Bertha Stein, Gastautorin / 22.08.2018 / 06:20 / Foto: Pixabay / 31 / Seite ausdrucken

Rudel-Mania

Alles wird gemeinsam im Rudel gemacht. Es herrscht „Rudel-Mania“. Sport gucken, Singen, Bummeln und sogar wissenschaftliches Schreiben. Aber die soziale Rudelkarikatur übertrifft sich selbst. Menstruieren und Masturbieren im Rudel werden salonfähig. Das zeigt, es geht immer ein Stückchen weiter.

Der Mensch als „Mängelwesen“. So bezeichnete der Soziologe Arnold Gehlen den Menschen. Ob Geruchssinn oder Hörsinn, ob Schnelligkeit oder Muskelkraft. Im Gegensatz zum Tier kann sich der Homo sapiens nicht als Grandseigneur der Körperlichkeit rühmen. Diese Positionen übernehmen etwa der Adler als „König der Lüfte“ oder der Jaguar als „König der Dschungel“. Deswegen bedient sich der Mensch diverser Hilfsmittel, mit denen er seine Unterlegenheit kompensieren kann.

Zu hässlich, zu langweilig, zu blöd? Kein Problem, die neue, „schöne“ Katalognase wartet schon, Google spuckt gegen die Langeweile einige „aufregende“ Sprüche aus und Wikipedia kaschiert das Gröbste der intelligenten Unterlegenheit. Böse Zungen würden höhnen: „Je mehr der künstlichen Helfer, desto knauseriger die Natur.“

Und genau diese Knauserigkeit stellt nach Gehlen einen Grund für das Entstehen gesellschaftlicher Institutionen dar. Somit bieten sie dem Homo sapiens Orientierung und Sicherheit und damit Überlegenheit. Doch die Institutionen bröckeln, wie etwa die Ehe. Sie treibt vom sicheren Hafen auf die offene, stürmische See zu – ohne Land in Sicht.

Das A und O nicht-demokratischer Staaten

Diese Orientierungslosigkeit verunsichert viele. Daher kapert man ein Schiff nach dem andern, so lange, bis ein „Rudel“ entsteht. Der Homo sapiens befindet sich voll im „Rudelrausch“. Alles, was im Rudel gemacht werden kann, wird „verrudelt“. Fußballgucken beim „Rudelviewing“, öffentliches Grölen beim „Rudelsingen“ oder Late-Night-Shopping beim „Rudelbummeln“.

Doch vielleicht schwelgt manch einer nur in alten Erinnerungen? Schließlich sind „Rudelveranstaltungen“ und „Rudelorganisationen“ das A und O nicht-demokratischer Staaten. Vom „Rudelappell“ während des Nationalsozialismus bis hin zum sozialistischen „Rudelbuddeln“ im Sinne Erich am Strand mit Familie und Kollegen.

Sogar an der intellektuellen Sammelstelle, der Universität, grassiert das nostalgisch-romantische „Rudelfieber“. Wissenschaftliche Traktate entstehen nicht mehr im stillen Kämmerlein. Stattdessen tippt man sich die Finger beim „Rudelschreiben“ wund – und um die Exzellenz der wissenschaftlichen Kunstwerke weiß man spätestens seit der „Fake Science“-Debatte. Das ist intellektuelle Exzellenz – zumindest aus der universitären Perspektive gesehen. Doch zu universell sollte man „vom Kopf auf die Füße gestellt“ auch nicht nehmen.

Und wer nach einem schweren Arbeitstag an der „Rudeluniversität“ den Kopf frei bekommen möchte, geht mit seinen Freundinnen zur gegenseitigen Huldigung der weiblichen Fruchtbarkeit zum „Rudelbluten“. Doch die „sauberen“ Freundinnen müssen nicht traurig sein, denn auch sie kommen auf ihre Kosten – zumindest an der Universität  Bielefeld. Dort trifft man sich zum Ausspannen beim gemeinsamen „Rudelmasturbieren“. Eins, zwei, drei und los.

Was kommt danach? „Rudelvorträge“ mit anschließendem „Rudelkuscheln“? Ein Wort pro Wissenschaftler inklusive „Danceperformance“, um die Attraktivität seiner Darstellung zu steigern und um die Hörer dort abzuholen, wo sie sind (so wie Pädagogen gerne behaupten). Wenn dem so wäre, müsste man die „Rudelvorträge“ überspringen und direkt zum „Rudelkuscheln“ übergehen. Doch der verantwortungsvolle Wissenschaftler weiß: „la science oblige“ und das ist schließlich eine Frage der wissenschaftlichen Ehre.

Wie man sieht, schlägt die „Rudel-Mania“ um sich. Auf der Arbeit, in der Freizeit, einfach überall. Der Fantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Fast alles lässt sich „verrudeln“, die Unterlegenheit muss nur groß genug sein.

Ist somit der einsame Wolf, der überlegt, auch dem Rudel überlegen?

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Bernhard Freiling / 22.08.2018

Rudel gebären Schwarmintelligenz. Wenn die eigene Denkfähigkeit zu begrenzt ist, lebt es sich als Schwarmintelligenter ganz famos. Es ist die Schwarmintelligenz, der wir das zu verdanken haben. Die Schwarmintelligenten:  Das sind die, die hier das Sagen haben. Die Lobbyvereine mit Bundesmitteln unterstützen um erfolgreich der Automobilindustrie und der Gentechnik zu schaden. Das sind die, die glauben, Strom könne “im Netz” gespeichert werden. Das sind die, deren Glaubensbekenntnis es ist, 1000 Dummköpfe auf einem Haufen seien klüger als ein einzelner Intelligenter.  Das sind die Idioten, die sich ihre eigene Expertise von noch größeren Dummköpfen ständig bestätigen lassen müssen. Das sind die, die gerade im Begriff sind, dieses offene, grenzenlose Territorium Europas, ehemals unter dem Namen “Deutschland” bekannt, hinzurichten. Schwarmintellingenz - der immer passende Deckel auf jeden Sozialistenpott.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Bertha Stein, Gastautorin / 11.10.2019 / 06:00 / 48

Journalismus: „Gala“-Berichterstattung für Intellektuelle

Der deutschen Medien Lieblingsthema sind wohl die Klima-Girls Greta, Luisa und Carola. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht nicht über Greta Thunberg, ihre deutsche…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 08.08.2019 / 14:00 / 81

„Die Demokratie ist weiblich“

… und „die“ Dummheit unendlich, Sebastian Krumbiegel. Mit dem Lied „Die Demokratie ist weiblich“ feiert sich die politisch korrekte Weiblichkeit selbst. Dass die Bundeszentrale für…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 14.07.2018 / 06:24 / 28

Entertainment mit Polit-Moral? Gute Nacht!

Von Bertha Stein. Bekanntlich verdirbt Politik den Charakter. Trotzdem findet eine Politisierung der Unterhaltung bei gleichzeitiger Moralinszenierung des politischen Tagesgeschäfts statt. Man muss kein Hellseher sein,…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 28.04.2018 / 13:00 / 3

Wir sind smart, wir sind agil, wir sind bankrott 

Von Bertha Stein. Dass so einiges schief gehen kann, wissen wir nicht nur seit der politischen Kunstinstallation BER, dem Berliner Flughafen. Während täglich Kosten von…/ mehr

Bertha Stein, Gastautorin / 14.04.2018 / 06:20 / 14

„March for Science“: Ostermarsch der Wissenschaftler

Von Bertha Stein. Welch frohe Botschaft: Heute, am 14. April, findet zum zweiten Mal der „March for Science“ statt. Wobei das eigentlich so nicht korrekt…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com