was er journalistisch so draufhat. Was bei dem Artikel („Eine rechte Sabotage-Kampagne will ARD und ZDF zu Fall bringen“) rauskommen würde, war zwar klar. Ich fasse seinen wesentlichen Inhalt trotzdem kurz zusammen:

„..rechte Sabotagekampagne, Rechtskonservative, Neurechte und Rechtsextreme blasen zum gemeinsamen Angriff auf ARD und ZDF. Sie zahlen ihre Beiträge in Cent-Stücken und verlangen Auskunft über ihre Daten… rechten Wutbürger-Initiative... rechten Kreisen… rechtskonservativ… breite, rechte Koalition… rechte Koalition… aus Rechtskonservativen, neurechten… Verschwörungstheoretikern, Rechtsextremen…neurechten Aktivisten… rechten und rechtsextremen Kreisen… rechter Kreise… breiten Spektrum aus Rechtskonservativen, Neurechten und Rechtsextremen… rechte Nachwuchs-Influencer… rechte YouTuber… rechte YouTuberin… rechtsextremen…rechtsextremen Kreisen… Rechtsextremen und Reichsbürgern… rechten Internet-Kreisen… Rechts und rechtsextreme Accounts… jungen, rechten Initiative… das ganze rechte Spektrum… rechtsextremen… rechte Blog… rechtsextreme… rechtsextreme…rechtsextremer… Rechtskonservativen bis Rechtsextremen… rechtskonservativen CDU/CSU-Splittergruppe Werteunion… rechtsextremen… rechte… rechten Szene…rechts… neurechte Publizistin….“.

Das ist also die “journalistische” Bewertung, wenn man als Beitragszahler die Anstalten nach Datenschutzgrundverordnung um seine Daten bittet oder die Beitragszahlung bar entrichten möchte. Wer hätte das gedacht? Am schönsten an dem Text, ein Lehrbeispiel für restringierten Code, ist die Passage, mit der Felix glaubt, mich überführen zu können und sich dabei tüchtig blamiert. Zitat:

„Im Telefonat mit BuzzFeed News Deutschland bemüht Steinhöfel die Erzählung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als gesteuertem Staatsfunk, auch wenn er es nicht so direkt sagt. Von der verfassungsrechtlich verlangten „Staatsfreiheit des Rundfunks“ könne man nicht ernstlich sprechen, sagt er. „Die Parteien organisieren die ganze Veranstaltung so, als sei sie ein Filialunternehmen des politischen Betriebs,“… sagt Steinhöfel.“

Das Dumme daran ist nur, “mein Zitat” ist geklaut, ausgerechnet aus dem “Spiegel“, und völlig unverändert. Es entstammt wörtlich dem eminent lesenswerten Text „Schafft die Räte ab“ (Spiegel, 28.10.2013, Absatz 2, Satz 2).

Wenn die oben erwähnten neurechten Rechten, Rechtsextremen usw. mit dem „Spiegel“ bei der Bewertung der öffentlich-rechtlichen Anstalten in einem Boot sitzen, ist ja Deutschland doch noch nicht verloren. Auch, wenn Felix das leider nicht mitbekommen hat.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Steinhöfel.de

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NWolff / 09.04.2020

Ich warte jetzt immer auf die GEZ Mahnung. Erst dann wird gezahlt. Hätte eigentlich schon da sein müssen. Wenn diese eintrudelt, dann schicke das Geld auch in Bar an den zuständigen Intendanten. Super Idee! Viele Grüße, N.Wolff

Dr. Hans Christ / 09.04.2020

Jutta kann den Beitrag nicht annehmen. Sitzt an der Hausecke, natürlich auf der linken Straßenseite und bettelt um Almosen.

Stefan Riedel / 09.04.2020

“...Leisten deren Redaktionen derzeit doch Schwerstarbeit, indem sie jeden Tag die neuen Infiziertenzahlen vorlesen, die man auch selber und kostenlos bei der Johns Hopkins-Uni nachschlagen kann. ...”. Die Schwerstarbeit ist doch wohl, nachzuweisen, wie überhaupt und grundsätzlich ( oder auch gar nicht, aber egal) ist Donald Trump für diese Zahlen verantwortlich zu machen? Das hat seinen Preis! ( Gehirnakrobaten bei der Arbeit!).

Rico Martin / 09.04.2020

Man muß dem Felix danken. Er hat es zwar nicht gewollt, aber er hat mit seinem Handeln wieder mal bewiesen, das die ÖR zurecht Systemfunk genannt werden und er Teil selbigen ist. Felix kommt aus dem Lateinischen (felix, felicis) und bedeutet „vom Glück begünstigt“, „glücklich“, „erfolgreich“, oder „der Glückliche“ (Quelle: Wikipedia). Diesmal hat der Felix aber voll Pech. Felix, Felix… erinnert mich an Katzenfutter.

Frances Johnson / 09.04.2020

Köstlich, besonders die Zusammenfassung des Artikels.

Emmanuel Precht / 09.04.2020

Herr Richter, ich schlage vor den Beitrag an Frau Ditfurth zur Weiterleitung zu senden. Wohlan…

Heiko Stadler / 09.04.2020

Ich wusste gar nicht, dass das Staatsfernsehen noch sendet. Wie können die denn die Armlänge Abstand während der Coronakrise in den Funkhäusern einhalten? Also ich überweise erst mal nichts mehr, damit die armen ARD- und ZDF-Mitarbeiter schön zu hause bleiben, so wie es die Staatsratsvorsitzende befohlen hat - der Gesundheit zuliebe.

Michael Lorenz / 09.04.2020

Da fällt mir ein: meine (bislang 2) Klagen gegen den Ausraub- sorry: “Beitrags"service begründe ich u. a. auch damit, deren Dienste nicht zu nutzen (“Fernsehen ist ein Medium von Idioten für Idioten”, Simone de Beauvoir). Eine Landschafts-Doku habe ich neulich aber doch geschaut, und da ich meinen Kampf ehrlich führe, zahle ich das auch. Ich schätze mal den Wert eines einzelnen Beitrages auf 1,99 €, die ich dann gleich eintüte und an einen der hohen Demokatiepfleger per Post mit Sendungsverfolgung schicken werde. Vielleicht auch in immer noch gültigen DM-Beträgen, also 3,98 DM? (Wenn ich nicht irre, habe ich noch eine alte randvolle Sammelbox, da sich sicher 398 Pfennige drin ...)

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