Henryk M. Broder / 27.07.2016 / 09:50 / 19 / Seite ausdrucken

Romantisches aus Reutlingen

In den gestrigen Nachrichten war nur noch von Würzburg (Regionalzug), München (Shopping Mall) und Ansbach (Open-Air-Konzert) die Rede. Und von dem Mord an dem Priester in   Saint-Étienne-du-Rouvray in der Normandie. Reutlingen war als "Beziehungstat" bereits abgehakt. Wobei auch zwei entscheidende Fragen geklärt wurden. Die Tatwaffe war ein Dönermesser und keine Machete, was irgendwie weniger brutal, beinah harmlos, klang. Und: Der Täter sei nicht, wie erst gemeldet, von einem BMW-Fahrer absichtlich angefahren worden, um ihn zu stoppen, es habe sich vielmehr um einen "gewöhnlichen Unfall" gehandelt, der Mann sei in das Auto gelaufen. "Ansonsten müsste gegen den Autofahrer, der vom Tatgeschehen nichts mitbekommen habe, wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt werden." Und wäre es nicht saulustig, wenn er zu einer höheren Strafe verurteilt würde als der 21-Jährige, der die 45 Jahre alte Polin zu Tode gehackt hatte? Denn bei "Beziehungstaten" gibt es in der Regel mildernde Umstände.

Unklar ist, wer die Sache mit der "Beziehungstat" herausgefunden oder erfunden hatte. Die Reutlinger Polizei oder das Netzwerk Recherche? Gleich, nachdem die Frau verblutet und der "mutmaßliche Täter" festgenommen war. 

In Polen wird die Sache etwas anders dargestellt. "Jola" habe seit einen Jahr in Reutlingen gewohnt, zuerst als Putzfrau gearbeitet und vor drei Monaten einen Job als Küchenhilfe in einem Kebab-Laden bekommen. Dort habe der Syrer ein Auge auf sie geworfen, "Jola" habe seine Avancen zurückgewiesen, er sei ihr "seltsam" vorgekommen. Am Tage der Tat sei er gegen 16.30 in dem Lokal erschienen und habe "Jola" mit einer Machete angegriffen. Sie habe versucht zu fliehen. An der Türschwelle sei sie dann, tödlich getroffen, zusammengebrochen. Während deutsche Medien berichten, die 45-Jährige sei "offenbar schwanger" gewesen, heisst es in dem polnischen Bericht, sie habe vier Kinder hinterlassen, im Alter zwischen acht und 23 Jahren. Diese wiederum kommen in den deutschen Berichten nicht vor. "Beziehungstat" hört sich viel romantscher an.

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Leserpost

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Brigitte Steuke / 27.07.2016

Sehr geehrter Herr Broder, danke für Ihren aufklärenden Beitrag. Sie erwähnen darin, ob die sogenannte Beziehungstat vielleicht im Netzwerk Recherche entstanden ist. Als ehemalige DDR-Bürgerin kann ich Ihnen sagen, daß so ein Netzwerk Recherche in der DDR von uns als Arbeitsgruppe Ausreden tituliert wurde. Die Arbeit der Mainstream-Medien widert nur noch an.

Tom Guttmann / 27.07.2016

Mir geht die Kinnlade auf. Die Qualitätspresse scheint sich täglich zu überbieten. Dass es in dieser Wüste der Unaufrichtigkeit nicht eine deutsche Zeitung sich zur Aufgabe macht etwas wahrhaftiger zu Berichten statt zu erziehen und damit in eine offensichtliche Marktlücke stößt ist mir unbegreiflich.

Klaus Bosch / 27.07.2016

Vielen Dank für diese Information. Im geheimen denkt man für sich sowieso bereits, wenn man die Berichterstattung verfolgt, dass es sich um einen “Euphemismus” handelt. Beziehung bedeutet hier ja wohl, dass man sich eben als Arbeitskollegen zufällig kennt, vermutlich nicht mal gemocht hat, aber nicht das, was damit angedeutet werden soll. Mit dieser Darstellung ließe sich dann weiterhin die schöne und medial gewünschte Vorstellung aufrechterhalten, die manche öffentlich so ausdrücken, man dürfe sich freuen, kriege man doch Menschen geschenkt. Kritik an der Aufnahme so Vieler, deren Identität nicht hinreichend geklärt ist, und Verweise auf die Gefährdung der Integrität dieses Landes ist unerwünscht. Auch die Frage, ob humanitäre Hilfe für (tatsächliche) Flüchtlinge nicht anders und viel besser als auch billiger hätte geleistet werden können anstelle der meiner Meinung nach politisch gewollten Massenimigration,  soll nicht gestellt werden. Eben damit auch eine Diskussion über politische und humanitäre Fehler. Eine Auseinandersetzung mit der Realität soll nicht statt finden. Auf die Dauer wird man aber nicht umhin kommen, sich unangenehmen Fragen zu stellen.

B.Kröger / 27.07.2016

Es ist unglaublich, wie die Dinge verdreht werden! Ich hoffe, dass von Polen aus aufgeklärt wird. Bleiben Sie dran, Herr Broder!

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