Man darf gespannt sein, wie es dem Dinslakener Amtsrichter Thorsten Schleif (39) künftig noch ergeht, fragten sich einige Beobachter schon im Oktober. Er hat nämlich ein Buch geschrieben mit dem Titel „Urteil: ungerecht“. Der Richterschaft attestiert er laut RP Online „eine gefährliche Kombination aus Ignoranz und Arroganz“, mangelhafte Ausbildung, schlechte Ausstattung, intransparentes Beförderungswesen und gefährliche Überlastung. „Der Rechtsstaat sei in derart schlechtem Zustand und stehe vor dem Abgrund … Das Misstrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung wachse.“ Im Strafrecht seien Richter in Aussagepsychologie kaum kompetenter als Laien. Die Gefahr der Fehlurteile sei groß. „Auch um die Unabhängigkeit der Justiz sei es schlechter bestellt als in vielen anderen europäischen Ländern.“ Angepasste Ja-Sager bekämen meist die Spitzenposten. „Damit sei die Justiz als dritte Staatsgewalt erschreckend schlecht gegen Missbrauch gefeit.“
Es gebe außerdem „reihenweise Skandalurteile“: „Aus Unsicherheit, aber auch, um vom Bundesgerichtshof keine Rechtsfehler attestiert zu bekommen, verhängten sie möglichst milde Strafen.“ Bei Amazon heißt es zum Buch: „Brutale Gewalttäter erhalten lächerlich milde Strafen, Wiederholungstäter entgehen längst fälligen Haftbefehlen, weil die Verfahren viel zu lange dauern, Freiheitsstrafen werden wieder und wieder zur Bewährung ausgesetzt … Anhand zahlreicher zum Teil erschreckender Beispiele beschreibt Schleif, wie in Deutschland Richter herangezogen werden, die den Herausforderungen ihres Berufs und unserer Gesellschaft nicht mehr gewachsen sind.“
Das „Wutgeheul von Richter Schleif“
Die von den Medien herangezogenen Gegenpositionen sind diesmal besonders witzig: Laut Düsseldorfer Justizministerium sei das Buch „nicht mit dem Ministerium abgestimmt“. Und den Direktor des Amtsgerichts Gelsenkirchen – zur dortigen Kompetenz siehe den Fall Sami A. – lässt man schlichtweg das Gegenteil sagen: „Die deutsche Justiz stehe im internationalen Vergleich gut da … der Rechtsstaat funktioniere, und die Bürger hätten Vertrauen in ihre Justiz.“
Ganz besonders genervt – so kennt man ihn – ist Thomas Fischer, früherer Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs. Für Spiegel Online durfte er in die Tasten hämmern: Der Amtsrichter aus Dinslaken „starrt uns an, als wolle er gleich fragen, ob wir Probleme haben und eins aufs Maul brauchen“. Das „Wutgeheul von Richter Schleif“ ist offensichtlich Fischers Projektion, der sich im Beitrag gleich an all jenen abarbeitet, die inhaltlich ähnlich wie Thorsten Schleif argumentieren.
Dazu gehören: der eben als Innenstaatssekretär verhinderte Polizeigewerkschafter Rainer Wendt, Jens Gnisa vom Deutschen Richterbund („Ein Richter schlägt Alarm“) oder die Polizeibeamtin und Buchautorin Tania Kambouri. Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, warnte „vor einer Erosion und einem Versagen des Rechtsstaates auf vielen Ebenen“: „Selbst die Verfolgung eines noch so hehren Zieles - 'und sei es die Weltenrettung' - erlaube es nicht, sich über die Rechte anderer hinwegzusetzen ... In seinem neuen Buch ‚Die Warnung' warnt Papier vor einer "Ökodiktatur".
Papier moniert, dass zu viele Ermittlungsverfahren in Deutschland eingestellt und Haftbefehle vielfach nicht vollzogen würden. Die Justiz sei unterfinanziert. Ein Versagen des Rechtsstaates sieht der ehemalige Verfassungsrichter auch in dem Umstand, dass im Görlitzer Park in Berlin Drogendealer weitgehend unbehelligt ihren Geschäften nachgehen können“ (siehe hier). Richter Thorsten Schleif ließ verlauten, er habe 250 positive Aussagen, vielfach von Richterkollegen, aus dem ganzen Bundesgebiet bekommen. Als „Nestbeschmutzer“ habe er viel mehr „Gegenwehr“ erwartet.
Ab morgen veröffentlich Achgut.com eine dreiteilige Serie mit Auszügen aus Thorsten Schleifs „Urteil ungerecht".
Aber uns wurde doch gerade nachdrücklich eingetrichtert, dass „wir in einem Rechtsstaat leben und das alles ganz prima ist“. Maulkörbe werden seitens der Regierenden verteilt. Betreutes Denken hat Hochkonjunktur. In Norddeutschland sagt man „der Fisch stinkt zuerst am Kopf“. Herr Schleif, Herr Papier, Herr Gnisa und und und ... können doch nicht so irren...
Das dürfte es dann gewesen sein mit der beruflichen Karriere von Richter Schleif. Gut für ihn, dann muss er sich nicht mehr in die Scharia einarbeiten.
@ sybille eden Wenn Ihre tausende kleine Freislers dann wieder Urteile fällen, die mit den Worten enden: "Die Kosten der Hinrichtung hat der Angeklagte zu bezahlen". könnte man möglicherweise gut damit leben, wenn mit diesen Angeklagten jene gemeint sind, die meinen, mit dem Messer schneller als mit dem Hirn sein zu müssen. Meinethalben kann der Staat jede Form von Gewalttätigkeit, sei es aus religiösen, politischen, kriminellen oder familiären Gründen gnadenlos unterdrücken und gegebenenfalls, wenn Tötungsdelikte vorliegen auch mit einer finalen Antwort belegen. So, wie ich die Entwicklung unseres Landes allerdings einschätze werden in Zukunft all jene um ihr Leben fürchten müssen, die sich gegen eine Messerattacke wehren und dabei den Angreifer verletzen oder gar töten. Aus Opfern werden Täter gemacht- und das wird nicht erst noch geschehen, das passiert bereits.
Ich erinnere mich, daß ein Freund aus Kindertagen, der völlig unverschuldet von Kinderheim zu Kinderheim weitergereicht worden war und schließlich mit dem Gesetz in Konflikt geriet, mir als Jugendlicher erzählte, er dürfe nicht mal "an eine Würstchenbude pinkeln", weil er auf Bewährung sei und -falls dabei erwischt- in den Knast müßte. Ich verstehe nicht, warum man, wenn eine Bewährungsstrafe anhängig ist, beim erneuten Straffälligwerden, erneut auf Bewährung freiläßt. Was bedeutet dann noch "Bewährung"? Wodurch bewährt man sich? Vermutlich doch durch strikte Einhaltung der Regeln und Gesetze, und gerade nicht durch weitere Straftaten, also muß man feststellen, derjenige habe sich nicht bewährt, wenn ihm dies erneut nicht gelungen ist. Eine ganze Reihe von auf einander folgenden Bewährungsstrafen ist völlig unsinnig, da ja bewiesenermaßen der Zweck nicht erreicht wird. Haftverschonung hat nur einen Sinn, wenn der Delinquent den damit zum Ausdruck gebrachten Vertrauensvorschuß nicht mißbraucht. Anderenfalls ist sie geradezu kontraproduktiv.
Der Mann hat schlicht und ergreifend Recht. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Der Bürger in diesem Lande wird nur abkassiert. Regiert wird dieses Land schon lange nicht mehr. Man sieht es überall. Noch nie war die Infrastruktur von der Müllabfuhr bis zum Nah und Fernverkehr so am Boden. Gut war die deutsche Regierung noch nie. Alles was gut war und vielleicht noch ist verdankten wir den Alliierten, vor allem den Westmächten und den USA. Vor diesem Hintergrund nehmen sich die Wahlplakate von Politikern, die sich gegenseitig in ihren Visionen überbieten allerdings nichts zu sagen haben in Bezug auf die Umsetzung der aller einfachsten Dinge, besonders dümmlich aus. Leider gleichen die kühnen Visionen die bis ins Jahr 2050 reichen das Versagen auf der alleruntersten Ebene nicht aus. Ich lernte mal dass Menschen ohne Selbstwertgefühl entweder Dinge angehen die entweder viel zu einfach sind (klappt sicher) oder Dinge die viel zu schwer sind (wenns erwartungsgemäß nicht klappt, braucht man sich bei einer Niederlage bei zu hoher Meßlatte auch nicht zu schämen, jeder hat Verständnis. An diese Aussage meiner Professoren sehe ich mich erinnert, wenn ich mir die Projekte der deutschen Regierung zu Gemüte führe. Einer Regierung deren Projekt sich nicht jetzt, sondern erst in 2050 der Kontrolle stellt. Das fehlendem Selbstwertgefühl erklärt auch den Größenwahn und das geradezu krankhafte Niedermachen anderer. Entschuldigen tut es letztere Auswüchse allerdings nicht. Man könnte ja auch sein Selbstwertgefühl durch eigene Leistung steigern anstatt die der Andern durch Diffamierung oder Reglement (wie im neuen Rundfunkstaatsvertrag) zu drücken........
@Peter Wachter, noch was: Ihre Äußerung läßt die dem Artikel zugrundeliegende Frage deutlischer erscheinen: "Warum ist dem so?" Offenbar ist es für die Machthaber*Innen gut, wenn die die Leute so demoralisiert sind, daß sie denken, sie werden bestraft, wenn sie sich selbst oder anderen beistehen. Offenbar möchte man/frau/div diese Gefühle der Ohnmacht und Unsicherheit erzeugen - die Wiederwahl ist sicher. In Berlin hat man/frau/div alle denkbaren Kombinationen RRG, RS usw. durch, ohne daß sich etwas ändert.