Egal ob auf Bundes- oder auf Landesebene – seit vielen Jahren verringert sich der Wählerzuspruch für die SPD. Der frühere langjährige SPD-Bürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, beschrieb die desaströse Lage der SPD kürzlich wie folgt: „Der Volkspartei SPD ist das Volk abhanden gekommen. Die SPD kämpft für gesellschaftliche Randgruppen und entfernt sich immer weiter von der arbeitenden Bevölkerung. Die SPD spendiert Geld ans Milieu.“
Doch die älteste deutsche Partei will alles daransetzen, diesen Zustand zu ändern. Erneuerung ist das Zauberwort, unter dem die SPD bereits Ende 2017 eine Erneuerungskampagne gestartet hat.
Neue Losungen zur werbenden Unterstützung des Erneuerungsprozesses gibt es bereits. „Wir haben viel vor. Und Lust auf morgen.“, so heißt es beispielsweise vielversprechend im Stile einer Kondomwerbung auf der SPD-Internetseite. Und in Originalität dem Alter der Partei entsprechend gibt SPD-Generalsekretär Langbeil die Parole aus: „Wollen eine Partei der Zuversicht sein“. Ein entsprechender Twitter-Hashtag darf natürlich auch nicht fehlen: #SPDerneuern.
Um sich selbst kreisen als Markenzeichen
Eine Arbeitsgruppe in der SPD hat dazu ein besonders ausdrucksstarkes Parteilogo entwickelt: Die Buchstaben „SPD“ in einem roten Kreis mit zwei Pfeilen, die je eine 180-Grad-Bewegung darstellen: Die SPD um sich selbst kreisend – besser kann man die Corporate Identity der SPD nicht symbolisieren.
Mittlerweile ist der Erneuerungsprozess in vollem Gange, gleich vier Lenkungsgruppen arbeiten intensiv daran. Im November 2018 soll ein Debattencamp stattfinden, bei dem Mitglieder ihre Ideen einbringen können. Ende 2019 soll der Prozess abgeschlossen sein.
Doch auch was bisher schon zusammengetragen worden ist, lässt aufhorchen. In zehn Punkten lassen sich die bisherigen Ergebnisse des Erneuerungsprozesses zusammenfassen. Zehn Punkte, auf die die Partei ihre Hoffnungen setzt, die durchdrungen sind von SPD-typischer Substanz und die ohne allzu platte, populistische Parolen wie „Jünger und weiblicher werden“ oder „Basis und Parteispitze enger zusammenrücken“ auskommen.
Die ersten drei Punkte betreffen die inhaltliche, programmatische Erneuerung der SPD. Sie scheinen in der Partei mehrheitsfähig. Die weiteren Punkte betreffen die organisatorische und strukturelle Erneuerung. Punkte 4 bis 6 sind bereits erfolgreich umgesetzt. Punkt 7 ist im Haushaltsausschuss des Bundestages abgesprochen, Punkte 8 und 9 sind mit CDU/CSU fest vereinbart, Punkt 10 ist in der Diskussion.
Der 10-Punkte-Plan der SPD für die Erneuerung:
I. Programmatische Erneuerung
1. nichts
2. nothing
3. niente
II. Strukturelle Erneuerung
4. Mehr Geld für die Partei
Siehe hier: Erhöhung der staatlichen Mittel für die Parteien um mehr als 15 Prozent.
5. Mehr Geld für die Fraktion im Bundestag
Siehe hier: Erhöhung der Geldleistungen für die Bundestagsfraktionen um mehr als 30 Prozent.
6. Mehr Geld für die Abgeordneten im Bundestag
Siehe hier und hier: Erhöhung der Abgeordnetendiäten um 2,5 Prozent auf 9.780 Euro monatlich und Erhöhung der zusätzlichen, steuerfreien Kostenpauschale auf 4.340 Euro monatlich.
7. Mehr Geld für die parteinahe „Friedrich-Ebert-Stiftung“
Siehe hier.
(Anmerkung: Friedrich-Ebert-Stiftung erhielt 2017 etwa 178 Millionen Euro aus Steuermitteln von Bund, Ländern, Kommunen und EU, siehe hier)
8. Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit
Siehe hier: Weniger Sozialabgaben für die SPD-Zeitungsverlage.
9. Neue Wählerschichten erschließen
Siehe hier: Wahlrecht für geistig Behinderte.
10. Neue (alte?) Bundesgenossen aktivieren
Siehe hier: Bündnis mit der Antifa.
Natürlich gibt es noch etliche weitere Programmpunkte, die der SPD auf ihrem Weg raus aus der Krise helfen sollen. Sie sind gewissermaßen Teil der SPD-DNA und deswegen nicht explizit in dem Zehn-Punkte-Erneuerungsplan aufgeführt. Zu nennen sind beispielsweise Steuererhöhungen, mehr Gender-Gaga (jeder soll sich frei aussuchen dürfen, ob er Mann, Frau oder sonst was ist) oder eine Frauenquote für Bundestagswahlen.
Scheitert die Partei, lebt der Konzern weiter
Große Hoffnungen setzt die Parteiführung auf diesen Erneuerungsprozess. Allerdings muss noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Noch nicht jeder Genosse besitzt das notwendige Bewusstsein für die Notwendigkeit der politischen und strukturellen Erneuerung. Vor allem manch alter Parteisoldat hat die Zeichen der neuen Zeit nicht erkannt und hält an überholten Vorstellungen fest. Insofern ist es nur konsequent, wenn beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt der SPD Berlin-Neukölln in aller Einfalt den eingangs des Artikels erwähnten Heinz Buschkowsky aus der Partei ausschließen will (siehe hier).
Andere Genossen räumen unterdessen freiwillig das Feld. Gerade erst ist der Freiberger Oberbürgermeister aus der SPD ausgetreten (siehe hier). Möglicherweise etwas voreilig. Denn die Partei ist auch für den Fall gut gerüstet, dass der Erneuerungsprozess scheitert. Sie kann sich dann voll auf ihr zweites Standbein konzentrieren, ihre (für Parteien einzigartige) Medienbeteiligungsgesellschaft Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG).