Rainer Bonhorst / 14.08.2019 / 16:00 / Foto: Mattbuck / 28 / Seite ausdrucken

Rote Karte für den Schalke-Manager?

Im Fußball gibt es ein paar ganz vernünftige Regeln. Zum Beispiel die: Wenn einer ein Foul begeht, bekommt der Gegner einen Freistoß. Wenn es ein grobes Foul ist, gibt es eine gelbe Karte. Wenn es sich um den Versuch einer Körperverletzung handelt, kann die Karte rot sein, und der Täter muss mit gesenktem Kopf das Spielfeld verlassen. Aber auch der Empfänger einer roten Karte darf nach einer Schamfrist bei einem der nächsten Spiele wieder mitmachen. 

So vernünftig geht es auf dem Spielfeld zu: Milde, Härte, Gnade. Wie es im wirklichen Leben zugeht, erlebt gerade der Fußball-Manager Clemens Tönnies jenseits des Spielfeldes. Als Opfer einer gnadenlosen Hexenjagd wünscht sich der Schalke-04-Boss wahrscheinlich, kein Manager im wirklichen Leben sondern ein Spieler auf dem Feld zu sein.

Tönnies steht nicht im Verdacht, mit dem Teufel im Bunde zu sein, aber ihm wird etwas heute ebenso schlimmes vorgeworfen. Er steht im Verdacht, ein Rassist zu sein. Wie bei der Hexe ein Teufelsmal genügte, um den ganzen Leib zu verdammen, so genügt heute ein verbaler Ausrutscher, um aus einem zuvor unbescholtenen Menschen einen Rassisten, also einen Gottseibeiuns zu machen.

Wäre der Ausrutscher auf dem Spielfeld passiert, so hätte es schlimmstenfalls eine gelbe Karte gegeben, wenn überhaupt. Es war ein Ausrutscher im Ton, in der Sache kann man streiten. Aufs Spielfeld übertragen: Tönnies hat erst den Ball berührt, ehe er das Schienbein des Gegners traf. Was hat er gesagt? Er hat gesagt, man solle Kraftwerke nach Afrika schaffen, damit die Afrikaner abends Licht haben und weniger Kinder produzieren. Das war ziemlich schnodderig, weil er seinen Spruch nicht an einer Theke losgelassen hat, sondern bei einer hochoffiziellen Ansprache. Der Rassismus kommt ins Spiel, weil der schnodderige Spruch Afrika betrifft. Und Afrika heißt immer gleich: Vorsicht! Rassismus-Gefahr.

Strommangel führt in der Tat zu einer erhöhten Geburtenrate

In der Sache, also was die Ballberührung betrifft, muss man sagen: Strommangel führt in der Tat zu einer erhöhten Geburtenrate, nicht nur in Afrika. Als 1977 in New York die Lichter ausgingen, kamen neun Monate später bekanntlich auffallend viele Babys zur Welt. Babys aller Farbtöne, von kalkweiß bis dunkelbraun, ein rassenübergreifendes Phänomen. Das Beispiel relativiert die Vermutung einer bekannten Fürstin, dass Afrikaner nun mal gerne „schnackseln“. Vielmehr deutet die New Yorker Episode darauf hin, dass unabhängig von der Hautfarbe, im Dunkeln nun mal gerne gemunkelt wird.

Hier hinkt also der Rassismus-Vorwurf gewaltig. Etwas anders sieht es auf den ersten Blick mit dem impliziten Hinweis auf das rasante Bevölkerungswachstum in Afrika aus. Da fragt sich der selbst ernannte Rassismus-Beauftragte: Gönnt der Schalke-Boss den Afrikanern etwa nicht die vielen süßen Kinderlein, die in Ermangelung zuverlässiger Stromerzeugung entstehen? Das könnte ein Fall von Rassismus sein. Allerdings ist die dramatisch wachsende Erdbevölkerung ganz unabhängig von Afrika eines der größten Menschheits-Probleme überhaupt. Dieses Problem existiert überall dort, wo Armut herrscht und Kindersegen eine Art Altersversicherung ist. Und da es ein Armutsproblem ist, trifft es auch in besonderem Maße auf Afrika zu. In besonderem Maße, aber bei weitem nicht ausschließlich.

Mit anderen Worten: Man muss schon ziemlich spitzfindig sein, um dem Schalker einen schweren und strafwürdigen Fall von Rassismus unterzujubeln. Zumal Tönnies vorher nie durch irgendwelche rassistischen Regungen aufgefallen ist. Im Gegenteil: Fußball-Manager bewegen sich in einer Welt, die weitaus bunter ist, als das Leben außerhalb des Spielfeldes, und in der aktiv gegen Rassismus gekämpft wird. Das unterscheidet die Fußball-Manager von einem Teil der Fußball-Fans, die in dieser Hinsicht immer wieder unangenehm auffallen. Dass ausgerechnet aus den Kreisen der Fans der mächtige Shit-Storm gegen Tönnies angefeuert wird, ist fast komisch. Oder besser: Da bläst sich eine Truppe auf, die genau weiß, dass bei ihren Nachbarn die eigentlichen Rassismus-Schuldigen zu finden sind.

Der Schnodder-Kopf soll rollen

Was bleibt, ist der schnodderige Ton. Ach du meine Güte. Wenn schnodderige Töne reichen, um zur Hexenverbrennung zu schreiten, dann sage ich: Gott zum Gruße finsteres Mittelalter. Aber die traurige Wahrheit ist: Heutzutage reicht tatsächlich ein falsches Wort, um Zeter und Mordio auszulösen. Tönnies ist nicht der erste und wird nicht der letzte sein, auf den der Empörungskult brutal hernieder prasselt. Gnade wird nicht gewährt. Die gibt es nur auf dem Fußball-Feld. Tönnies hat sich entschuldigt und hat sich auf längere Zeit in eine freiwillige Quarantäne begeben. Aber selbst die Demutsgeste reicht dem Empörungs-Mob nicht. Der Schnodder-Kopf soll rollen.

Meine Empfehlung: Einmal bitte Video-Beweis. Und nochmal genau anschauen, was da wirklich passiert ist. Ob es tatsächlich ein Foul war, das einen Platzverweis auf Lebenszeit rechtfertigt. Mir würde, wie gesagt, eine schnelle gelbe Karte genügen und weiter geht's. 

Warum reicht das Gelb den Rassismus-Wächtern nicht? Warum sehen sie rot und wollen rot sehen? Hier ist mein ganz persönlicher Rassismus-Verdacht: Die Empörten pumpen sich so auf, weil sie vor ihrem eigenen bösen Rassismus-Teufelchen Angst haben, das versteckt noch in ihnen wohnt. Sie treiben ihren kleinen Teufel mit dem Belzebub eines anderen aus.  Wie sagte der große Philosoph F.W. Bernstein: Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.

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Leserpost

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Martin Landner / 14.08.2019

Ach Leute, Donald Trump hätte im ersten Absatz den Linken Rassismus vorgeworfen, im zweiten den Manager kurz entschuldigt & ihn einen tollen Hecht genannt & dann weitere drei Absätze darübe geschrieben, wie rassistisch Linke sind. Ihr macht immer wieder den gleichen Fehler: Ihr verteidigt euch, selbst gegen die absurdesten und an den Haaren herbeigezogensten Vorwürfen. Und damit habt ihr schon verloren.

Sepp Kneip / 14.08.2019

Tja, Herr Bonhorst, das ist heutzutage Deutschland. Der Bürger spielt nicht mehr den Ball, der Bürger wird selbst zum Spielball. Zum Spielball der Interessen derer, die jeden in die Pfanne hauen, der die selbst entworfene political correctness missachtet. Und warum das? Weil hier ein Deutschland aufgebaut wird, das nur noch links/grüne Denkungsart zulässt. Damit ja kein Zweifel aufkommt, wird die schnodderige Art des Herrn Tönnies, etwas Wahres auszusprechen, als rassistische Todsünde hochstilisiert. Herr Tönnies, deklarieren Sie doch einfach das Gesagte als Satire. Bei Beleidigungen von Linken gegenüber Rechten hat das immer funktioniert.

Max Wedell / 14.08.2019

Tönnies Absonderungen waren tatsächlich einmalig blöd. Daß die Flapsigkeit unangemessen war, braucht nicht diskutiert zu werden. Aber auch der Kern seiner Aussage scheint mir falsch. Erstens wird der Bau einer Handvoll Kraftwerke nicht ausreichen. Irgendwie müsste der Strom auch in die letzte Hütte im hintersten Winkel auf dem Land kommen. Hat Afrika etwa schon flächendeckend diese E-Infrastruktur? Und zweitens steht doch fest, daß Langeweile aufgrund allnächtlicher Dunkelheit doch nicht der einzige Grund ist, der in Afrikas Gesellschaften zu Kinderreichtum führen könnte, wenn es denn überhaupt ein nennenswerter ist. Es würde dann also, selbst wenn Strom vorhanden ist, einfach der Lichtausschalter betätigt, wenn sich an sonstigen Gegebenheiten nichts ändert, die zum Kinderreichtum verführen. Wie etwa die Verbreitung der Ansicht, daß Kinder was Schönes sind. Von den Fällen ganz zu schweigen, die nach der Installation einer Lampe sagen: Jetzt, wo ich was sehen kann, ist Sex ja noch schöner! - Trotz der massiven Unzulänglichkeit der Tönnieschen Afrikarettungstheorie kann ich allerdings in diesem Fall neben der Naivität und der Ungeschicklichkeit auch keinen Rassismus erkennen. Bei der Prinzessin war das noch anders, allerdings auch nur, wenn man eine Neigung zum Menschlichen, Allzumenschlichen, für irgendwie degoutant und somit für ein Zeichen einer Minderwertigkeit hält. Das Rassismusurteil wird inzwischen offensichtlich mehr und mehr aufgrund von Bauchgefühlen gefällt, die mitteilen, der Angeklagte würde wohl generell nicht viel von Nichtweißen halten, ohne daß der Bauchbesitzer genau den Finger darauf legen könnte, wieso. Egal, das Bauchgefühl reicht ja doch. Sich einmal von einem der “Fans”, die jetzt Tönnies Skalp wollen, erklären zu lassen, worin genau der Rassismus des T. bestand, wäre sicher ein Heidenspaß.

Frank Mora / 14.08.2019

Es geht um Fußball. Die Gesänge in den Stadien z.B. in Gelsenkirchen, Dortmund, Dresden, Nürnberg, Köln oder der Alten Försterei, um mal einige der volkstümlichen Traditionsspielstätten zu nennen, sind häufig deftig-kräftig. Eben aus der Arbeiterkultur, aus der der Fußball seine Popularität und Kraft schöpft. Leverkusen, Hoffenheim, Wolfsburg oder Leipzig allein wäre traurige Ödnis. Was man Herrn Tönnies eigentlich eher vorwerfen sollte, sind die in Richtung Sklaverei gehenden Arbeitsbedingungen der bei Subsubunternehmen tätigen Werksvertragsbeschäftigten aus Ost- und Südosteuropa, die in seinen Betrieben Billigfleisch filetieren. Das übrigens “der Verbraucher” gern in seinen Einkaufskorb legt. In Gelsenkirchen und in Leverkusen, im Prenzlauer Berg und in Hoyerswerda, in St. Pauli und an der Elbchaussee, Leser der Bild und der Süddeutschen. Was habe ich eigentlich nach Hause gebracht? Biologisch und dynamisch war es nicht. Aber das Brot und die Tomaten waren vegan. Beim Discounter auf dem Heimweg. Der Supermarkt ist Freitag Ziel.

Jürgen Probst / 14.08.2019

Es ist ein Irrsinn, was aus so einer Bemerkung gemacht wird. Das Land spinnt!

Thomas Holzer, Österreich / 14.08.2019

Langer Rede, kurzer Sinn: In der Sache korrekt, in der Wortwahl, wie leider meistens bei “Konservativen”/“Rechten”/“Libertären”, daneben gegriffen

P. F. Hilker / 14.08.2019

Der Pöbel regiert. Man lese sich mal die Lesermails anderer Onlinezeitungen durch, da wird einem schlecht. DIE wollen Köpfe rollen sehen.

Paul Diehl / 14.08.2019

Tönnies hätte besser etwas niederträchtige über Deutsche gesagt, dann hätte man ihm einen Orden verliehen. Ich will hier nicht die unpassende Wortwahl und den herablassenden Ton seiner Aussage verteidigen, aber der Affentanz, der deswegen veranstaltet wird, spottet jeder Beschreibung. Das Narrenschiff Deutschland nimmt noch mal so richtig Fahrt auf, bevor es demnächst absäuft.

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