Der Krankenstand war im Jahr 2022 so hoch wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Hat das mit der Corona-Impfkampagne zu tun?
Der Krankenstand ist demnach von 68 Stunden pro Arbeitnehmer im Jahr 2021 auf 91 Stunden gestiegen, was einem Anstieg von 34 Prozent entspricht. „Seit der Wiedervereinigung ist dies der mit Abstand stärkste Anstieg des Krankenstands binnen einem Jahr und auch das höchste Krankheitsniveau“, schreiben die Autoren der Studie.
Der deutschen Wirtschaft komme das teuer zu stehen: „Wie das IfW berechnet hat, dürften die Arbeitsausfälle rund 27 bis 42 Milliarden Euro gekostet haben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hätte damit statt um 1,8 Prozent zwischen 2,5 und 2,9 Prozent zulegen können“, schreibt tagesschau.de. Als Ursachen werden „in erster Linie Atemwegsinfekte und Erkältungskrankheiten“ genannt.
Bereits im Jahr 2022 war der Krankenstand erhöht, wie die Daten der gesetzlichen Krankenkassen zeigen. Wie Statista schreibt, „belief sich der durchschnittliche Krankenstand in der gesetzlichen Krankenversicherung auf rund 5,62 Prozent. Damit hat der Wert im Vergleich zu den letzten Jahren (4,3 Prozent) deutlich zugelegt.“ 2021 war der Krankenstand nur leicht erhöht gegenüber dem Vorjahr. Ein Blick auf das Diagramm, das bis zum Jahr 1991 zurückgeht, zeigt auch: Womöglich haben wir es derzeit nur mit jahresüblichen Schwankungen zu tun. 2007 gab es beispielsweise einen Ausschlag in die andere Richtung. Der Krankenstand war zu jenem Zeitpunkt vergleichsweise niedrig.
Studien würden Klarheit bringen
Neben erhöhten Virenwellen kommen auch andere Gründe in Betracht. Möglich wäre, dass Menschen schneller zum Arzt gehen, weil sie grippale Infekte nun ernster nehmen. Denkbar wären auch negative Auswirkungen der Impfkampagne, deren „Fortschritt“ man im impfdashboard der Bundesregierung verfolgen kann. Ab Frühjahr 2022 hat sie ihren Höchststand erreicht, seitdem stagniert sie. Damit besteht eine Korrelation, die keine Kausalität beweist, zwischen Durchimpfungsgrad und erhöhtem Krankenstand.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine niederländische Studie, die im Mai 2021 veröffentlicht wurde. Sie kam zu dem Ergebnis, „dass der mRNA-Impfstoff BNT162b2 eine komplexe funktionelle Umprogrammierung der angeborenen Immunantworten bewirkt, was bei der Entwicklung und Verwendung dieser neuen Impfstoffklasse berücksichtigt werden sollte.“ Im MDR-Podcast deutete der Virologe Alexander Kekulé dies so:
„Es ist wohl so, dass durch die Impfung Abwehrmechanismen gegen bestimmte Viren und Bakterien gebremst werden. Das heißt, ich impfe gegen Sars-Cov-2 und es gibt eine Aktivierung der Antwort auf das neue Virus. Parallel aber wird die Antwort auf andere Viren gebremst. Gegen diese andere Viren ist man dann weniger gut immun.“
Sogenannte Faktenchecker stellten Kekulés Einschätzung die Positionen anderer Wissenschaftler gegenüber. „Die Immunologin Christine Falk sieht das anders. Sie erklärt, dass das angeborene Immunsystem – also vor allem die Makrophagen – durch die Impfung trainiert wird. Das sei aber keinesfalls eine komplexe Umprogrammierung der angeborenen Immunantwort, nur eine geringfügige Beeinflussung“, so swr.de.
Eine Antwort auf die Frage, ob gegen Corona Geimpfte zum erhöhten Krankenstand eher als Ungeimpfte beitragen, dürfte durch Studien, in denen beide Gruppen miteinander verglichen werden, recht einfach zu klären sein.
Hinweis: In einer früheren Version war im ersten Satz von einem 8-prozentigen Anstieg des Krankenstands die Rede. Tatsächlich sind es 34 Prozent.