Robert, der Formlose

Man braucht sich nicht zu wundern, warum Robert Habeck so formlos wirkt. Die Vermüllung des öffentlichen Raums und die zunehmende Formlosigkeit der Gesellschaft haben durchaus einen Einfluss auf die Menschen.

Robert Habeck möchte Kanzler werden. Das hat er dem Publikum in einem inzwischen berühmten Küchentisch-Video eröffnet. Das Video suggeriert Vertrautheit und Nähe, weshalb Habeck im schwarzen Sweatshirt am Tisch sitzt, die Hände beim Reden knetet und wie so oft nicht recht weiß, ob er die Zuseher siezen oder doch besser duzen soll. Sicherheitshalber macht er beides. Davor gab es ein anderes, inzwischen gelöschtes Video, in dem Habeck in abendlicher Stimmung und diesmal grauem Sweatshirt an einem Tisch saß, vor sich einen Stapel mit bedruckten Blättern und damit beschäftigt, Zeilen auszustreichen und zu umkringeln und da oder dort etwas einzufügen – das alles unter dem Gesumme von Grönemeyers Lied „Zeit, dass sich was dreht“. Das Arrangement sollte arbeitsam wirken und Habecks Anspruch auf den Status eines intellektuellen Politikers und Kanzlerkandidaten unterstreichen.

Zweifellos: Hier möchte ein Mann mit vollem Medieneinsatz ganz nach oben. Aber was für ein Mann ist das eigentlich? Ist es der auf entspannte Nähe setzende Robert, der zeigen will, dass er zu Ihrer, Eurer, Deiner oder gar meiner Familie dazugehört und offen und ehrlich sagt, wie er sich die gemeinsame Zukunft vorstellt? Oder ist es der genervt wirkende Minister Habeck, der in schlecht sitzendem Jacket und mit offenem Hemd und unrasiert den ewig fragenden Journalisten lustlos Auskunft gibt über eine Wirklichkeit, von der er selbst einmal sagte, sie würde ihn und uns umzingeln?

Ist es also Robert, der Heiler aller gesellschaftlichen Spaltungen, der große Visionär, dem wir vertrauen dürfen, weil er genau weiß, welche Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Kultur unser Land braucht? Oder ist es Habeck, der Zerstörer der Meinungsfreiheit, der die staatsanwaltliche Kavallerie auf jeden vermeintlichen Beleidiger loslässt, Habeck, der Zerstörer unserer Infrastruktur und unserer Kernindustrien, Habeck, der Zerstörer unserer Kulturlandschaft durch ineffektive und sündhaft teure Windräder?

Von welchem Robert und Habeck also reden wir?

Die Antwort lautet: Wir reden von einem, der den volksnahen Kümmerer bloß spielt und in Wahrheit der genervte Staatszerstörer ist. Man kann das leicht daran erkennen, dass immer dann, wenn die Situation vor den Kameras und Mikrophonen nicht explizit durcharrangiert ist, ein Mann in Erscheinung tritt, der so aussieht, als sei er mit der Morgentoilette nicht ganz fertiggeworden und habe auch das richtige Hemd oder die richtige Hose nicht gefunden. Dieses Unfertige zeigt sich aber nicht nur in seinem Äußeren, sondern auch in seinen Äußerungen. Da sehen und hören wir, wie sich einer mit unserer Sprache quält, wie er Wortfolgen zu Sätzen schachtelt, in denen sich der Sinn der Mitteilung verliert. Wir sehen und hören, wie er Wörter vernuschelt von sich stößt, als seien sie ihm lästig und als sei es ihm gleichgültig, ob sie einer versteht.

Die Gebildeten werden jetzt einwenden, dass wir hier etwas beobachten können, was Heinrich von Kleist einst beschrieben hat – nämlich „die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden“. Ich halte dagegen und halte dafür, dass das, was wir hier sehen und hören, ganz im Gegenteil die allmähliche Verflüchtigung des Denkens im Reden ist. Es ist die hörbare Auflösung von Sprache, die genau deshalb sich auflöst, weil sich die Gedanken in ihr niemals eingestellt haben und auch bei fortgesetztem Reden nicht einstellen. Es ist eine sprachliche Luftnummer, die exakt jener politischen Luftnummer entspricht, für die Robert Habeck Verantwortung trägt.

Man darf nicht denken, das sei ein ungerechtes Urteil, weil es viel zu sehr auf den Mängeln aus dem Bereich des Menschlich-Allzumenschlichen herumreitet und die öffentliche Person Habeck nicht ausreichend vom privaten Robert trennt. Vielmehr sollte man sich daran erinnern, dass es Minister Habeck war, der sich in seinen letzten Videos als der private Robert an den Küchentisch gesetzt hat und also das Private zu einem Raum der Politik erklärte. Und niemals sollte man vergessen, dass es lange schon ein Merkmal grüner Politik ist, alle privaten Lebensbereiche zu Arenen der politischen Auseinandersetzung zu erklären: vom eigenen Heizungskeller über das eigene Auto bis hin zur Frage der eigenen Körperpflege mit Seife und Waschlappen. Man muss es daher ernstnehmen, wenn da einer unrasiert und formlos-unfertig vor den Kameras erscheint und unsere Sprache beim Reden unablässig deformiert. Wer daher heute abend durch die Stadt spaziert und sich über die zunehmende Vermüllung des öffentlichen Raums ärgert, der könnte versuchsweise einmal darüber nachdenken, ob ein die Form verlierender Minister nicht etwas mit der die Form verlierenden Politik und mit der die Form verlierenden Heimatstadt zu tun hat.

 

Uwe Jochum arbeitete von 1988 bis 2023 als wissenschaftlicher Bibliothekar an einer süddeutschen Universitätsbibliothek. Zahlreiche Buchveröffentlichungen zur Bibliotheks- und Mediengeschichte und zur Theologie, zuletzt „Landnahme“ (Wien, Leipzig: Karolinger, 2022).

Foto: Montage achgut.com/ bundestage.de

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Leserpost

netiquette:

Michael Schweitzer / 18.11.2024

Herr Jochum,Expropriationsinstrument pseudowoker Vermögensgesellschaften.

W. Renner / 18.11.2024

Oder ist es Robert, der neue Markenbotschafter von Schwartzkopf? Zuständig für die ebenso formlosen wie sinnfreien Gedanken unter der Frisur?

Nico Schmidt / 18.11.2024

Sehr geehrter Herr Jochum, der Robert redet doch immer so schön und so gut. Das kann doch kein Theater sein! Na gut, er hat die Wirtschaft an die Wand gefahren und hat keine Ahnung von Märkten oder Geldsorgen. Das kann er aber doch als Kanzler noch lernen! Immerhin hatten wir ja schon ganz andere Kanzler, die haben auf Kommando vergessen haben, wo € 49.000.000,00 geblieben sind. Der gute Robert….. Mfg Nico Schmidt

finn waidjuk / 18.11.2024

Formlos finde ich gut. Ein anderes Wort dafür ist “amorph”. Grob gesagt, bilden die Atome eines amorphen Stoffs keine geordnete Struktur. In einem amorphen Stoff herrscht also ein Durcheinander. So muss man sich Habecks Gehirn vorstellen. Dass der ganze Rest auch immer mehr aus dem Leim geht, bestätigt das nur.

E.Braun / 18.11.2024

Sie haben die löchrigen Socken vergessen. Das Aphrodisiakum prämenopausaler Hauptstadtjournalistinnen,  als Ausgleich, wenn ihnen mal wieder die stuckierte Altbaudecke auf den Kopf fällt. Und ja, die löchrig-käsige Fußumhülling des privatpolitischen Robert ist durchaus auch mit dem derzeitigen Zustand Deutschlands vergleichbar.

janblank / 18.11.2024

Onanie ist für die Sexualität das, was “Grün” für die Politik ist : Das sich - emporranken- wollen an eigenen Wunschvorstellungen. Und da die “Befreiten” und “Enttabuisierten” sehr wahrscheinlich zumeist bei den Rotgrünprogressiven zu finden sind, würde es mich auch gar nicht wundern, dass diese nicht nur nachgewiesen die eifrigsten Flugreisenden sind, sondern auch die heaviest user von Youporn und sowas.  Sie sind eben die modernen Menschen von heute. Nicht von ohngefähr schlagen alle Sexualwissenschaftler Alarm: Nie wurde tatsächlich so wenig gef***t wie heutzutage. Und es ist auch kein Zufall, dass einem beim Anblick einer typischen grünen Frau alles vergeht. Der Habecksche Dackelblick samt Stuhlkreisduktus mag klimaktierende Frauen mit Pflegebedürfnis faszinieren, einen Mann muss es eher anwidern. Weil man solche Typen nicht mal verhauen mag.

Bernhard Freiling / 18.11.2024

Wie der Herr, so das Gescherr. # Das trifft doch, nicht auf alle, aber auf sehr viele Parlamentarier der Grünen zu. Die sind vermutlich überwiegend WG-geprägt. Die Vermüllung gehört zu deren Tradition bzw. deren Werten. Und da eine große Anzahl nie einem ordentlichen, geregelten, Beruf nachgegangen ist, sehen viele so aus und halten das auch für cool, als seien sie die Teilmenge, die von Hempels gerne im Homeoffice hinterm Sofa zusammen gekehrt wurde. # Prinzipiell habe ich ja gar nichts dagegen. Mag jeder in und mit seinem Müll glücklich werden. Wenn aber Pseudo-Clochards sich anschicken als Repräsentanten eines Landes anzutreten, ist allerhöxte Vorsicht geboten. Deren Auftreten könnte deren Geisteshaltung spiegeln.

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