Am 20.Januar erschien auf Achgut.com ein Artikel, in dem ich über die schwedischen Erfahrungen (privat und wissenschaftlich) mit den durchgehend offenen Schulen im ersten Covidhalbjahr 2020 berichtete. Die wichtigste meiner genutzten Referenzen war ein wissenschaftlicher Artikel von Professor Jonas F. Ludvigsson, der nach sorgfältiger Recherche zu den beiden (hier etwas vereinfacht wiedergegebenen) Ergebnissen gekommen war:
- Covid-19 war (trotz intensiven allgemeinen Infektionsgeschehens) im Prinzip ungefährlich für Kinder im Grundschulalter (1.–9. Klasse in Schweden). Nicht ein einziges Schulkind ist in diesem Zeitraum an Covid-19 gestorben.
- Grundschullehrer hatten in diesem Zeitraum ein deutlich (ca. 40 Prozent) niedrigeres Risiko, ernsthaft an Covid-19 zu erkranken als die meisten anderen Berufsgruppen.
Indirekt kann man daraus extrapolieren, dass Grundschulen vermutlich keine entscheidenden Verstärker des Infektionsgeschehen waren und sind. Leider hat dies z.B. in Deutschland offensichtlich zu keinerlei Konsequenzen geführt. Schulen bleiben weiterhin geschlossen und Begründungen bleiben auf einem emotionalen Niveau.
In Schweden blieben immerhin die Schulen auch 2021 offen (weiterhin ohne Masken, ohne „Ausdünnung“ der Schülerzahl, ohne Stoßlüften) und ich vermute, dass Professor Ludvigssons Artikel dazu beigetragen hat. Bedauerlicherweise hatte sein Artikel auch negative Konsequenzen. Professor Ludvigsson wurde mit „Hassmails“ überschüttet (ich habe es schon im Januar erwähnt). Vor kurzem hat Professor Ludvigsson die Reißleine gezogen und angekündigt, dass er jegliche weitere Debatten/Interviews zum Thema Corona ablehnt und auch seine Forschung in diesem Bereich einstellt.
Fakten stören nur den Glauben an die tödliche Corona-Gefahr
So weit, so schlimm. Auch wenn die Berichterstattung dazu eher unauffällig war, hat sich immerhin die schwedische Forschungsministerin Matilda Ernkrans in einem kurzen Interview dazu geäußert. Hier erzählt sie, dass das Geschehene sehr ernst sei; dann erklärt sie, warum es ernst ist, nämlich: „Wir reden von Forschung über Covid-19, eine gefährliche Krankheit, über die wir mehr Erkenntnisse gewinnen müssen, so dass wir die richtigen Entscheidungen treffen können und Leben retten können“.
Zusammengefasst:Professor Ludvigsson veröffentlicht einen wissenschaftlichen Artikel, in dem er „beweist“, dass Covid-19 im Schulzusammenhang im Prinzip ungefährlich ist. Daraufhin bekommt er tausende Hassmails, viele auch aus dem Ausland, in denen ihm vorgeworfen wird, Covid-19 zu verharmlosen (weil er es als „ungefährlich“ dargestellt habe). Dies sind also Menschen, die fest an die tödliche Coronagefahr glauben und sich nicht von wissenschaftlichen Fakten (ich rede jetzt nur von Schulkindern) verwirren lassen. Als er das Handtuch wirft, schaltet sich die Forschungsministerin ein und sagt, man brauche mehr Forschung, weil Covid-19 gefährlich sei.
Im Endeffekt stimmt sie also dem Hauptkritikpunkt der „Hatemailer“ (Corona ist gefährlich und alle anderen Behauptungen sind nicht akzeptabel) zu und ignoriert vollständig, dass Professor Ludvigsson die Forschung, die sie sich von ihm erhofft, schon erfolgreich durchgeführt hat.
Immerhin hält sich Schwedens Regierung an die Gesetze
Später in einem Interview kann Sie es nicht lassen, zu erwähnen, dass natürlich jeder zu verantworten hat, was er für Ansichten verbreitet. Oder in anderen Worten: Wenn man „das Falsche sagt“, muss man die Konsequenzen tragen. Prinzipiell natürlich richtig, nur dass sie dies im Zusammenhang mit dem „Hatemail“-Skandal und Professor Ludvigsson „reinklemmen“ muss, ist an sich schon ein Eklat.
Jetzt fragt sich vielleicht der eine oder andere deutsche Leser: Wie konnte eine solche rot-grüne Regierung in Schweden eine solch gemäßigte Coronapolitik durchziehen? Je mehr ich mich damit beschäftige, desto mehr komme ich zum Schluss, dass die schwedische Regierung Lob nur für eine Sache bekommen sollte: Sie hat sich an die schwedischen Gesetze gehalten (auch mit dem neuen Pandemiegesetz sind lockdownähnliche Maßnahmen wie z.B. Ausgangssperren in Schweden nicht durchführbar; so etwas würde das Ausrufen des Kriegszustandes erfordern).
Klingt ziemlich banal und selbstverständlich. Dass dies im Coronazeitalter leider alles andere als selbstverständlich ist, sieht man an den zahlreichen Gesetzesbrüchen in Deutschland, zuletzt in Baden-Württemberg.
Man muss dankbar dafür sein, in einem Land zu leben, in dem „die Regierenden“ sich an die Gesetze halten. Ich, in Westeuropa aufgewachsen, hätte nie gedacht, dass ich in meinem Leben einmal so einen Satz schreiben würde.