Manfred Haferburg / 05.04.2016 / 06:20 / Foto: Infrogmation / 11 / Seite ausdrucken

Robine Hood aus Chemnitz: Warum Sieglinde Baumert für Claus Kleber sitzt

Sieglinde Baumert sitzt seit zwei Monaten in „Beugehaft“ im Frauengefängnis der JVA Chemnitz, das früher Karl-Marx-Stadt hieß (Bitte den Nachtrag unter dem  Text beachten). Ein Hauch von Karl Marx weht auch noch heute durch die deutsche Justiz. Baumert wurde am 4. Februar vom Arbeitsplatz weg verhaftet, wo sie gerade Platinen bestückte. Nach der Verhaftung erhielt sie die Kündigung ihres Arbeitgebers. Was hat sich diese Frau zuschulden kommen lassen?

Sieglinde Baumert weigert sich seit 2013, für ARD und ZDF die Rundfunkgebühren zu zahlen. Sie besitzt keinen Fernsehapparat und kein Radio. Sie beklagt einen Machtmissbrauch der Öffentlich-Rechtlichen: "Ich fühle mich bevormundet, bekomme die Entscheidung abgenommen, wofür ich mein Geld ausgebe. Und die erzwungenen Einnahmen werden dann rausgeschmissen ohne Ende."

Sieglinde Baumert verdient vielleicht so 1600 Euro im Monat. Und sie will nicht zwangsweise davon 17,50 Euro monatlich für eine nicht in Anspruch genommene Dienstleitung zahlen, in der Nachrichtensprecher wie Herr Kleber, die 40.000 Euro im Monat verdienen, in politisch korrekte Krokodilstränen ausbrechen.

Für die Erzwingungshaft sieht der deutsche Rechtsstaat eine Grenze von sechs Monaten vor. Nach Ablauf von sechs Monaten muss sie entlassen werden. Der nächste Haftantritt wäre dann erst nach zwei Jahren möglich. Wenn Sieglinde Baumert keine hart arbeitende deutsche Steuerzahlerin wäre, könnte sie für eine vergleichbare Strafe von 6 Monaten folgende Taten begehen:

Die Liste ist unvollständig und kann von den Lesern selbst vervollständigt werden. Und die GEZ-Verweigerin hat inzwischen eine umfangreiche Unterstützergemeinde. Ist das nicht eine staatsfeindliche Zusammenrottung?

Die Huffington Post, eine journalistische Kleinod-Sammlung, hat folgerichtig herausgefunden, was die Unterstützer der GEZ-Inhaftierten aus Sachsen verschweigen. Nämlich, dass sie allesamt nicht harmlos sind, Staatsfeinde sozusagen. „Unter ihnen finden sich Verschwörungstheoreriker, radikale Rechte aus der AfD und Verfassungsfeinde“. Da sind sogar solche zwielichtigen Gestalten wie die Europaabgeordnete Beatrix von Storch, die sowieso bald ins Gefängnis kommt, dabei. Benjamin Reuter von der Huffington Post hat‘s entdeckt: Hilfe, der Gebühren Protest wird von Rechtspopulisten gekapert! „Es ist gerade ziemlich in, keine Rundfunkgebühren zu zahlen. Vor allem in den Kreisen von Verschwörungstheoretikern und Rechtspopulisten“.

Während Sieglinde Baumert im Knast schmort, zeigt sich der Staat aber mehr als großzügig. Das ist besser, als es in Karl-Marx-Stadt war. Sie hat einen Fernsehapparat und einen Radiowecker auf der Zelle. Und während ihrer Haftstrafe ist sie sogar von der Zwangsgebühr GEZ befreit.

Nachtrag von Heute Dienstag 5.4.2012: Nach aktuellen Informationen wurde Sieglinde Baumert am Montag abend aus der JVA-Chemnitz entlassen. Zu den Hintergründen ist auch diese Meldung interessant.

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Leserpost

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Prof. Dr. Hans-Jörg Jacobsen / 06.04.2016

Die öffentlich-rechtlichen sind nicht die einzigen, die auch diejenigen ablocken dürfen, die deren Service gar nicht wollen: In Niedersachsen kassiert die evangelische Kirche von Ehepaaren, bei denen einer in der Kirche ist, der andere nicht, das sog. “Besondere Kirchgeld”, auch “Heidensteuer” genannt In meinem Fall sind das 396 €, die wir abdrücken müssen, ohne dass wir uns wehren können. Als Mitglied des Humanistischen Verbands Deutschland kann ich zwar meine an diesen Verband gezahlten Beiträge zurück erhalten,nur muss ich dafür einen umfangreichen Antrag stellen und unseren kompletten Steuerbescheid dem Kirchenamt vorlegen. Interessant ist, dass die Kirche nicht der Kontrolle des Datenschutzes unterliegt, also auch hier privilegiert ist. Was mich besonderes ärgert, ist, dass diese Praxis auch vom BVG abgesegnet ist. Trennung von Staat und Kirche? Gibt es nur auf dem Papier!

Lothar Schwarz / 06.04.2016

Man muß nicht Rechtspopulist sein, um gegen Rundfunkgebühren in der jetzigen Form zu sein !  Die Vergleiche im obigen Text will ich ergänzen: Hoeneß hat 28.5 Mill. hinterzogen und saß 637 Tage. Pro Tag hat er also für 44 740,97 € gesessen. Frau Baumert hat man 61 Tage eingesperrt. Es ging um 190 €.  Pro Tag hat sie also für 3,11 € “gesessen” . Das ist das, was diesen Fall so ungeheuerlich macht. Es ist die immer mehr um sich greifende Ungerechtigkeit, die wir als BürgerInnen dieses Landes beachten müssen !

Michael Hillmann / 05.04.2016

Genial zusammengefasst. Besonders auch der Vergleich, wofür man sonst noch so alles 6 Monate in den Bau gehen KANN. Ich gehe davon aus, das man deshalb nicht so viele Leserkommentare auf dieser Seite zu findet, weil hier gleichgesinnte unterwegs sind. Und bei denen gilt der selbe alte Spruch wie unter Kaufleuten; “Stillschweigen ist Annahme”. Das ist bei der “Welt” schon anders. Der Autor erhält zwar hunderte Leserkommentare,  mindestens 90% davon sind allerdings Leserbeschwerden über die Tendenzberichterstattung.    

Rolf Permeier / 05.04.2016

Mal angenommen alle GEZ Ablehner beschliessen gleichzeitig, den Ablass nicht mehr zu entrichten. Das wären so etwa - ich schaue nach wie viele Haushalte kein TV-Gerät haben - 400.000 Menschen. Dazu kommen noch - ebenso nachgeschaut - gut 4 Mio Sky Abonenten, von denen wohlwollend geschätzt die Hälfte azs halb gewerblichen Anschlüssen besteht, oder aber solchen, bei denen ARD&ZDF; eher nicht frequentiert werden. Der Staat müsste im Extremfall also 2,5 Mio Menschen wegsperren, von denen statistisch betrachtet die Hälfte einer Arbeit nachgeht. Während der Haft würden sie ein halbes Jahr für den BIP-Steigerungsprozess ausfallen, wobei der Ersatzmigrant an der Werkbank nicht eingelernt werden kann (der Lehrer sitzt ja hinter Schwedischen Gardinen). Das wären 35.000 Euro x 2,5 Mio / 2 = 43,75 Mrd Euro. Oder anders ausgedrückt: 1% deutsche Wirtschaftsleistung. Da kämen dann noch der Verwaltungsaufwand obendrauf, sowie Kost und Logie für den Vollzugsprozess. Pro Kopf sicherlich nochmal gut 2.000 Euro. Unterm Strich: Nicht machbar. Diese Revolution verliefe erfolgreich. Wollen wir? Also ich bin zur Zeit so angefressen über den polit-medialen Elitenzustand, die zwei Wochen Knast bis der Laden endgültig einbricht wären wahrscheinlich wie eine Kur.

Tine Kann / 05.04.2016

Um nicht in den Knast zu kommen zahle ich, ABER in vielen kleinen, unregelmäßigen und krummen Beträgen von 3 Cent bis 6,87€. Damit haben die viel zu rechnen, zudem wird der dafür benötigte Verwaltungsaufwand enorm erhöht. Wer zahlt um nicht seinen Job zu verlieren, sollte meinem Beispiel folgen. Je mehr mitmachen umso mehr Stress für die GEZ.

Bertram Fuchs / 05.04.2016

Als Platinenbestückerin verdiente Frau Baumert bestimmt keine 1.600 Euro netto, von denen sie die monatliche Rundfunkgebühr hätte zahlen müssen, sondern maximal 1.000 Euro netto. Vermutlich sogar weniger. Das ist traurige Realität im Deutschland des Jahres 2016.

Ralf Pöhling / 05.04.2016

Wenn sich freiheitlich denkende Menschen, die sich nicht für ein nicht bestelltes Produkt schröpfen lassen wollen, als “Rechtspopulisten” beschimpfen lassen müssen, lässt das keinen Zweifel an der Intention und der politischen Ausrichtung der Akteure.

Clemens Hofbauer / 05.04.2016

Das passt ausnehmend gut zu den Panamapapers! Das staunende Publikum wird gerade Zeuge der Anwendung eines der ältesten Herrschaftsinstrumente. Und obwohl alt (siehe das Grüßen des Gesslerhutes) brachten es besonders die roten Herren zu einer gewissen Perfektion. Nur Demokratie ist dann tot. Lebenselexier der Demokratie wären hingegen Prager Fensterstürze in regelmäßigen Abständen. (Und den masochistischen Deutschen sein dazu noch gesagt, dass es keine Tschechen, sondern Deutsche waren, die beim Original einmal im Mist und das andere Mal am Straßenpflaster landeten.) Wie sagte schon Jefferson : “Der Baum der Freiheit muß von Zeit zu Zeit mit dem Blut der Patrioten und der Tyrannen begossen werden. Dies ist der Freiheit natürlicher Dünger.” - zitiert in: Hannah Arendt. Über die Revolution. München Piper, 1963. S. 300 Man muss es den Machthabern ja nicht so unangenehm wie die Tyrannis machen, die Position der Macht zu verlassen. Aber verlassen sollten sie diese in regelmäßigen Abständen mitsamt ihren Seilschaften.

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