Heute vor 35 Jahren begrub Gerhard Schürer, Chef der Plankommission der DDR, seine Wirtschaftsordnung: "Das bestehende System der Leitung und Planung hat sich nicht bewährt". Robert Habeck könnte daraus lernen.
Der Bundeswirtschaftsminister hat große Pläne. Der Bundeskanzler ebenso. Letzterer hatte gerade zur großen Industriekonferenz geladen. Ersterer will Unternehmen, die dank seiner Politik beispielsweise die weltweit höchsten Energiepreise zahlen müssen und unter einem strengen, kostentreibenden Auflagen- und Regelungsdickicht stöhnen, jetzt mit vielen, vielen Subventionen helfen, um die Folgen massiver staatlicher Eingriffe in die Wirtschaft mit anderen staatlichen Eingriffen wieder auszugleichen.
Dass die Regierung das Land mit ihren sogenannten Transformationsplänen derzeit rasant in Richtung Planwirtschaft treibt, würde sie selbst bestimmt bestreiten. Die Regierenden sprechen lieber vom Miteinander, der Solidarität, und der Kanzler ergänzt dann mit einem seiner Lieblingstextbausteine, dem "Unterhaken". Minister Habeck hingegen "rettet" gern. Erst "rettet" er das Weltklima, nun will er die Unternehmen "retten", die durch die Folgen seiner Weltrettungsmaßnahmen in ihrer Existenz bedroht sind.
Ich gebe zu, dass es mich befremdet, mit welchen Illusionen politische Verantwortungsträger anscheinend an die Verheißungen ordnender staatlicher Planung in marktwirtschaftlichem Wildwuchs glauben. Sicher ist es sinnvoll, einen klaren gesetzlichen Regel-Rahmen zu setzen und diesen auch durchzusetzen. Aber staatliche Vorschriften zur Erziehung der Konsumenten gehören nicht dazu, mit denen Unternehmen das Herstellen von Produkten verboten wird, obwohl es für diese hinreichend Abnehmer gibt und es stattdessen für den Verkauf von Produkten Subventionen gibt, die kaum nachgefragt werden, wenn der Konsument den vollen Preis selbst bezahlen soll. Bei der Automobilindustrie, der die Verbrenner-Produktion verboten und die Herstellung von Batterie-Autos herbeisubventioniert werden soll, kann man derzeit gut beobachten, in welche Krise das führt.
Dennoch scheint Bundeswirtschaftsminister Habeck von der Idee einer gelenkten Wirtschaft ganz hingerissen zu sein. Wenn ich in den letzten Wochen gelegentlich seinen Worten lauschte, musste ich mich immer an den Staatsbürgerkunde-Unterricht in der Schule erinnern. Für Jüngere und Westdeutsche zur Erklärung: In diesem Pflichtfach wurde – kurz gefasst – die einzige "wissenschaftliche Weltanschauung" gelehrt, nach der sich am Ende jede kapitalistische Gesellschaft wie nach einem Naturgesetz zwangsläufig erst vom Kapitalismus zum Sozialismus und dann zum Kommunismus entwickelt. Außerdem lernten die DDR-Schüler in diesem Unterrichtsfach, wie wunderbar der eigene sozialistische Staat unter der weisen Führung der SED funktioniert und dafür sorgt, dass die Arbeiterklasse ihre "historische Mission" erfüllen kann.
In kindgerechter Logik
Mir wurde als Schüler in diesem Fach erklärt, dass die Planwirtschaft auch ein Zeichen der Überlegenheit des Sozialismus ist. Schließlich würde sie dafür sorgen, dass sich die Produktion in dieser besseren Welt an den wahren Bedürfnissen der Menschen orientiert und ohne die eigennützigen Partikularinteressen gieriger Privatunternehmer, die Waren ganz nach Bedarf herstellen kann. Die Planwirtschafts-Chefs kennen die wahren Bedürfnisse schließlich besser als die Konsumenten, die sich im Kaptalismus von profitorientierten Fabrikanten Bedürfnisse einreden ließen, die sie ohne die Manipulation durch die Kapitalisten vielleicht gar nicht hätten.
Letzteres "Argument" sollte wahrscheinlich mögliche dumme Fragen der lieben Kleinen nach Versorgungslücken und Mangelwaren, die jedes Kind in der DDR kannte, aushebeln. Außerdem war da immer dieser wirtschaftlich erfolgreichere Westen, der mit seiner vielfältigen Waren- und Unterhaltungswelt so unglaublich attraktiv erschien. Das konnte jedes Kind im West-Fernsehen sehen.
Trotzdem erschien der Gedanke, dass man mit ordentlicher Planung auch besser wirtschaften könnte, irgendwie logisch, zumindest in kindgerechter Logik. Denn wie komplex eine entwickelte Industriegesellschaft ist und wie chancenlos darin ein System zentraler staatlicher Planung und Leitung gegen die kreative Selbstorganisation einer Marktwirtschaft ist, verstanden die meisten Schüler noch nicht. Nur dass der Staatsbürgerkundeunterricht nicht den wahren Zustand des eigenen Landes zeigte, sondern ein Propaganda-Bild, das wusste eigentlich jeder.
Robert Habeck hat als Kinderbuchautor Erfahrungen mit kindgerechter Logik gesammelt, das klingt glaubhaft. Aber warum er jetzt auf mehr Plan- und Staatswirtschaft setzt, ist schlicht unglaublich. Vielleicht täte ihm eine kleine Zeitreise gut. Ohne dass das hier zu einem billigen DDR-Vergleich wird, so ist es doch lehrreich, sich den Totenschein der DDR-Planwirtschaft anzuschauen, der vor 35 Jahren, am 30. Oktober 1989 ausgestellt wurde.
SED-Genosse Gerhard Schürer war nicht irgendein hoher Funktionär, sondern der Leiter der Staatlichen Plankommission. Die hatte die Planwirtschaft zwar zu organisieren, die Grundsatzentscheidungen wurden aber im Politbüro des Zentralkomitees (ZK) der SED getroffen. Das katastrophale Ausmaß der selbstverschuldeten wirtschaftlichen Krise des SED-Staats mochte dessen oberste Führung bis zum Schluss nicht sehen. Doch nachdem Erich Honecker am 18. Oktober abgedankt hatte, sollte Schürer dessen Nachfolger Egon Krenz und das gesamte ZK vom Ernst der Lage in Kenntnis setzen. Die Spitzen-Genossen hofften noch immer, den SED-Staat mit ein paar Reförmchen und Rücktritten erhalten zu können. Man musste nur diese demonstrierenden Massen irgendwie befrieden.
Berühmte „Geheime Verschlussache“
Dass das im Rahmen des bestehenden sozialistischen Staatswirtschaftssystems kaum mehr möglich sein würde, wurde Genossen Schürer sicher schnell klar. Er garnierte die unschönen Wahrheiten auch nur noch dürftig mit sozialistischen Floskeln von den erreichten Erfolgen. Das mit "Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlussfolgerungen, Vorlage für das Politbüro des Zentralkomitees der SED, 30.10.1989" überschriebene Papier war eigentlich eine Art Totenschein für die DDR-Planwirtschaft. Und obwohl dieser als "Geheime Verschlusssache" mit vorgesehener Vernichtung am 31.12.1989 klassifiziert und dem Vermerk "Geheimhaltungsgrad darf nicht verändert werden" ergänzt wurde, erblickte er in diesen Umbruchzeiten schnell das Licht der Öffentlichkeit und erlangte als "Schürer-Papier" Berühmtheit.
Ohne hier billige DDR-Vergleiche anstellen zu wollen, ist es vielleicht nicht schlecht, jetzt an diesen Totenschein zu erinnern, denn planwirtschaftliche Maßnahmen scheinen immer mehr Politikern reizvoll zu erscheinen, um die Folgen ihrer vorherigen planwirtschaftlichen Eingriffe zu mildern. Also blicken wir in den Oktober 1989, in dem Schürer und Genossen schreiben:
"Die Feststellung, dass wir über ein funktionierendes System der Leitung und Planung verfügen, hält jedoch einer strengen Prüfung nicht stand. Durch neue Anforderungen, mit denen die DDR konfrontiert war, entstanden im Zusammenhang mit subjektiven Entscheidungen Disproportionen, denen mit einem System aufwendiger administrativer Methoden begegnet werden sollte. Dadurch entwickelte sich ein übermäßiger Planungs- und Verwaltungsaufwand. Die Selbständigkeit der Kombinate und wirtschaftlichen Einheiten sowie der Territorien wurde eingeschränkt."
Ja, die finstere Bilanz ist selbstverständlich in ideologische Textbausteine gefasst. So böse Worte wie Mangelwirtschaft mutete Genosse Schürer seinen Auftraggebern nicht zu. Aber für eine offizielle SED-Funktionärskommunikation war das schon ein Abgesang aufs System:
"Das bestehende System der Leitung und Planung hat sich hinsichtlich der notwendigen Entwicklung der Produktion der '1000 kleinen Dinge' sowie der effektiven Leitung und Planung der Klein- und Mittelbetriebe und der örtlichen Versorgungswirtschaft trotz großer Anstrengungen zentraler und örtlicher Organe nicht bewährt, da ökonomische und Preis-Markt-Regelungen ausblieben."
Disproportionen im volkswirtschaftlichen Maßstab
Natürlich fehlten nicht nur die tausend kleinen, sondern auch viele größere Dinge. In Funktionärsdeutsch klang das dann so:
"Die Disproportionen im volkswirtschaftlichen Maßstab, zwischen den Zweigen sowie die schnellere Entwicklung der Finalerzeugnisse gegenüber der Zulieferproduktion konnten dadurch jedoch nicht eingeschränkt werden."
Der allgegenwärtige Verfall wird beschrieben:
"Der Ausbau der Infrastruktur, darunter das Straßenwesen, musste insgesamt aufgrund der zurückgehenden Akkumulationskraft vernachlässigt werden; der Verschleißgrad des Autobahn- und Straßennetzes ist hoch."
Der des Schienennetzes war allerdings nicht besser. Und auch der Verfall der Städte war augenfällig. Gebaut wurden weitgehend nur noch Plattenbauten und Vorzeigeprojekte in Ost-Berlin. Viele Orte wirkten seinerzeit wie unrettbar verloren. Bei Schürer liest sich das dann so:
"Infolge der Konzentration der Mittel wurden zur gleichen Zeit dringendste Reparaturmaßnahmen nicht durchgeführt und in solchen Städten wie Leipzig, und besonders in Mittelstädten wie Görlitz u. a. gibt es tausende von Wohnungen, die nicht mehr bewohnbar sind."
Doch nicht nur Wohnungen verfielen dank der Planwirtschafts-Irrwege:
"Dabei sind durch die Konzentration der Mittel auf den Wohnungs- und Gesellschaftsbau bestimmte, für die Versorgung der Bevölkerung wichtige Bereiche, wie das Gesundheitswesen, vernachlässigt worden. Die Konzentration der ohnehin zu geringen Investitionen auf ausgewählte Zweige hat zum Zurückbleiben in anderen Bereichen, darunter der Zulieferindustrie, geführt. Hinzu kommt, dass große Investitionsobjekte mit bedeutendem Aufwand nicht den geplanten Nutzen erreicht haben."
„Zahlungsfähigkeit infrage gestellt“
Immer stärker zehrte die Planwirtschaft von der Substanz:
"Insgesamt hat sich jedoch der Verschleißgrad der Ausrüstungen in der Industrie von 47,1 % 1975 auf 53,8 % 1988 erhöht, im Bauwesen von 49 % auf 67 %, im Verkehrswesen von 48,4 % auf 52,1 % und in der Land-, Forst und Nahrungsgüterwirtschaft von 50,2 % auf 61,3,%. In bestimmten Bereichen der Volkswirtschaft sind die Ausrüstungen stark verschlissen, woraus sich ein überhöhter und ökonomisch uneffektiver Instandhaltungs- und Reparaturbedarf ergibt. Darin liegt auch eine Ursache, dass der Anteil der Beschäftigten mit manueller Tätigkeit in der Industrie seit 1980 nicht gesunken ist, sondern mit 40 % etwa gleichblieb."
So etwas geschieht offenbar fast zwangsläufig, wenn Investitionen nur noch zentral geplant werden. Da hatte man sich auch vom proklamierten "Sieg des Sozialismus" immer weiter entfernt:
"Im internationalen Vergleich der Arbeitsproduktivität liegt die DDR gegenwärtig um 40 % hinter der BRD zurück. Im Einsatz des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens sowie der zur Verfügung stehenden Ressourcen besteht ein Missverhältnis zwischen dem gesellschaftlichen Überbau und der Produktionsbasis. Die Verschuldung im nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet ist seit dem VIII. Parteitag gegenwärtig auf eine Höhe gestiegen, die die Zahlungsfähigkeit der DDR in Frage stellt."
Im Klartext: Der SED-Sozialismus wurde mit West-Krediten finanziert.
"Das bedeutet,dass die Sozialpolitik seit dem VIII. Parteitag nicht in vollem Umfang auf eigenen Leistungen beruht, sondern zu einer wachsenden Verschuldung im NSW führte.
Hinzu kommt, dass das Tempo der Entwicklung der Geldeinnahmen der Bevölkerung höher war als das des Warenfonds zur Versorgung der Bevölkerung. Das führte trotz eines hohen Niveaus der Versorgung zu Mangelerscheinungen im Angebot und zu einem beträchtlichen Kaufkraftüberhang."
Kaum neue Wohltaten möglich
Die Menschen hatten Geld, für das sie sich nichts kaufen konnten. Diese Menschen protestierten nun dummerweise 1989 auch gerade gegen das SED-Regime. Wie wollte man sie beruhigen, ohne nennenswerte politische Zugeständnisse zu machen? Mit DDR-Geld ohne Kaufkraft? Das wäre wirkungslos geblieben. Und neue, mit Devisen-Krediten finanzierte Wohltaten waren auch kaum möglich. In hölzernem Funktionärsdeutsch zeigt Schürer seinen Spitzengenossen das Dilemma auf, in dem sie stecken:
"Mit den geplanten Valutaeinnahmen 1989 werden nur etwa 35 % der Valutaausgaben insbesondere für Kredittilgungen, Zinszahlungen und Importe gedeckt. 65 % der Ausgaben müssen durch Bankkredite und andere Quellen finanziert werden. Das bedeutet, dass die fälligen Zahlungen von Tilgungen und Zinsen, d. h. Schulden mit neuen Schulden bezahlt werden. Zur Finanzierung der Zinsen müssen mehr als die Hälfte des Einnahmenzuwachses des Staatshaushaltes eingesetzt werden. Bei der Einschätzung der Kreditwürdigkeit eines Landes wird international davon ausgegangen, dass die Schuldendienstrate – das Verhältnis von Export zu den im gleichen Jahr fälligen Kreditrückzahlungen und Zinsen – nicht mehr als 25 % betragen sollte. Damit sollen 75 % der Exporte für die Bezahlung von Importen und sonstigen Ausgaben zur Verfügung stehen. Die DDR hat, bezogen auf den NSW-Export, 1989 eine Schuldendienstrate von 150 %. Die Lage in der Zahlungsbilanz wird sich nach dem erreichten Arbeitsstand zum Entwurf des Planes 1990 weiter verschärfen."
Jahre später wurde errechnet, dass Schürer und Genossen die Verschuldung des SED-Staats zu dramatisch dargestellt hätten, um das Politbüro wachzurütteln, weil dessen Mitglieder bei Zeilen wie den folgenden erschrecken mussten:
"Die Konsequenzen der unmittelbar bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit wäre ein Moratorium (Umschuldung), bei der der internationale Währungsfond bestimmen würde, was in der DDR zu geschehen hat. Solche Auflagen setzen Untersuchungen des IWF in den betreffenden Ländern zu Fragen der Kostenentwicklung, der Geldstabilität u. ä. voraus. Sie sind mit der Forderung auf den Verzicht des Staates, in die Wirtschaft einzugreifen, der Reprivatisierung von Unternehmen, der Einschränkung der Subventionen mit dem Ziel, sie gänzlich abzuschaffen, den Verzicht des Staates, die Importpolitik zu bestimmen, verbunden. Es ist notwendig, alles zu tun, damit dieser Weg vermieden wird."
Auch wenn vielleicht bei den Verschuldungs-Zahlen übertrieben wurde, beispiellos heruntergewirtschaftet war die DDR dennoch. Verschleiß und Verfall zeigten allerorten, dass Investitionen in einem so gigantischem Umfang dringend nötig waren, dass ihn die DDR-Planwirtschaft niemals hätte selbst erwirtschaften können. Die Erkenntnis, damit gescheitert zu sein, war in jedem Fall richtig. Die Rettungs-Appelle wirken hingegen eher etwas hilflos.
"Es ist eine grundsätzliche Änderung der Wirtschaftspolitik der DDR verbunden mit einer
Wirtschaftsreform erforderlich. Die grundlegende Aufgabe der neuen Wirtschaftspolitik besteht darin, Leistung und Verbrauch wieder in Übereinstimmung zu bringen. Es kann im Inland nur das verbraucht werden, was nach Abzug des erforderlichen Exportüberschusses für die innere Verwendung als Konsumtion und Akkumulation zur Verfügung steht."
Subventionen beseitigen
Mancher Satz klingt selbst heutzutage noch (oder wieder?) geradezu umstürzlerisch:
"Alle Elemente der Subventions- und Preispolitik, die dem Leistungsprinzip widersprechen sowie zur Verschwendung und Spekulation führen, sind zu beseitigen."
Die DDR-Bevölkerung dachte ja großteils, dass sie die Folgen der DDR-Misswirtschaft in vollem Umfang erleiden würde. Wenigen war wahrscheinlich bewusst, dass selbst ihr oft als unzureichend empfundener Lebensstandard in der DDR-Planwirtschaft gar nicht mehr selbst erwirtschaftet wurde, sondern kreditfinanziert war. Schürer und Genossen wussten selbst, dass die naheliegendste Lösung niemals politisch zu überleben war.
"Allein ein Stoppen der Verschuldung würde im Jahre 1990 eine Senkung des Lebensstandards um 25 – 30 % erfordern und die DDR unregierbar machen. Selbst wenn das der Bevölkerung zugemutet würde, ist das erforderliche exportfähige Endprodukt in dieser Größenordnung nicht aufzubringen."
Wer bezahlt beim nächsten Versuch?
Was sollten sie dann vorschlagen? Trotz der Funktionärssprache ist es ein Totenschein für die DDR-Planwirtschaft. Denn die angebotenen Lösungen sind unrealistisch oder unfreiwillig komisch, wie das Fazit:
"Insgesamt geht es um die Entwicklung einer an den Marktbedingungen orientierten sozialistischen Planwirtschaft bei optimaler Ausgestaltung des demokratischen Zentralismus, wo jede Frage dort entschieden wird, wo die dafür nötige, größere Kompetenz vorhanden ist."
Eine an Marktbedingungen orientierte Planwirtschaft? Was hätte das sein sollen? Der schnelle Zusammenbruch des SED-Staats angesichts einer nicht zu besänftigenden Bevölkerung bewahrte die Genossen davor, diese Frage konkret beantworten zu müssen. Obwohl dieser Textbaustein erschreckend "zeitgemäß" klingt. Wer würde im deutschen Politik-Betrieb nicht alles zustimmend nicken, wenn einer ohne die Zuschreibung "sozialistisch" formulieren würde:
"Insgesamt geht es um die Entwicklung einer an den Marktbedingungen orientierten Planwirtschaft bei optimaler Ausgestaltung des demokratischen Zentralismus, wo jede Frage dort entschieden wird, wo die dafür nötige, größere Kompetenz vorhanden ist."
Das noch mit den Adjektiven "nachhaltig" oder "klimafreundlich" garniert, und viele wohlwollende Kommentare wären einem wohl sicher. Dabei zeigt das ganze Papier eigentlich mehr als deutlich, wie fatal jeder planwirtschaftliche Irrweg endet. Jeder weiß doch, wie teuer der Wiederaufbau der abgewirtschafteten und verschlissenen Ex-DDR nach der Wiedervereinigung war. Wer bezahlt den, nach einem nächsten gescheiterten planwirtschaftlichen Versuch?
Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.